Gleichgeschlechtliche Liebe & Gleichberechtigung in Aventurien

  • Niemand wird von einem Stiefkind "überrascht". Man lernt nicht jemanden kennen, heiratet ihn/sie den nächsten Tag und stellt dann erschrocken fest, plötzlich ein Kind "mitgekauft" zu haben. Es gibt durchaus grund, warum sich (zumindst im anglo-amerikanischen Raum) viele alleinerziehende Mütter beschweren, "niemanden mehr abzukriegen", weil sie bereits ein Kind haben. Wer also jemanden mit bestehender Elternschaft heiratet, tut dies in vollem Bewusstsein. "Package deal" stimmt somit, aber einer der bewusst ausgesucht und angenommen wurde.

    Nein, aus heiterem Himmel bestimmt nicht, aber vergiss nicht - nur weil alleinerziehende Mutter Probleme haben mögen, Männer zu finden, heißt das nicht, dass diejenigen, die zu einer Beziehung bereit sind, deswegen automatisch kein Problem mit einem bereits vorhandenen Anhang haben: Für die ist das lediglich kein Ausschlusskriterium, aber das heißt nicht, dass sie davon begeistert sind. Dass in eine Beziehung/Ehe mitgebrachte Kinder nicht unbedingt denselben Stellenwert haben wie der eigene leibliche Nachwuchs, ist ja jetzt nicht gerade Hoheitswissen.


    Zitat

    Dass solche Leute Kinder misshandeln hat nichts, aber auch gar nichts, mit Leiblichkeit zu tun. Misshandlung - vor allem durch (Stief-)Elternteile sollte NIEMALS als "nicht überraschend" wahrgenommen werden. Es gibt KEINE Rechtfertigung, die solche Handlungen als logische Schlussfolgerung zulässt - was die Quintessenz von "nicht überraschend" in diesem Kontext ist.

    Ich will beim besten Willen nicht behaupten, dass es gerechtfertigt ist - gerade die Kinder können für die Situation ja am allerwenigsten.

    Allerdings, von meinem obigen Argument ausgehend: Dass es unter solchen Bedingungen verstärkt zu Misshandlungen kommt, ist leider nun mal tatsächlich zu erwarten. Dass heißt nicht, dass es ein Automatismus ist, und das heißt auch nicht, dass es in Ordnung ist - sondern ganz schlicht und einfach nur die Konsequenz davon, dass sich ein (Stief)elternteil mit der Existenz eines Kindes auseinandersetzen muss, das es im Grunde nicht wirklich wollte.

  • Nicht umsonst sind der böse Stiefvater und noch mehr die böse Stiefmutter (weil durch die hohe Sterblichkeitsrate im Kindbett häufiger) ein verbreiteter Topos in Märchen und anderen Erzählungen. Auch da werden ja im Endeffekt Kindesmisshandlungen durch Stiefeltern thematisiert.

    Ominibus ceteris caesis solum is et eius legiones steterunt.

  • Ich bin mir nicht sicher, was du meinst. Ist das jetzt als tatsächliche "Transparenz" gemeint, oder als Vergleich auch "nicht transparent"? ich bin auch gerne für Rückfragen offen, falls irgendetwas unklar war.

    Tatsächliche Transparenz, da in deinem Umfeld ja offenbar tatsächlich alle sehr offen mit dem Thema umgegangen sind.

    Zitat

    Der Link ist nicht zugänglich. Zugriff verweigert.

    Ah okay, man kann nur die eigenen Edits sehen (das erklärt, warum ich bisher immer das Gefühl hatte, dass ich der einzige bin, der editiert).

    Aber der Beitrag ist exakt derselbe, eben bis auf das vorangestellten Zitat aus einem anderen Beitrag von dir.

    Was man auch daran sehen kann, dass die von Tigerayax zitierten Textbausteine ja noch nach wie vor in genau dem Wortlaut in meinem Post vorhanden sind.

  • Ohne Argumente liefern zu wollen ein kleiner Einblick in meine Runden.

    Ich steuere auch mal etwas bei, vielleicht hilft es ja insgesamt ein größeres Bild zu zeichnen: Ich habe 25 Spieler*innen herumhuschen, verteilt auf fünf Rollenspielrunden (es gibt natürlich einige Überschneidungen). Bei zweien weiß ich es nicht (es ist nämlich bei uns auch kein größeres Thema sondern sorgt eher für entspanntes Schulterzucken, wenn jemand seine Präferenzen im Nebensatz offen legt oder entsprechende Partner*innen vorstellt.)

