Rechtssprechung und Amnestie im Mittelreich

  • Den zwölfen zum Gruße!

    Ich meistere momentan eine eigens geschriebene Kampagne und bin noch in den Anfangstadien (unter 10 Sitzungen). Die Truppe besteht aus einem ambosszwergischen Schmied, einem horasischen Magiedilletanten/Streuner, einem bornischen Fälscher (Hochstapler/Künstler) und einem windhager Sippenkrieger.

    Wir haben uns als Gruppe geeinigt dass es lustig wäre wenn wir quasi komplett verarmt in einem Gefängnis unsere Abenteurerkarriere starten, quasi Einstieg wie in Skyrim/Oblivion. Dazu habe ich mir die Moorburg bei Havena rausgesucht. Wir wollten wirklich Tag 0 im Gefängnis beginnen, deshalb passierte das "Verbrechen" der Truppe nicht am Spieltisch. Damit keiner gezwungen wird einen wirklichen Verbrecher, der den Aufenthalt in der Moorburg verdient, zu spielen haben wir uns darauf geeiningt dass die Helden bei einer Hafenschlägerei bei der ein Gardehauptmann (zufälligerweise ein Neffe eines wichtigen Magistraten von Havena) schwer verletzt worden ist quasi mitgehangen mitgefangen worden sind. Da dort einige andere unliebsame Gesellen dabei waren und unsere Helden Fremde sind wurden sie auf Nachdruck dieses Magistraten am Rechtsapparat vorbei direkt in die Moorburg gebracht.

    Natürlich planten sie dort ihre Revolte, die sie auch geschafft haben. Die Burg wurde von den Helden an einen Mitgefangenen den Anführer einer in Ungnade gefallenen Albernischen Soldatentruppe Die Blauen Füchse übergeben, die Helden machten sich aus dem Staub, arrangierten sich nach Aufenthalt in der Muhrsape mit einem Schmuggler und schlürfen jetzt Wein auf den Zylopeninseln.

    Im Hintergrund übergibt der Anführer der blauen Füchse die Festung friedlich an einen neuen Festungskommandanten, nachdem bekannt war dass der alte in üble Machenschaften verstrickt war. Im Gegenzug wird deren Verfahren neu aufgerollt, ihre Gefangenschaft stellt sich danach nur als eine Ungerechtigkeit nach den Wirren des Bürgerkrieges heraus und diese werden in die Albernische Armee rehabilitiert, da man sie dringend im Kampf gegen die Schattenlande braucht.

    Wo jetzt mein Problem liegt ist wie schaffe ich es bei den Helden am besten dass sie jemals wieder unbescholten ins MIttelreich dürfen. Ich würde sehr ungern diese Region auf ewig als unspielbar in meiner Gruppe haben. Gilt jemand der in Albernien verurteilt wird auch in allen anderen Fürstentümern als Verbrecher? Gibt es eine Möglichkeit der Rehabilitation, eventuell göttliches Urteil? Ab welchem Grad kann ein Landesherr Amnestie erteilen?

    Danke fürs Lesen und hoffe auf rege Teilnahme :)

    Lg,

    mopsi123

  • Ich denke die Charaktere haben alle regeltechnisch (DSA4.1) maximal den Nachteil "Gesucht I", als sie in die Burg geworfen werden. Der Nachteil gilt nur für eine Region, die „etwa von der Größe und dem Einfluss des Bornlands oder einer mittelreichischen Provinz“ (WdH, S. 264) ist. Demnach wäre die Region hier Albernia. Allerdings glaube ich nicht, dass dafür langjährige Haftstrafen fällig sind, weshalb die eher sogar noch unter diesem Nachteil bleiben.

    Die Frage ist aber: was ist bei der Revolte alles passiert? Gab es Tote? Daraus ergeben sich dann möglicherweise doch noch Stufen dieses Nachteils. Andererseits könnte der befreite Anführer ein gutes Wort für sie eingelegt haben, sodass diese wegen der Revolte niemals gesucht wurden - das wissen die Spieler/Charaktere aber vielleicht nur nicht ;)

    Als Meister hast du einen ungeheuren Informationsvorsprung und damit auch die Möglichkeit sämtliche Dinge, die im Hintergrund passiert sind, jederzeit umschmeißen zu können. Es kann also sogar sein, dass in Havena/Albernia noch eine Belohnung auf die Gruppe wartet, da sie geholfen haben den Anführer zu rehabilitieren und den Kommandanten abzusägen.

