Simia zum Gruße Bruderschwestern,
neulich kam eine knappe und leidenschaftlich geführte Diskussion um einen Vergleich der DSA3-Publikation Geheimnisse der Elfen (GdE) aus der Box Dunkle Städte, Lichte Wälder und der DSA4-Publikation Aus Licht und Traum (ALuT) auf. Zufällig bin ich auf dieses Video gestoßen und ich glaube, es hat mich die ganze Problematik besser verstehen lassen.
GdE ist ein Beispiel für Soft Worldbuilding. Es gibt eher weniger Informationen, Spielleiert*in und Spielende müssen, dürfen und können sich viel selbst erklären. Auf (innere) Logik wird weniger Wert gelegt, man gibt nur Infos, die für die Geschichte, die man gerade erzählen will, nötig sind. Alles wird mysteriös gehalten und fast mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet (die die eigene Kreativität anregen, aber auch nötig machen). Die Autor*innen wissen selbst vielleicht nicht alles und erst recht liefern sie nicht alles. Nichts muss und wird vor dem Leser erklärt oder gerechtfertigt - das bedeutet maximale Flexibilität. Die Gruppe kann genau die Geschichte erzählen, die sie will, ohne sie an die Welt anpassen zu müssen. Alle dürfen, müssen aber auch ihren eigenen Blick auf das Ganze entwickeln - für jede und jeden ist das Ganze damit ein bisschen anders (und vielleicht irgendwann widersprüchlich zueinander). Am Ende stehen so in der Spielhilfe die Charaktere mit ihrer Geschichte im Mittelpunkt, nicht die Welt, in der sie leben. Im Grunde ähnelt es damit Rowlings Vorgehen bei den frühen Harry Potter-Romanen.
AuT ist dagegen hard Worldbuilding. Es gibt eine genaue Erklärung der inneren Logik, der alles folgt. Zeittafeln, klare Sachtexte, Tabellen und Zahlen geben genau an, was Sache ist (auch wenn es Freiheit in verschiedene Ausprägungen, die vorgestellt werden, gibt). So gibt es eine klare, gemeinsame Grundlage und man kann die Welt mit ihren phantastischen Elementen leichter annehmen. Es wird allen klipp und klar diktiert, wie die Welt ist - mit allen Vor- und Nachteilen. Das ähnelt Tolkiens Vorgehen mit seinem Der Herr der Ringe.
Soft Worldbuilding kann für ein Rollenspiel vernünftig eigentlich nur über Ingame-Texte und Kurzgeschichten sowie Romane betrieben werden. Davon hat DSA4 ja recht lange großen Abstand genommen und dann später wieder zaghafte Versuche zu wagen, die solche Fanlieblinge wie Elementare Gewalten und die Historia Aventurica hervorgebracht haben. Gerade die Regionalbeschreibungen, in die ALuT einzufügen ist, die wörtlich wie im übertragenen Sinne eine peinlich genaue Karte Aventuriens bilden, haben eine deuliche Form. Zudem lohnt ein Blick auf die Gedankenwelt von Katharina Pietsch, der Autorin von ALuT:
Das Heft Geheimnisse der Elfen ist eine wunderbare Spielhilfe, wenn es darum geht, einen generellen Eindruck von der Fremdartigkeit und Besonderheit der Elfen im Gegensatz zu den Menschen zu bekommen. Allerdings bezieht es sich dabei vor allem auf jene Elfen, die noch möglichst ursprünglich in den wilden Auen, den unzugänglichen Salamandersteinen oder der lebensfeindlichen Grimmfrostöde friedlich im Kreise ihrer Sippe leben. Für das Rollenspiel bietet dies zwar einen wichtigen und notwendigen Hintergrund, aber eine echte Hilfestellung für typische Abenteuer-Situationen und -Konflikte lassen sich daraus nur bedingt entnehmen. Diese Spielhilfe versucht, dem ein wenig Abhilfe zu schaffen. Hier sollen mögliche Gedanken, Reaktionen, Anschauungen etc. eines Elfen zusammengetragen werden, die Situationen und Umstände betreffen, mit denen er in der Menschenwelt - in der Begleitung von menschlichen und zwergischen GefährtInnen, von Magierinnen und Geweihten - konfrontiert werden könnte.
Es ist also davon auszugehen, dass sie in ALuT ganz gezielt auch Elfen beschreiben wollte, die den Menschen näher sind. Gerade diese Elfen, aus deren Reihen sich leicht Held*innen rekrutieren und die man leicht zum Element in einem Abenteuer machen kann. Durchaus ein gutes Motiv! Das führt aber fast zwangsläufig dazu, dass man sie in ihren Beziehungen zu den Menschen durchdenken muss. Gerade die Fremdartigkeit und das Mysteriöse der Elfen abzuschwächen und den klaren und krassen Gegensatz zu den Menschen abzuschwächen. Das bedeutet fast zwangsläufig ein Abrücken vom sehr soften Worldbuilig von GdE.
Man darf gespannt sein, wie man sich in der nächsten Elfenspielhilfe entscheiden wird. Beides hat klare Vor- und Nachteile. Ich würde es nicht entscheiden wollen.
Wie seht ihr das? Habe ich das Problem richtig kapiert? Und was würdet ihr zukünftig bevorzugen? Oder ist euch das egal, weil ihr auch das härteste hard Worldbuilding ohnehin nur als Vorschlag nehmt, euch rauspickt, was ihr braucht und wollt und den Rest abändert oder ignoriert, wie es gerade passt?
Ich als DSA-Mawdli muss ja eine leichte Tendenz zum hard Worldbuilding gestehen. Damit lässt es sich hier im Forum einfach besser philosophieren.