• Sprachbarrieren spielten schon immer eine große Rolle für Händler, Entdecker, Abenteurer. Wie ist das bei euch im Rollenspiel? Welche Erfahrungen mit Sprachbarrieren habt ihr gemacht, positive wie negative? Und wie steht ihr überhaupt zu dem Thema? Wie wichtig findet ihr sprachliche Globalisierung im Rollenspiel? Welche Rolle spielen Lingua Francas und Weltsprachen für euch?

  • Ich mag Sprachbarrieren. "Der Yeti könnte euch bestimmt helfen, aber er spricht kein Garethi" Dann müssen die Spieler kreativ werden und sich mit einfachen Lauten und Gesten ausdrücken und hoffen, dass der Yeti sie nicht missdeutet. Auch Dinge wie gesellschaftliche Fettnäpfchen bei Dialenkten oder geringer Sprachkenntnis baue ich gerne ein.
    Das ist aber reine persönliche Präferenz und hängt mit der bespielten Region zusammen. Im mittelreichischen spricht bei mir auch jeder Mensch und die meisten Elfen, die man so findet, genau wie die Zwerge dort (und Halborks etc.) Garethi und in den Tulamidenlanden entsprechend Tulamidya. Der Troll im Finsterkamm oder die Goblins eher nicht.
    Wenn ich NSCs explizit als reine Kampfencounter einbaue, lasse ich sie lieber eine andere Sprache sprechen, damit die Helden sie nicht überreden oder ausfragen können. Aber das kommt selten vor.

    Wolle das Wissen! Wolle die Macht!

  • Ich hab in Hessen auf einer Con meine NSCs im Kosch mit bayrischer Mundart reden lassen. Da hat nicht jeder Spieler Alles verstanden, aber es kam sehr gut an, da eh keiner der SCs aus dem Kosch kam... und die NSCs bekamen gleich mehr Gesicht.

    I ♡ Yakuban.

  • ich lasse gerne bei meinem einen Charakter gerne einen Dialekt heraushängen, einfach weil er aus dem Svelttal kommt. Es geht zwar eher in das Berlinerische (meine eigene Herkunft) und es führt gerne zu Kommunikationsschwierigkeiten, aber ich finde das es dem Spiel einfach mehr tiefe gibt

    Meine Charaktere:


    Fin Brodiak, Svelttaler Kräutersammler mit Vogel

    Phelix Lassan, ein kleiner Dieb aus Albenhus

    Der Einstieg in eine kleine Geschichte von mir

  • Ich selbst sammle Akzente und Redensarten schon seit bestimmt 20 Jahren für solche Zwecke. Auch grammatikalische Eigenarten. Dazu Sprachfragmente und Wortfetzen in verschiedenen Sprachen. Gerade erst kürzlich hatten wir recht intensiven Kontakt zwischen zwei Gruppen die keine gemeinsame Sprachbasis hatten, so das ich die Hälfte der Zeit in pseudo-isländischem Kauderwelsch gebrabbelt habe und gelegentlich ein paar Brochen mit starkem Akzent dabei waren. Die meiste Kommunikation lief buchstäblich mit Händen, Füßen und Kreidebildern an der Spieltafel.

    Dabei ist bei sowas natürlich nicht so wichtig das es korrekte Inhalte sind (die Spieler am Tisch verstehen die andere Sprache ja auch nicht), aber wenn Tonlage, Rythmus und Klang stimmen ist das mitunter recht überzeugend, wenn auch unheimlich anstrengend und es geht nicht für jede Sprache gleichermaßen. Ich finde es aber sehr spielbereichernd und ich finde es lohnt sich diese extra Meile zu gehen.

    Auch Ausrufe und Idiome sind nützlich, wobei besonders letztere zu vielen lustigen Situationen führen können. Idiome sind ja Kulturkreis-spezifisch und ein Thorwaler oder Novadi kennt nicht zwingend die Idiome einer anderen Sprache, nur weil er die Sprache gelernt hat. Zumal da auch noch die Frage ist von WEM er die Sprache gelernt hat...