    Wo jetzt mein Problem liegt ist wie schaffe ich es bei den Helden am besten dass sie jemals wieder unbescholten ins MIttelreich dürfen. Ich würde sehr ungern diese Region auf ewig als unspielbar in meiner Gruppe haben. Gilt jemand der in Albernien verurteilt wird auch in allen anderen Fürstentümern als Verbrecher? Gibt es eine Möglichkeit der Rehabilitation, eventuell göttliches Urteil? Ab welchem Grad kann ein Landesherr Amnestie erteilen?

    Jemand gilt nur dann als Verbrecher, wenn er entsprechend gebrandmarkt wurde oder dieses Wissen weitergeleitet wurde. Es wird kaum eine Interpol geben, die Datenaustausch betreibt, sodass in den Nachbarprovinzen kaum mehr jemand überhaupt von den Untaten mitbekommen haben sollte. Informationen fließen in Aventurien nur sehr langsam.


    Mir ist zu den Details der Rechtssysteme Aventuriens nicht viel bekannt. Grundsätzlich denke ich aber, dass ein Adliger, der für die Gerichtsbarkeit zuständig ist, dies nutzen kann, um (vermeintliche?) Fehlurteile zu korrigieren. Göttliche Urteile sind mir so nicht bekannt, aber wären IMHO ein relativ starker göttlicher Eingriff in die Welt. Einem Landesherren würde ich erlauben Amnestie für sämtliche Verbrechen, für die er zuständig ist, zu erteilen.

  • Die Helden wurden ja quasi an der Rechtssprechung vorbei direkt in den Kerker geworfen? Es gab also nie ein Urteil und demnach gibt es eigentlich auch kein zu vollstreckendes Urteil. Wenn sie jemand sucht, dann eher nur der Magistrat bzw. dessen Neffe, der Hauptman, so quasi auf eigene Regie. Wahrscheinlich abseits von Havena und ziemlich sicher jenseits von Albernia dürfte das kaum noch jemanden Intressieren. Wahrscheinlich haben sie mit der Revolte in der Festung da eigentlich mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wenn sie gesucht werden, dann sogar eher deswegen. Abr auch das dürfte jenseits von Alebrnia kaum noch jemand intressieren, solange sie es nicht an die Große Glocke hängen.

  • Hat der neue Festungskommandant gemerkt, dass Gefangene fehlen und falls ja, interessiert es ihn oder denkt er sich "Leben und leben lassen, dank denen habe ich meinen neuen Posten"? Dann dürfte sich sich niemand außer dem dem verletzten Gardisten und dessen Magistratsonkel für die Helden interessieren. Das wäre - nach DSA 4.1 gesprochen - nicht der Nachteil "Gesucht", sondern dessen Variante "Feind".

  • Als Meister hast du einen ungeheuren Informationsvorsprung und damit auch die Möglichkeit sämtliche Dinge, die im Hintergrund passiert sind, jederzeit umschmeißen zu können. Es kann also sogar sein, dass in Havena/Albernia noch eine Belohnung auf die Gruppe wartet, da sie geholfen haben den Anführer zu rehabilitieren und den Kommandanten abzusägen.

    Jemand gilt nur dann als Verbrecher, wenn er entsprechend gebrandmarkt wurde oder dieses Wissen weitergeleitet wurde. Es wird kaum eine Interpol geben, die Datenaustausch betreibt, sodass in den Nachbarprovinzen kaum mehr jemand überhaupt von den Untaten mitbekommen haben sollte. Informationen fließen in Aventurien nur sehr langsam.