    Hetero weibl.: 3

    Hetero männl.: 10

    Bi weibl.: 4

    Bi männl.: 1
    Bi * : 1

    Homo weibl.: 3

    Homo männl.: 1

    Unbekannt weibl.: 1

    Unbekannt männl.: 1

    Geschlechterverteilung:

    weibl.: 11

    männl.: 13

    *.: 1


    Prozentuale Verteilung gesamt:

    Heterosexuell: 52 %
    Bisexuell: 24 %

    Homosexuell: 16 %
    Unbekannt: 8 %

    Edit: Ach, und weil es oben aufkam bzgl. "Nerds finden keine Partner": Von den 25 Leutchen in meiner Liste, waren oder sind 14 im laufenden Jahr oder Vorjahr in einer festen Partnerschaft (gewesen). Einige natürlich auch untereinander. ^^


    Wenn man den bundesweit geschätzten Zahlen glaubt, die von einem nicht-heterosexuellen Bevölkerungsanteil zwischen 10 und 15 Prozent ausgehen, dann liegen meine Spielrunden tatsächlich mit 40% deutlich darüber. Ob und wie das mit dem Hobby Rollenspiel (und seinen Inhalten; um das Threadthema nicht außer acht zu lassen) zusammenhängt kann man daraus aber nicht ableiten.

    Ich denke eher, dass Rollenspiel - wie oben schon gesagt - vor allem "Kids der 80er und 90er mit Immatrikulationshintergrund" anzieht und man durch eine eher progressive, linksliberale Grundstimmung safe spaces generiert, die dann auch genutzt werden. Ich denke nicht, dass die Inhalte und Themen LGBT*-Personen dediziert ansprechen. Meine Vermutung daher: Das freundliche Umfeld macht's. :heart:

    - nicht mehr im Forum aktiv -

    2 Mal editiert, zuletzt von Thorus84 (10. Juni 2018 um 12:40)

  • Wenn man den bundesweit geschätzten Zahlen glaubt, die von einem nicht-heterosexuellen Bevölkerungsanteil zwischen 10 und 15 Prozent ausgehen, dann liegen meine Spielrunden tatsächlich mit 40% deutlich darüber. Ob und wie das mit dem Hobby Rollenspiel (und seinen Inhalten; um das Threadthema nicht außer acht zu lassen) zusammenhängt kann man daraus aber nicht ableiten.

    Ich denke eher, dass Rollenspiel - wie oben schon gesagt - vor allem "Kids der 80er und 90er mit Immatrikulationshintergrund" anzieht und man durch eine eher progressive, linksliberale Grundstimmung safe spaces generiert, die dann auch genutzt werden. Ich denke nicht, dass die Inhalte und Themen LGBT*-Personen dediziert ansprechen. Meine Vermutung daher: Das freundliche Umfeld macht's. :heart:

    Interessant finde ich die Verteilung bei dir - bei den Männern bleibt sie halbwegs im zu erwartenden Bevölkerungsschnitt, bei den Frauen liegt sie extrem drüber.


  • Interessant finde ich die Verteilung bei dir - bei den Männern bleibt sie halbwegs im zu erwartenden Bevölkerungsschnitt, bei den Frauen liegt sie extrem drüber.

    Dass Männer, die nach Kinsey bei 1,5 landen würden heutzutage in unserem soziokulturellen Umfeld tendentiell eher richtig 0 und "rein hetero" ab-, während Frauen vom gleichen Punkt eher Richtung 3 und "bi" aufrunden, um es mal ganz salopp und vereinfacht auszudrücken, ist ja nun keine neue Erkenntnis und ist unter Rollenspielern sicher auch nicht komplett anders.

  • Homosexuelle Spieler in der Gruppe:

    In allen Gruppen, in den ich war, war bisher kein Spieler egal welchen Geschlechts, von dem ich wusste, dass er homosexuell ist. Ich weis nur, von der Gruppe eines früheren Komiltonen, dass sie einen schwulen Spieler hatten, der aber nur heterosexuelle Charaktere spielte.

