Genozid, Folter und andere Heldentaten

  • (Da ich mich sehr ausführlich mit den Grimms Märchen -für eine Geschichte- beschäftigt habe, kann ich nur sagen, das sich seit der 2. Ausgabe kaum etwas verändert hat - die ursprünglicheren und damit erwachseneren Versionen findet wir sowieso nicht bei den Grimms - sondern im weitaus älteren Das Pentameron. Mir war vorher nicht bewußt das es 200 Märchen der Grimms gibt! ;))

    DSA schwamm/schwimmt auf der damaligen Tolkienwelle - ausgelöst durch den Erfolg von D&D (die Halbinge anstatt Hobbits einbauten), gefolgt von MERS, Midgard etc. All diese Fantasyrollenspiele waren/sind klar in Gut (die Helden) und Bösewicht - wie u.a. bei Stirb Langsam oder sämtliche (mir bekannten) Rollenspiele auf SuperNes - aufgeteilt.

    Aber wie im Film oder Computerspiel wird dem Helden klar seine Missionsziele vorgegeben - sinnlose Gewalt oder Angriffe auf Unschuldige finden nicht statt. Selbiges gilt für fast alle DSA-Romane (auch wenn sie aus Al'Anfa stammen :)).

    Bei DSA kommt noch hinzu das alle Helden eigentlich im Wissen um die ZWÖLF aufwuchsen, damit den Unterschied zwischen Travia, Kor und Boron kennen sollten. Es gab früher mal so etwas wie "abergläubische Gottesfurcht"; machmal vermisse ich die festen negativen Eigenschaften - gab den "Helden" etwas menschliches.

    Aber wenn ich die Handlung richtig verstehe, trifft dem SL eine große Mitschuld - DSA ist ein Gruppenspiel, und wenn die Helden sich "falsch" verhalten, dann mag es auch daran liegen das der SL ihn keine andere "Wahl" ließ.

    (Das war mein Wort zum Sonntag - schöne Pfingsten.)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Aber wenn ich die Handlung richtig verstehe, trifft dem SL eine große Mitschuld - DSA ist ein Gruppenspiel, und wenn die Helden sich "falsch" verhalten, dann mag es auch daran liegen das der SL ihn keine andere "Wahl" ließ.

    So wie ich das verstehe, lässt der Meister hier halt nur zu, wenn die Spieler andere Wege finden ein Abenteuer zu bestreiten, er zwingt sie nicht diese anderen Wege auch wirklich zu gehen.

    Generell vermisse ich nur unmittelbare Konsequenzen.

    Ich leite eine Gruppe mit Helden auf dem AP Stand von 1700 AP (ausgegeben).

    Wenn die sich mit einem ganzen Achaz Stamm anlegen würden.

    (10-20 Stammeskrieger, 1-2 H'Rangar Priester+ Kistallomant/Paktierer)

    Würde das niemals gut für die Gruppe enden...

    Würde eine Gruppe, ohne sich entsprechende Autorität zu verschaffen, einen Mann foltern, der Bürgerrechte besitzt würden sie selber angeklagt werden.

    Generell scheint das Aventurien, dieses Meisters vermeintliche 'Helden' sehr viel mehr zu erhöhen und ihnen weite Befugnissspielräume einzubauen, die Sie sich in meinem Aventurien erst hart erarbeiten müssten.

    Nerdismus trifft auf Boomer trifft auf Flachwitz-Humor

    Ergebnis 'Ich'

  • Naja, es waren glaube ich insgesamt 11 Stammeskrieger und 1 Kristallomantenpaktierer. Der Paktierer würde halt in der ersten kr kritisch von hylaier feuer getroffen (2x4w6 Feuerschaden) und dann wurde großflächig mit stinktöpfchen (38tap) bombardiert. Nachdem die Hälfte der Achaz ohne Gegenwehr ausgeschaltet war ist der Rest ins Wasser geflohen. Wir haben uns dann zurückgezogen, und wurden dabei von einem Krähenruf gedeckt, sodass die anderen nicht aus dem Wasser kommen konnten. Die Bewusstlosen wurden dann auch noch getötet, wir wollten halt nicht, dass wir bei einer erneuten Konfrontation wieder gegen die kämpfen müssen. Unsere Gruppe hat auch knapp 7000AP (DSA4) also deutlich mehr als 1700 (falls ihr dsa 4 spielt, wenn ihr dsa 5 1700 AP habt sind die Charaktere wohl deutlich schwächer, dsa 5 hat ja deutlich die Power runtergeschraubt).

    Zur Folter, besagter Magier hatte zuvor mit seinen Gefährten einen Perainetempel in Brand gesteckt, entsprechend hat der Adelige uns auch nicht allzu enthusiastisch Wiederstand entgegen gesetzt. Auch, weil wir in dem Dorf bereits zuvor Abenteuer erlebt hatten und als Dämonentöter bekannt sind.

    Es ist mMn nicht besonders schwer abzuschätzen, wann negative Konsequenzen drohen und wann nicht, wenn wir sowas in Khunchom auf dem Marktplatz machen würden hätte das wohl schwere Konsequenzen, aber in der Pampa interessiert sowas nicht. Wo kein Kläger da kein Richter. Und Klagerecht muss man erstmal haben, dafür muss man entweder Magier, Geweihter Bürger Adeliger oder Pilger sein.

  • Unsere Gruppe hat auch knapp 7000AP (DSA4) also deutlich mehr als 1700 (falls ihr dsa 4 spielt, wenn ihr dsa 5 1700 AP habt sind die Charaktere wohl deutlich schwächer, dsa 5 hat ja deutlich die Power runtergeschraubt).

    Aber auch die Kosten

    DSA4 AP kann man ungefähr 2:1 in DSA5 umrechnen... ihr wäret als etwa DSA5 Helden mit 4000 AP...

    (Aufschlag weil die GP der Erschaffung bei 4 bei DSA5 mit in die AP gehen)

    Helden dieser größen Kathegorie würden sich bei mir eher mit ihren Besitztümern und Ländereien befassen und könnten Sold verlangen, welches sich nur die richtig Reichen leisten könnten (Könige/Kaiser, Stoerrebrandts).

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    Ergebnis 'Ich'

  • Zur Folter, besagter Magier hatte zuvor mit seinen Gefährten einen Perainetempel in Brand gesteckt,

    Und das hat keine Konsequenzen?

    Davon ab, dass es ein Mal des Frevlers gibt, einen Tempel anzugreifen, sehe ich bei einem abgefackelten Tempelbrand (und offenbar scheint zumindest ein Adliger zu wissen, wer das war) eine Menge Autorität und Nachdruck und auch viel Willen und langen Arm, der Täter habhaft zu werden.