    Beim Aufstand gab es einerseits Tote andererseits wurden die Tore geöffnet und nur der Anführer der blauen Füchse zurückgeblieben ist, da er quasi nicht das Verbrechen eines Ausbruches auf sich lasten haben wollte, jedoch trotzdem den Helden geholfen hat. Die Helden haben geschickt eine thorwalsche Ottajasko die aufgrund einiger Kriegsverbrechen einsitzt für ihre Zwecke benutzt. Quasi sind sie damit aus dem Schneider, da jene als wirkliche Kriegsverbrecher per Kopfgeld gesucht werden.

    Wahrscheinlich haben sie mit der Revolte in der Festung da eigentlich mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wenn sie gesucht werden, dann sogar eher deswegen. Abr auch das dürfte jenseits von Alebrnia kaum noch jemand intressieren, solange sie es nicht an die Große Glocke hängen.

    Um die Story in der Muhrsape interessant zu gestalten habe ich sie suchen lassen, wir hatten dann einen interessanten Spielabend wo lokale Bauern die Helden versteckten. Deshalb ist der status quo momentan ja dass man auf der Suche nach ihnen ist und sie deshalb flüchten müssen.


    Jetzt wo ich es niederschreibe ist also eigentlich eher das Problem dass meine Spieler OT das Mittelreich meiden werden weil sie gesucht sind, obwohl es IT eigentlich gar nicht so eine große Sache ist. Unser Fälscher in der Gruppe hat ein gutes Rechtsverständnis, wie würdet ihr das sehen wenn ich die genaue Rechtslage einfach per Probe vermittle, so quasi als Fazit: "Es gibt viel größere Ungerechtigkeiten zu bestrafen als dass man euch aufgrund einer kleinen persönlichen Fehde suchen würde. Der Ausbruch war so chaotisch dass eure genaue Beteiligung untergegangen ist und man eher nach den thorwalschen Kriegsverbrechern sucht. Wenn etwas Wind über die Sache gewachsen ist haltet euch einfach im Havener Umland bedeckt aber habt ansonsten keine Konsequenzen mehr zu fürchten."? Andere Vorschläge wären evtl den Helden IT entweder einen aventurischen Boten zukommen zu lassen, dass sie die offizielle Version und Begebenheiten kennen.

    Danke auf jeden Fall für eure Hilfe so weit :)

  • Das wäre - nach DSA 4.1 gesprochen - nicht der Nachteil "Gesucht", sondern dessen Variante "Feind".

    Stimmt, „Feind“ passt deutlich besser.

    Jetzt wo ich es niederschreibe ist also eigentlich eher das Problem dass meine Spieler OT das Mittelreich meiden werden weil sie gesucht sind, obwohl es IT eigentlich gar nicht so eine große Sache ist.

    Wenn ein Abenteuer die Gruppe ins Mittelreich führt, kann es sehr reizvoll sein, wenn die Gruppe versuchen möchte möglichst unerkannt zu reisen (verkleiden, getrennt reisen, falsche Namen/komplette Tarnidentitäten, Ortskundige bezahlen, um die Lage einzuschätzen). Irgendwann klärt sich die Situation dann auf und sie können wieder einige Stufen von der Paranoialeiter heruntersteigen.

    Unser Fälscher in der Gruppe hat ein gutes Rechtsverständnis, wie würdet ihr das sehen wenn ich die genaue Rechtslage einfach per Probe vermittle, so quasi als Fazit: "Es gibt viel größere Ungerechtigkeiten zu bestrafen als dass man euch aufgrund einer kleinen persönlichen Fehde suchen würde. Der Ausbruch war so chaotisch dass eure genaue Beteiligung untergegangen ist und man eher nach den thorwalschen Kriegsverbrechern sucht. Wenn etwas Wind über die Sache gewachsen ist haltet euch einfach im Havener Umland bedeckt aber habt ansonsten keine Konsequenzen mehr zu fürchten."?

