Dungeons & Dragons - Geschichte und historische Versionen des Spiels

  • Gestern machte eine betrübliche Nachricht die Runde: Lenard "Len" Lakofka ist gestern gestorben. Der Name mag vielen nichts sagen, aber sein Einfluß auf D&D ist signifikant. Er hat einige Abenteuer geschrieben, nämlich die "L-Reihe" - das L steht für die Lendore-Inseln, die Gygax in die World of Greyhawk integrierte, sie stammten inhaltlich von Len. Zwei davon wurden Anfang der 80er veröffentlicht, und später sogar auf Deutsch übersetzt, hier zu sehen: German Dungeons & Dragons Archive Das letzte, Deep Dwarven Delve, sollte unter L3 veröffentlicht werden, aber dazu kam es nach dem Rauswurf von Gygax nicht mehr. Es wurde erst zum Silver Anniversary von TSR 1999 veröffentlicht und ist das letzte jemals veröffentliche Abenteuer für AD&D1, wobei das originale Manuskript wohl verloren war. Weitere Abenteuer hat er später auf dragonsfoot veröffentlicht.

    Bedeutender war aber sein Beitrag zur Entwicklung D&D: Schon Anfang der 70er war er in die Playtests involviert. Obwohl kein Mitarbeiter von TSR, hat er von Gary Gygax die Manuskripte der Regelbücher für AD&D erhalten und redaktionell bearbeitet. Er war seit Ende der 60er mit Gygax befreundet, und hat in den 80ern eine Kolumne im Dragon gehabt: Leomunds Tiny Hut. Das war zugleich der Name eines Zaubers, den er beigesteuert hat. Leomund war ein Magier, den Len gespielt hat, schon in der Frühzeit von D&D. In der Kolumne hat er z.B. die Götter der Suel, einer menschlichen Ethnie auf Greyhawk, detailiert beschrieben. Zu Greyhawk hat er die Idee der Migration beigetragen. Seine Version von der Geschichte Leomunds hat er im "Oerth Journal (#10)", eine Fan-Veröffentlichung zu Greyhawk, beschrieben.

    Lenard Lakofka - Wikipedia

  • Vor wenigen Tagen war ja auf orkenspalter.tv ein Stream zu sehen, bei dem es um "D&D vs. DSA" gehen sollte, einschließlich der Geschichte der Spiele. Den ganzen Stream hier wiederzugeben, würde zu weit führen und auch am Thema vorbei. Werner Fuchs hat seine Erlebnisse aus der Anfangszeit noch einmal geschildert, unterhaltsam wie immer. Spannend fand ich aber die Aussage von Oliver Hoffmann (ex Feder & Schwert) zu der Frage, warum sie damals (2004 - 2008) D&D auf deutsch verlegt haben: es zeichnete sich recht bald ab, dass die neue World of Darkness nicht so gut ankam wie die alte, und die Umsätze rückläufig waren. Die D&D-Lizenz war aus finanziellen Erwägungen heraus übernommen worden. F&S selber hat ja rollenspielerisch mit WoD und Engel ganz andere Ansätze verfolgt, und Oliver sagte auch, dass er mit D&D nicht so viel anfangen kann (oder so was in der Richtung). Ich hatte mich schon lange gefragt, wie ausgerechnet F&S auf D&D gekommen waren - damit ist das jetzt auch geklärt. Die Lizenz wurde dann über 2008 hinaus nicht verlängert, weil WotC wohl andere Vorstellungen hatte, wie die Lizenzgebühren ausfallen sollten, als F&S zu zahlen bereit war.

    Ein Schelm, wer dabei an den aktuellen Streit zwischen GF9 und WotC denkt...

  • Vor wenigen Tagen war ja auf orkenspalter.tv ein Stream zu sehen, bei dem es um "D&D vs. DSA" gehen sollte, einschließlich der Geschichte der Spiele.

    Die Sendung habe ich mir auch angesehen. Insgesamt war ich eher enttäuscht, denn so viele Infos gab's dann nicht. Aber es war ein schönes Schwelgen in Erinnerungen.