  • Schattenkatze natürlich der Magier wurde ja gefangen genommen und dann verhört (durch die sc). Ob das immer ein Mal des frevlers gibt weiß ich jetzt nicht, dass MdF ist meines Wissens nach nicht wirklich klar geregelt. Ich finde das Ding allgemein komisch, z.B. kann ein Kamaluq Gläubiger Waldmensch gegen Praios freveln? Ich glaube ja eher nicht. Gibt's irgendwo feste Regeln zum MdF?

    In DSA 4 sind 7000 AP eher mid-level, Der High-Level-Bereich startet so bei ca 10000 und endet bei 15 bis 20000 AP, zumindest hört man selten, dass jemand etwas höherstufiges spielt und der offizielle Rechnungskurs ist glaube ich 1/5 oder 1/10. Meisterpersonen können durchaus noch deutlich mehr AP haben.

    Edit Sturmkind ja die Schuld war zweifelsfrei festgestellt, er wurde auf frischer Tat ertappt.

    4 Mal editiert, zuletzt von Firl Gorbas (1. Juni 2020 um 11:44)

  • Zur Folter, besagter Magier hatte zuvor mit seinen Gefährten einen Perainetempel in Brand gesteckt,

    Und das hat keine Konsequenzen?

    Davon ab, dass es ein Mal des Frevlers gibt, einen Tempel anzugreifen, sehe ich bei einem abgefackelten Tempelbrand (und offenbar scheint zumindest ein Adliger zu wissen, wer das war) eine Menge Autorität und Nachdruck und auch viel Willen und langen Arm, der Täter habhaft zu werden.

    Doch hatte es, er wurde von den SCs gefangen und gefoltert (und anschließend wahrschrinlich der Autorität übergeben).

    Firl Gorbas wollte – denke ich – zum Ausdruck bringen, dass seine Gruppe einen Frevler und Verbrecher folterte und niemanden, dessen Schuld in Frage stand.

    Habe ich doch richtig verstanden oder?

    Edit: Firl war schneller :thumbsup:

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    Ergebnis 'Ich'

  • Also - ohne dabei gewesen zu sein - sehe ich keine Unterschied wer in diesne (herbeigefdührten) Abenteuern der Böse oder der Gute ist; heldenhaft benehmen sich die SC nichbt, obwohl Conan (im Namem des blutigen Kors) würde sich mit ihnen sicherlich anfreunden.

    Gut das keine Geweihten in der Gruppe sind ... aber wie gesagt, wer einen HELD in eine fast aussichtslose Mission (ala Stirb Langsam) führt, der muß damit rechnen das die Helden dementsprechend reagieren. Ein SL kennt irgendwann (so nach 1-2 Abenteuern) seine Spieler.

    Aber ich war nicht dabei - und wäre ich dabei gewesen, wäre die Situation verrmutlich anders verlaufen.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Also - ohne dabei gewesen zu sein - sehe ich keine Unterschied wer in diesne (herbeigefdührten) Abenteuern der Böse oder der Gute ist; heldenhaft benehmen sich die SC nichbt, obwohl Conan (im Namem des blutigen Kors) würde sich mit ihnen sicherlich anfreunden.

    Gut das keine Geweihten in der Gruppe sind ... aber wie gesagt, wer einen HELD in eine fast aussichtslose Mission (ala Stirb Langsam) führt, der muß damit rechnen das die Helden dementsprechend reagieren. Ein SL kennt irgendwann (so nach 1-2 Abenteuern) seine Spieler.

    Aber ich war nicht dabei - und wäre ich dabei gewesen, wäre die Situation verrmutlich anders verlaufen.

    Wo genau siehst du denn das Problem, wenn es scheinbar den Spielern so gefällt und auch der Meister keine Probleme damit zu haben scheint?

    Das einzige Problem scheint ja das Anwerben neuer Spieler zu sein, wenn ich das richtig verstehe.

    Mein Spielstil wäre es zwar auch nicht, da ich moralische Grenzen ganz reizvoll finde und auf eher heroisches Spiel stehe aber das sieht ja wohl jede Gruppe (und selbst innerhalb einer Gruppe) anders.

    DSA ist nun mal kein System mit einer Gesinnung wie z.B. D&D. Das heisst für den Spielleiter ist es auch schwer zu urteilen ob das Rollenspiel gut (also ihrer Gesinnung entsprechend) war oder nicht.

    Wenn ein Abenteuer eine Zielsetzung hat kann man die ja auch auf verschiedene Weisen erreichen...

    Gib einem Mann einen Fisch und er ist für einen Tag gesättigt. Bring ihm aber das Fischen bei und der Arsch fischt dir den ganzen Teich leer....:shy:

    Zitat aus einem Efferd-Tempel

  • Am Ende gilt, was Ramstein sang: "Der Körper schon total entstellt - egal, erlaubt ist, was [Anm. allen Beteiligten] gefällt." Man nehme nur den Eingangspost dieses Threads Mein erster DSA-Abend, oder: Kranke Verirrungen?! Daneben sieht doch fast alles gesund und normal aus. ;) Und wo zieht man die Grenze? Ist Superman ein Held? Spiderman? Deadpool? Batman? Daredevil? The Punisher? Quimby der Australier? Mad Max? Hector? Achilles? Odysseus? Menelaos? Ödipus? Siegfried von Xanten? Doktor Faust? Samson? Riddick? John Wick? Es gibt tausend Graustufen bei sogenannten Helden. Warum sollte es ausgerechnet im quietschbunten Aventurien nicht auch dunkle Töne bei Helden geben? Vielleicht nicht unbedingt die im oben verlinkten Beitrag. Die sind vielleicht nicht mehr so ganz Helden in irgendeinem Sinne :/ Aber warum nicht einmal den Frust über die grausame und ungerechte Welt rauslassen, indem man mit einer Punishergruppe Dere aufräumt - inklusive mitgegangen - mitgefangen - mitgehangen Philosophie?

    2 Mal editiert, zuletzt von Gast (2. Juni 2020 um 00:34)

  • @Windweber oha was ist das denn für kranker Scheiß.....?

