Wie geht ihr als Spielleiter mit der Liturgie "Namenlose Zweifel" - angewandt auf Helden- um?

  • Hallo zusammen,

    wie geht Ihr als Meister damit um, wenn ein Held (in meinem Fall ein Praiosgeweihter) erfolgreich mit der Liturgie "Namenlose Zweifel" belegt wird?

    Ich vertrau mal darauf, dass mein Spieler mit der Sache schon rollenspielerisch richtig umgehen wird. Aber richtig harte regelrelevante Auswirkungen (keine Karmaregeneration, kein Liturgiewirken etc.) gibt es ja nicht, oder? Wie würdet ihr damit umgehen, wenn der Spieler sich dann doch aus der Situation herausschummelt bzw. die Auswirkung der Liturgie im Endeffekt ignoriert?

    Danke vorab für euren geschätzten Input.

  • Meines Erachtens nach ist das eine super Sache für gutes Rollenspiel.

    Ich würde die Karmaregeneration für die Dauer der Liturige schon einschränken. Liturgiewirken kann durchaus weiterhin möglich sein.

    Die Liturgien müssen ja nicht unbedingt im Sinne der Gottheit angewandt werden.

    Spoiler: Theaterritter


    Beispielsweise setzt der Korsmalbund in der Theaterritterkampagne weiterhin Rondraliturgien ein, ohne damit in Rondras Sinne zu handeln

  • Meines Erachtens nach ist das eine super Sache für gutes Rollenspiel.

    Ich würde die Karmaregeneration für die Dauer der Liturige schon einschränken. Liturgiewirken kann durchaus weiterhin möglich sein.

    Ich sehe das v.a. als Rollenspielvariante. Das sollte unbedingt ausgespielt werden... Die Karmaregeneration würde ich nicht einschränken, wohl aber etwaige Proben erschweren, ggf. Willenskraft erschweren um "Versuchungen" zu erleichtern...

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Beachtenswert ist hier erstmal die Optionalregel "Versickernder Karmastrom" aus dem Regelwerk sowie die Regeln zu Seelenmakeln aus Aventurisches Götterwirken. Hier wäre zu klären, ob die Gottheit erkennt, dass der Geweihte unter entsprechender Beeinflussung steht, und deshalb von Strafen absieht (bzw. diese zeitlich begrenzt), oder das volle Programm durchzieht - ist letzteres der Fall, könnte das schlimmstenfalls bis zum Mal des Frevlers gehen, welches wenn ich mich recht erinnere (das Regelwiki scheint die Seelenmakel nicht zu enthalten) die Weihe samt aller erworbenen Liturgien und SFs vom Charakterbogen streicht.

    Gleichzeitig muss man auch sagen, dass hier ein absolut massiver Eingriff ins Charakterkonzept des Spielers vorliegt. Manche Spieler finden das klasse und haben Spaß daran, sowohl die komplett enthemmte Version ihres Charakters als auch die darauf folgende Sinnkrise zu spielen - andere haben da keinerlei Lust drauf, erst recht nicht über bis zu zweieinhalb Wochen. Bedenkt man, wie leicht man die Namenlosen Zweifel jemandem überhelfen kann (*), würde ich hier einfach dem Spieler freie Hand lassen, wie er die Zweifel ausgestaltet. Wenn er so weiterspielt, wie bisher, lässt sich das bei einem Praioten sogar begründen: Zwar fühlt er sich nicht direkt mehr an die praiotischen Prinzipien gebunden, aber seine Umwelt und die Gottheit erwarten von ihm, ihnen zu folgen, und könnten Verdacht schöpfen, wenn er es nicht mehr tut - was im Machtverlust endet, sowohl auf sozialer als auch auf karmaler Ebene.

    (*) Letztlich ist es schlicht Nr 3 aus der Liste "Wie ich als NL-Geweihter mit überpowerten Liturgien eine Heldengruppe zerschieße, wenn ich grad Lust drauf hab", in der auch solche Klassiker wie Des Einen Bezaubernder Sphärenklang oder Namenloses Vergessen drinstehen.

    Jeder Mensch ein Magier!
    Avatar by Tacimur

  • Ich stimme da Cifer zu. Das ist ein massiver Eingriff in das Charakterkonzept und die -gestaltung. Ich denke, der Königsweg wäre es, mit dem betroffenen Spieler in ruhe über das Ob und Wie zu reden. Vielleicht passt es ihm gar nicht, vielleicht hat er aber auch super Ideen zur Umsetzung und es entsteht intensives Rollenspiel.

  • wie geht Ihr als Meister damit um, wenn ein Held (in meinem Fall ein Praiosgeweihter) erfolgreich mit der Liturgie "Namenlose Zweifel" belegt wird?

