Der härteste Job der Welt

  • Bei dieser Geschichte, welche ich zum Großteil schon fertig habe, geht es um einen wichtigen Nebencharakter unserer vor kurzem abgeschlossenen DSA-Kampange.

    Die Abenteuer wurden alle von mir geschrieben, mit dem Ziel eine epische, gewaltige Story zu erzählen und die Heldengruppe in möglichst viele Gebiete Deres zu führen (und darüber hinaus).

    Nach einer Zeit habe ich es mir schließlich angewohnt, ausgedehnte Hintergrundgeschichten zu allen wichtigen NPCs zu schreiben um der ganzen Story mehr Tiefe zu verleihen.

    Nathanael, um den es in dieser Geschichte geht, ist der wichtigste davon.

    Dieser Nathanael Kerai ist ein großer Magier und verfolgt einen ebenso großen Plan, für den er ganz bestimmte Leute benötigt.

    Diese Leute sind unsere Helden und in den ersten Kapiteln werden sie ein bisschen vorgestellt.

    Bitte beachtet das das meine Version von Aventurien ist. An vielen Stellen habe ich die Spielwelt so abgeändert das sie in die Kampange passt und historische Ereignisse werden (fast) nie korrekt dargestellt.

    Na dann bin ich mal gespannt was ihr zu der Geschichte sagt die wir die letzten 5 Jahre gespielt haben:)
    Viel Spaß beim Lesen


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    Maraskan,

    ein Wald

    Es war zu warm für Nathanaels Geschmack. Die Winde der thorwalschen See, die schneidende Kälte des ewigen Eises und das raue Wetter des ehernen Schwertes war er gewöhnt. Aber diese ewige feuchte Wärme des Inselreichs Maraskan gemischt mit Windstille machte ihm zu schaffen. Schließlich war er nicht mehr der Jüngste, dachte er und strich seinen langen grünen Bart glatt.

    Nathanael führte eine kurze Geste aus und gut die Hälfte des Bartes fiel zu Boden und löste sich in Luft auf. Danach zog er sich seine Kapuze tief ins Gesicht und wartete an einen Baum gelehnt darauf das eine ganz bestimmte Person auftauchte.

    Für diese Aufgabe war es am besten unaufällig gekleidet zu sein, das hatte er in vielen Versuchen herraus gefunden. Enthüllt er von Anfang an wer er war, versuchten die Leute ihn entweder zu töten, flohen in Panik oder lachten ihn aus. Auf jeden Fall endete es nie gut.

    Nathanael zog die kleine Taschenuhr, welche er vor sehr langer Zeit erstanden hatte aus der Tasche und warf einen Blick darauf.

    Sofern er sich nicht im Datum, Jahr, Jahrhundert oder der Welt geirrt hatte musste es jeden Moment so weit sein. So ein Fehler war ihm bei seinem letzten Verscuh einmal wiederfahren.

    Er hatte genau hier gestanden und auf den Münzenträger gewartet als ein sichtlich verwirrter aufgetaucht war.

    Nathanael hatte sich noch gewundert das der Auserwählt so eine .... interessante Form angenommen hatte, fuhr aber ohne zu zögern mit dem Plan fort.

    Es endete damit das er von einer ganzen Meute wütender Achaz durch den Wald verfolgt wurde....

    Aber der Magier war sich sicher diesmal zum richtigen Zeitpunkt hier zu sein. Jedenfalls ziemlich sicher. Oder war es doch hinter dem nächsten Hügel?

    In diesem Moment trat ein junger Maraskaner einige Schritt entfernt hinter einem Busch hervor. Er sah sehr ernst und beschäftigt aus und hatte ganz offensichtlich giftgrünes Haar.

    Nathanael unterdrückte ein verzücktes Lachen und tat sein Bestes mysteriös auszusehen. Das musste der Münzenträger sein! Sie hatten fast immer ausgefallene Haarfarben!

    Mit gesenktem Kopf und langsamen Schrittes trat er dem Jungen entgegen. Leider konnte er den Gesichtsausdruck seines Gegenübers nicht sehen. Verdammte Kapuze! Aber er musste sie so weit ins Gesicht ziehen – Nathanael war nicht gut darin seine Freude zu verbergen.

    Der Auserwählte blieb stehen. Starrte er ihn verblüfft an? Hoffentlich!

    Nathanael zog seine Silbermünze aus der Tasche und streckte sie dem Jungen entgegen welcher sie zögerlich annahm.

    "Finde herraus was es damit auf sich hat", sagte er im tiefsten Tonfall den er zusammen brachte ohne zu husten und drehte sich dann ohne ein weiteres Wort um.

    Der Magier ging ein paar Schritte um einen Baum herrum und flüsterte dann "Visibili" um den Zauber in einer abgewandelten Form auszuführenbei der auch seine Kleidung unsichtbar wurde.

    Innerhalb von Sekunden wurde Nathanaels Körper duchscheinend und verschwand schließlich ganz.

    Der Junge Auserwählte kam mit schnellen Schritten um den Baum herum, konnte ihn aber nicht entdecken.

    Nathanael stand einige Schritt neben ihm, hielt dem Atem an und versuchte ein Kichern zu unterdrücken.

    Nach einigen Minuten als der Münzenträger verschwunden war wurde der Zauberer wider sichtbar und entspannte sich etwas.

    Dann bereitete er einen Transversalis vor um zum nächsten Auserwählten in Thorwal zu reisen.

    Thorwal,

    in der Nähe einer kleinen Ansiedlung

    Verdammter Regen! Kaum angekommen und es schüttete wie aus Eimern! Wenn er Pech hatte würde der nächste Auserwählte auf seiner Liste gar nicht auftauchen...

    Der Plan sah vor das er in diesem Wald jagen würde, aber bei Regen war das ja wohl eher unwarsch – Nathanael warf sich mit einem leisen Schreckensschrei zur Seite als ein ausgewachsener Hirsch an ihm vorbei flog und mit einem splitternden Geräusch gegen eine junge Tanne krachte welche daraufhin unmkippte und das arme Tier unter sich begrub.

    "RAGNAR! Ich habs erwischt!" hallte eine Frauenstimme durch den Wald. "War aber nur ein Hirsch."