    Unsere Gruppe ist definitiv Grau, aber mit einem tulamidischen Söldner, einem Selemitischen Hexer und einem Maraskanischen Alchimisten kriegst du halt auch keine weiße Gruppe (Der Meister hat wenn er spielt noch einen Erben der Gräber im Angebot). Die "weißen" (moralisch) kulturen Aventuriens wären wohl eher sowass wie Mittelreich, Horasreich, Thorwal, Zwerge und vielleicht Auelfen. Aber schon sowas wie Nivesen oder gar Firnelfen ist mit klassischen Maßstäben von gut und böse doch garnicht mehr darzustellen. Dazu kommt noch die Diversität der Götter. Der Maraskaner ist in unserer Runde noch derjenige, der dem zwölfgötterglauben am nächsten steht. Der säldner betet primär zu Kor und wenn er ein schlechtes Gewissen hat selten zu Tsa. Mein Hexer betet Satuaria und Satinav als Sssadhuar und Ssadnav im Tempel in Selem an, wo es laut der inoffiziellen Hexenspielhilfe auch selten mal ein Menschenopfer gibt (Ist er kein großer fan von, Zirkelwechsel wird bei gelegenheit gemacht) und seit einiger Zeit auch mal Marbo. Aventurische Moral funktioniert für die meisten Charaktere leider nach dem Prinzip: Wenn der Gott sagt das ist gut ist es gut. Innerhalb des Glaubens an die Zwölf ist das bis auf Phex und Praios relativ unproblematisch, aber bereits wenn man Halbgötter wie Nandus und Kor hinzunimmt führt das zu widersprüchen, in diesen beiden Fällen sogar mit der Hauptgottheit der sie zugeordnet werden (Laut Korvademecum ist es OK Kriegsgefangene hinzurichten, wenn man es für notwendig hält) von Levthan und Rahja will ich hier gar nichts sagen. Entitäten abseits des Zwölfgötterglaubens (Satuaria, Himmelswölfe, Kamaluq, Brazoragh, Tairach, diverse dunkle Zeiten Götter) Verkörpern teilweise Prinzipien, die mit moralischem Handeln im konventionellen Sinne gar unvereinbar sind: Satuaria: entfesselte Emotionen, Ojo Sombri: Hinterlist und Meuchelei, Brazoragh: Kampf, Blutrausch und Überleben. Kosmologisch gehören aber alle diese Entitäten zu den Guten. Aventurische Moralität kann sich daher auf vielfältige Weise Zeigen: ein Beispiel: Der SC wird von einem Taschendieb bestohlen.

    Phexgläubiger SC: Der SC wirdwohl einfach sein Pech verfluchen und beim nächsten mal im Phextempel etwas mehr spenden.

    Praiosgläubiger SC: Rennt zur stattwache und verlangt Gerechtigkeit

    Hexe: Schafft ihre Rachsuchtprobe nicht, verfolgt den inhalt ihres Geldbeutels mit einem Gefunden und wird den Dieb mit einem permanenten Fluch belegen´, dernur aufhört, wenn der Dieb der Hexe das Geld bis auf die letzte münze auf knien darbietet und die Füße küsst.

    Thorwaler: Sucht den Dieb und haut ihm aufs Maul

    Maraskaner: Preiset die Schönheit Bruderschwester!!! Alles ist wie es sein sollte.

    Alle SCs tun das, was ihnen ihre Religion als das Richtige erscheinen lässt. Man kann jetzt natürlich sagen , dass es zwischen töten und diebstahl einen unterschied gibt, aber viele Religionen geben ihren Gläubigen legitime gründe zum töten:

    Hexe: Das fühlt sich Richtig an

    Maraskaner: Hoffen wir, dass er im nächsten Leben nicht auf der Seite des Feindes steht ; Jeder der auch nur im entferntesten mit Dämonen zu tun hat muss sterben.

    Kor: Krieg (Besiegte Gegner können im Tempel als Opfer dargebracht werden)

    Brazoragh: je mehr desto besser

    Praios: Auf den Scheiterhaufen mit den Ketzern

    Boron (im Süden): Flug der Zehn

    Travia (Südaventurien): Ehebruch = Todesstrafe

    Angrosch : Es hat Schuppen!!! Tötet es bevor es Eier legt!!!!

    Phex (Tulamiden): Es hat Schuppen!!! Tötet es bevor es Eier legt!!!!

    Novadis: Er hat vom Fleisch des Sturzpelikan gespeist!!!!!! Steinigt den Ungläubigen!!!!

    Ein Charakter, welcher sich seiner Kultur entsprechend gut verhält, muss nach irdischen Maßstäben daher keineswegs gut sein. Aus der Perspekttive sind auch Kulturkunden sehr sinnvoll, weshalb ich die mit meinem Charakter gerne kaufe. Man will ja nicht im Mittelreich auf dem Scheiterhaufen landen nur weil man in Gareth auf dem MArktplatz eine Predigt über die Pracht der alten Echsengötter hält, was in Selem wiederum völlig normal wäre. Oder weil man einen Konkurenten mittels eine Giftmordes aus dem Weg hat Räumen lassen, was in Alanfa ja schon fast zum guten Ton gehört.

    Ich bin einfach froh, dass in Aventurien noch niemand die Idee mit dem Calvinismus hatte. Das wäre wirklich schlimm.

  • Wer mit Brett- oder Computerspielen sozialisiert wurde, für den ist das zunächst einmal ein relativ "normales" vorgehen. Weder bei Descent noch bei WoW & Konsorten hat ein Kill irgendwelche Folgen. Im Gegenteil: Da ist ein Mob, den muss ich tot hauen, ab zum nächsten! Und genau so haben wir zu unseren Jugendzeiten unsere ersten DSA-Runden auch bestritten: Ab in den Keller, Tür 1 öffnen, Orks töten, Tür 2 Öffnen, Haken-Joe töten, usw. Das ist eine sehr gamistische Variante des Rollenspiels und wer sich das Hobby selbst "beigebracht" hat, wird wissen, was ich meine.

    Es hat eine ganze Weile (und auch den Blick über den Tellerand auf andere Systeme) benötigt, ehe wir uns auf ein empatischeres Spiel einlassen konnten. Und ich kenne Gruppen, bei denen läuft es auch nach 25 Jahren Rollenspiel noch immer so ab. Wer das mag, warum nicht...

    Häufig damit einher geht auch eine extrinsische Sicht auf den eigenen Charakter, was sich u.a. darin äußert, von ihm in der dritten Person zu sprechen: "Mein Held macht dies und jenes. Mein Held erzählt ihm dies und das.". Ich glaube, das schafft eben auch eine bestimmte Distanz zu dem eigenen Charakter sowie dessen Taten, sodass es einfacher sein mag, zu foltern oder zu töten.

    Die vom TE geschilderten Situationen halte ich jetzt nicht allesamt für problematisch. Wie er zurecht schreibt, gibt es durchaus auch legitime Gründe jemanden zu töten. Wobei wir in unserer Gruppe ohne entsprechenden Auftrag ("findet und tötet XY!") sehr zurückhaltend damit sind, uns als Richter und Henker gleichermaßen aufzuspielen.