    Spannend fand ich aber die Aussage von Oliver Hoffmann (ex Feder & Schwert) zu der Frage, warum sie damals (2004 - 2008) D&D auf deutsch verlegt haben: es zeichnete sich recht bald ab, dass die neue World of Darkness nicht so gut ankam wie die alte, und die Umsätze rückläufig waren. Die D&D-Lizenz war aus finanziellen Erwägungen heraus übernommen worden. F&S selber hat ja rollenspielerisch mit WoD und Engel ganz andere Ansätze verfolgt, und Oliver sagte auch, dass er mit D&D nicht so viel anfangen kann (oder so was in der Richtung). Ich hatte mich schon lange gefragt, wie ausgerechnet F&S auf D&D gekommen waren - damit ist das jetzt auch geklärt.

    Die Aussage von Oliver Hoffmann hatte mich auch sehr gewundert und überrascht. Denn in meinen Augen hatte Feder&Schwert gute Arbeit gemacht. Besonders weil sie auch D&D Romane ins Deutsche übersetzt haben, die wir sonst nicht zu lesen bekommen hätten.

  • Besonders weil sie auch D&D Romane ins Deutsche übersetzt haben, die wir sonst nicht zu lesen bekommen hätten.

    Und dabei auch eine bessere Übersetzung geliefert haben als Goldmann/Blanvalet.

  • Die Aussage von Oliver Hoffmann hatte mich auch sehr gewundert und überrascht. Denn in meinen Augen hatte Feder&Schwert gute Arbeit gemacht. Besonders weil sie auch D&D Romane ins Deutsche übersetzt haben, die wir sonst nicht zu lesen bekommen hätten.

    Naja, ein Verlag muss halt auch sehen, wie er im Markt bleibt. Und da nimmt man dann auch mal Dinge ins Programm, die nicht so richtig passen. Geschäft ist das eine, Leidenschaft das andere.

  • Ich habe gerade begonnen, eine eigene Website zu bauen, auf der ich die Geschichte des Rollenspiels in Deutschland zusammentragen will. Noch will ich sie nicht öffentlich machen - das wäre noch peinlich. Aber ich werde es hier auch posten.

    Finde ich klasse. Thomas Römer wollte ja im Zuge der Designers and Dragons Reihe auch ein Band machen, welcher sich mit der deutschen Szene beschäftigt. Leider kam nicht genug beim KS zusammen.

    Allerdings meinte er mal dazu, was nicht wird kann ja trotzdem noch. Wer weiß.

    Aber freue mich auf deine Website

  • Ich habe gerade begonnen, eine eigene Website zu bauen, auf der ich die Geschichte des Rollenspiels in Deutschland zusammentragen will. Noch will ich sie nicht öffentlich machen - das wäre noch peinlich. Aber ich werde es hier auch posten.

    Finde ich klasse. Thomas Römer wollte ja im Zuge der Designers and Dragons Reihe auch ein Band machen, welcher sich mit der deutschen Szene beschäftigt. Leider kam nicht genug beim KS zusammen.

    Allerdings meinte er mal dazu, was nicht wird kann ja trotzdem noch. Wer weiß.

    Aber freue mich auf deine Website

    Die Seite ist online, sofern noch nicht gesehen. Siehe Signatur.

  • Wirklich sehr interessante Seite.

  • Alle Links sind schon tot; Games-In Verlag – Wikipedia

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Weil das gerade in der Plauderecke aufkam: ich hab zwar viel zur Publikationsgeschichte geschrieben, aber wenig zum Spielsystem. Da sind meine Kenntnisse nicht allumfassend, aber was ich weiß, will ich hier kurz wiedergeben, und vor allem Unterschiede zwischen den Editionen aufzeigen.