    Nathanael zupfte seine verrutschten Roben zurecht und kroch dann in einen Blätterhaufen um sich vor zu verbergen.

    Hirsche die durch die Luft geworfen wurden! Thorwaler! Ein einziger Haufen von Verrückten!

    Sein Plan sah außerdem nicht vor das zwei Leute anwesend waren, er musste sich also gedulden.

    Schon näherten sich schwere Schritte und eine sehr große und sehr muskolöse Frau kam zum Hirsch gelaufen. Ihr folgte ein ebenfalls großer Mann... nein, dem Gesicht nach musste es noch ein Junge sein. Beide hatten Bögen und Äxte dabei, hatten sie aber scheinbar nicht benutzt um den Hirsch zu erlegen.

    "Ich wusste das es ein Hirsch war!" sagte der Junge bei dem es sich um den Zahnträger handeln musste. "Ich hab schließlich die Spuren gelesen!"

    "Wirklich?," antwortete die Frau. "Weil es sich für mich so angehört hat als würdest du die Spuren für die eines Bären halten."

    "Da hast du dich verhört. Du hast ihn nur zuerst erledigt weil ich ZUSÄTZLICH noch Spuren eines Bärs entdeckt habe!"

    "Wie auch immer," antwortete die Frau. War sie seine Schwester, Mutter oder Freundin? Bei Thorwalern konnte man sich nie sicher sein. Gut möglich das sie alles drei war....

    Die Frau machte sich daran den Hirsch auszuweiden und verschnürte dann dessen Beine.

    "Ich werd den mal zu Mutter schaffen", sagte sie.

    Ahaaaa, dachte Nathanael.

    "Du suchst am besten weiter nach deinem Bären."

    Die Thorwalerin packte den Hirsch bei den Hinterläufen und schleifte ihn den Hügel hinunter. Der Auserwählte blieb alleine zurück und suchte angestrengt nach Spuren.

    So leise wie möglich schob sich Nathanael aus seinem Blätterhaufen und achtete darauf nicht noch schmutziger zu werden. War das eine Spinne in seinem Haar?

    Oh, nein es waren zwei.

    Zumindest wurde der Regen nun weniger. Man musste immer das Positive an den Sachen sehen!

    Der Thorwaller war inzwischen ein paar Bäume weiter gewandert und sah zwar entschlossen aus, aber auch planlos.

    Nathanael richtete nochmal seine Kleidung, zog seine Kapuze ins Gesicht und trat dann einen paar Schritte auf den Thorwaler zu.

    Erstaunlich schnell bemerkte dieser ihn, legte eine Hand auf seine Axt und fragt "Wer seit ihr? Gebt euch zu erkennen!"

    Nathanael hatte ein ungutes Gefühl sich dem Wahnsinnigen mit dem roten Stirnband noch weiter zu nähern also warf er ihm den Zahn vor die Füße.

    "Finde heraus was es damit auf sich hat!" sagte er wieder in seinem unheimlichsten Tonfall.

    Rotes Stirnband.....

    Hatte es damit nicht etwas besonderes auf sich in Thorwal? Irgendwas mit deren Gott oder einem Wal?

    Ach ja, ihr Gott war ja ein Wal.

    Über die Jahrhunderte brachte Nathanael ab und zu etwas durcheinander. Das mit dem Stirnband betraf wahrscheinlich nur die Fjarninger oder Gjaskländer.

    Der Auserwählte ignorierte das Artefakt und machte ein paar Schritte auf Nathanael zu. Dabei zog er die Axt schon fast aus dem Gürtel.

    Nathanael trat schnell hinter einen Baum und flüsterte "Transversalis".

    Zeit in ein zivilisiertes Land zu reisen.

    Fortsetzung folgt..

  • Horasreich,

    eine Hütte im Wald

    Es war stockfinster und Nathanael bewegte sich mit größter Vorsicht um keine Geräusche zu verursachen. Die Hütte wenige Schritt von ihm entfernt war nicht sehr groß aber selbst hier draußen konnte man den Geruch von unzähligen getrockneten Kräutern, Pflanzenteilen und Baumharz riechen.

    Der Scherbenträger sollte gleich hier auftauchen.

    Erschöpf setzte sich der Magier und lehnte sich an einen Baum. Seit dem letzten Auserwählten hatte er kaum fünf Stunden geschlafen und der Einsatz von so vielen Zaubern machte selbst Nathanael zu schaffen.

    Trotzdem war es unbedingt notwendig sich an den Zeitplan zu halten. Einige Stunden Abweichung konnten bedeuten das die Artefaktträger sich niemals im Steineichenwald treffen würden, oder was noch schlimmer wäre – unter falschen Umständen.

    Dabei würden die unangenehmsten Sachen erst kommen. Allein wenn er an die Dinge dachte die er Lilly antun musste wurde ihm schlecht. Nein, dachte Nathanael. Nicht Lilly. Mara!

    Es war ein notweniges Übel und würde schließlich zum Erfolg des großen Plans führen.

    Ein Geräusch schreckte Nathanael aus seinen Gedanken.

    Seine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt und im schwachen Mondlicht konnte er eine Gestalt ausmachen, die sich mit einem großen Rucksack aus einem der kleinen Fenster der Hütte zwängte.

    Wenn er versuchte leise zu sein, dann gelang ihm das nicht wirklich. Mit einem dumpfen Aufprall landete der Mann bei dem es sich wohl um den Scherbenträger handelte im Kräutergarten vor dem Fenster.

    Das war also die Inkarnation von Gork dem Orkschlächter und Schattentöter? Sehr passend!

    Ohne sich nochmal umzufrehen marschierte der Auserwählte los und verschwand nach kurzer Zeit in der Dunkelheit. Nathanael schlich ihm nach, er sollte etwas Abstand zwischen die Hütte und den Scherbenträger bringen bevor er ihm sein Artefakt übergab.

    Da fiel dem Zauberer ein kleines Säckchen vor sich am Waldboden auf. Es musste dem Scherbenträger wohl aus dem Rucksack gefallen sein.

    Nathanael hob es auf, stellte sich in der Dunkelheit aber ungeschickt an und ein weißes Pulver rießelte auf den Boden. Hektisch versuchte Nathanael den Inhalt so gut es ging wieder einzusammeln und erzeugte dabei eine kleine Wolke des seltsamen Pulvers.

