Kritik und Lob bzgl. Ulisses: Was geht und was geht nicht?

  • Kritik dagegen muss, um hilfreich zu sein, klar, deutlich, fundiert und differenziert ansprechen, worum es geht.

    Nein, muss sie nicht. Sie darf polemisch, laut, unfair und emotional sein.
    Vielmehr sollte sich jede einzelne Person fragen: Möchte ich das lesen oder nicht? Und falls ja: Möchte ich die geäußerte Meinung ganz oder in Teilen übernehmen oder lehne ich sie ab?

    Kritik muss nicht hilfreich sein. Man kann auch einfach sagen: "Nein, mir schmeckt gebratene Leber mit Rosenkohl nicht! Und dieses Restaurant ist Mist!"
    Der Koch könnte es mit tausend Gewürzvarianten und verschiedensten Garmethoden versuchen, die er anhand einer differenzierteren Kritik austesten müsste. Doch egal was er unternimmt, die Zufriedenheit beim Gast will sich nicht einstellen. Bevor also der Koch seine Rezeptur ändert, nur weil einer im Gastraum sitzt, der ihn und seine gebratene Leber nicht mag, sollte er sich an denen orientieren, die ihm sagen: "Ganz wunderbar! Aber nächstes Mal vielleicht etwas weniger Rosmarin!"

    Nicht hilfreiche polemische, laute, unfaire und emotionale Kritik ist super!
    Die kann der Bewertete nämlich umgehend zur Seite legen, damit Zeit und Nerven sparen und sich auf seine Fans konzentrieren. Sobald ein Pöbler ankommt, der grundsätzlich keine Leber mit Rosenkohl mag, aber dir ganz klar, deutlich, fundiert und differenziert Saucenvorschläge gibt, wird es nämlich kompliziert.
    Denn der hält dich auf Trab. Der stumpfe Pöbler, der nur mal kurz auf pointierte Weise seine Abneigung rausrülpsen wollte, nicht.
    Als Künstler hat man es erst geschafft, wenn man zuverlässige "Erzfeinde" hat, die dich und deine Arbeit miesmachen. ;)

    Oder, wie es ein weiser Mann einst treffend sagte:
    "Wenn du kritisiert wirst, musst du irgendwas richtig machen. Denn man greift nur denjenigen an, der den Ball hat." (Bruce Lee)

    - nicht mehr im Forum aktiv -

  • Hierüber bin ich gestolpert. Vermutlich kommt da der Deutschlehrer in mir durch. ;) Selbstverständlich können Texte, Illustrationen, kurz "Inhalte" nach objektiven Maßstäben bewertet werden. Wenngleich man auf der Inhaltsebene mit persönlichem Geschmack argumentieren kann, ist Kritik an der Darstellungsebene durchaus kategorisierbar. Beispiele wären formale Mängel oder ein bestimmter Schreibstil, der in bestimmten Verwendungszusammenhängen besser oder schlechter geeignet ist. (Stichwort: parataktischer oder hypotaktischer Stil).
    Ich könnte, anhand von messbaren, feststehenden und jederzeit nachprüfbaren Kategorien also jederzeit einschätzen, ob ein Text auf der Darstellungsebene "gut" oder "schlecht" ist und eine objektive Bewertung vornehmen, die nicht individuell, sondern allgemeingültig ist und wissenschaftlichen Prinzipien unterliegt.

    Dass eine Wertung der Sache nach subjektiv ist, ist objektiv nicht haltbar. ;)

    Jain.

    Du kannst feststellen, dass ein Werk gewissen formalen Kriterien nicht entspricht und es deshalb als schlecht bewerten. Das Stimmt. Jedoch kann jemand anderes ebenso feststellen, dass ein Werk gewissen formalen Kriterien nicht entspricht und es deshalb als gut bewerten, zum Beispiel, weil ihm das Aufbrechen von verkrusteten Stereotypen gefällt oder er die neuen Ideen erfirschend findet usw.
    Oder andersrum, du kannst sagen "Ich halte dieses Gedicht für gut, weil es den fromalen Vorgaben eines [hier Gedichtart einfügen]-Gedicht entspricht." Und jemand anderes könnte sagen, er findet es genau geshalb schlecht, weil er langweilig alte Formen wiederholt.
    Das hängt immer mit dem Bewertungsbezog und den Kriterien zusammen. Klar, wenn z.B. die Aufgabe war, ein Aufsatz über das Thema "Blume" zu schreiben, und jemand schreibt ein Aufsatz über das Thema "Himmel", dann hat der Autor das Thema verfehlt. Ist der Aufsatz deshalb "schlecht"? Nicht zwingend, er entspricht nur eben nicht den Bewertungskriterien.

    Mit ist aber durchaus bewusst, dass umgangssprachlich so was als "gut" und "schlecht" bezeichnet wird, wie du es hier dargestellt hast:

    Ich könnte, anhand von messbaren, feststehenden und jederzeit nachprüfbaren Kategorien also jederzeit einschätzen, ob ein Text auf der Darstellungsebene "gut" oder "schlecht" ist und eine objektive Bewertung vornehmen, die nicht individuell, sondern allgemeingültig ist und wissenschaftlichen Prinzipien unterliegt.