  • Unsere Gruppe ist definitiv Grau,

    Möglich das "grau" Auslegungssache ist, aber mal vom bisher geschilderten erachte ich die besagte Gruppe dann doch eher im Bereich schwarz bis "extrem dunkelgrau", wenn man denn bei Farben bleiben will. Die Frage ist aber natürlich auch, aus welchem Blickwinkel nun diese Einteilung stattfindet. Die von mir gerade vorgenommene Einteilung als schwarz/dunkelgrau kommt natürlich aus Spielersicht, keineswegs aus Heldensicht und schon gar nicht aus der Sicht eines Bewohners Aventuriens. Bei letzterem müsste man dann ohnehin je nach Region und Hintergrund wieder ganz andere Maßstäbe anlegen. Wie Du ja selbst feststellst, ist verhalten XY in Region YX vollkommen anders zu bewerten, als anderswo. Wenn es daher um eine eher "allgemeine Einteilung" geht (ich schreibe bewusst nicht Objektiv), ist das sicherlich einfacher wenn wir das dann anhand von realen und modernen Maßstäben machen, ich denke da findet sich schneller ein gemeinsamer Schnitt, als wenn man versucht eine durchschnittlichen Aventurischen Maßstab zu setzen.

    Ich persönlich finde das Aventurien Platz für fast jede Spielweise bietet. Daher kann ich mir alle Charakterkonzepte vorstellen, egal ob weiß, grau, schwarz oder halt pink. Ein jedes findet seinen Platz in Aventurien und kann, so man eine gleichgesinnte Gruppe findet (inneraventurisch), dann zu immer neuen Erlebnissen führen. Ich habe zB schon mal das gleiche Abenteuer, mit den gleichen Spielern bespielt, nur das man beim ersten mal eine eher "weiße" Truppe zum Einsatz kam und beim zweiten Versuch dann eben eine eher "schwarze" Gruppe. Es war schön zu sehen wie unterschiedlich das dann abläuft und am Ende wirkte es fast wie zwei unterschiedliche Abenteuer.

    Das obige funktioniert aber auch nur, wenn man die Spielwelt als SL auch dahingehend gestaltet das beide Seiten ihre Berechtigung haben. Das hatte ich hier ja schon in meinem ersten Beitrag angesprochen. Egal ob meine Gruppe nun weiße, oder schwarze Helden bespielt, bin ich bemüht für beide das gleiche Aventurien anzubieten und eben nicht dieses je nach Gesinnung zu "optimieren". Wenn ich aber, und so kam das eingehend rüber, eine Spielwelt als SL gestallte, die das geschilderte Verhalten stets belohnt und Nachsicht bestraft, dann präsentiere ich eine Spielwelt, die eben auch nur Platz für eine Gesinnung bietet.

  • Dies als ziemlich pauschalisierende Begründung, warum man ohne größeres Wenn und Aber (so liest es sich für mich) andere Leute tötet und ermordet, kann ich mich so nicht anschließen.

    Von den all den mittlerweile wirklich vielen Hexen am Spieltisch, vorrangig SC, die ich erlebt habe, hat keine andere Menschen/Wesen getötet, weil es "richtig anfühlt". Rachsucht und auch Jähzorn sind keine Nachteile, die beinhalten, kurzerhand Andere umzubringen (auch wenn sie gefühlt wie Vorurteile manchmal von Spelern gerne dahin gehend ausgelegt werden).

    Auch Praioten verurteilen nun nicht alles und jeden zum Tod auf den Scheiterhaufen, weil das ihr Glauben und geltende Rechtssprechung so vorsehen (im Gegenteil ...). Dürfen sie auch gar nicht.

    Der Flug der Zehn ist Ausdruck des Glaubens und ein religiöser Akt (auch von jenen, die springen).

    Auch Novadis steinigen nicht alles und jeden, weil ihr Glauben vorsieht, jegliche Brüche mit dem Tod zu bestrafen (Todesstrafen gibt es bei ihnen, aber nach RA sind die so oft auch nicht zu finden). Die sind zwar auch überzeugt, Echsen sollten vernichtet werden, aber ich habe die Novadis noch nicht auf einem Kriegszug Richtung Sümpfe gesehen.

    Zwerge auch nicht. Oder Tulamiden.

    Dass die Travia-Kirche Todesstrafen verhängt für Ehebruch, ist mir neu (Travia ist in den Tulamidenlanden auch eine unbedeutende Gottheit). Hast Du dafür eine Quelle? Auch Novadis haben dafür jetzt nicht per se die Todesstrafe. Im LdeS habe ich gar keine Angaben dazu gefunden, ob da Ehebruch als besonders schlimm gewertet wird oder nicht, Todesstrafe wurde allerdings nicht unter oft zu findenden Strafen aufgeführt.

    So einfach ist das in meinen Augen nicht, zu erklären, wie leicht man andere kulturschaffende Wesen/Personengruppe kurzerhand tötet und womöglich noch alles, was drum rum steht, gleich mit.

    Ja, es gibt alte Feindschaften, und darunter auch welche, die wirklich darauf hinaus laufen, sich auf Sicht gegenseitig töten zu wollen. Aber sie sind nicht Standard, und nicht in dieser von Dir aufgeführten Standard-Häufigkeit zu finden, und ich würde auch nicht per se alle Angehörigen jeweils dazu zählen. Und ebenso gibt es Gepflogenheiten in Aventurien, die man individuelle nicht unbedingt nachvollziehen kann, und ebenso gibt es Örtlichkeiten, da Leben und Tod durchaus weniger wert sind als anderswo.

    (Nivesen sind übrigens sehr friedfertig.)

  • Die "weißen" (moralisch) kulturen Aventuriens wären wohl eher sowass wie Mittelreich

    Du meinst das Mittelreich, in der die strahlendweiße Praioskirche mit ihrer Inquisition sitzt? Die jedenfalls "errichtet allerdings auch Scheiterhaufen oder wendet die 'peinliche Befragung' (Folter) an, wo es für das Seelenheil Einzelner nötig scheint. [...] Die Inquisition (bosp.: Untersuchung) ist kein staatlicher Ankläger, tritt aber im Mittelreich in einigen Regionen gelegentlich so auf. [...] Meist wird die Folter in den Kellern der Inquisition in Neu-Gareth durchgeführt, oder, wo vorhanden, auch in den lnqui-sitionstürmen. Es ist empfohlen, Schwangere bis zur Niederkunft nicht zu foltern und Kinder lieber umzuerziehen als hinzurichten. Ansonsten ist die Folter vor allem Teil der Strafe beziehungsweise Teil der Läuterung der Seele des Angeklagten. [...] Ketzer werden gewöhnlich verbrannt, Häretiker gehängt und dann verbrannt, manche gevierteilt oder gesiedet etc." (Wege der Götter S. 42)

    Zu beachten sind die Empfehlungen(!) im Umgang mit Kindern und Schwangeren - das heißt, dass man sie nicht immer schonen muss!