    Homosexuelle Charaktere in der Gruppe:

    Da sieht es wiederum anders aus. In der Anfangszeit genauso undenkbar wie das Spielen von Charakteren eines anderen Geschlechts als des eigenen. Aber im Laufe der Zeit hat sich dies leicht gewandelt. Es gab dann Spieler, die keine Lust mehr hatten, immer nur heterosexuelle Männer zu spielen, sondern auch mit anderen Charakterformen experimentierten. Der Anfang war wohl der Spieler, dessen Krieger unbedingt ein magischen Schwert haben sollte (auf Stufe 1!!!). Der Meister gestattete es ihm, wenn er eine Kriegerin spielt. Und danach tauchten immer wieder weibliche Charaktere auf, von denen man annehmen konnte, dass sich häufig auch noch homosexuell sind, auch wenn dies eigentlich nie thematisiert wurde, da keiner unserer Meister entsprechende Möglichkeiten in die Abenteuer eindaute. Offene Homosexualität kam bei eigentlich nie vor.

    Transsexuelle Charaktere in der Gruppe:

    Gab es bei uns nie. Ich kenne eigentlich nur zwei Fälle. In beiden Fällen waren das eher ungewollte Geschlechtsumwandlungen. Das eine war ein Charakterkonzept für einen novadischen Magier, der durch einen verpatzen Analys eines magischen Kristalls, in eine Frau verwandelt wurde. Das nächste war die Erzählung einer anderen Gruppe. Dort hat man einen der Magier der Gruppe an seinem Geburtstag mittels eines Salamander-Rituals in eine Frau verwandelt. Es sollte eigentlich nur vorübergehend sein, aber leider hat man das Ritual an einem Nexus von Kraftlinien durchgeführt, wodurch der Zauber permanent wurde. Dem Magier hat es nicht gestört...

  • Das freundliche Umfeld macht's.

    Das unterschreib ich schließe aber sogar noch die frühen 2000er Jahrgänge mit ein mit denen ich auch spiele. (Ja krass gell?)

    Und Sumaro klar können Rollenspieler auch sehr diskriminierend sein, wir machen uns aus soetwas oft einen Spaß da wir einen Hang zu schwarzem Humor haben und damit auch das ein oder andere mal übertreiben aber gerade was dieses Thema angeht muss ich wirklich sagen habe ich bisher niemanden erlebt der aktiv intolerant gegenüber einer solchen Lebenssituation ist.

  • Interessant finde ich die Verteilung bei dir - bei den Männern bleibt sie halbwegs im zu erwartenden Bevölkerungsschnitt, bei den Frauen liegt sie extrem drüber.

    Ich habe - auch außerhalb von Rollenspielrunden - das (zugegeben) subjektive Empfinden, dass es grundsätzlich mehr nicht-heterosexuelle Frauen als Männer gibt. Sogar im unmittelbaren Bekannten- und Verwandtenkreis. Die sind dann aber zumeist nicht lesbisch, sondern bi.
    Früher ist das alles nicht so aufgefallen, weil man darüber nicht geredet hat, aber heute ist das zum Glück offener. Vielleicht fällt es deshalb erst besonders auf.

    Und was unseren nicht-heterosexuellen Frauenanteil betrifft: Da wird das Ergebnis allein schon dadurch verfälscht, wenn ein weibliches Pärchen gemeinsam einer Spielrunde beitritt. In so kleinen Personengruppen, wie Spielrunden, kannst du Statistiken komplett vergessen. ;)

    - nicht mehr im Forum aktiv -

  • Ich habe - auch außerhalb von Rollenspielrunden - das (zugegeben) subjektive Empfinden, dass es grundsätzlich mehr nicht-heterosexuelle Frauen als Männer gibt. Sogar im unmittelbaren Bekannten- und Verwandtenkreis. Die sind dann aber zumeist nicht lesbisch, sondern bi.
    Früher ist das alles nicht so aufgefallen, weil man darüber nicht geredet hat, aber heute ist das zum Glück offener. Vielleicht fällt es deshalb erst besonders auf.

    Ich denke, hier fließt einiges zusammen. Zum einen das, was Delta weiter oben genannt hat, aber dann dürfte es gerade bei Kinsey 1 (und wohl auch 2) vermutlich auch einen tatsächlichen Gender Gap geben: Wieviele sich selbst heterosexuell verortende Männer haben schon mal mit ihren (männlichen) Freunden rumgeknutscht, und bei wievielen Frauen ist das der Fall?