    Das ist unter Anderem auch, wie der Duden etwa gut definiert als "den Ansprüchen genügend; von zufriedenstellender Qualität, ohne nachteilige Eigenschaften oder Mängel". Das erwähne ich, weil ich den Duden öfters gerne für Definitionen heranziehe und ich es daher erwähnenswert fand.
    Nur sind das eben Bewertungen nach subjektiven Maßstäben, da sie geschmackliche und im Grunde moralische Begriffe sind - und daher subjektiv.
    (Objektiver wäre die Formulierung: "der Text erfüllt auf Darstellungsebene die Kriterien" oder Ähnliches oder es muss eben ein Hinweis auf diese Kriterien erfolgen. "Der Text ist gut, da er die Kirterien erfüllt", damit das klar wird).

    So, aber damit will ich es dann auch bewandert lassen, sonst wird das hier noch zu ner moralphilosphischen und diskursanalytischen Vorlesung. :P Und das hat dann mit dem Thema auch nix mehr zu tun.

    Dem zweiten Teil deines Posts stimme ich im Übrigen vollkommen zu. ;)

  • Nicht hilfreiche polemische, laute, unfaire und emotionale Kritik ist super!
    Die kann der Bewertete nämlich umgehend zur Seite legen, damit Zeit und Nerven sparen und sich auf seine Fans konzentrieren.

    In Deine Augen und für Dich. Wenn das bei Dir geht, schätze ich Dich glücklich.

    In meinen Augen etwa wird sie immer (bislang jedenfalls) negativ haften bleiben und ich konnte so etwas noch nie "zur Seite legen", denn gegeben ist gegeben und beschäftigt mich, sogar dann, ich rational weiß, dass ich mir den Schuh nicht anziehen muss oder sollte. Ich kann mir vorstellen, dass dies auch für andere gilt.

  • Ebenfalls Jein.

    Das mag bei privater Kritik gegen eine bestimmte Person, Meinung etc. der Fall sein, doch hier im Forum wo viele mitlesen kann eine absolute stimmungsnegatvie Kritik eine ganze Diksussion zerreißen - bis die Moderatoren diese gar schließen müssen.

    Es wäre tatsächlcih einfacher jeder im Forum stelle sich vor er/sie sitzt gerade mit seiner tollen (?) Spielgruppe zusammen und man würde gemtülich (!) über das Thema reden - und so sollte dann auch die Kritik, Antwort etc. ausfallen - in aller Freundschaft.

    Oder eine Uhr stellen und nach 5 Minuten den Text noch einmal durchlesen - und erst dann auf "Antworten" drücken.

    Ja, schreibt sich leicht ... und ich bin selbst kein Engel ... aber ich nehme mir berechtigte Kritik zu Herzen - auch wenn ich (durch eigne Schuld) mißverstanden werde. Aber (auch) darüber kann - und sollte - man reden. Gern privat ... was manche auch in letzter Zeit genutzt haben.

    Übrigens, dafür ein kleines Danke. :)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ich würde gerne noch was zur These, dass jedwede Form von Kritik was erreichen kann, da die Autoren und Verantwortlichen aus wirtschaftlicher Sicht sie sinnigerweise sich auch anschauen sollten, wenn sie nicht sachlich formuliert ist, was schreiben:

    Das ist sachlich richtig, funktioniert aber nur sehr bedingt. Bei mir persönlich endet das Lesen, wenn ich das Gefühl habe, dass sich jemand nicht fair mit einem Punkt auseinandersetzt. [...]

    Summa summarum: Ich bin mir ziemlich sicher, dass Kritik durchaus von verschiedenen Verantwortlichen gelesen wird. Ich bin mir aber auch sicher, dass längst nicht jede Kritik ihren Punkt da vermitteln kann, weil sie in ihrer Form den adressierten Menschen die Annahme extrem erschwert. Ich bin mir auch sicher, dass deswegen bestimmte Postings auch nicht mehr von den relevanten Personen gelesen werden - wegen Wiederholung, empfundener Irrelevanz o. ä.

    Es gibt unter Autoren (beziehungsweise kreativen Künstlern, die mit ihrer Arbeit Geld verdienen und anschließend irgendwo die Möglichkeit haben, sich Kritik darüber zum Beispiel auf Online-Portalen anzusehen) eine Faustregel, beziehungsweise einen hilfreichen Hinweis:

    Kümmere dich nicht um die 0- oder 1-Stern-Bewertungen. Sie stammen offensichtlich von Menschen, für die dein Werk einfach nicht gemacht war. Es hat ihnen nicht gefallen. Das ist okay, jeder Mensch ist anders. Aber es birgt in den seltensten Fällen irgend einen Hinweis darauf, was du hättest anders machen können, ohne zu einem komplett anderen Menschen zu werden, der du nicht bist.

