Praios-Geweihte und lügen

  • Da das Praios-Vademecum ja immer noch Kanon sein dürfte sind Praioten auch keineswegs von der Wahrheitspflicht entbunden, "Sprich niemals ein unwahres Wort" oder wie sie es genau formulieren steht da ja immer noch explizit als Gebot drin.

  • Danke - genau auf die Vademecums - die mM außerhalb von DSA4 und DSA5 liegen, da reiner Hintergrund - wollte ich hinweisen.

    (Mir liegen - aus reinen Interesse - nur Hesinde und Phes vor ... vielleicht mal Aves ... aber Praios ist nicht so mein SC. ;))

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • (Ich bitte darum, QQ-Inhalte gegebenenfalls mit Spoilermarkierungen zu versehen.)

    Für mich ist es ziemlich unzweifelhaft, dass Wahrheitsliebe auch weiterhin Teil des praiotischen Moralkodex sein sollte - zumal ich auch glaube, dass sich die Kirche nie davon trennen würde, selbst wenn die Gottheit es damit nicht so genau halten würde. Diese Wahrheitsliebe ist nämlich auch ein enormer Machtfaktor: Es ist nicht nur so, dass Praioten nicht lügen – jeder weiß, dass Praioten nicht lügen. Wenn ein Praiot sagt: "Euer Berater ist mit Dämonen im Bunde", muss sich kein Adliger Deres Gedanken darum machen, dass der Praiot vielleicht bloß auf dessen Posten scharf ist.


    Das ganze mag Praioten nicht beliebig leicht spielbar machen, aber das ist meines Erachtens auch gar nicht erforderlich. Ich spiele keine Heckenpenner in einer Adelskampagne, ich spiele keine Praioten in Nacht-und-Nebel-Abenteuern. Das ist aber meines Erachtens ein kleineres Problem als vielfach angenommen. Erstens muss man als Praiot ja nicht seine komplette Gruppe überwachen. Solange ich das Gefühl habe, dass bei den anderen SCs das Herz am rechten Fleck sitzt, lasse ich mit meinem Geweihten da einiges durchgehen (bzw. frage nicht zu genau nach), weil die eben keine Geweihten sind und die Anforderungen des Götterfürsten an ihr Benehmen deutlich geringer ausfallen. Und andererseits kann man an vielen Stellen als Praiot eben auch alternative Abenteuerlösungen anbringen. Der Einbruch mag nicht funktionieren, dafür kann man aber einfach den lokalen Adligen informieren, der dann für weitere Ermittlungen den großen "Du darfst"-Schein ausstellt.

    Jeder Mensch ein Magier!
    Avatar by Tacimur

  • Vielen Dank für die Diskussion. Hilft einem Einsteiger wie mir stark dabei, die Welt und Hintergründe mehr zu verstehen.

    Inzwischen habe ich auch meine Hände an das Praios Vademecum bekommen und auch wenn das theoretisch nur für 4.1 ist, so ist dieses doch ziemlich eindeutig, was das Lügen für Praioten angeht.

    Da kann man dann beruhigt davon ausgehen, dass es entweder vergessen wurde, oder einfach schlicht als so selbstverständlich angesehen wurde, dass eine erneute Erwähnung als absolut unnötig eingestuft wurde.

    Cifers Beitrag gefällt mir diesbezüglich besonders gut. Gerade das Wissen um die Wahrhaftigkeit der Geweihten bringt ihnen die nötige Autorität.

  • Ich würde behaupten da die Vademecum-Reihe ja auch nach dem Start von DSA5 weiter geführt wird kann man den Fluffteil grundsätzlich auch weiterhin als kanonisch betrachten, insbesondere der Anhang des Praios-Vademecum der den Zustand der Kirche Post-QQ beschreibt ist ja praktisch tagesaktuell. Es ist aber ein so wichtiger Faktor dass er absolut ins Götterwirken rein gehört hätte IMO.

  • Ich denke man sollte sich da nicht unnötig verkopfen. Man findet immer moralische Dilemma, wo ein Grundsatz gegen einen anderen steht und man die einander abwägen muss.