    Ahh, Raukrautpulver, erkannte er als ihm der markante Geruch in die Nase stieg.

    Raukrautpulver, dachte Nathanael als er noch einen Atemzug davon nahm.

    Raukrautpulver, dachte er und hätte sich selbst ohrfeigen können.

    Raukrautpulver, dachte er.... und fiel in einen tiefen Schlaf

    Als er erwachte stand die Sonne schon hoch am Himmel und Nathanaels Rücken schmerzte vom Schlaf auf dem harten Waldboden.

    Hastig stand er auf und sah sich um. Natürlich war der Auserwählte nirgends zu sehen.

    Also eine Planänderung.

    Er wusste das der Scherbenträger eigentlich vorgehabt hatte nach Bethana zu gehen um sein Geld als Barde zu verdienen und mehr über seinen Vater heraus zu finden. Hätte er das Artefakt bekommen, wäre er stattdessen direkt nach Norden Richtung Steineichenwald gewandert und hätte nur in kleineren Siedlungen halt gemacht.

    Es war nun ungefähr Mittag, das heißt der Schwerbenträge wäre maximal vierzig Meilen weit gekommen, eher weniger.

    Deutlich weniger wenn er nach kurzer Zeit wanderung Rast gemacht hätte und erst zu Sonnenaufgang weiter gegangen wäre. Vermutlich ist er in der Nacht aufgebrochen damit andere Leute im Haus nichts davon mitbekamen. Bedachte man das der nächste Bach in Marschrichtung des Auserwählten lag und Bewohner einer solchen Hütte im Wald am Morgen erst mal frisches Wasser benötigten, könnte man vermuten das der Scherbenträger mindestens bis hinter die erste Ahhöhe nach dem Bach gegangen war und dann sein Lager aufgeschlagen hatte.

    Nathanael schätzte die Entfernung auf etwa zwei Meilen.

    Er vermutete außerdem das der Scherbenträger eher ein Langschläfer war und wohl frühestens nach neun Stunden Schlaf aufgestanden wäre. Dann noch eine Stunde um alles zusammen zu packen und abmarschbereit zu sein.Wäre er danach bis jetzt durchmarschiert könnte er also allerhöchstens fünfzehn Meilen weit entfernt in nordwestlicher Richtung sein.

    Nathanael bereitete einen Transversalis vor.

    Der Zauber brachte ihn auf einen leicht bewaldeten Hügel in der Nähe einer Lichtung.

    Kaum war er hier, hörte Nathanael auch schon Schritte, dazu summte jemand ein fröhliches Lied.

    Etwas außer Atem trat er hinter einem Baum hervor und streckte dem Scherbenträger seine Hand mit der schwarzen scherbe darin entgegen.

    "Finde herraus was es damit auf sich hat!" sagte er bestimmt aber froh den Halbelfen gefunden zu haben.

    Dieser nahm das Artefakt entgegen, sagte schlicht "OK" und ging dann weiter.

    Nathanael blieb kurz erstaunt stehen und dachte: Ja das ist eindeutig Gork!

    Mittelreich,

    die Wildniss in der Nähe der Salamandersteine

    Nathanael war erleichtert als er an dem Ort ankam an dem er die letzte Auserwählte antreffen würde. Wie bei allen anderen war es ebenfalls ein Wald, allerdings gehörte er schon fast zu den Salamandersteinen und wirkte viel.... intensiver als ein horasischer oder maraskanischer Wald.

    Etwas kühl vielleicht, dachte Nathanael, aber sonst ein wirklich schönes Plätzchen für einen Urlaub.

    In diesem Moment ertötnte ein lauter Knall dicht bei seinem Ohr und ließ ihn vor Schreck einen kleinen Luftsprung machen.

    Wieso ausgerechnet jetz, dachte der Zauberer als sich neben ihm in der Luft eine kleine Gestalt aus Nebel und Licht formte.

    Er hatte wohl in zu kurzer Zeit zu viele Transversalis benutzt. Das Ausmaß an Astralenergie dafür war enorm, nur logisch das sich bald Mindergeister formen würden. Aber hätte es nicht eine Stunde früher oder später sein können?

    Das Elementarwesen sauste in schnellen Bahnen um Nathanael und zündete dabei viele kleine Lichtblitze die laut krachend zu Funken zerstoben.

    "Du musst jetzt sofort verschwinden!" sagte Nathanael, wohlwissend das es keinen Sinn hatte.

    Doch Magie zu benutzen würde die Lage nur noch verschlimmern.

    Der Mindergeist ignorierte ihn vollkommen und flog weiter seine Bahnen, wobei sein Nebelkörper sich stetig veränderte.

    "Verschwinde oder ich schick dich an den dunkelsten Ort der mir einfällt!" versuchte der Magier zu drohen.

    Der Geist bliebt kurz stehen, legte seinen unförmigen Kopf schief und machte dann weiter.

    Genervt zog Nathanael seinen schweren Mantel aus. Mindergeister waren keine richtigen Geister – sie hatten durhaus eine phyische Form.

    Er beobachtete das kleine Wesen noch kurz, dann warf er seinen Mantel über den Mindergeist.

    Dieser wurde vom schweren Stoff nach unten gezogen und zappelte wie wild herum um wieder frei zu kommen.

    Nathanael überlegte schon wie er nun sein Gesicht verbergen sollte wenn die Ringträgerin käme, als eine sehr vertraute Stimme in seinen Gedanken erklang.

    Komm laufen wir durch den Wald Natti, das Wetter ist schön!

    Irritiert zog Nathanael den Mantel zur Seite und sah den Mindergeist, welcher die Gestalt von Lia angenommen hatte. Lia war...vor langer Zeit..... nun ja, Lia konnte nicht hier sein. Das war was zählte!

    Du brauchst nicht weiter durch die Zeit zu reisen. Die Welt kann sich auch ganz gut alleine retten.

    Nein kann sie nicht, dachte Nathanael, und außerdem ist es meine Schuld, wollte er schon fast antworten, als ihm einfiel das dies nur ein Mindergeist war der in seinen Gedanken herum spielte.