    Kümmere dich auch nicht zu sehr um die 5-Stern-Bewertungen, weil du aus ihnen nichts lernen kannst. Diesen Leuten hat alles an deinem Werk gefallen, das ist super, aber daraus lässt sich natürlich für dich nicht lernen, wo mögliche Schwächen gewesen sind oder was du künftig verbessern kannst.

    Wenn du etwas für dich mitnehmen willst, dann schau dir die 3-Sterne-Bewertungen ganz genau an. Weil in einigen davon werden sich Käufer/Leser/Zuhörer verbergen, die genau die passende Zielgruppe für dein Werk sind. Und dann lies dir durch, was dort steht, vielleicht kannst du was darauf lernen. Vielleicht hat einer von denen ja einen Punkt erkannt, der dich voran bringt. Denn offenbar hat diesen Leuten "etwas" an deinem Werk gefallen.

    Und wenn du dich über negative Kritiken ärgerst, dann such dir ein großartiges Werk der Weltgeschichte, irgend etwas, das ganz zweifellos herausragend ist, bahnbrechend, epochenprägend, einen Goethe oder Shakespeare oder Beethoven oder sonstwas - und lies dir dort die 0-Sterne-Bewertungen durch. Weil es wird immer Menschen geben, die etwas absolut beschissen finden. (Und das ist auch in Ordnung so, denn Menschen sind verschieden).

    Ich hatte auf meinen ersten veröffentlichten Roman eine Rückmeldung, die lautete "Der erste Teil war super, aber der zweite war langweilig!" und ein andere, die lautete "Der erste Teil zog sich ziemlich, aber ab der Mitte wurde es superspannend!" Was macht man mit solchen Rückmeldungen? Man freut sich einfach, dass die Leute offenbar (zumindest zeitweise) Spaß mit dem Buch hatten.

  • Ja, nur was war am ersten Teil "super" und am anderen "langweilig"; ich gucke gerade aus dem Fenster: Das Wetter ist schön (da es nicht regnet). Das ist genau die Art der Kritik die absolut niemanden hilft - ja noch nicht einmal anderen Lesern.

    Indy IV - das Computerspiel hatte alles was ich mit Indianer Jones verbinde, der Film erinnerte mich eher an Akte-X trift Familie Tomb Raider; und klaut noch bei der Mumie.

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    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ja, nur was war am ersten Teil "super" und am anderen "langweilig"; ich gucke gerade aus dem Fenster: Das Wetter ist schön (da es nicht regnet). Das ist genau die Art der Kritik die absolut niemanden hilft - ja noch nicht einmal anderen Lesern.

    Ich habe das jetzt selbstverständlich stark zusammengefasst, da es hier keine Rolle spielt. Da stand schon teilweise ausführlicheres Zeug drin, und ich kann das auch sogar in der Widersprüchlichkeit nachvollziehen: Der erste Teil war stark geprägt von Schilderungen, World-Building, Ausloten von Charakteren, der zweite Teil war stärker dramaturgisch geprägt, hatte schnelleres Pacing, war zugespitzter.

    Sprich: Der eine Leser mag ausführliches Worldbuilding und hatte an den vielen kleinen Details Spaß, dafür gefiel ihm der Plot in der zweiten Hälfte nicht so. Der andere Leser hat mehr Spaß mit griffiger, packender Handlung. Dem war der erste Teil zu behäbig und zu mäandernd. Das verstehe ich beides, und ich kann sogar auch prinzipiell aus der Kritik etwas mitnehmen, ich kann schauen, ob ich künftig die Balance besser hinbekomme. Der Punkt ist aber: Egal in welche Richtung ich es drehe, es wird immer Leser geben, die ich ab einem gewissen Punkt verliere, weil es eben nicht ihr Ding ist. Weil sie einen anderen Geschmack haben.

    Das Problem bei Kritik-Diskussionen besteht unter anderem darin, dass manche User nicht kapieren, dass ihr Geschmack auf einem sehr persönlichen Werte-Kanon beruht, der wiederum eine sehr persönliche Liste an Dingen ist, die ihnen jeweils wichtig sind. Der Liebhaber packender Dialoge, der sich ausführlich mit Dialogen auseinander setzt, kann sicherlich begründet, tiefgründig und in einem gewissen Rahmen "objektiv" erklären, warum die Dialoge in Buch XY "schlecht" sind.

    Aber wenn er mit einem Leser diskutiert, dem Dialoge einfach nicht wichtig sind, weil diesem anderen Leser viel wichtiger ist, dass er was Spannendes aus dem Buch lernt, oder dass das Pacing stimmt, oder dass viele Action-Sequenzen vorkommen (und die wiederum logisch und stimmig sind!), dann können zwei Leser zu zwei völlig unterschiedlichen Meinungen über dasselbe Buch kommen. Weil sie auf andere Aspekte Wert legen.