    Das würde ich vermutlich nicht mal so eben mit einer Probe lösen lassen. Rechtskundeprobe würde ich wie oben von Kearnaun ablaufen lassen: „Es gab also nie ein Urteil und demnach gibt es eigentlich auch kein zu vollstreckendes Urteil.“ Die Rechtskunde kann dir halt nur die rechtliche Lage erklären, aber nicht den aktuellen Fall ferndiagnostizieren. Bedenke auch, dass es üblich war, dass Unterschiede zwischen Bürgern und Nichtbürgern gemacht wurden. Um die aufkeimende Fehde um den Magistraten zu erkennen, würde ich vermutlich eher Menschenkenntnis verlangen.

    Andere Vorschläge wären evtl den Helden IT entweder einen aventurischen Boten zukommen zu lassen, dass sie die offizielle Version und Begebenheiten kennen.

    Ohne aktives Engagement der Charaktere in Richtung Informationsbeschaffung gäbe es bei mir sehr wahrscheinlich nichts. Zudem wäre ich als Spieler zu paranoid, um solche Dinge einfach zu glauben und dahinter keine List zu vermuten :P

  • Jemand der in Havena etwas anstellt wird nur überall dort gesucht, wo bereits das neue Kaiserliche Glasfasernetz verlegt ist und die neue Verbrecherdatenbank auf Windows 10 läuft.

    Überhaupt werden Leute nicht zur Fahndung ausgeschrieben, sofern sie keine Schwarzmagier, Dämonisten, Massenmörder, Wahnsinnige, oder sonstige Staatsfeinde sind. Sie werden ja wohl kaum ihre Namen in die Burgmauern gemeißelt haben, nebst der Botschaft "Wir, die Anführer der anti-Feudalistischen Revolutionskampfgruppe Rote Partisane, schwören zurückzukehren und Fürstenblut zu vergießen! Muahahahaha! Ha."

    Sie saßen ein wegen einer Lapalie und einem Becher Korruption. Das hat sich mehr oder weniger geklärt. Warum sollte jemand sie suchen? Und wir sprechen hier von einer vormodernen Gesellschaft, wenn auch einer mit teilweise absurd effizienter Bürokratie. Nachrichten verbreiten sich aber nur nach Bedarf und mit der Geschwindigkeit einer Postkutsche und der Aufmerksamkeitsspanne desinteressierter Beamter. Es gibt kein Telex, kein Fax, kein Telefon und auch keinen Xerox. Jedes Dokument existiert ein einziges Mal, bis jemand es für nötig hält es von Hand zu vervielfältigen. Fotos gibt es auch nicht, ebenso wenig wie Fingerabdrücke. Und gute Beschreibungen dürfte es von ihnen auch nicht geben, denn als man sie bereits verhaftet und verknackt hatte waren die ja nicht nötig. Auch wird wohl keiner einen Holzschnitt von ihnen angefertig haben.

    Also entweder sie haben einen persönlichen Feind dabei ergattert, oder da ist absolut gar nichts mit Gesucht.

  • Ich würde die ganze Diskussion klar verlagern und vom anderen Standpunkt betrachten. Ihr wolltet ja im Gefängnis anfangen - und mit einem richtigen Start bei 0. Nicht aber obendrauf mit zusätzlich 12 Nachteilen extra - da ersäuft man sich ehh bei DSA 4.1. Also versucht es andersrum: jeder der Macht, Einfluss oder Geld hat, kann die Helden da raushauen. Egal ob es jetzt die Praioskirche ist - die dann fordert: "Tut mal was Gutes für die Menschen.":thumbsup: oder der geldorientierte Händler, der allseits beliebt ist, die Helden raushaut und sagt: "Erspart euch den Dank. Ein bekannter von mir braucht Hilfe bei *Anknüpfungspunkt deiner Kampagne* und ich hätte gern von euch *lukrative Nebenquest einfügen*" oder der adelige Schnöselhilft: "Ach was gern geschehen! Ja.... ja... nicht jeder kann so viel Glück haben wie ich."(Schön arrogant, aber ich noch charmant) - und 5 Tage später tot aufgefunden, so dass die Spieler einen schönen Frustrationspunkt haben.

    Sowas kann gerade bei ner Schlägerei keine Konsequenzen haben. Sonst sind bald alle Thorwaler, Söldner, Soldaten, Korgeweihte und Zwerge ausgestorben.