    Das betrifft also auch Praioten und die Wahrheit.

    In so einem Fall muss man dann halt wirklich abwägen.

    Allerdings finde ich auch, dass die meisten Fälle diesbezüglich wohl konstruiert sind und man sich schon fragen sollte, wenn ein Praiot in einem üblichen Abenteuer lügt bzw. ständig den Ausweg darin sieht zu lügen.

    Wichtig finde ich es, dass man schon zwei Aspekte des Glaubens abwägen muss. Eine Lüge um einen flüchtenden Dieb zu finden ist sicherlich völlig unangemessen. Eine Lüge um sicher zu verhindern, dass der Dämonensultan sich auf Dere manifestiert, dagegen ist wohl abwägbar (Ordnung Vs Wahrheit).

    Mit der Lizenz zum Mähen.

  • Also, ein Spieler der sich an das Versprechen von DSA5 hält (spielbar mit GRW und Almanach) kommt genau zu diesem Schluss. Praioten dürfen lügen. Sie haben keinerlei moralische Verpflichtung mehr zur Wahrhaftigkeit. Das kann man jetzt sehen wie man will, aber es ist nicht mehr Teil der praiotischen Moral die Wahrheit zu sagen. Alles was man sonst reinlegt ist eben "Altlast" aus DSA-Versionen von früher. Heldenhafte Praioten lügen auch.

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  • Ein Hoch auf DSA5...

    Als nächstes essen Efferdgeweihte gebratenes, Ingerimmis löschen Feuer, Tsageweihte bekommen eines Schadensliturgie auf Lebewesen und Rahjageweihte dürfen auch hand anlegen wenn der andere nicht will. ? Fällt diese Entscheidung jetzt in die Kategorie "komische Neuheiten"? Kann Mal wer nachschauen ob die Wahrheitspflicht nicht bei den Phexies verloren gegangen ist?

    Per noctem ad lucem.
    Durch die Nacht zum Licht.
    ____

    Pardona? Ist das nicht ein Kochrezept?

  • Naja da der Almanach explizit in den Raum geworfen wurde, da steht doch wie gehabt drin dass Praios der Gott der Wahrheit ist und Lügen ihm ein absolutes Greuel sind.

  • Aber Gebot ist es nicht. Das ist doch das entscheidende. Kein neuer Spieler kann das Verbot ablesen, weil es nirgendwo steht.

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  • Zitat

    Aber Gebot ist es nicht. Das ist doch das entscheidende. Kein neuer Spieler kann das Verbot ablesen, weil es nirgendwo steht.

    Japp, wenn man nicht wenigstens einen Master in Aventurischer Religionswissenschaft und Philosophie hat, ist es absolut nicht ersichtlich, daß Geweihte eines Gottes der Wahrheit ( siehe Almanach) nicht lügen...;)

    2 Mal editiert, zuletzt von Ardrad (23. März 2018 um 20:59) aus folgendem Grund: typo

  • Naja, GRW und Almanach kann ich nichts zu sagen, aber laut "Aventurisches Götterwirken" dass man für die ganzen "coolen Sachen" die ein Priester können kann braucht, ist Ehrlichkeit ein Aspekt der Kirche (wenn auch keiner der Aspekte auf die man sich konzentrieren kann - k.A. wie die heissen...Traditionsaspekte vielleicht ?), und Gehorsam seinen Kirchenoberen ist nach wie vor ein Prinzip.

    Aber es würde einiges erklären... :D

  • Vielleicht - nur vielleicht - wurde das auch einfach vergessen. Soll vorkommen.

    Vielleicht bringt ja Redaktionsmitglied, Regeldesigner und Mitautor des Bandes, Alex Spohr , praiosgefälliges Licht in dieses Dunkel... Grundsätzlich interessieren würde mich schon, warum ein Verbot zu Lügen nicht im Moralkodex gelistet wurde.

    Ich würde behaupten da die Vademecum-Reihe ja auch nach dem Start von DSA5 weiter geführt wird kann man den Fluffteil grundsätzlich auch weiterhin als kanonisch betrachten

    Sehe das daher auch so: Praioten sollen weiterhin nicht lügen. Das ist aber nur meine ganz persönliche Wünsch-dir-was-Interpretation.