  • In Deine Augen und für Dich. Wenn das bei Dir geht, schätze ich Dich glücklich.

    In meinen Augen etwa wird sie immer (bislang jedenfalls) negativ haften bleiben und ich konnte so etwas noch nie "zur Seite legen", denn gegeben ist gegeben und beschäftigt mich, sogar dann, ich rational weiß, dass ich mir den Schuh nicht anziehen muss oder sollte. Ich kann mir vorstellen, dass dies auch für andere gilt.

    Ganz kurzer Einwurf: Ganz genau! Das hab ich aber, so denke ich, auch deutlich gemacht. Ich habe ja explizit auf einen Kommentar reagiert, der pauschalisierte, dass Kritik immer hilfreich sein "muss". Diese Pauschalisierung wollte ich so nicht stehen lassen. Denn ätzende und pöbelnde Kritik kann, wie oben von Aryador sehr gut aufgezeigt, genau wie die Lobeshymnen schnell zur Seite gelegt werden. Schwieriger ist Kritik, die positives wie negatives reflektiert und beides mit Argumenten unterfüttert. Das ist deutlich anstrengender in der Rezeption. ;)

    Unabhängig davon hast du natürlich auf der persönlichen Empfindungsebene absolut recht: Sofern man eine Person ist, die neben einer negativen oder mittelprächtigen Rezension das Meer aus tausend Hype-Rezis nicht mehr genießen kann, ist so eine Pöbel-Kritik natürlich besonders nervig. Quasi wie ein rostiger Nagel in der Sahnetorte. ;) Ich wollte mit meinem Einwurf nur verdeutlichen, dass man im Rahmen der Meinungsfreiheit auch Sachen unbegründet mies finden darf und man als Content Creator damit leben muss.

    Jede*r der oder die sich exponiert und mit Publikationen in die Öffentlichkeit tritt, sollte damit rechnen, dass dieses Auftreten unterschiedlich wahrgenommen wird und in einer nicht-autoritären und von Diskussionen und Kompromissfindungen geprägten Gesellschaftsstruktur wie der unseren sowohl das Beste als auch das Schlechteste im Menschen hervorzubringen vermag.

    - nicht mehr im Forum aktiv -

  • Wenn der Verweis auf die Meinungsfreiheit am Ende das Hauptargument für die Berechtigung einer Kritik ist, spricht das aber nicht für die Kritik. Nur weil etwas legal ist, ist es nicht automatisch gut oder angemessen. Natürlich darf rechtlich jeder oder jede ranten, solange er oder sie keine rechtlichen Grenzen überschreitet. Die Moderation darf aber auch natürlich engere Grenzen ziehen. Meinungsfreiheit heißt definitiv nicht, dass man in einem privaten Umfeld - und dazu gehört auch dieses Forum - jede legale Meinung akzeptieren muss.

    Gaze no more in the bitter glass the demons, with their subtle guile,

    Lift up before us when they pass, or only gaze a little while;

    For there a fatal image grows that the stormy night receives,

    Roots half hidden under snows, broken boughs and blackened leaves.

    -- W. B.Yeats, The Two Trees

    Einmal editiert, zuletzt von Salaza Lautenspieler (17. Mai 2020 um 09:44)

  • Wobei es sicherlich auch dazu gehört, darauf hinzuweisen, dass wir aus meiner Sicht nicht nur über eine Einbahnstraße reden. Neben der harschen Kritik gibt es ja auch durchaus Zwischentöne, die völlig reflektiert sind. Und es gibt sicher auch immer wieder Produkte, die irgendwelche Schmerzgrenzen treffen, wo man dann bei aller Höflichkeit klare Worte treffen will. Einige Sachen bei WdV haben z.B. bei mir persönlich meine Toleranzschwelle unterschritten, bei anderen mögen es eben andere Bände sein, möglichweise auch ein Band wie "Eiserne Flammen" (den ich ja sehr gelungen fand).

    Und umgekehrt gibt es dann auch immer eifrige Verteidiger, die auf Kritiken, manchmal auch auf begründete, in einem Tonfall anspringen, den ich auch inakzeptabel finde. Das finde ich auch einigermaßen schwierig, weil es für mich immer auch was davon hat, Leuten über den Mund zu fahren. Selbst wenn ich eine Kritik als hart und unsachlich empfinde, bringt es aus meiner Sicht mehr, sich selbst sachlich damit auseinanderzusetzen (oder es eben einfach zu ignorieren). Es mit gleicher Münze zu erwidern ist nicht sinnvoll, wenn man sich vom Ton des Gegenübers abheben will.

  • Ich gebe da Engor recht - und lösche mal schnell mein weiteres Geschreibsel. Mein bissiger Humor ist hier Fehl am Platze.

    (Was hab ich oben noch geschrieben. :rolleyes2:)

    Aber nun klärte Sumaro auf, wieso es hier (angeblich!) so wenig DSA5-Kritik gibt ... aber bevor hier Gerüchte alle Trumptwitter Wurzeln schlagen; nehme ich den linkenLink besser raus. ;)

    Die Wahrheit ist da draußen ... irgendwo ... oder direkt vor uns - wenn wir sie sehen und zuhören wollen.