    Zitat

    Und was unseren nicht-heterosexuellen Frauenanteil betrifft: Da wird das Ergebnis allein schon dadurch verfälscht, wenn ein weibliches Pärchen gemeinsam einer Spielrunde beitritt. In so kleinen Personengruppen, wie Spielrunden, kannst du Statistiken komplett vergessen.

    Stimmt, das hatte ich gar nicht bedacht :D

    Zitat

    Edit: Ach, und weil es oben aufkam bzgl. "Nerds finden keine Partner": Von den 25 Leutchen in meiner Liste, waren oder sind 14 im laufenden Jahr oder Vorjahr in einer festen Partnerschaft (gewesen). Einige natürlich auch untereinander.


    Das ist auch eine Altersfrage: Wenn man eine RP-Gruppe Mitte 30 hat, sieht das anders aus als bei einer Anfang 20 oder gar 15 aufwärts ;)

    Homosexuelle Charaktere in der Gruppe:

    Da sieht es wiederum anders aus. In der Anfangszeit genauso undenkbar wie das Spielen von Charakteren eines anderen Geschlechts als des eigenen. Aber im Laufe der Zeit hat sich dies leicht gewandelt. Es gab dann Spieler, die keine Lust mehr hatten, immer nur heterosexuelle Männer zu spielen, sondern auch mit anderen Charakterformen experimentierten.

    Hier muss ich gerade an Thesia von Ilmenstein denken ;)

    Zitat

    Transsexuelle Charaktere in der Gruppe:

    Gab es bei uns nie.

    Ich vermute auch ganz stark, dass hierfür gerade in einem Rollenspiel die Nachfrage sehr begrenzt ist und auch kaum wer Transsexualität zu einem Spielelement macht (also von magisch induzierter Transsexualität mal abgesehen, aber das ist ein anderes Feld): Wenn man von der Annahme ausgeht, dass die meisten Spieler in der Regel die eigene Sexualität auf die ihrer Charaktere übertragen, eventuell auch eines des anderen Geschlechts führen, aber nicht etwa aus RP-Gründen ungewöhnlichere Kombinationen (von Männern mit lesbischen Charakteren mal abgesehen) spielen, dann blieben ja vor allem RL-Transsexuelle übrig: Und gerade bei denen würde ich auf jeden Fall erwarten, dass sie in einem Rollenspiel, wo sie sich ihr Geschlecht aussuchen (!) können, natürlich auch davon Gebrauch machen.

    Und wieviele Spieler aus RP-Gründen einen, sagen wir, maraskanischen Transsexuellen spielen würden (was ja eine kulturell durchaus passende Kombination wäre), sei mal dahingestellt.

  • einfach nur die Konsequenz davon, dass sich ein (Stief)elternteil mit der Existenz eines Kindes auseinandersetzen muss, das es im Grunde nicht wirklich wollte.

    Es ist eine KONSEQUENZ der Auseinandersetzung mit ungewollten Kindern? Entweder du weißt nicht, was Konsequenz bedeutet:

    oder das ist tatsächlich eine Rechtfertigung, da es ja "die Konsequenz" ist. Ich hoffe für dich und dein Umfeld, dass ersteres der Fall ist.

    Nicht umsonst sind der böse Stiefvater und noch mehr die böse Stiefmutter (weil durch die hohe Sterblichkeitsrate im Kindbett häufiger) ein verbreiteter Topos in Märchen und anderen Erzählungen. Auch da werden ja im Endeffekt Kindesmisshandlungen durch Stiefeltern thematisiert.

    Was sagst du da zu:

    Dornröschen: bewusstlose Frau wird geschwängert und wacht durch das Saugen ihrer geborenen Zwillinge am Finger auf, und wird vom Vater gefunden, der sie zwei Jahre später noch mal "besuchen" will.

    Schneewittchen: ein Prinz kauft eine hübsche "Leiche" und hält sie sich monatelang als Gesellschaft, weswegen er lebende Frauen ausschlägt. Seine Mutter ist davon angewidert und will die Leiche entsorgen, dabei fällt sie runter und der Apfel löst sich - sie lebt ja doch (wieder).