    Meine Vorgehensweise ist gleich, die richtige Show machen kann daraus ohnehin nur der Spieler/die Spielerin. Ich teile das der Runde mit, dass ein SC vom namenlosen Zweifel betroffen ist. Es kann etwas richtig Großes daraus werden (insbesondere, wenn wie bei dir ein Geweihter betroffen ist), es kann aber auch ein Rohrkrepierer werden. Hängt völlig von den betroffenen SpielerInnen und der jeweiligen Gruppe ab, die wiederum darauf reagiert.

    Ich hatte da schon eine große Bandbreite an Reaktionen in meinen Runden. Viele Leute tun sich damit aber schwer. Wie schon geschrieben, ist es ein ziemlich starker Eingriff in den Charakter, der sonst so ja nicht ohne Weiteres passiert.

  • Wie würdet ihr damit umgehen, wenn der Spieler sich dann doch aus der Situation herausschummelt bzw. die Auswirkung der Liturgie im Endeffekt ignoriert?

    Ich würde mit dem Spieler darüber sprechen. Rollenspiel ist Teamwork und er ist Teil dieses Teams. Er kann sich nicht aus etwas heraus-schummeln. Nicht ohne sich dabei selbst um Spielinhalt zu betrügen. Den größten Verlust hat bei so etwas der Spieler selbst, gefolgt potentiell vom Plot und dann gefolgt vom Rest der Gruppe. Und wenn ein Spieler partout nicht mit sowas zurechtkommt, dann ist es das beste dieses Element einfach fallenzulassen und die Geschichte auf etwas anderes zu lenken. Man kann kein gutes Spiel gegen die Spieler spielen. Mit Regeleffekten oder -zwängen hat das nicht viel zu tun. Die verzerren nur den Blick auf die eigentliche Problematik, wenn sowas an die Wand fährt.

  • Ich glaube das Problem kann man verallgemeinern: Wie geht man damit um, wenn ein Held plötzlich XY fühlen muss? Andere Rollenspielsysteme wie Vampires oder Cuthulhu haben ja als zentrale Element, das die SCs regelmäßig mal die Kontrolle verlieren. Bei DSA finde ich das zugegebener Maßen schwierig.
    Wie handhabt man das denn bei schlechten Eigenschaften? Greift eine SE, muss der Held dann auf eine bestimmte Art reagieren, oder bekommt er nur Mali, wenn er es nicht tut, bzw. unter dem Einfluss der SE steht? Angedacht ist dazu meine ich die zweitere Variante, aber das kann von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich gehandhabt werden.

    So gesehen würde ich zwei herangehensweisen vorschlagen, für die man sich entscheiden kann:

    1. Das transparente Model:
    Man sagt dem Spieler einfach, wie sich der SC gerade fühlt, dass er vom glauben abfällt usw. Funktioniert in meinen Augen nur sehr selten so, wie man sich das als Meister vorstellt. Man muss schon viel arbeiten, um sich in einen tiefgläubigen Praioten hineinzudenken als Spieler, und jetzt soll man plötzlich wieder alles andersherum machen? Glaubenskriese, aber "freiwillig"? Finde ich ziemlich unschön, einfach weil man dann einem Spieler extrem viel Umdenken abnötigt für einen kurzen Moment. Und die Spieler wissen dann auch sehr wahrscheinlich, was Sache ist.

    2. Das undurchsichtige Model

    Was VIELLEICHT besser klappt ist, wenn man nicht sagt, wie man sich gerade fühlen soll, sondern wenn man es zeigt. Wenn möglich, würde ich dem Spieler die ganze Zeit Szenen zeigen, welche sein Charakter nur sehr einseitig Interpreteiren kann - als SL bin ich ja ohnehin derjenige, der mit seiner Beschreibung die Interpretation lenkt. Dann sieht der Geweihte plötzlich lauter Sachen, die ihn nachdenklich machen sollten: Praiosgeweihte, die harte Urteile sprechen, und danach mit dem Nutznießer im Wirtshaus sitzen. Traviageweihte, die Kinder schlagen oder sich nicht um die Armen kümmern.
    Zugegeben, bei der genannten Liturgie ist das schwerer als z.B. bei einem Angstzauber, den ein Held abbekommt, oder bei Einbildungen, wo man den Held einfach auf Menschenkenntnis würfel lässt, und dann behauptet, dass der Gegenüber bestimmt lügt und einen die ganze Zeit beschattet hat...

    Bei einem Praiosgeweihten - und bei den meisten anderen Geweihten wohl auch - würde ich einfach die Prinzipientreue triggern. Sie haben gerade eine Glaubenskrise, dadurch bekommen sie eine saftige Erschwerung aus der Prinzipientreue bzw dem Moralkodex. Das gibt ihre Niedergeschalgenheit wieder. Der Spieler kann damit dann das beste machen, hat aber zu allem einem einen regeltechnisch klaren Nachteil.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

    Einmal editiert, zuletzt von Sternenfaenger (4. Januar 2019 um 16:02)