    Die Grundlagen von D&D sind seit fast 50 Jahren unverändert: ein stufenbasiertes System, bei dem Charakterklassen eine zentrale Rolle spielen. Die Verwendung eines W20 ist ein Kernmerkmal, ebenso die Attributswerte, die auch schon seit jeher genutzt werden: Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Intelligenz, Weisheit und Charisma, drei körperliche und drei geistige Eigenschaften. Auch deren Werte von 3 bis 18 (3W6) sind immer schon Bestandteil des Spiels gewesen, und davon abgeleitet Bonuswerte. Trefferpunkte (Hit Points) und Rüstungsklasse (Armor Class) sind auch althergebracht, die Begriffe selber stammen unmittelbar aus den Wargames. Auch Erfahrungspunkte, die gesammelt werden und dann in einem Stufenaufstieg münden, wenn es genug sind, sind seit jeher Teil des Spiels, wobei alle Versionen bis 1999 die benötigten EP nach Klasse unterschieden. Auch die je nach Klasse unterschiedlichen Trefferwürfel zur Bestimmung der Trefferpunkte gehörten dazu.

    Die Versionen bis 1999 waren sich in einigen Punkten sehr ähnlich (Original D&D, 1974-1979, AD&D1, 1977/79-1989, AD&D2, 1989-2000, Basic D&D (B/X, BECMI), 1981/83 bis 1993). So wurde die Rüstungsklasse, die beschreibt, wie leicht oder schwer eine Kreatur zu treffen ist, von 9 oder 10 ausgehend abwärts gerechnet. Je besser die Rüstungsklasse, desto niedriger der Wert, bis ins negative hinein. Gleichzeitig wurde der benötigte Wurf mit dem W20, um bei einem Angriff die entsprechende RK zu treffen, anfangs in Tabellen dargestellt. Ab dem Beginn von AD&D2, vereinzelt auch schon vorher, ging man dazu über, nur noch den "THAC0" oder "ETWRK0", also den Wert, den man für das Treffen der RK 0 benötigt, anzugeben. Die übrigen Werte musste man dann selber ausrechnen. Der Wert verbesserte sich in Abhängigkeit von Stufe und Klasse, beim Kämpfer häufiger, beim Zauberer am seltensten.

    Allen Editionen bis 1999 gemein war auch die Rettungswürfe, die in Abhängigkeit von Klasse und Stufe feste Zahlenwerte vorgab, die es zu überwürfeln galt. Dabei wurde nach Art des Einflusses unterschieden, also etwa Gift, Zaubersprüche, Drachenodem.

    Bei OD&D und AD&D1 war es zudem so vorgesehen, dass nur der Spielleiter diese Werte (THAC0 und Rettungswürfe) kannte und die Spieler darüber im unklaren gelassen wurden.

    In den frühen Versionen waren Fertigkeiten nicht wirklich vorgesehen, erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde dies nachträglich eingeführt.

    Das Basic D&D entwickelte sich von der 1977 erschienenen Einsteigerbox über das B/X von 1981 bis zu BECMI 1983-85 von einer Einsteigerversion für OD&D/AD&D zu einem eigenständigen Spiel, auch wenn die Ähnlichkeit weiterhin groß genug war, um ohne große Probleme Material jeweils für das andere System zu verwenden. Die AD&D-Regeln waren insgesamt kleinteiliger, mit mehr Variationsmöglichkeiten, aber auch unorganisierter. Die Basis-Regeln waren sehr restriktiv (es gab in der Grundfassung vier menschliche Klassen - Kämpfer, Kleriker, Magier, Dieb - und drei "Halbmenschen" Elf, Zwerg und Halbling, die jeweils eine feste Klasse und Höchststufe hatten), und man merkte ihnen an, dass die höheren Klassenstufen eine spätere Zutat waren (Ausbau- und Masterset). Dafür gingen die Regeln bis Stufe 36 (für die Menschen), und es gab einige interessante Zusatzregeln, wie im Ausbauset die Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand Schlachten abzuhandeln und die Verwaltung von Reichen zu simulieren, auch kamen Varianten von Charakterklassen hinzu. Das Master-Set führte die Waffenmeisterschaft ein, mit der man mit den Waffen mehr Schaden und zusätzliche Spezialeffekte erzielen konnte, und Artefakte. Zudem kam der Hinweis, dass die Charaktere die Unsterblichkeit erreichen können, was dann im "Immortals" Set auch mit Regeln hinterlegt war. Ein Großteil der Regeln wurde Anfang der 90er in einem einzigen Regelbuch erneut veröffentlicht.