    EDIT

    Ob Praiosgeweihte dennoch lügen, was in offiziellen Publikationen dazu geschrieben wurde und welche (regeltechnischen oder meisterhandgewedelten) Konsequenzen das haben könnte, wurde auch in einem anderen Thread schon mal erörtert - inklusive die Verwunderung über ein Fehlen des Verbots in DSA5.

    "In den Rachen der Drachen hexen die Echsen!"
    getreulich gehört auf den Hesinde-Disputen 1030 BF

    4 Mal editiert, zuletzt von Zwerg Nase (23. März 2018 um 18:27)

  • Ich glaube, ein bisschen spielt hier wieder die Abwägung zwischen "menschlichem Spielstil" und "mystischem Spielstil", wie sie in 4.1. Wege der Götter, S. 303, beschrieben wurden.

    Der dargestellte Moralkodex kann eigentlich immer nur einen Ausschnitt darstellen, der einen Teil der Gottheit beschreibt, wie ihn beispielsweise eine bestimmte Auslegung innerhalb der Kirche vertritt.

    Für den mystischen Geweihten ist es eindeutig: Alles, was die Gottheit ausmacht, ist zu befolgen - also erzeugen die Tugenden, für die die Gottheit steht, automatische Zwänge, selbst wenn diese nicht im Moralkodex aufgeführt sind. Es gilt eben einfach alles.

    Für den menschlichen Geweihten sind der Moralkodex, die Tugenden, Aspekte und anderen Bestandteile der göttlichen Domäne Anweisungen, nach denen man sich richten sollte - das kann leichter, das kann schwerer fallen, und wenn es schwerer fällt, dann ist man eben auch nur Mensch und muss abwägen, wieviel Widerspruch die eigene Striktheit in einem erzeugt. Das führt dazu, dass zwar nach wie vor alles seine Existenzberechtigung hat, aber manche Gebote und Aspekte eben wichtiger sind, als andere.

    Ich persönlich finde einen mystischen Geweihten uninteressant, weil er nur eine Schablone ist - und eben kein Mensch, in dessen Haut ich im Rollenspiel hineinschlüpfe. Deswegen würde ich auch einen Praioten spielen, dem eine Lüge aus dem Mund fährt - die Selbst-, Gottes- und Weltzweifel, die daraus erwachsen, machen für mich das ganze erst interessant. Je mehr dieser Hürden für den Geweihten ich im Vorhinein abbaue, desto uninteressanter wird das Spiel für mich. Kasuistik hilft da nicht viel weiter, weil eben vieles auch impliziert ist, was kümmert mich dann die Darstellung des Moralkodexes, wenn ich meinen Geweihten eben strenger (im Sinne von konfliktreicher) spielen will.

    Es gibt ja auch in unserer Welt diverse christliche Gebote, an die sich Kirchenvertreter nicht unbedingt halten - manche aus Eigennutz, andere trotz besseren Wissens, wieder andere mit dem Ergebnis eines zerschmetterten Verhältnis zum eigenen Glauben oder zur eigenen Stellung in diesem Gefüge. Gebote sind eben nur das: Anweisungen und nicht natürliche Sachzwänge.

    Einmal editiert, zuletzt von Belbo (23. März 2018 um 18:55)

  • Naja, in DSA4.1 konnten auch menschliche Praiosgeweihte eben nur sehr schwer lügen. Was übrigens kein Grund ist nicht ein solides Machtstreben zu haben und auszuleben. Nur weil man nicht lügen darf, bedeutet das nicht, dass man nicht schweigen darf oder das man nicht dennoch die Gewichtung seiner Argumente und Wünsche der freien Interpretation überlassen kann.

    Wie gesagt, wenn ich mir einen DSA5-Praioten baue, habe ich als Spieler kein Gebot zur Wahrheit. Wenn ich allerdings nur GRW und Almanach zur Verfügung habe, fehlt mir ohnehin fast alles, um einen Praiosgeweihten sinnvoll darzustellen. Typisches Manko der aktuellen Publikationsstrategie. Und der Magiebann ist doch ein gutes Stück harscher, als man ihn in DSA4.1 nach der Quanionsqueste noch spielen konnte.