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    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

    4 Mal editiert, zuletzt von zakkarus (17. Mai 2020 um 10:53)

  • M2P:

    Nicht die Autoren beleidigen, das sind auch nur Menschen. Ansonsten: wer harsche Kritik und Rants gut formulieren kann, sodass sie eben nicht beleidigend/verletzend gegenüber den Verfassern werden und vielleicht sogar amüsant zu lesen sind, soll das gerne machen. Das ist wahrscheinlich sogar mit am effizientesten.

    Wer das nicht kann (vermutlich die Mehrheit) ist vielleicht besser beraten, sehr konkrete Kritik an den einzelnen, störenden Bestandteilen eines Werks zu äußern anstatt das ganze auf ein Mal zu bewerten. (Eine gut aufgebaute Kritik ist letztlich ja nichts anderes, als sich an allen Einzelteilen entlang zu hangeln und ein Fazit zu ziehen.)

    Und spätestens wenn jemand wirklich garnicht (oder sehr) mit einer Umsetzung einverstanden ist (aus welchen Gründen auch immer), ist vermutlich am besten beraten, wenn er sich erstmal direkt an Autoren/Verlag/Künstler/etc. wendet und dann möglichst ausführlich und höflich seine Kritik vorbringt. Dann kann man vielleicht sogar fragen, ob man das Ergebnis der Unterhaltung in ein Forum stellen darf, und so für alle tiefere Einsichten schaffen:

    Autoren erfahren, warum jemand so (un-)zufrieden mit ihrem Werk war, Kritiker bekommen eine Erklärung (die meist sogar nachvollziehbar sein dürfte^^) und alle Mitleser haben mehr Informationen, was Autor und Kritiker jeweils zu ihren Entscheidungen/Meinungen bewegt hat.

    Was man auch noch bedenken kann, wenn man gerade eh schon über die Wirkung der eigenen Nachricht sinniert: Wie könnte das auf einen Neuling/Wiedereinsteiger/Interessierten wirken? Ein sehr emotionaler Beitrag kann sowohl für gesteigertes Interesse als auch Abschreckung sorgen. (je nachdem halt ob man etwas in den Himmel hebt oder in die Hölle stößt)

    Und wenn man erwartet, dass ein Thema emotional diskutiert werden könnte (so wie dieses hier in meinem Fall), kann man auch einfach erstmal abwarten bis andere ihre Ansichten formuliert haben und dann selbst sich auf Ergänzungen beschränken oder die für einen selbst wichtigsten Punkte nochmal hervorheben. So werden dann im Idealfall relativ wenige Dinge drölf Mal wiederholt (sagte er, als er den halben Thread recycelte. Das kommt vom überfliegen :D ).

    Oh, bevor ich das abschicke: Irgendwie ist man ja tendenziell eher geneigt, sich zu beschweren als etwas zu loben. Aber beim Loben - kann man gerne öfter machen, Menschen freuen sich angeblich darüber - hilft es auch, sich auf konkrete Dinge zu beziehen. "Das AB ist toll." ist zwar schön zu hören, aber hilft einem in Zukunft nicht allzu sehr dabei, an die guten Dinge anzuknüpfen. "Den Einstieg fand ich besonders gelungen, da er die allgemeine Stimmung für den Rest des ABs durch lebhafte Szenenbeschreibungen sehr leicht am Spieltisch rübergebracht hat." enthält schon mehr Hinweise, was genau so toll war.

    Grüße

    T

    Ich schreibe aus der Warte eines mit DSA5 eingestiegenen Aventurologen. Mein Wissensstand basiert auf 5 allein.

    „Knie nieder! - Sei ohne Furcht im Angesicht deiner Feinde, sei tapfer und aufrecht, auf das Gott dich lieben möge, sprich stets die Wahrheit, auch wenn dies den eigenen Tod bedeutet, beschütze die Wehrlosen, tue kein Unrecht, dies sei dein Eid (ohrfeigt Balian) Und das ist dafür, dass du ihn nicht vergisst.“ - Königreich der Himmel

    DSA5-Waffenstatistik

  • Ein LIKE ist daher ein schlechter Lob, da der gelikte - mir ging es so oft - nicht weiß, was von all diesem Wörtern so toll sei? Bei einem Satz ist die Antowrt leicht, aber bei vielen - und ich neige dazu viel und kreuz und quer zu schreiben - und zu reden - ist es dann schwer das Lob richtig zu deuten.

    Wenn ich schreibe, das das Orkenspalter-Team eine tolle Arbeit macht - ist ein nettes Lob ... aber welche Arbeit?

    Ach, die tolle Optik. Ja, nett. Könnte etwas mehr Farbe vertragen.