    Die Unterschiede zwischen AD&D1 und 2 sind insgesamt relativ gering, was bei der Erstellung der AD&D2-Regeln bewusst so gehalten wurde, um die Kompatibilität zu gewährleisten. Die Designer hätten wohl gerne mehr gemacht, aber das wurde als zu riskant angesehen. Es gab von vornherein "mehr": spielbare Völker, Klassen, Waffen, Rüstungen, Zauber. Gnome, Halbelfen und Halborks waren spielbar, die Völker waren nicht mehr auf bestimmte Klassen festgelegt, wobei es immer noch Einschränkungen gab: z.B. keine Zwergenmagier, und die nichtmenschlichen Völker waren auch in der maximal erreichbaren Stufe verschiedener Klassen beschränkt. An Klassen waren gegenüber dem Basic noch der Waldläufer, Paladin, Illusionist, Druide, Mönch und Assassine hinzugekommen, und in einem Anhang die skurril anmutende Klasse des Barden, der erst Kämpfer und dann Dieb sein musste, bevor er als Barde aufsteigen konnte. Auch war unter Umständen eine psionische Begabung möglich. AD&D1 wurde 1985 mit dem "Unearthed Arcana" erweitert, es kamen mehr spielbare Völker und gelockerte Stufenrestriktionen, die Klasse des Barbaren und des Cavalier (Ritter) hinzu, der Dieb konnte als Dieb-Akrobat andere Fähigkeiten erlernen. Eine Besonderheit war die Möglichkeit für Charaktere nichtmenschlicher Völker, in zwei oder sogar drei Klassen gleichzeitig aufzusteigen (Multiclassing), was natürlich dazu führte, dass diese Charaktere sich nur sehr langsam verbesserten. Menschen konnten ihre Klasse wechseln, durften aber die Fähigkeiten der alten Klasse erst wieder verwenden, wenn sie in der neuen Klasse eine höhere Stufe als in der alten erreicht hatten. Apropos Stufe: theoretisch konnten die Charaktere unbegrenzt aufsteigen (außer nichtmenschliche Charaktere), praktisch war die höchste Stufe, die noch einen Effekt brachte, der Magier, der bis auf Stufe 29 immer noch mehr Zauber am Tag wirken konnte. Und einige Klassen (Druide, Mönch und Assassine) hatten eine eingebaute Höchststufe.

    Bei AD&D2 sind die Auswirkungen der "Satanic Panic" der 80er spürbar, das Spiel wurde von Fanatikern mit Teufelsanbetung in Verbindung gebracht. Der Halbork und der Assassine (und auch der Mönch) verschwanden aus dem Spielerhandbuch, und Dämonen und Teufel wurden umbenannt. Die Klassen wurden ansonsten strukturierter aufgebaut, der Barde wurde zu regulären Klasse. Die Klassen im Spielerhandbuch reichten bis Stufe 20, wobei nichtmenschliche Charaktere immer noch Limits hatten. Insgesamt wurden die Regeln gestrafft und logischer sortiert, aber nur wenig änderte sich wirklich grundlegend.

  • Eine grundlegende Überarbeitung der Regeln erfolgte nach der Übernahme durch Wizards of the Coast 1997/98, diese wurde dann im Jahr 2000 unter der Bezeichnung D&D 3, 2003 überarbeitet und unter D&D 3.5 neu veröffentlicht. Diese Regelversion war bis 2008 aktuell (und wurde danach durch Pathfinder 1 weitergeführt, was ich hier aber nicht betrachte).