    Lilly ist auch hier, sieh wie groß sie schon geworden ist!

    Der Mindergeist spaltete sich und seine andere Hälfte nahm die Form von Lilly als junge Frau an. Nathanael ertrug es kaum hin zu sehen.

    Mama hat recht, sagte die geisterhafte Lilly. Wir können einfach zur Festung gehen und dort zusammen leben!

    Irgendwann vielleicht. Wenn er eine Möglichkeit gefunden hatte die Welt UND seine Tochter zu retten. Aber auch dann war Lia auf immer verloren.

    Schritte näherten sich, es musste die Auserwählte sein!

    Nathanael zog seinen Mantel wieder an und hob einen Stein vom Boden auf. Dabei ignorierte er die nebeligen Mindergeister die nun wieder formlos um ihn herum schwirrten.

    Er hob beide Arme. Seine rechte Hand hielt den Stein, die linke zeigte auf einen Baum ihm gegenüber.

    Nathanael konzentrierte sich und sprach in schneller Folge zwei Zauber.

    Der erste war eben jener mit dem er einst eine Göttin eingefangen hatte. Diesmal sprach er ihn auf den Stein in seiner Hand und sofort wirden die Mindergeister aufgesogen.

    Der zweite Zauber öffnete im Baumstamm ein Portal das zu einem Gegenstück etwa fünfzigtausend Schritt über dem Wald führte.

    Nathanael wartete bis kurz bevor die Ringträgerin aus dem Wald trat, dann warf er den Stein durch das Portal und schloss eben jenes sofort.

    Er erwartete die Auserwählte und übergab ihr den Ring.

    "Finde herraus was es damit auf sich hat", sagte er die üblichen Worte und musste sich konzentrieren nicht das Bewusstsein zu verlieren. Die Zauber waren schwierig auszuführen gewesen und hatten eine Menge Astralkraft verschlungen. Und das alles wegen eines Mindergeists – was für eine Verschwendung.

    Kurz nachdem die Ringträgerin gegangen war prallte der verzauberte Stein mit voller Wucht einige Schritt entfernt auf den Waldboden. Die Mindergeister hatten nur eine Lebenserwartung von wenigen Stunden, danach würde es wieder ein gnz normaler Stein sein.

  • Jetzt wo die Helden vorgestellt sind, können wir die Geschichte langsam etwas an Fahrt aufnehmen lassen. Die folgenden 2 Kapitel sind stellen die Vorgeschichte zum ersten Abenteuer dar.

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    Eine Steppe südlich von Riva,

    eine Woche später

    Nathanael sprach die Zauberformel aus und fast sofort kamen die Schmerzen. Die Magie veränderte seinen gesamten Körper. Zuerst fielen alle seine Haare aus und wuchsen feiner und länger nach, wobei sie eine rote Farbe annahmen.

    Noch bevor das abgeschlossen war, bewegten sich seine Knochen. Sie zogen sich zusammen, wurden kürzer und dünner. Das sorgte dafür das seinee Haut, die Muskeln und Sehnen teils wie Fleischsäcke herab hingen oder aber so sehr gestrafft wurden das sie drohten zu reißen. Nur langsam machten sie die Veränderung mit und festigten die neue Form. Auch seine Finger- und Zehnägel fielen aus und bildeten sich neu, wurden klarer und kleiner.

    Das Kribbeln um seine Augen als diese ihre Farbe änderten und ein stechender Schmerz im Gemächt kündigten das Ende seiner Verwandlung an.

    Sein nun viel zu großer Mantel und die andere Kleidung hingen lose an ihm herab. Nathanael hatte vorgesorgt und andere Sachen zum Anziehen mit gebracht.

    Als er sich fertig umgezogen hatte, würde niemand mehr vermuten das das junge, rothaarige Mädchen auf dem Hügel in Wirklichkeit ein jahrhundertealter Zauberer war. Er sah nun aus wie Lilly.

    Nathanael lief ein bisschen im Kreis, vollführte ein paar Sprünge und streckte sich um ein Gefühl für den neuen Körper zu bekommen. Er fühlte sich leicht und jung, aber die losen langen Haare störten!

    Als es endlich Zeit war sah er noch einmal auf beide Seiten den Hügels auf dem er sich befand. Links von ihm befand sich ein gemeinsames Lager von Nivesen, Norbarden und Steppenelfen. Es war noch früh und die meisten Leue schliefen. Eine Person stach jedoch hervor. Es war Lilly und sie arbeitete scheinbar gerade an einem neuen Bogen. Sie ahnte nicht das dies einer der schlimmsten Tage ihres Lebens werden würde.

    Rechts unterhalb des Hügels verlief ein breiter Weg. Fast außer Sicht konnte man einige Reiter ausmachen. Sie hatten Wägen dabei, auf zwei davon standen große eiserne Käfige. Die Reiter waren schwer bewaffnet und ihr Anführer trug eine rot gestrichene Plattenrüstung und einen Helm in Form eines Stierkopfes.

    Noch hatte diese Söldnergruppe keinen richtigen Namen, aber die Leute nannten sie "die Roten".

    Nathanael wusste alles über sie.

    Innerhalb eines Jahren würden diese Krieger den Orden des heiligen Blutes gründen. Spätestens in zehn Jahren würden sie Festungen in ganz Aventurien kontrollieren und in etwa einhundert Jahren würden sie sich durch Korruption und innere Unruhen selbst zerstören. Aber darum ging es heute nicht.

    Nathanael atmete tief durch, ging langsam den Hügel hinab und stellte sich mitten auf den Weg.

    Es dauerte einige Minuten, dann waren die Roten heran. Die vordersten Reiter hielten an und musterten ihn misstrauisch.

    Gut so, dachte Nathanael.

    Seine beiden Handflächen glühten auf als er in jeder einen Feuerball erzeugte und ohne zu zögern auf die Reiter schleuderte.

    Einen davon traf er im Gesicht, welches sofort in Flammen aufging, das Pferd scheute und warf den Reiter ab. Der andere Feuerball ging daneben und landete zwischen den Wägen.

    Chaos brach unter den Roten aus.

    Einige sprangen von ihren Pferden und spannten hektisch Bögen. Andere suchten Deckung, warteten auf Befehle und einige, darunter auch der Anführer, gingen zum Gegenangriff über.