    Paktierer müssen vor ihrem Tode freilich exoziert oder anderweitig zum Paktbruch bewegt werden, sonst fällt ihre Seele nach der Exekution den Erzdämonen anheim. Es gilt jedoch: "Gelingt die Liturgie, ist der Pakt gebrochen und die Seele gerettet, allerdings gehört der Scheiterhaufen nicht selten zur überlieferten Form dieses Rituals." (Wege der Zauberei S. 240.

    Fassen wir also zusammen: Die Inquisition als Kernstück der Praioskirche (wir reden hier noch nicht einmal von der einflussreichen Randströmung der Bannstrahler) wendet unerbittlich Folter und Hinrichtungen an, um Seelen zu retten. Dabei betreibt sie auch praktisch Selbstjustiz, indem sie als staatliche Gewalt auftritt, anklagt, ermittelt (einschließlich peinlicher Befragung), verurteilt und hinrichtet.

    Eine wichtige Organisation der weißen Gilde der Magier sind die Pfeile des Lichts. Die eigene Eingreiftruppe gegen Anwender verbotener Magie. Für sie gilt: "Im Falle einer Konfrontation fordern die Pfeile den Beschuldigten einmal zur Aufgabe auf. Sollte dem Befehl nicht sofort nechgekommen werden, gehen die Pfeile zum Angriff über. Den Gegner kampfunfähig zu machen, ist dabei nur die zweite Option. Ausgeschaltete, aber noch lebendige Flüchtlinge haben meist nur das Glück, die Angriffswelle des Pfeils überlebt zu haben." (Auf gemeinsamen Pfaden S. 135)

    Eine weitere bekannte mittelreichische Organisation ist die Kaiserlich-Garethische Informationsagentur, kurz KGIA. Ihre Methoden reichen "von Verfolgen und Nachspionieren über Einschüchterungen bis zu Entführungen und Attentaten, letztere nicht unbedingt auf die Helden [Anm. sollten sich die Helden die KGIA zum Feind machen] selbst, sondern auf ihnen wichtige Personen." (Auf gemeinsamen Pfaden S. 102)

    Eine alte aventurische Rechtsinstitution ist das Hofgericht. "Hier hat jeder Freie das Recht, Angreifer, die ihn oder die Seinen schädigten, ohne langen Prozess zu verurteilen und sogar zu töten - das gilt etwa für Einbrecher. Eine Erweiterung dieses Hofgerichtes gibt dem Hausherrn auch die Züchtigungshoheit über seine unfreien Schutzbefohlenen." (geographica Aventurica S. 144)

    Da wir es ja auch mit Achaz und Kobolden zu tun haben (wobei letztere, solange sie keine Schwarzkobolde sind, wohl als heilige Wesen der Tsa betrachtet werden könnten), sollten wir auch einmal einen Blick darauf werfen, wie sie vor mittelreichischem Recht gelten: "Die Gesellschaft des Mittelreiches basiert auf Sesshaftigkeit, persönlichen Bidnungen und dem Gedanken, dass die Götter jedem Menschen den rechten Platz zugewiesen haben. Ein Leibeigener oder Zunftknecht mag arm und geschunden sein, besitzt aber soziale Sicherheit. Außerhalb dieser starren Standesordnung stehen vor allem drei Gruppen: Fahrende, verurteilte Verbrecher und fremde Völker. [...] Orks, Goblins und Ferkinas gelten als rechtlose Barbaren. [...] Rechtlose brauchen Fürsprecher, die sie vor einem Gericht vertreten, Juristisch können sie von jedermann straffrei betrogen oder ausgeraubt werden [...]" (Herz des Reiches S. 31)

    Bruderschwester Firl Gorbas , deine Gruppe hat in diesen Fällen in den Augen der schneeweißen Kräfte des Mittelreiches vielleicht etwas übereifrig gehandelt, aber völlig im Rahmen dessen, was bei diesen Kräften üblich ist. Die Achaz genißen keinerlei Schutz oder Rechte durch das mittelreichische Gesetz - da kräht kein Hahn danach. Ihre Seelen vor den dämonischen Feinden zu retten ist aber ein göttergefälliges Werk. Sie sollten ihren jugendlichen Eifer etwas zügeln und noch etwas besser im Praioschor singen, aber sie sind auf dem besten Wege, eine in mittelreichischen Augen schneeweiße Gruppe zu werden.;)

  • Oje soviele antworten, das kommt davon wenn man morgens um fünf noch postet.

    Ich fange mal mit Schattenkatze an

    Dies als ziemlich pauschalisierende Begründung, warum man ohne größeres Wenn und Aber (so liest es sich für mich) andere Leute tötet und ermordet, kann ich mich so nicht anschließen.

    Natürlich ist das pauschalisiert und überspitzt (die meisten Kulturen töten nicht einfach Menschen, und damit Hexen eine "Mordsstimmung" haben muss vermutlich auch einiges passieren), und das sind natürlich keineswegs Gründe die eine alleinige Entscheidungsgrundlage bilden (Vielleicht bei einem Fanatischen Bannstrahler). Aber sie können gemeinsam mit anderen Gründen durchaus hinreichend sein.

    Von der Todesstrafe in Alanfa für Ehebruch habe Ich auch erst vor kurzem gehört.

    Zu Zwergen Novadis und Tulamiden: Ja es gab keinen Feldzug, aber zögern, was mit einer bösen Echse zu tun ist wird da kaum jemand. Zumindest meinem Verständnis nach sind Achaz von diesen kulturen komplett entmenschlicht, da dürfte sich eigentlich niemand schlecht fühlen, vermutlich fühlt man sich sogar gut. Zu meinen Vorurteilen gegenüber Novadis: Ich denke wenn man die 99 Gesetzte wirklich streng auslegt, wie das ja bei einigen Wüstenstämmen der Fall ist bieten die schon ein hohes Mordpotential. Bei denen in Gorien eher nicht.

    Generell wollte Ich nicht aussagen, dass in Aventurien an jeder Ecke ein Mord stattfindet (über die häufigkeit mit der sowas passiert habe ich keine Aussage getroffen, lediglich über in den jeweiligen Kulturen mögliche präskriptive Sätze, welche zur legitimation einer Tötung herangezogen werden).

    Zum alles drum herum töten: Wenn Aventurien sich am Mittelalter orientiert stellt Kollektivschuld dort ein relativ normales Konzept dar, welche sich leicht anwenden lässt:

    Eine Familie muss die Schulden ihres Sohns bezahlen

    Almadanische Blutfehden wären ebenfalls ein Beispiel, welches sich so meiner Erinnerung nach auch im Hintergrund findet

    Bei einem Verbrecher kann man die Familie oder das Dorf mit verantwortlich machen, in dem er lebt, weil die eine Verantwortung haben, sich gegenseitig zu kontrollieren.