    Geblieben sind die Attribute, Völker, Klassen und das Konzept der Stufen und stufenabhängiger Boni und Trefferpunkte, aber mit mehr oder minder starken Veränderungen. Die Attribute reichen zumindest zu Anfang wieder von 3 bis 18, durch Volksboni abgewandelt (bis auf 20), wobei die Bonuswerte, die sich aus den Attributen ergeben, nun vereinheitlicht sind, und schon bei 12 anfangen (bei Basic D&D musste es eine 13 sein, und bei AD&D gab es erst ab 15 oder 16 einen Bonus). Der Halbork durfte von Anfang an wieder mitspielen, und der Mönch war als Klasse auch wieder dabei. Neu dazu kam der Hexenmeister (Sorcerer), der eine begrenzte Auswahl an Magierzaubern hatte, aber diese dafür frei wirken konnte, ohne sich vorher festzulegen. Der Barbar wurde endgültig in den Kanon der Grundklassen aufgenommen. Die zauberfähigen Klassen wurden dahingehend vereinheitlicht, dass die Progressionen (Anzahl von Zaubern je Stufe) nun für die jeweiligen Typen (volle Progression, mittlere Progression und niedrige Progression) vereinheitlicht wurden, zudem wurde aus dem jeweiligen Attribut zum Zauberwirken eine Anzahl Bonuszauber abgeleitet (das gab es zuvor nur bei Klerikern)

    Apropos Klassen: diese hatten 20 Stufen, wie bei AD&D2, aber im Unterschied dazu bekam ein Charakter auf jeder Stufe einen Trefferwürfel (zuvor nur bis Stufe 9 oder 10, danach nur noch einen kleinen festen Wert dazu). Aus der Klasse ergaben sich weitere Werte, wie der Angriffsbonus und die Rettungswürfe. Bei den Angriffswürfen wurde das System umgedreht: Nun wurde die RK von 10 aufsteigend berechnet, und der Angriffsbonus je nach Klassentyp unterschiedlich berechnet: Kämpfer bekamen die Stufe als Bonus (max. +20), Mischklassen 2/3 der Stufe (bis +15) und Zauberer die halbe Stufe (bis +10). Die Rettungswürfe waren auf drei reduziert, Zähigkeit, Reflex und Willen, bei denen je nach Klasse ein Grundwert in Abhängigkeit der Stufe vorgegeben war (bis max. +12/+6), und die Attributsboni von Konstitution, Geschicklichkeit und Weisheit addiert wurden. (Letzteres gab es zuvor als optionale Regel). FÜR Trefferwürfe und Rettungswürfe galt nun W20 + Bonus gegen eine Schwierigkeit, die von der RK des Gegners bzw. der Macht des Effekts bestimmt wurde. Diese Grundmechanik, W20 + Bonus gegen einen Schwierigkeitsgrad (SG), wurde im Regelwerk vielfach verwendet und löste die zuvor uneinheitlichen Regelmechaniken ab.

    Klassenkombinationen wurden völlig anders gehandhabt: ein Charakter konnte nach Belieben die Klasse wechseln, aber die Stufen in den jeweiligen Klassen wurden aufaddiert und ergaben die Gesamtstufe. Eine Folge davon war, dass ein Charakter nun den Machtzuwachs in einer Klasse gegen mehr Flexibilität abwägen musste. Um das auszugleichen, konnte man auf Prestigeklassen zurückgreifen, die oft eine Kombination von zwei Klassen voraussetzten und dann als eine Multiklassenkombination funktionierten, als Grundidee. Dazu gab es auch Prestigeklassen, die eigenständige Ideen und Konzepte darstellten. Eine weitere neue Idee waren NSC-Klassen, die schwächer waren als die SC und dazu dienten, die mehr oder weniger "normale" Bevölkerung darzustellen. Nicht so recht schlüssig hierbei war, dass auch diese Klassen eine Progression mit 20 Stufen hatten, was für einen "Commoner" oder "Bürgerlichen" kaum relevant war.

    Die zuvor unterschiedlichen EP für einzelne Klassen wurden aufgehoben, es gab eine für alle Klassen einheitliche Tabelle dazu, ohne die das neue Konzept der Klassenkombinationen auch nicht funktioniert hätte. Zudem waren deutlich weniger EP als zuvor erforderlich, so dass der Stufenaufstieg viel schneller war. Entscheidend für Klassenkombinationen war die Gesamtstufe.

    Zwei weitere Neuerungen kamen dazu: die Charaktere konnten nun alle vier Stufen ein Attribut verbessern, und bekamen alle drei Stufen ein sog. Talent dazu, dass ihnen besondere Fähigkeiten verlieh, die von der Grundklasse nicht abgedeckt waren.