    Nathanael blieb ruhig stehen, vollführte nur eine schnelle Geste und rief eine Zauberwort. Sofort änderten die heranstürmenden Pferde die Richung und flüchteten panisch.

    Der Anführer und zwei weiter Krieger sprangen ab und versuchten ihn zu Fuß zu erreichen. Auch die Krieger bei den Wägen gingen nun mit erhobenen Schilden und Schwertern zum Angriff über. Fast geschafft, dachte Nathanael. Aber sie müssen noch deutlich meine Stimme hören.

    "Mich kriegt ihr nicht ihr roten Schweinehunde!" rief er seinen Gegnern zu.

    Natürlich schüchterte sie das nicht im Geringsten ein, er war schließlich immer noch ein junges Mädchen - und klang auch so.

    Nathanael wartete noch einen kurzen Moment, dann wandte er sich um und begann zu rennen.

    Den Hügel hinauf, in Richtung des Nivesenlagers.

    Als er die Hügelkuppe überquerte konnten seine Verfolger ihn für kurze Zeit nicht mehr sehen. Ein letztes mal sammelte er seine Astralkraft und benutzte sie um sich unsichtbar zu machen. Im Lager vor ihm war inzwischen mehr los. Viele Bewohner waren vom Kampflärm geweckt worden.

    Kurz bevor er durchscheinend wurde bemerkte er Lilly welche sich neugierig etwas dem Hügel genähert hatte und ihren Blick auf ihn richtete. Einen Moment lag sah sie verwirrt aus, aber sie konnte ihn nicht genau gesehen haben.

    Dann tauchten die Roten an der Kuppe auf. Mit wütendem Gebrüll stürmten sie das Lager.

    So sehr es Nathanael schmerzte, er sah sich alles an was nun folgte..... musste sicher gehen das sie Lilly nicht auf der Stelle töteten.

    Das taten sie nicht, auch wenn es manchmal danach aussah. Nachdem die Roten einige Bewohner des Lagers erschlagen hatten und Lilly festgenommen war, schleppte sie das Mädchen zu ihren Wägen.

    Nathanael konnte hören wie Finger, Rippen und andere Knochen brachen als sie Lilly mit schweren Stöcken schlugen. Der Anführer selbst schlug sie noch als sie schon in den Käfig gesperrt war. Lillys Schmerzensschreie hallten über die Steppe. Sie wusste nicht was geschah oder womit sie das verdient hatte.

    Nathanael wusste es.

    Es war der einzige Weg um bestimmte Ereignisse auszulösen. Die Roten waren auf dem Weg zu ihrem Hauptqartier in Andergast. Die Reise würde einige Monate dauern, aber natürlich würden sie nie dort ankommen.

    Dafür würden die Arefaktträger sorgen.

    Hoffentlich.

  • Noch ein Kapitel als zur Vorbereitung des ersten Abenteuers. Nathanael sucht eine alte "Freundin" auf, die sicher stellen soll dass die Helden den richtigen Weg einschlagen.

    Zum ersten mal wird Nurtariwan, Nathanaels größter Gegenspieler erwähnt. Vor allem später in der Geschichte spielt er eine wichtige Rolle.

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    Steineichenwald,

    die Lichtung der heiligen Eiche,

    3 Monate später

    Nathanael schritt durch blühende Rosenbüsche auf die weitläufige Lichtung der Eiche Matha Naht. Ein angenehmer Duft lag in der Luft und passte zu dem kleinen Paradies welches sich vor ihm ausbreitete. Ein kleiner Bach plätscherte von einer Seite in die Senke herunter, es gab Blumenwiesen mit verschiedensten Arten welche nur hier wuchsen und das Gras war saftig und dunkelgrün.

    Die Eiche selbst lag genau im Zentrum der Lichtung und überragte alles andere.

    Sie war sicherlich zwanzig Schritt hoch und hatte eine mächtige, ausladende Krone. Die Blätter des Baumes sahen sehr gesund aus und in den tiefen Rillen und Furchen der Borke spielten Eichhörnchen, Spechte bauten Behausungen für ihren Nachwuchs.

    Seit Jahren wohnte auch eine Sippe von Rotpelzen hier, sie waren Matha Nahts persönliche Schützlinge. Der Baum wurde von ihnen schon fast als Gottheit verehrt.

    Doch heute stimmte etwas nicht mit dem Dorf der rotgepelzten Wesen. Ihre Behausungen, gebaut aus alten Ästen der Eiche und Lehm den sie aus dem Bach schürften, standen wie verlassen da.

    Eine kleine Rauchsäule erhob sich jenseits der Eiche und Nathanael hatte eine böse Ahnung.

    "Du kommst zu einer schweren Stunde, Zauberer", ertönte die dunkle Stimme der Eiche in seinem Kopf.

    "Das sehe ich", antwortete Nathanael auf die gleiche Weise. "Was ist mit den Bewohnern der Lichtung geschehen?"

    Durch die Äste der Eiche lief ein Schaudern und einige Blätter lößten sich.

    "Menschen sind geschehen, Nathanael. Menschen! Seit einigen Jahrzehnten kommen ein oder zwei mal im Jahr Dorfbewohner einer nahen Siedlung hier her um eine Art Fest zu feiern. Ich lasse sie gewähren und bleibe stumm. Bis jetzt haben sie noch nie jemanden etwas getan. Die Rotpelze verstecken sich im Wald wenn sie kommen."

    Nathanael wusste worauf die Geschichte hinaus laufen würde. Menschen und Goblins konnten auf Dauer nicht friedlich nebeneinander leben.

    "Irgendwann wuden die Rotpelze von einem alten Sumen entdeckt der sofort das ganze Dorf in Alarmbereitschaft versetzte. Bewaffnete Bauern kamen auf die Lichtung und griffen meine geliebten Rotpelze an. Einige starben, aber die meisten konnten in den Wald entkommen. Ich half ihnen die Gefallenen zu bestatten und wir lebten weiter wie bisher, die Menschen mussten denken das die Goblins vertrieben sind.