    (*Marxmodus an*)

    Die Schuld im Individuum zu verorten ist ein relativ Modernes vorgehen, welches erst im 18. und 19. Jh. wirklich verbreitung gefunden hat, und meiner Meinung nach vor allem mit der "Befreiuung" der Arbeitskraft im Zuge der Industrialisierung zusammenhängt. In Aventurien ist man aber noch ca 300 Jahre davon entfernt, der Bauer sitzt weiter auf seiner Scholle und in den Städten walten Zünfte und Gilden, allenfalls das Horasreich kennt Manufakturen, befindet sich damit aber immernoch vor der Industrialisierung.

    (*Marxmodus aus*)

    Auch Individuelle Abweichungen sollten in Aventurien deutlich geringer ausfallen, da aufgrund der fehlenden Individualisierungszwänge Gruppenkonsens und daraus resultierende Konsensmoral viel größeren Zwang ausüben können (Zwang jetzt nicht in dem Sinne, dass man sich gezwungen fühlt, sondern in dem Sinne, dass man die normen verinnerlicht und dann sein Verhalten selbst entsprechend reguliert).

    Wenn es daher um eine eher "allgemeine Einteilung" geht (ich schreibe bewusst nicht Objektiv), ist das sicherlich einfacher wenn wir das dann anhand von realen und modernen Maßstäben machen, ich denke da findet sich schneller ein gemeinsamer Schnitt, als wenn man versucht eine durchschnittlichen Aventurischen Maßstab zu setzen.

    Auch irdisch existieren recht unterschiedliche Moralitäten, welche alle modern genannt werden können. Zumindest in unserer Runde haben wir häufiger auch mal recht hitzige Debatten über lustige Themen wie: Flüchtlingskrise, Todesstrafe, sind alle Menschen gleich viel Wert und ähnliches. Einen gemeinsamen Schnitt finden wir da deutlich seltener und auch langsamer als unsere SC. Der SC kann halt sagen "ist mir egal", wir nicht. Die Diskussion, ob wir jetzt eine schwarze oder graue Gruppe sind hat sich innerhalb der Gruppe noch nie gestellt. Ich bin eigentlich immer von mittel bis hellgrau ausgegangen, was aber daran liegen dürfte, dass ich mir auch outgame gute Gründe vorstellen kann, mit denen man die Tötung eines Menschen rechtfertigen kann. Es stört mich aber auch nicht wenn Menschen anderer Meinung sind, solange sie diese unter Angaben ihrer Prämissen begründen können. Da meine SC das können stört es mich auch bei ihnen nicht und sie sind gute SC, weil sie ihre Moral begründen können und kritisch darüber reflektieren können. Ein unmoralischer Mensch ist schlicht unreflektiert, kann also seine Moral jenseits von das ist gut/böse nicht weiter begründen. Ein böser Mensch verletzt bewusst moralische Grundsätze, denen er eigentlich zustimmen würde. Gut/Böse existieren objektiv nicht, nur subjektiv. Undd Helden sind mMn nicht gut, wenn sie nicht in der Lage sind zu begründen warum ihre Tat gut war. Der Purpurwurm, welcher die Stadt abfackelt, die ständig Helden ausschickt um ihn zu töten könnte durchaus gut sein, wenn er eine gute Begründung dafür abgibt warum das gut war (z.B. Drachen sind im Kampf gegen die dämonischen Invasoren viel schwerer zu ersetzen als Menschen, daher ist mein Leben es Wert, dass diese Stadt ausgelöscht wird, die potentiellen negativen Folgen meines Todes für alle Bewohner Aventuriens sind größer als die potentiellen negativen Folgen des Todes aller Einwohner der Stadt).

    Das obige funktioniert aber auch nur, wenn man die Spielwelt als SL auch dahingehend gestaltet das beide Seiten ihre Berechtigung haben. Das hatte ich hier ja schon in meinem ersten Beitrag angesprochen. Egal ob meine Gruppe nun weiße, oder schwarze Helden bespielt, bin ich bemüht für beide das gleiche Aventurien anzubieten und eben nicht dieses je nach Gesinnung zu "optimieren". Wenn ich aber, und so kam das eingehend rüber, eine Spielwelt als SL gestallte, die das geschilderte Verhalten stets belohnt und Nachsicht bestraft, dann präsentiere ich eine Spielwelt, die eben auch nur Platz für eine Gesinnung bietet.

    Da stimme Ich dir zu, aber in der Praxis haben schwarze Charaktere eigentlich immer den Vorteil, weil sie nie nicht durch Moralität in ihrem handeln eingeschränkt sind. Die können ja durchaus nett mit einem plauschen und Abends Kinder im Südquartier erschlagen gehen (Ist letztens einem Freund in der Anfängerrunde wo er meistert passiert). Insofern haben weiß und schwarz auch Gewisse Balancingprobleme.

    Nurmjo

    Häufig damit einher geht auch eine extrinsische Sicht auf den eigenen Charakter, was sich u.a. darin äußert, von ihm in der dritten Person zu sprechen: "Mein Held macht dies und jenes. Mein Held erzählt ihm dies und das.". Ich glaube, das schafft eben auch eine bestimmte Distanz zu dem eigenen Charakter sowie dessen Taten, sodass es einfacher sein mag, zu foltern oder zu töten.

    Dem würde Ich widersprechen Ich versuche ganz bewusst nicht Ich zu sagen, wenn ich dsa spiele sondern bemühe mich meinen Charakter beim Namen zu nennen (Auch wenn mir bisweilen doch ein Ich rausrutscht). Dadurch wird vor allem für Mitspieler klar, dass Ich nicht mein Charakter bin und es fällt auch leichter Spieler und Charakterwissen zu trennen. Außerdem merken sich Mitspieler schneller den Charakternamen. Diese bestimmte Distanz zwischen Spieler und Charakter ist es was es überhaupt erst möglich macht flexibel unterschiedliche Charaktere zu bespielen, das geht aber natürlich in beide Richtungen: wenn der Charakter vom Hintergrund her kein Problem mit folter hat kann man das machen, wenn er vom hintergrund her ein Pazifistischer Tsageweihter ist fällt es dann auch leichter auf solches Verhalten zu verzichten. Generell würde Ich sagen, dass empathie kein guter Ansatz ist, weil sie dazu führt, dass man Ähnlichkeiten zwischen sich und dem Charakter überbetont, während unterschiede ignoriert werden, sie funktioniert also besser, je ähnlicher der SC dem Spieler ist. Ich verfolge eher den Ansatz des Eindenkens und versuche mir den SC als ein in sich geschlossenes System (ein bischen wie Mathe oder in der Biologie) vorzustellen, definiere Axiome, nach denen er denkt und leite aus diesem Denken Handlungen ab.