    Allerleirauh: ein Mädchen entflieht, weil ihr (leiblicher) Vater sie zur Frau nehmen will, da sie ihrer Mutter so ähnlich sieht.

    Heißt dass jetzt, dass solche Verhaltensweisen "Konsequenzen" aus den Situationen sind, weil sie in Märchen thematisiert wurden?

  • ch vermute auch ganz stark, dass hierfür gerade in einem Rollenspiel die Nachfrage sehr begrenzt ist und auch kaum wer Transsexualität zu einem Spielelement macht (also von magisch induzierter Transsexualität mal abgesehen, aber das ist ein anderes Feld): Wenn man von der Annahme ausgeht, dass die meisten Spieler in der Regel die eigene Sexualität auf die ihrer Charaktere übertragen, eventuell auch eines des anderen Geschlechts führen, aber nicht etwa aus RP-Gründen ungewöhnlichere Kombinationen (von Männern mit lesbischen Charakteren mal abgesehen) spielen, dann blieben ja vor allem RL-Transsexuelle übrig: Und gerade bei denen würde ich auf jeden Fall erwarten, dass sie in einem Rollenspiel, wo sie sich ihr Geschlecht aussuchen (!) können, natürlich auch davon Gebrauch machen.


    Und wieviele Spieler aus RP-Gründen einen, sagen wir, maraskanischen Transsexuellen spielen würden (was ja eine kulturell durchaus passende Kombination wäre), sei mal dahingestellt.

    Es hat vielleicht eher etwas damit zu tun, dass man früher Transsexuelle meist nicht als solche erkannte, sondern in ihnen meistens nur (oft homosexuelle) Transvestiten sah. Das hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert.

    Hier muss ich gerade an Thesia von Ilmenstein denken ;)

    Warum nicht an die Amazonen?

  • Das heißt für mich, dass offenbar auch Vergewaltigung (und die darauffolgende Ehe mit dem Vergewaltiger) sowie erzwungener Inzest ein Thema sind, mit dem sich die Rezipienten von Märchen auseinandergesetzt haben - genauso wie die Gewalt von stiefeltern gegenüber ihren Stiefkindern.

    Bei Schneewittchen finde ich die Deutung des Todeschlafes als Metapher für die emotionale Einengung durch eine schwere Depression spannend (dann ergibt die Geschichte psychologisch erstaunlich viel Sinn), aber ich gestehe ein, dass mancher das für zu weit hergeholt halten könnte.

    Was jetzt den Konsequenz-Begriff angeht, den du aus deiner Diskussion mit einem anderen Benutzer genommen und den ich mit voller Absicht nicht verwendet habe, da ich mir seiner Implikation durchaus bewusst war: Was ich sagen wollte, ist, dass die große Verbreitung des Topos von der bösen Stiefmutter bzw. eingeschränkter des bösen Stiefvaters ein Indiz für eine kollektive Erfahrung der Rezipienten darstellt, dass Misshandlung von Stiefkindern durch ihre Stiefeltern kein ungewöhnliches Phänomen darstellte. Die hohe Dichte an Stiefmüttern bis ins 19. Jahrhundert, bedingt durch die hohe Müttersterblichkeit bis in diese Zeit und einem gewissen gesellschaftlichen Druck zur Wiederverheiratung sorgte wohl auch dafür, dass entsprechende Erfahrungshorizonte im Umfeld der Rezipienten aufgetreten sein dürften. Für mich spricht das für eine gewisse, nicht vernachlässigbare Größe des Phänomens "Misshandlung von Stiefkindern durch ihre Stiefeltern". Da nun den Schilderungen in den entsprechenden Märchen und Erzählungen den tropischen bösen Stiefeltern oft eine gewisse Lieblosigkeit zugeschrieben wird, wäre das - vor allem wenn man die psychoanalytische Deutung von Märchen heranzieht - eine mögliche Erklärung für diesen Befund, die ins selbe Horn stößt wie die von DnD-Fluechtling. Dabei muss aber darauf hingewiesen werden, dass eine Erklärung noch lange keine Rechtfertigung ist.

    Ominibus ceteris caesis solum is et eius legiones steterunt.

  • Es ist eine KONSEQUENZ der Auseinandersetzung mit ungewollten Kindern? Entweder du weißt nicht, was Konsequenz bedeutet:

    oder das ist tatsächlich eine Rechtfertigung, da es ja "die Konsequenz" ist. Ich hoffe für dich und dein Umfeld, dass ersteres der Fall ist.