    Aber damit war es noch nicht vorbei. Die Mensche schleppten irgendeine ihrer Krankheiten in das Rotpelzdorf ein und viele erkrankten daran. Nicht einmal ich konnte sie retten. Die Überlebenden wagen sich nun nicht mehr auf die Lichtung auf der sie seit mehr als einem Jahrhundert leben. Sie befürchten das die Krankheit noch im Boden und den Pflanzen ist, oder dass die Menschen zurück kommen."

    Nathanael sah sich um. Nun erkannte er auch die Ursache der Rauchsäule. Abseits der Eiche glühten noch die Überreste eines großen Feuers in dem er kleine Knochen erkennen konnte. Die Rotpelze mussten die Verstorbenen verbrannt haben um die Krankheit einzudämmen. Nathanael sah einige dieser Knochenhaufen, die meisten waren schon älter.

    "Ich seh es mir mal an", antwortete der Magier und ging über die Lichtung.

    Er wirkte verschiedene Zauber um die magischen Strukturen hier zu analysieren und Krankheitserreger zu finden.

    Die Eiche hatte recht. In einigen der Pflanzen, stellenweise im Boden und vor allem im Bach befanden sich Überreste der Krankheit. Nichts was für einen Menschen gefährlich wäre oder dieser auch nur bemerken konnte. Die Krankheit musste schon sehr lange existieren so dass die Menschen immun dagegen geworden waren.

    Die Rotpelze welche sehr lange abgeschirmt von allem hier gelebt hatten wurden natürlich voll von der Seuche erwischt.

    "Du hast recht, es war eine Krankheit. Und sie ist noch hier."

    Wütende schlug die Eiche mit ihren Ästen auf den Boden und Wurzeln wühlten sich durch das Erdreich.

    "Sag mir wo, Nathanael! Ich reiße dieses Übel aus meinem Boden und vernichte sie mit all meiner Macht!"

    Der Zauberer schüttelte nur den Kopf.

    "Das wird nicht so einfach, die Krankheit ist überall. Du musst sämtliche Pflanzen hier zerstören und den Bach umleiten, nur dann gibt es eine Chance diese Seuche los zu werden."

    Die Eiche schien sich nun näher zu Nathanael zu beugen. Sie war ein uraltes und mächtiges Wesen und der Zauberer war sich nicht sicher ob er überleben würde wenn sie aus irgend einem Grund wütend auf ihn würde und ernst machte.

    "Ich glaube dir Grünhaar. Du bist jung und frech, aber Fuldigor spricht nur in den besten Tönen von dir. Nur dein Frevel gegen Satinav macht ihm Sorgen, aber das soll nicht mein Problem sein. Du sagst ich soll hier alles auslöschen, aber was wird aus der Goblinsippe? Sie können nicht einfach in den Wald ziehen, dort werden sie früher oder später von Menschen oder wilden Tieren getötet!"

    Nathanael ließ sich seine Erleichterung nicht ansehen. Er war aus einem bestimmten Grund hier her gekommen und hatte sich gefragt wie er die Eiche von einer ganz bestimmten Sache überzeugen konnte. Nun würde es einfacher werden.

    "Ich kenne einen Ort wo die Goblins hin können. Es gibt ein großes Höhlensystem, ganz in der Nähe meiner eigenen Behausung. Dort leben schon sehr lange Rotpelze. Es wäre genug Platz das auch die Überlebenden deiner Sippe dort Unterschlupf finden. Ich kann noch heute ein Portal erschaffen und sie dort hin bringen."

    "Aber?" fragte Matha Naht und durchschaute Nathanael augenblicklich.

    Dieser dachte kurz nach wie er es formulieren sollte.

    "Ich bin nicht ohne Grund hier, sondern muss dich um einen Gefallen bitten."

    Die Eiche wartete sehr ruhig, aber Nathanael konnte kleine Wurzelranken erkennen welche sich über den Boden in seine Richtung schlängelten. Matha Naht war nicht so geduldig wie man es von einem Baum erwarten würde. Er versuchte ruhig zu bleiben.

    "In einigen Wochen wird eine seltsame Gruppe auf diese Lichtung kommen darunter ein paar Menschen und Halbelfen. Sie stehen unter meinem Schutz aber müssen noch viel lernen. Du sollst ihnen Angst machen und mit einem speziellen Zauber belegen."

    Die feinen Wurzeln stoppten.

    "Das ist alles?" fragte Matha Naht.

    "Ja", antwortete Nathanael. "Aber du darfst sie nicht töten – das ist wichtig!"

    "Solange sie nicht auf die Idee kommen mit Fackeln hier herum zu rennen".

    So dumm würden sie nicht sein, dachte Nathanael. Hexander würde wohl eher fliehen als einen magischen, sprechenden Baum anzünden zu wollen.

    Nathanael sprach ein paar komplizierte Formeln und eine Sphäre aus violetter Astralenergie bildete sich in seiner Handfläche.

    "Ich verankere den Zauber in deinem Holz damit du ihn nach Belieben abrufen kannst. Du musst sie dann nur dazu bringen dich zu berühren oder sie ein bisschen mit deinen Ästen schlagen."

    Der Magier ging zur Eiche und griff mit einer Hand in seine Tasche. Während er den Zauber in das Holz von Matha Naht wirkte zog er einen runden, weißen Stein hervor – den Runenstein des Lebens.

    Unauffällig versteckte er ihn so hoch wie es seine Arme erlaubten in einem Astloch der Eiche. Nurtariwan würde bald nach dem Runenstein suchen – als erstes warscheinlich bei Nathanael selbst. Aber sein Gegenspieler würde niemals auf den Gedanken kommen bei einem magischen Baum zu suchen. Selbst er sollte Respekt vor so einem Wesen haben. Matha Naht war praktisch eine Halbgöttin.

    Der Runenstein würde bei ihr sicher sein und für alle Zeiten versteckt bleiben.

    Nachdem alles getan war verabschiedete er sich von Matha Naht öffnete ein Portal für die Rotpelze. Er hoffte sie würden sich gut mit der Sippe im ehernen Schwert verstehen, aber das war im Moment nicht seine größte Sorge.

    Als nächstes würde er einen Drachen besuchen müssen.

  • Das letzte Kapitel bevor eine kurze Zusammenfassung des ersten beiden Abenteuer der Heldengruppe folgt. Nach Matha Naht treffen wir hier ein anderes Geschöpf das die Wege unserer Helden kreuzen wird.