    Nein, sie halten das Forum sauber - und das ist sicherlich bei weivielenTeilnehmerproTag? sicherlich keine leichter Aufgabe. Und oft schlagen die Wogen Efferds hoch - und bleiben trotzdem (oder gerades deswegen) sachlich und ruhig. Fast wie geduldige Eltern.

    Sie (bzw. der Oberorkensplater) geben jedem DSAler ein Zuhause - ohne Orkenspalter hätte DereGlobus nicht überleben können - und das alles Umsonst. Und sie lassen mit sich reden ... ich wüsnchte es wäre mit Ulisses genauso.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Wenn der Verweis auf die Meinungsfreiheit am Ende das Hauptargument für die Berechtigung einer Kritik ist, spricht das aber nicht für die Kritik. Nur weil etwas legal ist, ist es nicht automatisch gut oder angemessen. Natürlich darf rechtlich jeder oder jede ranten, solange er oder sie keine rechtlichen Grenzen überschreitet. Die Moderation darf aber auch natürlich engere Grenzen ziehen. Meinungsfreiheit heißt definitiv nicht, dass man in einem privaten Umfeld - und dazu gehört auch dieses Firum - jede legale Meinung akzeptieren muss.

    Bin ich ganz bei dir. Es ging beim Threadthema aber soweit ich das wahrgenommen habe gar nicht um das Verhalten ggü. Content Creators hier im Forum. Youtuber, Social Media User, Amazon Rezensensionen, Blogger, Spielejournalismus und Co finden außerhalb des Forums und demnach ohne Moderation statt. Die Grenzen des Sagbaren sind in dieser Frage nicht eingehegt; die Diskussion geht über Forenkultur hinaus.

    Es kann also nur um eine Debatte gehen, die einen Umgang mit Kritik findet, wo das einhegende Wirken eines Gärtners, sprich Forenmoderation, nicht vorhanden ist.

    Und wenn wir an diesem Punkt sind müssen wir feststellen, dass es einen großen Faktor gibt, der für Rants und Hypepost spricht: Die sind wahnsinnig "beliebt" in der Community und schaffen Clickzahlen, von denen andere Posts nur träumen können. Könnte jetzt sowohl aus eigener als auch zweiter Hand berichten, aber wir sprechen hier mindestens vom Faktor 4.

    Und stets finden, auf solche emotionalen Initialzündungen hin, große Diskussionen statt, die weit in die Community hinein reichen und manchmal sogar darüber hinaus gehen. Ich nehme jetzt mal nicht WdV als naheliegendes Beispiel, sondern die Historia Aventurica.

    Die Debatte explodierte damals förmlich und es wurden sehr viele, sehr unhöfliche Worte gewechselt. ;)

    Das Ergebnis? Eine komplette Einstampfung der Erstauflage und Neugestaltung des Produkts. Hätte es nicht gegeben, ohne den Schrei des Entsetzens, der die Community durchzog. ;)

    - nicht mehr im Forum aktiv -

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für die vielen guten Beiträge.:thumbup: Ich finde es genial, dass es ein Forum wie den Orkenspalter gibt, wo Kontroversität ausdrücklich begrüßt wird. Mündige Debattenkultur ist meiner Meinung nach essenziell für unsere Gesellschaft. Leider kommt sie, so empfinde ich es, oftmals zu kurz, weil sachliche, faire und konstruktive Kritik (von differenziertem, indivuellem Lob ganz zu schweigen) vielen zu anstrengend ist. Dafür ist es meines Erachtens unabdingbar, auch Positionen auszuhalten, die man nicht befürwortet. Das Wort „Toleranz“ heißt wörtlich übersetzt „etwas dulden/aushalten/ertragen“. Das heißt nicht, dass ich jede Meinung und jeden Kommentar gutheißen muss, aber ich muss ihn aushalten können, wenn er nicht beleidigend ist.

    Ich selbst würde manchmal gerne öfter Kritik üben (positiv, konstrukiv, fair und höflich), empfinde es aber so, dass die heiklen Themen häufig von drei verschiedenen Diskussionstypen dominiert werden, die es einem schwer machen, zu Wort zu kommen.

    Da wäre zunächst der Typ „Anti-Haltung“. Egal worum es geht, dieser Diskussionstyp ist dagegen. Jede noch so geringe Möglichkeit wird genutzt, um Geschütze gegen etwas oder jemanden aufzufahren (in den meisten Fällen gegen Ulisses), ohne Rücksicht auf Verluste. Darüber hinaus ist dieser Diskussionstyp Meister darin, sich in die Opferrolle zu bringen und allen anderen die Schuld zuzuweisen.

    Der zweite Typ, mit dem ich nicht zurechtkomme, ist der Besserwisser. Seine Spezialitäten sind kilometerlange Posts, die sich auf die Posts anderer Userinnen und User beziehen. Dabei gefällt es ihm besonders, die Posts der anderen feinsäuberlich zu sezieren, um sich selbst ins Rampenlicht zu spielen. Er kann keinen Post einfach mal stehen lassen, ohne seinen Senf dazugeben zu müssen. Er muss immer das letzte Worte haben, egal um welchen Preis.