    "Die Wachen. Schnell! Gib mir den Beutel mit dem Moos, Rashid."

    "Wir'aben Beutel mit Moos?!"

    "Das Geld, Rashid. Moos ist Geld. Wir müssen ein Bauernopfer bringen."

    "Bei Rastullah! Rashid wird nicht haben Teil an schwarzer Magie und Menschenopfer!"

    "Nein, nein. Wir müssen etwas geringes opfern, um unseren Kopf aus der Schlinge zu ziehen."

    "Aus der Schlinge?! Wir wurden verurteilt zu hängen?! In ABWESENHEIT?!"

    "Nein. Die Affaire. Wir müssen uns aus der Affaire ziehen."

    "Rashid 'atte keine Affaire. Rashid immer ist gewesen seiner Fatima treu!"

    "Rashid, wenn wir jetzt nicht die Wachen bestechen bleibt uns nichts übrig als Fersengeld zu geben!"

    "Wozu sollten wir einen Bauern aus Moosgeld opfern, wenn wir bezahlen können mit Geld von unseren Fersen?!"

  • Bei eigenen Charakteren versuche ich eine sprachliche Eigenart zu gestalten, wenn er/sie nicht aus dem "Mainstream"-Kulturkreis kommt. Das erste wirklich gelungene und über Jahre durchgehaltene Konzept ist ein Bornländer der nur das R russisch/spanisch rollt und jedes Ö durch E sowie Ü durch I ersetzt.

    Weitaus schwieriger finde ich Idiome, Redewendungen, Sprachstil.

    Das Gebildetenkauderwelsch mit eingestreutem Küchenlatein benutzen wahrscheinlich noch recht viele.

    Bei schlechter Sprachkenntnis ist für mich bald der Rand der Gestaltung erreicht: ein schlecht sprechen Ork und nicht verstehen was Du sag Moha bekomme ich schlecht differenziert. (Zum Glück tauchen die linguistisch Benachteiligten meistens nicht zusammen auf - sonst käme dem Betrachter der Verdacht Moha und Ork könnten sich gut verständigen.)

    Fantasy-Sprachen fallen mir ebenfalls schwer.

    Vülliki klitz gawariit Tonga Norbad - aber so etwas könnte ich nicht aus dem Handgelenk. Vorbereitete Texte würde ich nur in Angriff nehmen, wenn es sicher dabei bleibt, also am ehesten in Schriftfragen als in gesprochener Sprache.

    Eine Gemeine Sprache sollte gerade bei längeren Kampagnen mE vorhanden sein. Der Reiz des Ausgegrenzten wandelt sich nach meiner Erfahrung zu schnell in Ausgrenzung aus der Handlung: "was hat er gesagt?", "sag ihm, sonst holen wir seine Familie da nicht raus!", Nordhelm hat eine Idee, aber leider kann er es hier niemandem sagen.

    Zur Zeit spielen wir eine Kampagne, an deren (längerem) Ende eigentlich die gesamte Gruppe nicht mit ihrer Umgebung kommunizieren kann. Da grüble ich ein bisschen, aber ich vermute, ich werde einen gesetzten gottgleichen Wissenspender veranlassen, neben plotrelevanten Fakten auch einen Funken Sprachkenntnis in die Helden zu pflanzen.

    Also... unterm Strich ist das sprachliche Stilmittel bei uns eher vernachlässigt.

    Ich glaube auch, dass ich in unserer Runde noch am meisten Theaterlust in mir habe.

    Die anderen schätzen es, machen es aber nicht. Außer jj...jj..jetzt g-g-rade der K-Kr-ieger. Der M...m...muss ja.