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  • Ehrlich gesagt: Finde es gut, dass sie das "absolute" Lügenverbot herauseditiert haben. Im Ende sind auch die Priosgeweihten "nur" Menschen und was zählt alles als Lüge. Gibt ja durchaus Menschen, die auch ein Schweigen als Lüge bezeichnen (als Österreicher hatten wir das "Glück" einiger "Schweige"kanzler, welche offensichtliche Fragen halt einfach nicht beantworteten, um sich nicht als Lügner bezeichnen zu müssen und glaube ich, dass Praios ein solches Verhalten noch schändlicher empfindet).

    Ingame spiele ich einen Praiosgeweihten so, dass er jedes Lügen, jedes Schweigen vermeidet, weil sein Gott ist der Gott der Wahrheit und der Gott, der seinen Geweihten befiehlt, ihren Glauben offen auszulegen. Aber wenn seine Party in Gefahr ist, mit der ganzen Wahrheit rausrückt oder eben seine von Praios gegebene Macht einsetzt und erklärt, dass das Verhalten zwar ein Verstoß gegen die von den Menschen gemachten Gesetzen ist, aber zum Wohle der zwölfgötterlichen Ordnung geschah und deswegen rechtens war (solange er das wirklich mit seinem Glauben vereinen kann - Natürlich sollte sich jeder Mitspieler eines Praioten dessen gewahr sein, dass man in seiner Präsenz besser auf offensichtliche Gesetzesbrüche "weil es halt Spaß macht" verzichtet).

    ZB: Party steigt in die Burg des Grafen ein, weil sie den begründeten Verdacht hat, dass dieser mit den Namenlosen im Bunde ist - kein Problem, und selbst sich der Verdacht nicht erhärtet, wird der Praiot dieses Verhalten rechtfertigen. Mitspieler XY stiehlt ohne Grund am Marktplatz, weil er halt Dieb ist - Ja, Pranger ist da durchaus gerechtfertigt; allerdings wär mein Praiot als erstes bereit, die Prangerwache zu übernehmen, damit der Pöbel nicht auf doofe Ideen kommt.

    “Give a man a fire and he's warm for a day, but set fire to him and he's warm for the rest of his life.”

    Terry Pratchett, Jingo

  • ZB: Party steigt in die Burg des Grafen ein, weil sie den begründeten Verdacht hat, dass dieser mit den Namenlosen im Bunde ist - kein Problem, und selbst sich der Verdacht nicht erhärtet, wird der Praiot dieses Verhalten rechtfertigen.

    Begründeter Verdacht sorgt beim aufrechten Praioten dafür die heilige Inquisition auf den Plan zu rufen, denn dieses "Einsteigen" ist eindeutig gegen sein Gebot der Offensichtlichkeit verstoßen. Da ist es viel einfacher seine Leute durch Schweigen oder auch durch offizielle Legitimation einer Untersuchung auf die rechte Seite zu nehmen, anstatt eben den "abenteuerlichen" Weg zu gehen.

    Diese Aussage weckt in mir das Gefühl, das man gerne einen kosmetischen Praioten spielen will, aber nicht auf die Diebesplots verzichten möchte. Für sowas ist ein Praiot eben mMn nicht geeignet. Er hat andere Lösungswege für solche Situationen.

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  • Denke ich auch. So ein Praiot hat eine brutal starke Maschinerie im Rücke, die in den meisten Landen die rechtliche und kämpferische Macht von weltlichen Führern rivalisiert oder sogar übertrifft, zumindest was kurzfristige Konflikte angeht.

    Auf das Wort eines Edelmannes kann man sich angeblich verlassen. Auf das Wort eines Praiosgeweihten kann man sich verlassen.

    Non serviam!

    Beherrscher des Kophtanischen Imperavi nach Zant...
    und lobet Thargunithread, die Herrin der Threadnekromantie!


    2 Mal editiert, zuletzt von the_BlackEyeOwl (23. März 2018 um 20:41)