    Oder eine dritte Möglichkeit: Ich verwende den Begriff korrekt (nämlich "Konsequenz" im Sinne von (2) "Folge, Auswirkung") und rechtfertige trotzdem nichts.

    Zitat

    Dornröschen: bewusstlose Frau wird geschwängert und wacht durch das Saugen ihrer geborenen Zwillinge am Finger auf, und wird vom Vater gefunden, der sie zwei Jahre später noch mal "besuchen" will.

    Schneewittchen: ein Prinz kauft eine hübsche "Leiche" und hält sie sich monatelang als Gesellschaft, weswegen er lebende Frauen ausschlägt. Seine Mutter ist davon angewidert und will die Leiche entsorgen, dabei fällt sie runter und der Apfel löst sich - sie lebt ja doch (wieder).

    Allerleirauh: ein Mädchen entflieht, weil ihr (leiblicher) Vater sie zur Frau nehmen will, da sie ihrer Mutter so ähnlich sieht.


    Heißt dass jetzt, dass solche Verhaltensweisen "Konsequenzen" aus den Situationen sind, weil sie in Märchen thematisiert wurden?

    Also bitte.

    Mal davon abgesehen, dass missgünstige und misshandelnde (Stief-)Eltern und (Stief-)Geschwister ein sehr regelmäßig wiederkehrendes Motiv sind, während die drei von dir aufgezählten Fälle hochgradig spezifisch sind: Es ist dir doch genauso klar wie mir, dass es bei Märchen einerseits reale Elemente gibt, mit denen sich die Zuhörer identifizieren können (und sollen), und andererseits Wunschdenken und fantastische oder ganz schlicht und einfach eskapistische Elemente, die bestenfalls im übertragenen Sinne eine Aussagekraft haben, wenn sie mit dem realen Leben der Zuhörer verglichen werden. Selbst Allerleirauh - die einzige von den drei Stories, die in der Realität vorkommen könnte, ist ja schon ziemlich abwegig (wobei gerade das in Verbindung mit dem Stiefvater wiederum eine andere Sache sein dürfte).

    Damit, dass Erwachsene zu Witwe(r)n und Kinder zu Waisen wurden, dass man bei anderen Bezugspersonen aufwuchs (Stiefeltern, Großeltern etc.), dass es Streitereien und Hackordnungen unter Geschwistern gab (das obligatorische dritte Kind, das es den älteren so richtig zeigt), dass man aus dem einfachen Volk stammt (die ganzen Bauern, Holzfäller etc. die das Hauptreservoir für Märchenprotagonisten bilden) damit konnte man sich identifizieren.

    Und auf der anderen Seite gibt es das Wunschdenken, den Eskapismus, der sowohl in halbwegs plausiblen Formen auftritt (wieviele Märchenfiguren sind superschnuckelig) in extrem unplausiblen (wieviele sind verschollene Adelige, ausgesprochene Glückskinder oder machen am Ende des Märchens einen Sprung von SO 3 auf SO 9 bis 18?) und in absolut unmöglichen (all die Drachen, Feen, Flaschengeister, Hexen und Flüche, die mal als Herausforderung fungieren und mal als Unterstützung fungieren).

    Ich meine, gerade als Rollenspieler dürfte dir diese Gemengelage aus real nachvollziehbaren und absolut fantastischen Elementenja bestens geläufig sein.


    Zitat von Honak

    Dabei muss aber darauf hingewiesen werden, dass eine Erklärung noch lange keine Rechtfertigung ist.

    Eben.

  • Es hat vielleicht eher etwas damit zu tun, dass man früher Transsexuelle meist nicht als solche erkannte, sondern in ihnen meistens nur (oft homosexuelle) Transvestiten sah. Das hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert.

    Mir ging es mehr um die Frage, wer sich dazu motiviert fühlen würde, einen transsexuellen Charakter zu spielen.


    Zitat
    Warum nicht an die Amazonen?

    Thesia von Ilmenstein war Ulrich Kiesows eigener Charakter (und ihre Geliebte, Baronin Mirhiban, war eine Figur von Ina Kramer... mit der Uli einige Zeit zusammen war. Honi soit qui mal y pense). Wobei mir auch noch Nahema einfällt - die war zwar nicht sein Charakter, aber eine seiner Lieblingsfiguren, und ebenfalls bisexuell.