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    Steineichenwald,

    Höhlensystem unter dem Gebirge,

    2 Tage später

    Ich bin dazu verdammt mein ganzes Leben in Höhlen zu verbringen, dachte Nathanael.

    Erst die vielen Jahrzehnte bei Nurtariwan, dann die zahllosen Jahre in seiner eigenen Behausung und nun wanderte er von einem dunklen Loch zum anderen um Shistavanen zu finden.

    Die alte Höhlendrachin musste hier irgendwo zu finden sein, genau auf den Pfad den er für die Artefaktträger vorgesehen hatte.

    Erschwert wurde seine Aufgabe von dem Rucksack den er nun schon einen ganzen Tag lang schleppen musste.

    Schließlich führten die Kraftlinien die von Shistavanens Magie erzeugt wurden ihn zu einem breiten Spalt im Boden.

    Nathanael ließ zuerst seinen Rucksack hinunter, vorsichtig um seine wertvolle Fracht nicht zu zerbrechen. Dann kletterte er selbst die warmen Felsen hinab.

    Als er den Boden erreichte wurde ihm klar das er eindeutig die Höhle der Drachin gefunden hatte.

    Eine lange Kaverne zog sich so weit das Nathanael ihr Ende nicht erkennen konnte. Die Hälfte davon wurde von einem gelblichen See ausgefüllt von dem giftige Dämpfe aufstiegen, sich an der Höhlendecke sammelten und durch kleine Öffnungen in die Tunnelsysteme darüber entwichen.

    Der Magier erkannte einige Öffnungen die zu weiteren Höhlen führen mochten, eine davon beherbergte mit Sicherheit Shistavanens Hort. Doch Nathanael war nicht dumm genug dort hin zu gehen.

    Es war heiß hier unten und Nathanaels Kleidung war jetzt schon schweißdurchtränkt.

    Das eindeutigste Zeichen, dass der Zauberer sich in der Höhle der Drachin befand war jedoch die nackte Menschenfrau welche mit einer dünnen Kette und einem Halsband aus Eisen an eine Halterung an der Höhlenwand gekettet war.

    "Guten Tag Mira", sagt Nathanael beiläufig. "Ist Shistavanen vielleicht zu Hause?"

    Mira war vor Jahren eine Druidin tief im Steineichenwald gewesen. Eines Tages beschloss sie den Hort der Höhlendrachin zu suchen von der sie gehört hatte das sie hier lebte. Sie fand den Hort – und Shistavanen fand sie.

    Die Drachin hatte beschlossen Mira nicht zu töten, wie sie es normalerweise mit Eindringlingen tun würde. Stattdessen sorgte sie dafür das die Druidin nur sehr langsam alterte und hielt sie hier gefangen wo sie der Drachin alles über die Magie der Druiden beibringen musste, was sie wusste.

    Mira antwortete nicht auf Nathanaels Frage, sie deutete nur auf den Schwefelsee.

    Einige Momente später erhob sich die imposante Gestalt der Höhlendrachin aus dem See und stapfte ans Ufer zu Nathanael.

    Wie für Höhlendrachen üblich hatte Shistavanen keine Flügel, dafür aber vier Beinpaare. Ihr Körper war bedeckt mit schwarz-braunen Schuppen und ihre roten Augen starrten Nathanael durchdringend an.

    "Gib mir einen Grund dich nicht gleich hier zu Asche zu verbrennen, Grünhaar!" brüllte Shistavanen in ihrer Gedankensprache ohne sich mit Begrüßungen aufzuhalten.

    Nathanael seufzte.

    "Mal ehrlich, warum nennen mich alle Grünhaar? Ich kann meine Haarfarbe ändern wie ich verdammt nochmal will!"

    Die Antwort der Höhlendrachin bestand aus einem Flammenstrahl, heiß genug um einen Menschen zu Staub zerfallen zu lassen.

    Nathanael sprang zu Seite und schützte sowohl sich selbst als auch Mira mit einem GARDIANUM. Eine durchscheinende Barriere bildete sich um sie und wehrte die Falmmen ab.

    "Das hätte auch Mira erwischt." sagte Nathanael ruhig als er sich wieder aufrichtete. Er hätte sofort zu einem Gegenangriff übergehen können, aber noch war er sich nicht ganz sicher ob die Drachin scherzte oder es ernst meinte.

    Und außerdem wollte er etwas von ihr.

    "Die Diebin ist daran gewöhnt verbrannt zu werden. Außerdem war das ein halbherziger Angriff. Was willst du hier?"

    Nathanael hielt weitere Abwehrzauber bereit als er weiter sprach.

    "Hmm, ich hab mich gefragt ob du nicht vielleicht lernen willst wie man sich verwandelt."

    Kurz schien es dem Magier als blitzten die Augen der Drachin aufgeregt auf, dann schaute sie weg, ließ sich langsam auf dem Boden nieder und sprach schon fast gelangweilt.

    "Wer sagt das ich dazu nicht in der Lage bin? Du weißt, wir Höhlendrachen sind gefürchtete Magier. Mit einigen Worten könnte ich diesen ganzen Berg zum Einsturz bringen."

    Nathanael hatte das erwartet.

    Drachen hassten es zuzugeben wenn sie etwas nicht konnten. Vor allem Höhlendrachen welche sowieso oft an seltsamen Komplexen leideten weil sie keine Flügel hatten und weniger magisch begabt waren als andere Drachen.

    "Oh natürlich weiß ich das, mächtige Shistavanen. Verzeih mir meinen unwürdigen Vorschlag, sogleich werde ich mich daran machen diese gar feine Unterkunft zu verlassen."

    Die Drachin schnaubte ein paar kleine Flämmchen aus.

    "Tu nicht so als hättest du Manieren, Nathanael, das passt nicht zu dir. Was willst du für diesen Verwandlungszauber?"

    Es amüsierte Nathanael wie durchschaubar das große Wesen war.

    "Wie könnte ich mir anmaßen etwas für die Ehre zu verlangen, euch oh feurige Shistavanen eine Spielart der Magie näher zu bringen?"

