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Valeria fühlte sich in ihrer klammen Kleidung unwohl, aber ihr Befinden musste warten.
Sie fand Efferdin hinter einem Busch kauernd, mit freiem Blick auf das Tor. Sie stellte sich seitlich von seinem Versteck hinter einem anderen Baum auf und flüsterte: »Ich bin hier.«
Ihr Meister schreckte auf, fasste sich aber sehr schnell wieder. »Valeria – geht es dir gut? Hast du es nicht hinein geschafft?«
»Gleich. Leise, die Wachen sind auf Posten. Komm mit.«
Sie führte ihn um die Wehranlage zur Rückseite des Wohngebäudes. Ihr Seil hing durch ein kreisrundes Loch im ersten Stock der ansonsten robusten Außenfassade. Sie kletterte zügig hinauf, und Efferdin folgte ihr unaufgefordert.
Im Schlafraum des Vogts richtete er sich auf – und schaffte es nicht ganz, sein Auflachen zu unterdrücken.
Der Vogt stand seiner Liegestatt zugewandt aufrecht am Fußende seines Himmelbetts, die Knöchel an die Beine des Betts gefesselt und die Handgelenke an die Kronen des Betthimmels. Außer Augenbinde und Knebel trug er nichts am Leib.
Striemen an Rücken und Gesäß zeugten von einer »liebevollen« Behandlung im Al’Anfanischen Stil, und eine weiße Pfütze auf der Matratze vom Erfolg dieser Behandlung.
»Er hat mir alles erzählt«, sagte Valeria fröhlich. »Es gibt einen Nichtangriffspakt zwischen seinen Leuten und den Räubern. Die Räuber profitieren von der Beute ungeschützter Karawanen, und der Vogt von den Schutzgebühren für die Wagenzüge, die sich von seinen Leuten begleiten lassen. So ist es jedenfalls angedacht – das Vorhaben läuft gerade erst an.«
Efferdin nickte. »Die Räuber sollen für Nachfrage sorgen. Aber was wollte er mit uns? Unser Geld?«
»Nein. Es ist wohl eine Bedingung des Räuberhauptmanns, dass der Vogt sich auch selbst die Hände schmutzig macht – beziehungsweise blutig.« Sie nickte in Richtung des Vogts. »Er hat mir das geplante Ritual in allen grausamen Details geschildert. Er wusste aber nicht, dass es sich tatsächlich um eine Anrufung des Jenseitigen Mordbrenners handelt.«
»Was?« Efferdin starrte sie entgeistert an.
Valeria nickte. »Wir müssen davon ausgehen, dass unter den Räubern ein Paktierer oder so was ist.«
»Aber dann – wie kommen wir am Schnellsten hier weg?«
»Er hat mir auch geschildert, wie wir das Versteck der Bande finden können. Es liegt einige Stunden von hier auf einer Waldlichtung am Fuß einer Felsklippe. Das können wir diese Nacht noch schaffen.«
Efferdin schüttelte den Kopf. »Jetzt willst du dich auch noch mit einer Räuberbande und einem Dämonenpaktierer anlegen?«
»Nein, das will ich nicht.« Sie lächelte ihn an. »Die Bande überlasse ich dir und den Männern des Vogts. Ich bin überzeugt, dass keiner von denen seine Seele der Seelenmühle überantworten möchte. Ich übernehme den Paktierer.«