    Spieler die ständig Kinder und Hunde adoptieren wollen, weil sie ihren Kinderwunsch ins Spiel projezieren etwa finde ich genauso störend wie solche bei denen der Edgelord-SC jede Woche ein Dorf niederbrennt. Ob ersteres noch irgendwas mit Empathie zu tun hat sei mal dahingestellt. Strickte Trennung nicht nur von Spieler und Charakterwissen, sondern auch von Spieler und Charakter Persönlichkeit finde Ich sehr wichtig. Wer einen moralisch guten Charakter spielen will, sollte demnächst auch mal Philosophie steigern.

    Nochmal zur Empathie, Ich halte es für sehr wichtig, dass Charaktere ihre Spielwelt empathisch erleben, aber empathie ist extrem unzuverlässig. Sie ist Abhängig von geographische und sozialer Nähe. Menschen geben Bettlern auf der anderen Straßenseite kein Geld, den auf ihrer Seite aber schon, obwohl das überrqueren der Straße maximal 10 sekunden dauert, also kein signifikanter Mehraufwand entstünde. Vor allem kann Empathie aber nicht die Grundlage für moralisches Handeln sein, denn sie behandelt alle Menschen unterschiedlich. (Wenn man mir sagen würde, dass meinem Bruder morgen der Daumen amputiert wird bin ich viel empatischer, als wenn mir jemand sagt, dass an der Griechischen Grenze gerade Menschen erschossen werden.). Bei Wesen, die nicht einmal das Mensch sein teilen (Orks, Achaz, Goblins) müsste es sehr schwer sein emphatisch zu sein. Letzendlich ist Emphatie nicht mehr als ein: "Das fühlt sich richtig an" und das kann auch bei moralisch falschen Dingen der Fall sein.

    Der wahre Held weiß, wann er das kleine Mädchen im Straßengraben verbluten lassen muss, um den finsteren Schwarzmagier doch noch zur Strecke zu bringen.

    Einmal editiert, zuletzt von Firl Gorbas (2. Juni 2020 um 13:52)

  • Firl Gorbas

    Mir ist durchaus klar, das wir auch weltlich unterschiedliche Ansichten haben und daher hatte ich auch bewusst in Klammern geschrieben das hier keinesfalls von etwas Objektiven geschrieben werden kann. Wenn es aber um die Einstufung einer Heldengruppe geht, so man hier eine Einstufung vornehmen will, halte ich eine Inneraventurische Einstufung nach wie vor für nicht machbar. Wie Du selbst beschreibst hat jede Region, jede Religion und auch jede Kultur da ihre eigenen Ansätze und so müsste ich bei jeglicher Einstufung dann immer dabei schreiben: "Das ist jetzt aus der Sicht meines Thorwaler Schmied". Ich denke da fahren wir leichter zumindest diese Einteilung auf weltlicher Ebene zu diskutieren.

    Zitat

    Undd Helden sind mMn nicht gut, wenn sie nicht in der Lage sind zu begründen warum ihre Tat gut war.

    Finde ich eine wirklich spannende Aussage, die ich so aber nicht teilen könnte. Der Umkehrschluss der Aussage ist ja das alles als gut anzunehmen wäre, solange derjenige der die Tat vollbringt es für sich als etwas gutes erklären kann. Finde ich etwas schwierig und kann eigentlich nur hoffen das es anders gemeint ist, als ich das gerade verstanden habe.

    Zitat

    Insofern haben weiß und schwarz auch Gewisse Balancingprobleme.

    Das ist genau der Punkt, welchen ich versuche immer anzusprechen. Wenn es hier Balancingprobleme gibt, dann ist das ein hausgemachtes Problem des SL. Es obliegt doch am Ende dem SL wie die Konsequenzen aus allen Handlungen aussehen. In allen Fällen können sich jeweils positive wie auch negative Konsequenzen ergeben, mal abgesehen von denen ohne weitergehenden Konsequenzen. Bis dahin gibt es erst mal absolut kein Balancingproblem! Wenn der SL aber hingegen eine Seite besonders "belohnt", bzw diese mit verstärkt positiven Konsequenzen füttert, während er der Gegenseite regelmäßig negative zuspielt, dann kommt es zu einem Balancingproblem. Letzteres ist aber hausgemacht und hat ja erst mal wenig mit DSA oder Aventurien zu tun. Da sind wir dann wieder bei der Grundausrichtung einer Gruppe und die kann ja durchaus unterschiedlich sein.

  • Nein, du musst mir nicht widersprechen, denn du schilderst genau das, was ich meine. Sorry, falls ich mich missverständlich ausgedrückt hatte.

    Mit der extrinsischen sicht meine ich genau dein Verhalten: Du sprichst von deinem Helden in der dritten Person und steuerst ihn quasi von oben. Bei uns hat es sich hingegen eingebürgert, von dem Helden (fast) ausschließlich in der ersten Person zu sprechen und in der Kommunikation auf wörtliche Rede zurückzugreifen: "Ich straffe meine Schultern und gehe mit bösem Blick auf ihn zu: 'Was fällt dir eigentlich ein, du Schuft!?!'."

    Deinen Ausführungen bezüglich empathischen Spiels kann ich übrigens nicht folgen. Empathie ist ja per se die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen. Und genau das meine ich mit empathischem Spiel: Man fühlt sich in seinen Charakter und vollzieht dessen Emotionen und Beweggründe nach. Würde er foltern? Kann er das überhaupt zulassen? Denkt er darüber nach, dass der Entführer vielleicht auch eine Familie hat?

    Das muss und soll überhaupt nicht objektiv sein, im Gegenteil! Wenn der Entführer meine Schwester gekidnappt hat, dann erlaubt mir das empathische Spiel, dass mich das emotional viel mehr mitnimmt, als wäre es nur die mir unbekannte Tochter von Binsböckels Alrik. Und folglich würde ich meinen Charakter auch ganz anders reagieren und handeln lassen, bspw. viel irrationaler und impulsiver.

  • @Windweber Du hast mit dem Mittelreich denke Ich absolut recht. Ist mir bisher nie aufgefallen. Bei uns ist da immer alles gut, besonders im Kosch. Wir spielen ja ohnehin in den Tulamidenlanden, da ist es eh eine Frage von Geld und wen man kennt.