    Die Höhlendrachin schlug mit ihrem dornenbewährten Schwanz nach Nathanael.

    Geschickt tauchte er darunter hindurch.

    "Schon gut, schon gut", sagte der Magier schnell und hob beruhigend die Hände. "Ich möchte dich im Gegenzug für den Zauber nur um einen kleinen Gefallen bitten."

    Shistavanen hörte weiter schweigend zu.

    Vorsichtig ging Nathanael zu seinem Rucksack und packte einige große, gläserne Behälter aus, welche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt waren.

    "In einigen Wochen wird eine Gruppe von Leuten durch die Tunnel über dieser Höhle wandern. Ich werde diese Glasbehälter unter den Spalten anbringen die nach oben führen und will das du sie mit deinem Feuer erhitzt wenn diese Personen durch den Tunnel gehen."

    Die Höhlendrachin stieß seltsame Laute aus die Nathanael entfernt an Gelächter erinnerten. Nur das die Erde bebte wenn ein Drache lachte.

    "Das ist noch nicht alles", fuhr der Zauberer fort. "Ich will außerdem das du die Tunnel von allen größeren Raubtieren säuberst und darauf achtest das sich die Flüssigkeit in den Flaschen nicht mit Schwefel vermischt. Zusätzlich verlange ich ein bestimmtes Buch aus deinem Hort – jenes über die Schmiedekunst der Monaden."

    Shistavanens Augen wurden ernst, sie richtete sich zu voller Größe auf und ihre donnernde Stimme verursachte Nathanael Kopfschmerzen.

    "Kein Zauber ist es wert das ich etwas aus meinem Hort hergebe! Verschwinde, oder ich werde wirklich wütend!"

    Auch Nathanael sah die Drachin nun ernst an und wich keinen Fingerbreit zurück.

    "Letzte Chance, Shistavanen" sagte er leise.

    Statt darauf zu antworten sammelte die Höhlendrachin ihr Feuer und wirkte zugleich mehrere Zauber. Felsbrocken erhoben sich in die Luft, Schlangen aus Erz formten sich um seine Beine und ein Schutzschild aus Astralenergie umgab die Höhlendrachin.

    Als sie den Feuerstrahl auf Nathanael los ließ schossen gleichzeitig die Felsen nach vorne und die seine Füße wurden von wiederstandsfähigen Metallen festgehalten.

    Nathanael streckte einen Arm aus und ballte die Hand zur Faust.

    Die Felsbrocken splitterten in tausend Teile und der Feuerstrahl stoppte einige Schritt vor ihm wo er sich in einer flammenden Wolke sammelte und langsam verging.

    Er machte einen Schritt nach vorne und die erzenen Fesseln konnten ihn nicht halten, sie verwandelten sich innerhalb eines Augenblicks zu loser Erde.

    Shistavanen wich etwas zurück.

    "Ich bin sicher du hast gehört was geschah als Pardona drei ihrer Eisdrachen gegen mich schickte. Das war vor mehr als hundert Jahren und seit damals habe ich viel dazu gelernt."

    Während er sprach formten sich aus dem Fels hinter ihm zwei Gestalten, jede etwas so groß wie Shistavanen selbst. In Form von gigantischen steinernen Raubkatzen traten sie an Nathanaels Seite und knurrten die Drachin an.

    "Gleich zwei?" ertönte die Stimme der Höhlendrachin fast schon furchtsam in seinem Kopf. "Nicht einmal ein Purpurwurm könnte...."

    "Haben wir eine Abmachung?" unterbrach Nathanael sie.

    Einen Moment lang sah die Drachin ihn an und der Magier war sich sicher das sie angreifen würde, doch dann wandte sie den Blick ab und sagte: "Also, wieviele Personen sollen durch meine Höhle wandern?"

    Nathanael atmete erleichtert auf und die steinernen Raubkatzen zogen sich in den Boden zurück.

    "Als ich das letzte mal gezählt hatte waren es vier, aber es könnte sein das noch ein oder zwei Leute dazu kommen", antwortete er mit einem breiten Lächeln.

    Immer noch hielt die Höhlendrachin den Kopf gesenkt. "Du wirst mir den Zauber zeigen?"

    Nathanael hob eine Augenbraue als er antwortete.

    "Sobald diese Personen deine Höhle lebend verlassen werde ich dir eine Schriftrolle zukommen lassen."

    Shistavanen wagte es nicht ihm zu wiedersprechen.

    In den nächsten Stunden brachte Nathanael die Glasbehälter an der Höhlendecke an und überprüfte ob sie auch gut hielten.

    Es war wichtig das die Artefaktträger eine Ahnung davon bekamen was sie erwartete. Sie waren nutzlos für ihn wenn sie beim ersten Anzeichen von Gefahr flüchteten. Atmeten sie den Dampf ein der entstand wenn man die Flüssigkeit erhitzte, würden sie einen kurzen Ausschnitt einer möglichen Zukunft sehen.

    Kurz bevor er die Höhle der Drachin verließ und das Buch aus ihrem Hort gerade in seinen Rucksack packte, wandte er sich nochmal zu Shistavanen um.

    "Wie geht es eigentlich deiner Schwester? Lebt sie immer noch im ehernen Schwert?"

    Die Drachin knurrte beunruhigt bevor sie antwortete.

    "Ich betrachte Mashirauda nicht als meine Schwester. Sie ist mehr ein wildes Tier als ein Drache. Was willst du von ihr?"

    "Nur mit ihr sprechen, mehr nicht."

    Als Nathanel aus der Höhle in den Wald trat gaben seine Beine nach und er stürzte erschöpft gegen einen Baumstamm. Es folgte ein Hustanfall bei dem neben gelblichen Schleim auch Blut mit hoch kam.

    Er hätte nicht so viel Magie einsetzen dürfen. Zwei dieser elementaren Kreaturen zu beschwören war zu viel gewesen. Shistavanen hätte er auch anders einschüchtern können. Er kramte in seinem Rucksack und holte einen runden, grünlichen Stein hervor. Das Bruchstück der Sonne Glost fühlte sich warm in seiner Hand an. Er konzentrierte sich und griff auf die Macht des Runensteins zu – sofort fühlte er sich besser und seine Astralenergie regenerierte sich allmählich.