    Fertigkeiten waren nun integraler Bestandteil des Spiels, diese wurden mit der W20+Bonus-Mechanik abgehandelt. Die Charaktere erhielten je nach Klasse und Stufe unterschiedlich viele Fertigkeitspunkte, die sie auf beliebige Fertigkeiten verteilen konnten, wobei der Bonuswert noch durch Stufe und Klasse verändert wurde.

    Die Balance war in dieser Regelversion sehr wichtig geworden. Standardmäßig auf vier Spieler ausgelegt (zuvor waren die Abenteuer gerne mal von 5-9 Spielern ausgegangen), waren die vier Klassen, die das Rückgrat des Spiel bilden: Kämpfer, Kleriker, Magier und Dieb, diejenigen, auf die die Spielbalance ausgerichtet war. Dazu gehörte auch eine "stufenangemessene" Ausstattung der SC mit magischen Gegenständen, ohne die die Balance nicht zu halten ist. Das führte dazu, dass magische Gegenstände im Unterschied zu vorher sehr selbstverständlich wurden, und das Spiel auf höheren Stufen kaum noch ohne diese funktioniert hätte. Das in Kombination mit dem vergleichsweise hohen Angriffsbonus des Kämpfers führte dann wiederum dazu, dass angemessene Herausforderungen im Kampf ohne einen Kämpfer bzw. bei dessen Ausfall kaum noch erfolgreich bestritten werden konnten, da die Gegner entsprechend hohe RK und TP Zahlen und Offensivmöglichkeiten brauchten, um eine Herausforderung zu bieten. Das wiederum führte dazu, dass der Kleriker als Heiler unverzichtbar wurde. Aufgrund von Attributssteigerungen und magischen Gegenständen (und Talenten) war es nicht ungewöhnlich, dass ein Kämpfer einen Angriffsbonus in Summe hatte, der dem 1,5 bis 2fachen seiner Stufe entsprach, was andere Charaktere nicht erreichen konnten, und eine entsprechend hohe RK und viele TP. Daher konnte ein Kampf schnell kippen, wenn der Kämpfer ausfiel.

    Im Laufe der Edition wurden zahlreiche Prestigeklassen und Talente veröffentlicht, die teilweise vom "Power Creep" betroffen waren, also stärker waren als das ursprüngliche Material, um attraktiv zu sein. Das wurde sehr unübersichtlich und hat das an sich schon recht komplexe System noch weiter verunklärt.

    Die Überarbeitung nach drei Jahren, mit komplett neuen Büchern, hat Kinderkrankheiten beseitigt und brachte in vielen Details noch kleine Verbesserungen. Die erfolgreiche erneute Überarbeitung durch paizo/Pathfinder zeigte, wie gut gelungen das System trotz aller Kritik war.

  • Interessant; die Klassenwechselmöglichkeit war ein wichtiger Bestandteil von Planescape Tournament; und wurde dort so umgesetzt wie du beschrieben hast.

    (oder fast)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Interessant; die Klassenwechselmöglichkeit war ein wichtiger Bestandteil von Planescape Tournament; und wurde dort so umgesetzt wie du beschrieben hast.

    Mit einem kleinen Unterschied. Bei PS:T konnte man immer wieder in die alte Klasse zurückwechseln. Bei AD&D war das nach meinem Verständnis nicht möglich.

  • Hab es gerade mal kurz nachgelesen: Bei Planescape: Torment war offenbar ein mehrfacher Wechsel zwischen den Klassen für den Hauptcharakter möglich. Das weicht in der Tat von der Regel für AD&D2 ab, wonach es erstens kein "zurück" gab und zweitens die alten Fähigkeiten erst wieder genutzt werden konnten, wenn die neue Klassenstufe höher war als die alte. Ein mehrfacher Wechsel "hin und her" war nicht regelkonform.

    In einem Abenteuer im Dungeon hatten sie mal einen dual class Monk/Wizard - ein echt ätzender Gegner.