    Und zu guter Letzt wäre da noch der dritte Diskussionstyp: der Lehrer. Er hält sich erst mal raus und lässt die anderen argumentieren bzw. kritisieren. Dann aber greift er ein, der selbsternannte Forenpolizist. Sein Ziel ist es, anderen die Welt, genauer gesagt seine Auffassung der Dinge zu erklären, getreu dem Motto: Jetzt habe ich euch ein bisschen austauschen lassen, nun ist aber genug, jetzt zeige ich euch, was richtig ist und was falsch. Dabei lässt er andere (insbesondere Diskussionstyp 1 und Diskussionstyp 2) auch gerne mal dumm dastehen und bedient sich eines besonders abgehoben Vokabulars, um sich einen Anstrich von (Pseudo-) Autorität zu geben.

    All diese drei Diskussionstypen machen es mir nicht leicht, mich zu äußern, denn sie haben alle eines gemeinsam: Sie beanspruchen die Interpretationshoheit über Sachverhalte für sich. Nur für sich. Was passiert aber, wenn man diesen Diskussionstypen den Spiegel vorhält – sprich dem Anti-Diskutanten mit einer Anti-Anti-Haltung begegnet? Was passiert, wenn man für sich in Anspruch nimmt, einmal etwas besser zu wissen als der Besserwisser? Was passiert, wenn man den Lehrer belehrt? - Die Endlosspirale dreht sich, und am Ende gibt es nur Verlierer.

    Deshalb lautet mein Appell an alle: Auch wenn es schwerfällt, lasst uns lernen, die anderen nicht als unwissend, dumm oder hilfsbedürftig abzustempeln. Dann wird es auch hier mehr reflektierte Kritik geben, weil sich diejenigen, die sich selbst eben nicht einem der drei Diskussionstypen zuordnen, vielleicht auch mal eher aus der Reserve trauen.

    Darüber hinaus möchte ich noch jedem, der andere kritisiert, drei Dinge ans Herz legen. Erstens, vergesst nicht, andere zu loben, denn: Loben zieht nach oben! Und zweitens: Schreibt selbst etwas für DSA und veröffentlicht es – entweder hier oder im Scriptorium und dann wartet darauf, bis ihr selbst kritisiert werdet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wer selbst kritisiert wird (und wenn es noch so konstruktiv, fair und freundlich ist), wird barmherziger mit anderen. Probiert es aus. Und drittens: Bevor man den Splitter im Auge des anderen kritisiert, sollte jeder bei sich selbst anfangen, sich den Balken aus dem eigenen Auge zu ziehen.

  • (...)

    Darüber hinaus möchte ich noch jedem, der andere kritisiert, drei Dinge ans Herz legen. Erstens, vergesst nicht, andere zu loben, denn: Loben zieht nach oben! Und zweitens: Schreibt selbst etwas für DSA und veröffentlicht es – entweder hier oder im Scriptorium und dann wartet darauf, bis ihr selbst kritisiert werdet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wer selbst kritisiert wird (und wenn es noch so konstruktiv, fair und freundlich ist), wird barmherziger mit anderen. Probiert es aus. Und drittens: Bevor man den Splitter im Auge des anderen kritisiert, sollte jeder bei sich selbst anfangen, sich den Balken aus dem eigenen Auge zu ziehen.

    Hier muss ich doch auch kurz was schreiben: Ich finde gerade die Ausführungen von dir super, die sich darauf beziehen, selbst erst mal was zu schreiben, bevor man allzu vernichtende Kritik loslässt.

    Selbst mal Regelsysteme, Romane, Essays oder eben ein Abenteuer für ein RPG zu schreiben, bzw. andere kreative Projekte umzusetzen, ist nicht leicht. Ich habe auch mal versucht RPG und Tabletop Regeln, sowie Hintergrund selbst zu "verbessern" weil große Englische Miniaturenfirma ja mal sowas von keine Ahnung hatte.

    Wenn man sich dann aber mal selbst dransetzt und den Prozess durchlaufen hat, kann auch glaube ich wirklich Toleranz einstellen, weil die Perspektive und Herausforderungen besser nachempfunden werden können.

    Bei mir war es jedenfalls sehr heilsam was pauschale Kritik an Autoren und Entwicklern anbelangt, egal ob Film, Buch oder eben komplexe Regelsysteme.

    "Pertinatia sapientiaque ad cognitionem cursus sunt."

  • Man schaue sich dann mal an, wie differenziert dieser Thread glücklicherweise läuft und Blicke dann darauf, was die Administratorin des DSAforums sagt, was sie gehört habe, wie es hier laufe:

    "Nachdem was ich gehört habe werden in dem inoffiziellen Verlagsforum kritische Stimmen auch gerne moderativ entfernt, wenn die nicht freiwillig aufgeben bei den DSA5 Paladinen die alles gleich niedermähen..."