  • Ich versuche es ein bisschen. Klare Sprachbarrieren können die Helden natürlich aufhalten, aber auch Dialekte können da ein Problem darstellen. In meinem Aventurien ist Andergast schwäbisch und Nostria baierisch, was ein bisschen Provinzialität ausdrücken kann, was ja durchaus gewollt ist. Ein Horasier spricht mit französischem Akzent, was noch ganz gut beizukommen ist. Aber mit den anderen Dialekten und Akzenten habe ich dann ein wenig Schwierigkeiten i.A. als Meister. Aber atmosphärisch lohnt es sich auf jeden Fall, sich damit ein wenig zu beschäftigen.

  • Wenn man Dialekte und Akzente drauf hat (oder auch nur ein R richtig rollen lassen kann), finde ich das toll. Ich kann so etwas nicht machen, aber eine andere Spielerin macht das sehr gut, ob bei SC (dann immer) oder NSC. In der Scion-Runde haben wir auch einen Spieler, der den russischen Akzent sehr gut drauf hat bei seinem russischen SC.

    Da Sprachen so günstig sind, also sehr leicht zu erlernen sind und in Kleinturien man eigentlich überall neben der Muttersprache noch in zumindest ein bis zwei anderen Sprachen Grundlagen mitbekommt, man dazu mit recht geringen Werten eine Sprache fließend spricht und gängige Grammatik beherrscht, sind andere Sprachen als echte Barrieren so gefühlt gar nicht angedacht.

    Aber man sollte schon auf den Wert einer Sprache schauen und entsprechend den Charakter artikulieren lassen. Ob das nun auf dem "Ich Tarzan - Du Jane"-Niveau ist, oder auch etwas bis deutlich besser, kommt ja dann an an, wie hoch der Wert im Vergleich zur Komplexität ist.

    Wenn es Sprachen sind, die irgendwo irdische Vorbilder oder Anleihen haben, benutze ich da schon mal einzelne Worte raus und orientiere mich an der Aussprache einzelner Worte.

  • Ich habe meine Firnelfe in einer Gruppe aus Thorwalern absichtlich nur mit rudimentären Kenntnissen in Thorwalsch ausgestattet. Bei den Lernzeiten hab ich mich grob an denen im GRW von DSA5 orientiert, obwohl wir 4.1 gespielt haben. Ich hab also mit wenigen Punkten angefangen und nach und nach immer wieder einen Punkt nachgelegt. Dazu noch ein paar Brocken Isdira (zusätzlich hatte sie noch die Angewohnheit, Selbstgespräche zu führen, da ließ sich ein gelegentliches "Tala bha'ra / Menschen sind dumm" nicht vermeiden) und der Charakter funktionierte ganz gut. Ich habe bei jedem Satz dann immer überlegt, ob die Elfe den verstehen kann. Einfache Dinge wie Eigenschaften der Landschaft, Materialien und Tätigkeiten verstand sie meistens, komplexe Prinzipien wie Freiheit oder Frieden dagegen nicht.

    Irgendwann verstanden sich Thorwaler und Elfe aber dann doch ganz gut. Und dann ging es mit der Gruppe nach Andergast und die Elfe konnte kein Wort Garethi... 8o

  • Auch ich bin der Meinung, dass Sprachbarrieren sträflich unterschätzt werden, und nutze selbst fleißig Pseudo-Akzente für NPCs. Aber ich kann es auch verstehen, wenn man sich bewusst gegen so etwas ausspricht und nur Redewendungen und Floskeln aus der "Fremdsprache" übernimmt. Gerade ungeübte Kehlen klagen ansonsten nach mehreren Stunden Characterplay mit fremden und ungewohnten Akzenten über Halsschmerzen und eine unangenehme Taubheit im Kieferbereich.

    Gerade in sehr fremden Umgebung lege ich mir dann auch mal "Sätze" zurecht, die ich so lange wiederhole, bis meine Spieler tatsächlich anfangen zu gestikulieren.