Phex-Geweihte und meucheln

  • Das lässt keinen Interpretationsspielraum. Mord ist in jedem zivilisiertem Land verboten und auch Phex verkörpert als gott die Ordnung. Er mag zwar bei tollkühnen Diebereien mit Wettkampfcharakter oder dem dreisten Stibitzen von Kronjuwelen beide Augen zudrücken, Jemanden bewusst und hinterhältig zu töten ist jedoch ganz und gar nicht phexisch. Und wenn es noch eine andere Möglichkeit gibt, den Konflikt beizulegen, dann stellt sich die Frage überhaupt nicht

    Für mich hängt es an der Definition von Mord. Theoretisch bist du schon bei Mord, wenn du jemanden von hinten angreifst - zumindest nach moderner Rechtsprechung. Und es ist auch nicht so, dass absolute Textpassagen in DSA nicht auch trotzdem noch anders zu interpretieren wären...

    Das Problem ist einfach, das die (aventurische) Wirklichkeit einfach ein bisschen anders aussieht. Wenn man sich mal in Posaunenhall ansieht, wie da selbst die Ronnies ziemlich krasse Kompromisse eingehen...

    Spoiler anzeigen

    Ayla von Schattengrund aka das Schwert der Schwerter lässt sich mit den Helden nach Warunk teleportieren, um dort große Teile des Nekromantenrats zu MEUCHELN.

    Als Phexgeweihter ist man keine Kampfsau und in der Regel kaum gerüstet. Sich da im Kampf offen zu stellen ist nicht selten Selbstmord. Wird unsere Gruppe angegriffen und ist der Kampf unausweichlich, dann versucht auch mein Phexi wenn er kann aus der Deckung oder von Hinten aus anzugreifen, er ist halt Kampftechnisch der zweitschwächste in der Gruppe. Ist das jetzt Mord? Ich bin kein Fan von einem Aventurien, wo man jeden Wegelagerer nach dem Kampf wieder zusammenflickt und versucht, wieder auf den Pfad der Tugend zu führen.

    Ein Garether Phexgeweihter denkt über Mord als Mittel ganz anders als einer aus Fasar. Es macht aber einfach einen unterschied, ob man einfach alle Wachen auf dem Weg zum Tresor absticht, oder ob man den einen Schützen, der gerade von einem Dach aus die Mithelden aufs Korn nimmt schnell zu Boron schickt.

    Auf der einen Seite mag Phex Gewalt nicht gutheißen, auf der anderen Seite wird er als Schutzherr des nächtlichen Kampfes verehrt. Versteifst du dich auf das eine ignorierst du das andere.

    Phex Farbe ist das zwielichtige Grau. Bei jeder Tat muss aufs neue abgewogen werden, ob die Tat dem Herren des Sternenhimmels gefällt oder sie einen selbst der Sternenlosen schwärze näher bringt. Die höchste phexgefällige Tat ist eine, bei der Niemand am Ende mitbekommen hat, wer es war und wie das ganze eigentlich von statten ging. Aber sobald es nicht mehr nur um einen Diebstahl geht, sondern mehr von dem ganzen Abhängt, müssen eben auch Kompromisse gemacht werden.