    So werden Sachen vom Hörensagen her kolportiert, bei denen ich arg bezweifle, dass sie stimmen - zumindest wäre mir da kein Fall bekannt, der eine solche Aussage rechtfertigte, und Leute, die das lesen, kommen dann im schlechtesten Fall mit entsprechender Voreingenommrnheit hier hin und bewerten Aussagen hier dann vor diesem scheinbaren Wissen. Ich sehe da die große Gefahr in der erwähnten Aussage, ein "Wir gegen Die"-Szenario zu verfestigen, das dann die Giftigkeit in den Grabenkämpfen befeuert.

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    -- W. B.Yeats, The Two Trees

  • Gute Kritik sollte sachlich und differenziert sein. Dort wo sie persönliche Befindlichkeiten und Emotionen transportiert sollte das sichtbar gemacht werden. Man darf getrost unterstellen dass Autoren sich verbessern wollen. Gute Kritik trägt dazu bei.

    Auch der Ton macht die Musik. Man kann es rauslesen, ob jemandem an Kritik und einem folgenden Diskurs gelegen ist, oder einfach nur daran, Dampf abzulassen. Auf letzteres lasse ich mich nicht ein. Denn ich verspüre keine Lust, Den Frust des anderen zu meinem zu machen.

  • Ich würde hier gerne drei Aspekte trennen, die du hier meiner Meinung nach nicht glücklich zusammen lässt: Stärke der Kritik, Form der Kritik und Ziel der Kritik.

    Kritik kann unterhalten wollen und Kritik kann Verbesserungen aufzeigen wollen oder halt beides. Für den unterhaltenden Aspekt ist sicher die Reichweite ein Zeichen, was die Effektivität angeht. Ich finde aber wichtig, dass man hier nicht Reichweite zum quasi alleinigen Maßstab macht. Dann ist man bei der BILD und das fände ich sehr schade. Polemisch gesagt: Wer für mehr Klicks Leuten verbal in die Fresse haut, ist mMn kein Vorbild.

    Was das Ziel angeht, Dinge mit Kritik zu verbessern: Da bin ich ganz bei dir, wenn es um die Stärke oder meinetwegen auch Härte von Kritik geht. Wenn etwas von vielen als nicht gut wahrgenommen wird und sie das dann auch lautstark formulieren - was halt meiner Meinung auch auch in respektvoller Form geht - dann hat das eine gute Chance, zu Anpassungen zu führen. Respektvoll kann in meinen Augen übrigens auch eine gut geschriebene Polemik sein. Ich halte diese sogar für eine hohe Kunst, denn sie so zu schreiben, dass sie bissig aber nicht unfair ist, ist eine Gradwanderung und das Risiko ist hoch: Wenn sie nicht wirklich gut geschrieben ist, fällt sie im Endeffekt sehr schnell auf den Autor oder die Autorin zurück und lässt am Ende viele emotionale Wunden zurück (was natürlich auch bei einer gut geschriebenen Polemik passieren kann).

    Dennoch bin ich mir sicher, dass respektloses Aufregen - auch lautes - kontraproduktiv ist. Eben weil die respektlose Form es den kritisierten Personen (ich verzichte mal darauf, hier von "der Verlag" zu sprechen und nenne nur Personen als Adressaten, da eine Kritik am Verlag am Ende halt immer die Personen dort trifft) leicht macht, die Kritik an die Seite zu legen. Egal, wie man da den professionellen Anspruch formuliert: Es bleiben Menschen die menschlich reagieren. Ich glaube auch, dass das respektlose Aufregen sogar destruktiv wirkt. WdV ist da ein exzellentes Beispiel. Im Zuge der Diskussionen darum haben sich für mich einige Beziehungen in der Community erledigt. Ich habe mich nach WdV von einigen Leuten sehr entfremdet gefühlt, die ich vorher durchaus schätzte, und zwar nicht weil sie Kritik geübt haben, sonder wegen der von mir empfundenen Art der Kritik. Bei der HA würde ich sagen, dass die Änderungen da nicht wegen der unhöflichen Worte gemacht wurden, sondern weil von sehr vielen Seiten sehr viele stichhaltige Punkte aufgeführt wurden. Zumindest hat sich das damals bei mir als Eindruck ergeben.

    Zusammenfassend: Kritik ja, natürlich. Gerne auch deutlich und scharf, denn natürlich kann man nur über die Annahme von Kritik besser werden - wer jegliche Kritik abbügelt, schießt sich im Endeffekt in den eigenen Fuß. Aber das bedeutet nicht, dass man den respektvollen Umgang dabei verlieren muss.

    Gaze no more in the bitter glass the demons, with their subtle guile,

    Lift up before us when they pass, or only gaze a little while;

    For there a fatal image grows that the stormy night receives,

    Roots half hidden under snows, broken boughs and blackened leaves.

    -- W. B.Yeats, The Two Trees

    Einmal editiert, zuletzt von Salaza Lautenspieler (17. Mai 2020 um 10:45)