Das schöne ist, dass ich es da sehr leicht habe zu antworten
Du rennst mit quasi allem offene Türen bei mir ein.
Natürlich ist mir klar, dass nicht jeder die Lust, das Interesse oder die intellektuellen Kapazitäten hat, sich nach einem Vollzeitjob noch mit komplexen politischen Themen rumzuschlagen. Geht mir ja auch so und ich habe im Prinzip zwei Jobs und versuche einen dritten zu finden, weil ich aus genau den oben genannten Gründen im Moment meine Familie nicht über Wasser halten kann. Mir fallen nur die Analysen deutlich leichter, weil ich da durch das Studium auch einschlägig vorbelastet bin.
Was ich mit dem Post sagen wollte, war aber was anderes. Dass im aktuellen System Dinge schief laufen, kann man jeden Tag in den Nachrichten sehen. Dass auf EU-Ebene Dinge schief laufen, merkt man auch oft genug. Mir gehts um zwei andere Dinge:
1. Aus meiner Sicht tragen wir da eine gewisse Mitschuld daran. Es ist ja anscheinend eine Kapazität für Protest vorhanden, vor allem bei jungen Menschen (und hey, die werden politisches Gewicht bekommen). Nur leider scheint sie sich zu völlig unpassenden Dingen zu entladen. Ich bin weiterhin fest der Überzeugung, dass mit dieser Urheberrechtsreform sich nicht allzu viel ändern wird, zumindest in Deutschland. Und vor allem nicht die nächsten zwei Jahre. Also wenn schon Proteste, dann erst, wenn wir die genauen Auswirkungen kennen und auf einer Ebene, auf der wir auch wirklich etwas ausrichten können und das wäre aus meiner Sicht die nationale. Zumindest bis die EU insgesamt anders aufstellt ist.
Hier geht also viel Protest "verloren". Ändern wird sich an dieser Richtlinie eher nichts und am Ende ist sie vermutlich weder der Untergang des Internets, wie wir es kennen, noch des Abendlandes. Aber bei den sehr viel wichtigeren Themen bleibt der Protest aus. Die Verschwörungstheoretiker mögen jetzt sagen, dass die Politik das so plant, ich würde eher sagen, die Politiker fühlen sich in den anderen Bereichen bestärkt, dass sie den richtigen Weg gehen. Vielleicht bekommt man aber in anderen Politikbereichen die Informationen auch nicht so schön einfach präsentiert, z.B. durch Youtube selbst. Immerhin gibt es allein auf diesen paar Seiten hier bereits mehrere Posts, die ein ganz klares Misstrauen gegenüber den Medien erkennen lassen. (Dass ein eingebrachter und abgelehnter Antrag der Tagesschau keine Meldung wert war, konnte ich verstehen, in Anbetracht der anderen Meldungen an diesem Tag, z.B. Venezuela und italienisches Waffenrecht.)
Gleiche gilt für die einfachen Lösungen, da stimmen ich dir voll zu. Aber das führt auch ziemlich direkt zu:
2. Wir sehen leider nur die Dinge, die schief laufen. Die geben auch bessere Meldungen für die Medien ab. Was leider gerne übersehen wird ist die Tatsache, dass da auch viele gute Dinge laufen. Wie gesagt, wer ließt denn alle neuen Gesetze im Bundesanzeiger?
Natürlich macht es da nicht gerade den besten Eindruck, wenn die Minister anscheinend einfach so nach Belieben oder nach Prestige hin und her geschoben werden können. Aber wenn man sich mal damit auseinandersetzt, dann sieht man auch, dass nur die oberste Ebene, also Minister und seine direkten Mitarbeiter, regelmäßig ausgetauscht werden. Die eigentliche Arbeitsebene darunter bleibt immer die gleiche. Und die meisten Dinge aus den Ministerien werden gar nicht direkt von den Ministern angeschoben. Das ist eher ne kleine Auswahl, die dann häufig mit der Person direkt zusammen hängt (gut zu sehen an der aktuellen Verteidigungsministerin). Das heißt, wenn es da Probleme gibt, die man nicht nur auf die Person des Ministers abschieben kann, dann sind die schon so lange drin, dass selbst eine radikale Wahl nichts ändern würde. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass es immer eine gewisse Kontinuität in der Gesetzgebung gibt.
Deswegen wäre ich dafür, dass wir grundsätzlich erstmal allen Gesetzesvorhaben, bzw. Richtlinien auf nationaler, internationaler und supranationaler Ebene bescheinigen, dass das Leute mit Sachverstand dran saßen. Das müssen nicht zwingend die Politiker sein, die wir dann im Fernsehen sehen, aber deren Mitarbeiter und wissenschaftliche Stäbe. Und Politik bedeutet Kompromiss. Gerade auf EU-Ebene ist das mit Sicherheit nicht das leichteste und da gibts dann Reibungsverluste im Inhalt. Deswegen ist die Idee von Richtlinien gut, da dann die einzelnen Staaten nochmal dran müssen und sie konkretisieren können.
Ich würde deswegen bei jeder weiteren Diskussion darum bitten, von Äußerungen, die direkt auf einzelne Politiker und deren Kompetenz abzielen, Abstand zu nehmen. Eine sachliche Diskussion oder ein sachlicher Streit ist überhaupt kein Problem. Aber solange wir nicht ganz genau beweisen können, dass ein Mensch gelogen hat, inkompetent ist, etc. bringt das überhaupt nichts und führt nur zu der Vergiftung der Debatte, die am Ende denen nutzt, die einfache Lösungen präsentieren.
Allerdings scheint mir im aktuellen Entwurf ein nicht unerhebliches Fehlverhältnis zwischen den Rechten, teilweise Grundrechten der deutlich überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung und eben dieser Verwertungsgesellschaften zu bestehen
Da würde mich abschließend aber schon mal interessieren, welche Rechte/Grundrechte der Mehrheit der Bevölkerung hier eingeschränkt werden sollen.