*Und immer dran denken: Der Wein, der ans Essen kommt, kommt auch ins Glas. Hier also nicht knauserig sein.
Ich koche gerne mit Wein - manchmal tue ich ihn sogar ans Essen.
Gebratene Gans*, entbeint nach Art der Lowangener Anatomen - Rezept von Oswyn Puschinske
Diese Art der Entbeinung eignet sich für jede Art größeren Geflügels, sie fällt an aufgetautem, vorher gefrorenem, Vogel leichter als an frischem. Du brauchst nur ein Skalpell kleines, scharfes Messer und Geduld. Die erste Sektion mag wohl eine Stunde dauern, ein geübter Feldscher braucht weniger als ein Viertel der Zeit.
Entbeinung:
1. Entferne den Gabelknochen am Hals (V-förmig, sitzt noch oberhalb des Schlüsselbeins), er muss aus den Schultergelenken gelöst werden, die Halshaut musst du eventuell ein wenig einschneiden, um genügend Platz zu haben.
2. Löse die Flügel, dazu musst du sie im Gelenk umbiegen, die Sehnen entweder durch Drehen zerreißen oder mit dem Skalpell Messer durchschneiden. Der Flügelknochen verbleibt am Vogel.
3. Löse die Schlüsselbeine: dazu das Fleisch "stumpf" (= mit dem Fingern, ein Messer wird hierfür nur selten von Nöten sein) von den Schlüsselbeinen ab präparieren, diese danach vom Brustbein brechen.
4. Entferne die Schulterblätter (mit Schlüsselbeinen): das Fleisch wieder stumpf von den Knochen ab präparieren, dann ziehend und drehend die Knochen entfernen. Falls diese brechen, die fehlenden Stücke mit dem Messer entfernen.
5. Lege das Skelett frei, der schwierigste Teil deiner kulinarischen Operation: zuerst auf der Brustseite mit den Händen auf den Rippen gleitend das Fleisch von diesen stumpf ablösen, dann ebenso auf der Rückenseite verfahren. Die Spitzen der Wirbel sind oft sehr fest mit der Rückenhaut verbunden, dann muss du als Operateur Koch gegebenenfalls das Messer zur Hilfe nehmen. Dabei solltest du die Haut nicht verletzen. Je weiter du dich vom Hals sterzwärts vorarbeitest, desto mehr kannst du die Haut mit dem daranhängenden Fleisch wie ein Kleidungsstück "umkrempeln". Den Bürzel entferne wie gewohnt mit dem Messer. Größere Fettstücke ebenso, diese kannst du zur Gewinnung von Gänseschmalz nutzen.
6. die Oberschenkel aus den Hüftgelenken lösen. Dies mag stumpf durch Drehen im Gelenk gelingen, manchmal musst du aber auch dein Messer zur Hilfe nehmen.
7. das komplette Skelett kann nun entfernt werden, am Präparat Braten verbleiben nur die Flügel- und Schenkelknochen.
Der Vogel kann nun mit Zutaten deiner Wahl gefüllt werden, er sieht nach der Füllung wieder aus wie ein nichtentbeinter, er muss aber im Gegensatz zu diesem nach dem Servieren nicht zeitaufwändig seziert tranchiert, sondern kann wie ein normaler Braten aufgeschnitten werden. Mageres Geflügel, wie Truthahn, Fasan oder gewöhnliches Huhn (du siehst, diese Zubereitungsart eignete sich auch für die bürgerliche Küche, wenn sie denn den Köchen und Köchinnen bekannt wäre) welches eher zum Trockenwerden neigt, bleibt saftig, fettes, wie Gans und Ente, gelingen aber für gewöhnlich auf diese Art auch besser als ohne vorherige Operation.