    Ganz zum Schluss sei gesagt, dass jeder, der Phex für einen durch und durch guten Gott hält etwas nicht richtig verstanden hat. Der phexische Weg kann da Erfolg versprechen, wo man mit Wahrheit, Güte und Ehre nicht mehr weiter kommt, wo ein einzelner mit einer dreisten und heimlichen Tat mehr bewegen kann als einhundert blitzende Schwerter.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • Ich habe noch einmal kurz recherchier. Mord ist ein vorsätzliches Tötungsdelikt von besonderem Unwert (abgrenzung vom Totschlag als anderes Tötungsdelikt ohne "besonderen" Unwert und oder Vorsatz, geschweige denn von Körperverletzung mit Todesfolge oder fahrlässiger Tötung). Wichtig ist das "ethische Moment des Gesamtildes der Tat" oder das "psychologische Moment der Entschlussfassung" zur Beurteilung, ob eine Tötung (wie Meucheln) als Mord zu betrachten ist. Im (irdischen) Völkerrecht wird Mord oft mit "vorsätzlicher Tötung" gleichgesetzt . Vorsatz allein reicht nicht aus, dass es als Mord gilt.
    Der Aventurische Götterhimmel lehnt Gewalt nun nicht pauschal ab (abgesehen von Tsa natürlich): Praios billigt und fordert Exekutionen, Rondra treibt in den Krieg und zu Duellen usw. Von den Halbgöttern ganz zu schweigen. Sehr viele Kirchen haben oder hatten einen kämpfenden Arm - selbst Travia mit ihren Gänserittern! Eine Tötung, auch und gerade eine solche mit Vorsatz ist nicht pauschal abzulehnen, weder nach den Kirchen noch nach den Göttern. Gewalt ist ein legitimes Mittel, den "Willen der Götter" durchzusetzen. Besondere Bedingungen wie bei Rondra oder Praios, wie dabei vorzugehen ist, werden bei Phex eher nicht gegeben sein. Oder vielleicht doch: unauffällig, stilvoll, ohne Unschuldige zu schädigen, fordernd... Das bietet eigentlich nur das meucheln. Wie man beim sinnlosen Abschlachten aber eher zu Belhalhar als zu Rondra kommt (mit Kor als Grauzone dazwischen) und im Zorn Selbstjustiz zu üben (was wohl eher Blakaraz als Praios wohlgefällig wäre) müssen eben nur genau die Motive und das ethische Moment geprüft werden und die sind es ja, die eine Tötung zum Mord machen, oder eben nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Gast (6. Juli 2020 um 22:43)

  • Was mir nun auch noch aufgefallen ist und zu bedenken scheint: Es gibt durchaus göttergefälliges Meucheln. Da wäre einmal die Hand Borons, die ja en mit der Al´Anfaner Boronkirche verbunden ist. Wobei man dem Gott des Todes das noch "nachsehen" kann. Andererseits, und das ist auffälliger, gibt es die Dornen der Rose, die Agenten der Rahja-Kirche, die vor allem Kulte des Namenlosen im Geheimen ausmachen und eher mit List auslöschen. Rahja gilt sonst ja auch eher als friedfertig (obwohl sie mit den Säbeltänzern und den Rahja-Kavalieren gleich noch zwei weitere Gruppen hat, die in ihrem Namen Gewalt ausüben), so war ihr Kult in Andergast ja lange verboten, weil sie durch ein großes Wunder eine Schlacht mit Nostria verhinderte und viel verbindet sie mit Phex: Der Blick für die einzelnen Individuen statt dem großen Ganzen, der Hang zu gutem Stil (in Form von Schönheit) und der gemeinsame Sohn Aves. Wie Phex steht sie Praios diametral entgegen - zwischen ihrer Leidenschaft und seiner Gerechtigkeit brach der Götterkreis und die namenlose Sternleere konnte entstehen. Was Rahja recht ist, kann Phex im Grunde nur billig sein. Wenn sie also listige und tötende Agenten hat, dann Phex doch wohl erst recht. Zudem heißt es in seinem Moralkodex auch, seine Identität und Pläne müssen geheim bleiben - ein heiliges Gesetz, dass kaum einzuhalten ist, wenn man sich wie ein Rondrianer offen durch die Feinde der Zwölfe im allgemeinen und Phexens im besonderen schnetzelt. Wenn seine Schergen offen bekämpft werden, wird der Oberschurke schnell durchschauen, wohin dieser Plan führt. Wird er dagegen ermeuchelt - tja, dann durchschaut man den Plan erst, wenn er vorbei ist und die Identität des Dieners Phexens bleibt unbekannt. Natürlich darf es dennoch nie ein MeuchelMORD sein, Mord wird ja abgelehnt. Aber wie ein Henker auf dem Richtplatz, ein Soladat im Krieg oder ein Agent mit der "Lizenz zum Töten" (zum Töten, nicht zum Morden ;) ) sowie in Selbstverteidigung kann auch ein Götterdiener in eine Situation kommen, in der das Töten notwendig scheint. Die Schnittmenge zwischen Meucheln und Mord mag breit sein, beides ist aber nicht identisch. Von den fundamentalsten schlechthin abgesehen sind für den Phexi aber letztlich Regeln da, um gebrochen zu werden - von den fundamentalsten abgesehen natürlich - er ist ja kein Erzdämon und steht für Ordnung wie alle Götter. Aber einige Meuchelmorde machen unter Umständen viel weniger Unordnung als eine Feldschlacht oder Belagerung...
    Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Ergebnis, dass es schon sehr auf das Opfer, die Umstände und die Motive ankommt, ob Meucheln in einer bestimmten Situation aus Sicht Phexens und seiner Kirche (seinen Kirchen) abzulehenen sei. Wenn selbst Rahja es unter Umständen billigt und auch unter Tsagläubigen sind schon Gruppen entstanden, die, um viele zu retten, einzelnen mit List und Tücke zur Wiedergeburt verhalfen und damit meine ich nicht nur den Zweiten Finger Tsas als Gruppe dieser Rur-Gror-Ketzer ;)