    Ectheltawar

    Finde ich eine wirklich spannende Aussage, die ich so aber nicht teilen könnte. Der Umkehrschluss der Aussage ist ja das alles als gut anzunehmen wäre, solange derjenige der die Tat vollbringt es für sich als etwas gutes erklären kann. Finde ich etwas schwierig und kann eigentlich nur hoffen das es anders gemeint ist, als ich das gerade verstanden habe.

    Prinzipiell ist das natürlich schon Richtig, aber da moral, wie ja oben festgestellt wurde subjektiv ist, kann man nicht annehmen, dass es auch sicht anderer gut ist. Begründen heist in diesem Kontext auch, dass man in der Lage ist seine Moral über den normativen Background der eigenen Kultur hinweg zu reflektieren. Jemand der einfach tut was die eigene Kultur als gut definiert, weil er es so gelernt hat ist nicht gut. Er ist normal. Hier zitiere Ich mal Adorno:

    “Es gehört zur Moral, nicht bei sich selber zu Hause zu sein.“

    Der erste Schritt zu moralischem handeln ist es die normative Grundordnung (In Aventurien also meist die Zwölfgöttliche) in Frage zu stellen. Man tritt aus der eigenen Subjektivität heraus und reflektiert warum diese Dinge als gut angenommen werden. Ein Beispiel: Der Traviagewihte meditiert über die Prinzipien Travias, indem er grundsätzlich fragt, warum Monogamie überhaubt sinnvoll ist. Welche gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert sie? Welchen gesellschaftlichen Nutzen erfüllt sie? Welche Probleme bringt sie mit sich? Steht sie im Konflikt mit anderen Geboten Travias oder anderer Götter? Kann man Monogamie unter berücksichtigung dieser Fragen überhaupt noch im Sinne Travias vertreten. Sind andere Wege, etwa eine Polyamoröse Kommune, in der lage diese Funktion ebenfalls zu erfüllen?

    Im Hinblick auf andere Kulturen natürlich auch: Wie lösen kulturen, welche Travia nicht, oder in anderer Weise verehren diese Probleme.

    Ein philosophisch kompetenter Traviageweihter könnte einen Ferkinastamm besuchen und etwa feststellen, dass die Vielehe der Ferkinas ähnliche Funktionen wie die monogame Ehe der Traviakirche erfüllt: Reproduktion der Hierarchie, soziale Sicherung, sichere Verhältnisse, in denen man Kinder aufziehen kann, aber Monogamie aufgrund der vielen Todesfälle der Ferkinamänner in kriegerischen Auseinandersetzungen, hier viele Frauen alleine dastehen lassen würde. Somit wäre es wohl eine Traviagefällige Form des zusammenlebens, selbst wenn die Ferkinas auf den ersten Blick überhaupt nichts mit Travia zu tun haben.

    Der Schwarzmagier kann ja durchaus davon überzeugt sein, dass Menschenopfer gut sind, aber wenn er einmal seine einstellung dazu hinterfragt, wird es ihm schwerfallen diese Position zu halten, da individuelles Machtinteresse wenn ich mich aus der Subjektiven Sphäre herausbewege nicht als begründung für moralisches handeln gegenüber anderen taugt. Benötigt er die Menschgenopfer hingegen um genügend Astralenergie zur Bannung eines mächtigen Dämons, welcher das Dorf terrorisiert zu haben, wäre das zwar tragisch, aber der Magier würde aus Perspektive der Dorfbewohner, der gute sein, auch wenn er sicher Gewissensbisse hat.

    Die Frage, was gut und Böse ist ist also tatsächlich eine rein subjektive.

    Nurmjo

    Ich verwende die dritte Person um über meinen Charakter zu sprechen, Aber wörtliche Rede, um Gespräche zu führen. In einem Buch wäre das wohl nicht so guter Stil, im Rollenspiel funktioniert das aber sehr gut. Und Ich steuere den Charakter durchaus von "innen", versuche es aber von außen zu beschreiben, weil Ich das ja primär für die anderen Spieler tue, die meinen SC auch nur von außen sehen. Und nein Empathie ist nicht die Fähigkeit sich in andere einzufühlen, sondern von sich selbst auf andere zu schließen, deshalb funktioniert sie auch schlechter, je weniger ähnlich mir jemand anderes ist. Empathie bedeutet auch nicht, dass man negative Emotionen empfindet wenn andere Menschen leiden, es bedeutet nur, dass man versteht warum sie leiden. Der Autoverkäufer ist auch sehr emphatisch mit dir, wenn er dir ein AUto verkauft, dass du eigentlich nicht haben willst. Wäre er das nicht, wüsste er nämlich nicht, wie er dich dahingehend manipulieren kann.

    Soziopathen sind grundsätzlich durchaus Fähig empatisch zu sein, sie fühlen jedoch nicht mit.

    Fürs Rollenspiel halte ich so eine distanzierte Empathie, also eher ein Eindenken, als ein Einfühlen in die Figur für deutlich besser, eben weil das Einfühlen meine eigenen Charkterzüge auf den SC projiziert. Wenn ich meinen SC hingegen aus einer Reflektionsinstanz steuere kann Ich Hintergrundgeschichte, Persönlichkeit und vorherige Erfahrungen des SC ganz bewusst in seine Aktionen und Reaktionen einfließen lassen und ihn so zu einer eigenen Person machen, so dass meine Mitspieler nicht von "dein Char" sondern von Sargon sprechen.

    Edit: der Begriff der Empathie ist ziemlic humstritten, insofern meine Ich hier, wenn Ich von Empathie rede, dass was Ich hier gesagt habe. Andere Menschen können da ber durchaus anderer Meinung sein, das Konzept ist halt nicht so eindeutig.

  • Der erste Schritt zu moralischem handeln ist es die normative Grundordnung (In Aventurien also meist die Zwölfgöttliche) in Frage zu stellen.

    Moral ist genau das Gegenteil. Zitat aus Wikipedia: "Moral bezeichnet zumeist die faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen und somit die Gesamtheit der gegenwärtig geltenden Werte, Normen und Tugenden."

    Man tritt aus der eigenen Subjektivität heraus und reflektiert warum diese Dinge als gut angenommen werden.

    Hier stellt sich die Frage: Ist etwas Gut, weil die Götter es sagen? Oder sagen die Götter etwas, weil es Gut ist?

    Der Traviagewihte meditiert über die Prinzipien Travias, indem er grundsätzlich fragt, warum Monogamie überhaupt sinnvoll ist.

    Grenzt das nicht schon an Blasphemie, die heiligen Glaubenssätze zu hinterfragen?

    Märchen erzählen Kindern nicht, dass Drachen existieren. Denn das wissen Kinder schon. Märchen erzählen den Kindern, dass Drachen getötet werden können.
    Gilbert Keith Chesterton