Beispielhaft ein Rezept, welches Seine Spektabilität aus Al´Anfa mitbrachte:
Für 6 Personen nimm eine Gans von 3-4 kg
Salz
Pfeffer
(oder eine bereits gemischte Würze, gerne nach deinem eigenen Rezept)
Füllung:
1-2 große Zwiebeln
1-2 Karotten
Wenn du magst, mische noch die kleingehackten Innereien der Gans hinzu, Knoblauch ebenso.
weitere Zutaten:
250 ml Hühnerbrühe
6-8 Birnen
1/2 Zitrone
2 Gläschen eines Tresters oder Weinbrands deiner Wahl - dies schließt nicht die Gläser ein, die du während der anstregenden Prozedur für dich selbst, deine Assistenten oder Factoten benötigst.
Danke Travia für ihr Geschenk an die gute Küche und erbitte Ihren Segen.
Heize deinen Ofen vor (180°C, Gas: Stufe 2-3)
Reibe die Gans mit dem Salz oder der Würzmischung innen aus, dann fülle sie, achte dabei darauf, dass du die Gans nicht zu prall füllst. Verschließe sie am Hals und dem jenseitigen Ende. Stich die Haut an vielen Stellen ein.
Lege die Gans auf einen Rost, darunter platzierst du die Fettpfanne deines Ofens. Ein wenig Wasser, besser Rotwein, dazu das Gänsefett, wenn du dieses nicht getrennt auslassen willst.
Nun rechne für jeden Stein (=kg) Gewicht der Gans 40 Minuten Bratzeit. Beschöpfe die Gans regelmäßig mit dem Inhalt der Fettpfanne. Du magst während dieser Zeit vom gleichen Weine, wie du ihn zur Gans getan hast, trinken.**
Halbiere und entkerne die Birnen ungefähr eine halbe Stunde vor dem Ende der Bratzeit, beträufle die Schnittflächen mit dem Saft der Zitrone. Gib vom Gänsefett aus der Fettpfanne circa eine Tasse in eine feuerfeste Form, lege die Birnen hinzu, begieße sie auch mit Fett. Stell die Birnen zur Gans in den Ofen und brate sie die verbleibenden 20-30 Minuten.
Koche den Weinbrand oder Trester bei schwacher Hitze auf die Hälfte ein, gib ihn über die fertigen Birnen, wenn du diese aus dem Ofen holst.
Erhitze die Hühnerbrühe.
Nimm die Gans aus dem Ofen, am besten auf eine vorgewärmte Platte.
Löse den Bratensatz aus der Fettpfanne mittels der heißen Hühnerbrühe, ein Holzschaber mag hilfreich sein. Vielleicht gießt du dann den Inhalt in einen Topf und köchelst ihn noch etwas bei starker Hitze ein, würzt ihn, falls nötig. Eile dich, denn die Gans darf nicht erkalten! Wenn dir die Soße zu fett erscheint, dann nutze ein fetttrennendes Soßenkännchen.
(Hebe das Gänsefett auf, lasse es aus, wenn du nicht alles in die Fettpfanne getan hast. Auch übrig gebliebenes Fett aus der Fettpfanne, welches nicht in der Soße landete, kannst du in einem Glasgefäß im Kühlschrank aufheben, ebenso Fett aus dem Soßenkännchen - Bratkartoffeln oder gebratene Geflügelgerichte gelingen damit besonders gut.)
Serviere Gans und Birnen, dazu deine Beilagen. Knödel und Rotkraut überzeugten das Hohe Paar, dieses Rezept als traviagefällige Nutzung des heiligen Tieres freizugeben.
Preise Travia!
* Rezept von der Traviakirche genehmigt.
** Für ein klassisch im Rohr gebratene Gans rechne ich drei bis vier Flaschen Rotwein: 1 Flasche für die Gans, der Wein kommt in die tiefe Fettpfanne unter dem Rost, 1 Flasche für den Koch, der drei oder mehr Stunden das Schauspiel der immer brauner werdenden Gans betrachten darf und die Gans immer wieder beschöpfen muss, 1-2 Flaschen für die Esser der Gans.