  • Der Codex der Phexkatze (also die in den Schatten) besagt, du sollst die Editier-Fkt. nutzen ;)
    Aber inhaltlich stimme ich dir zu, hätte jedoch gerne eine Quellenangabe zu den Stacheln der Rose.

    Hexenfanclub
    Splittermond - das beste Regelwerk

  • Die Dornen der Rose (obwohl du eigentlich recht hast - biologisch haben Rosen Stacheln und Kakteen Dornen ;) ) finden sich in Orden und Bündnisse 70ff. Geschickte Agenten, die über Blumensträuße komunizieren, Schönheit und Kunst hochhalten aber gerade gegen den Namenlosen auch gewaltsam vorgehen.

  • Das Phex überhaupt vorrangig für Stehlen stehen soll ist onehin eine Entartung die eigentlich nicht 12-Göttergefällig ist. Phex steht danach für das selbstständige Handeln und dabei für die Tüchtigkeit und Fleis des Handels, so wie es der Orden der Mada Basari auch offen vertritt und woran auch die Mehrheit der Gläubigen überhaupt ein Interesse hatt . Diebstahl schädigt jeden ehrlichen Menschen, den das 12-er Prinzip möchte. Da der Handel ein mächtiger Pfeiler der Geellschaft ist wäre das die Phexkirche dan auch, wozu eine fast abwesende Kirche einigen, zb der Praioskirche , durchaus recht ein könnte.

    Das aber jede Kirche friedluebender Götter nun noch extra eine Meuchlertruppe haben soll ist ziemliche Entartung und eigentlich nicht 12-Göttergefällig. Gut, Phexgeweihte wurden dazu im Widerspruch früh mit Dieben vermengt. Wäre das Phex Wunsch und nicht eher Duldung , wäre er zu den 12 schon fast abtrünig. Den anderen Göttern sollte es nicht gefallen.
    Grade von Geweihten sollte über die karmale Verbindung mehr verlangt werden.
    Die älteren DSA-Setzungen sind da deutlich moralischer, die Neuren grauer ( bzw teils auch sonst unglaubwürdiger Blödsin zu Götterpersonen nach der Ursetzung ) .
    Ich hab grad vergessen ob der Karmaentzug bei Zuwiederhandlungen nicht auch festgeschrieben war.

  • Meiner Meinung nacht steht Phex für die "Fairness", die Chancengleichheit und die Möglichkeit eines jeden seinen Zielen nachzueifern. Er vertritt dabei das Glück und den Zufall in der Absicht die Karten für das Spiel des Lebens "gerecht" zu verteilen. Durch Geburts- und Standesrechte sowie Eigentum und Besitz sind eben die Karten besonders am Anfang des Lebens sehr ungerecht verteilt. Wer Rechte hat, kommt dadurch leicht zu Eigentum und wer Eigentum hat kann handeln und sein Eigentum so mehren. Letzteres schätzt Phex.

    Doch was hat der Gossenjunge aus dem Garether Südquartier? Was der arme Bauer auf dem Lande? Hier sind die Karten nicht gerecht verteilt. Deswegen hat Phex einen Weg gesucht die Karten nach dem Austeilen neu zu mischen. Wer sein Eigentum nicht hütet, dem wird es genommen. Der Diebstahl ist geboren und teilt die Karten neu aus. Doch nicht nur die wohlhabenden sollen etwas verlieren können, jedem soll etwas abhanden kommen können. Dafür tat sich Phex mit Hesinde zusammen und zeugte Nandus. Seitdem müssen alle Stände und alle Würdeträger um ihren Ruf bangen, auch gestohlene Geheimnisse haben ihren Wert.

    Dem Bauer sandte er Aves, auf dass er sein Glück in der Ferne suche. Der Lehnsherr kann sein Gut nicht verlassen, seinen Untergebenen nicht folgen. Aber jeder einzelne kann gehen wohin er will und z. B. in einer fernen Stadt Bürgerrechte erlangen.

    Ich finde hier passt der Diebstahl sehr gut rein. Phex ist allgemein der Gott des Glücks und der List, aber eben auch der Gott des gerechtenn Maßes. Niemandem soll alles genommen werden, Verträge sollen eingehalten werden. Es geht Phex darum denen eine Chance zu geben, die sonst keine haben. Ein Toter bzw. Krüppel hat keine Chance mehr, weshalb Mord und Gewalt zur Erlangung von Besitz nicht in Phexens Sinne ist.

    Im Bezug auf Meucheln und Töten ist dies sehr schwierig. Im Grunde erlaubt ein geheimer Kampf eben auch unterlegenen Parteien eine "Schlacht" zu gewinnen. Jedoch wird das Töten an sich nicht unbedingt Phexens Gefallen finden, da eben alles (das Leben) genommen wird. Man sollte hierbei meines Erachtens aber den Rahmen beachten. Wenn sowieso Krieg und Tod herrscht oder der Anführer einer tötenden, vergewaltigenden und plündernden Räuberbande erdolcht werden soll, dann wird Phex vermutlich ein Auge zudrücken.

    Insgesamt sehe ich die Zwölfgötter aber nicht als pazifistisch und humanistisch. Frieden und Ruhe will jeder Gott/ jede Göttin eben nur, wenn sich die Menschen an seine / ihre Gebote halten. Und da einige Götter selbst im Widerspruch zueinander stehen und es zusätzlich einen großen Widersacher gibt, kommt es auch immer wieder zu Konflikten, die die Menschen dann Austragen dürfen.

  • TheBodo: Finde ich gut beschrieben. "Selbstständige Handlung " ist eben neutral formuliert und bezieht sich auch auf den fleißigen Händler. Das ist wohl die Position Phexens in Alveran. Und ein 'anständiger' Dieb der mit Stil und Maß Schwerreiche erleichtert mag Phex da persönlich amüsieren, wo Praios konsequenter Ehrlichkeit fordert.
    " Humanismus und Pazifismus " ist aber schon das sich daraus ergebende irdische Ideal. Aber die Götter können nicht alles beeinflußen bzw sofort wahrnehmen und vielleicht irren sie sich auch mal. Vielleicht ist die Welt auch stark von ihren irdische Augen ihrer Geweihten abhängig, die das dan eben auch variabel spiegeln.