    (es gab auch einen sehr umfangreichen Thread im Ulisses-Forum, wo darüber spekuliert wurde, warum die Redaktions-NSCs anscheinend in solcher Zahl solche Extremfiguren waren, und unter anderem (neben supercool und superstylish, besonders einzigartiger Hintergrund, extrem mächtig mit abartig hohen Werten etc.) war auch das doch sehr extravagante Liebesleben der Figuren Thema. Insbesondere die Häufung dieses Tropus: http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/GirlOnGirlIsHot)

  • Mir ging es mehr um die Frage, wer sich dazu motiviert fühlen würde, einen transsexuellen Charakter zu spielen.

    Vielleicht Transsexuelle? Manche Leute wollen schließlich genau das spielen, was sie selbst sind.

    Thesia von Ilmenstein war Ulrich Kiesows eigener Charakter (und ihre Geliebte, Baronin Mirhiban, war eine Figur von Ina Kramer... mit der Uli einige Zeit zusammen war. Honi soit qui mal y pense). Wobei mir auch noch Nahema einfällt - die war zwar nicht sein Charakter, aber eine seiner Lieblingsfiguren, und ebenfalls bisexuell.

    Das wusste ich jetzt wirklich nicht...

  • Mir ging es mehr um die Frage, wer sich dazu motiviert fühlen würde, einen transsexuellen Charakter zu spielen.

    Vielleicht Transsexuelle? Manche Leute wollen schließlich genau das spielen, was sie selbst sind.

    Wobei hier meiner Erfahrung nach (ich habe jetzt zugegebenermaßen nur mit zwei Trans-Spielern über das Thema geredet, aber beide hatten dazu die gleiche Meinung) natürlich der zusätzliche Aspekt dazu kommt, dass man als Trans-Spieler einfach das Geschlecht seines Chars selbst bestimmen kann und damit eine ganze Menge Ärger loswird mit dem man sich sein echtes Leben lang herumschlagen musste, von daher ist selbst in Hinsicht der "Wunschselbstdarstellung" die Transquote unter Charakteren nochmal niedriger.

    Charaktere die sich als das andere Geschlecht ausgegeben haben aus "Gründen" hatte ich schon mehrfach, aber trans im heutigen Sinne habe ich tatsächlich auch noch keinen SC erlebt.

  • Vielleicht Transsexuelle? Manche Leute wollen schließlich genau das spielen, was sie selbst sind.

    Als Nicht-Betroffener kann ich da zugegebenermaßen nur spekulieren, aber was ich dazu denke, habe ich ja schon oben geschrieben: Gerade transsexuelle Rollenspieler könnten in diesem Hobby ja genau das auf natürliche Weise verkörpern, was sie in der Realität am liebsten wären - nämlich einen "echten" Vertreter des entgegengesetzten (biologischen) Geschlechts. Warum sollten diese sich eine Erfahrung, die in deren realen Leben wohl die Hauptursache der meisten Probleme, mit denen sie sich herumschlagen müssen, auch noch im Rollenspiel geben wollen?

    Edit: Delta kam mir da ein paar Minuten zuvor...

  • Ich weis, aus einer Diskussion über das Serum of Sex Shift im offiziellen Starfinder-Forum, dass es anscheinend viele gibt, die nicht nur 100% männlich bzw. 100% weiblich spielen wollen, sondern auch Zwischenformen (das war nämlich die große Frage gewesen). Wieviele davon transexuell sind, weis ich nicht, aber ich weis vom Paizo-Blog, dass bei Paizo mehrere transexuelle arbeiten, die z.T. erst durch das Rollenspiel ihre Transsexualität entdeckten. Und die haben sich zum Teil gerade dafür eingesetzt, dass es offen transsexuelle NSCs oder magische Tränke zum permanenten Geschlechtswechsel gibt.

    Warte mal...8|

    Ich spiele nur noch weibliche Charaktere...?(

    Bin ich jetzt etwa transsexuell?:huh:

  • EDIT Schattenkatze:

    Wer etwas zu einem gänzlich anderem Thema als dem eines Threads zu schreiben hat, kopiert bitte das entsprechende Zitat und eröffnet sofort einen neuen Thread. Beiträge sollen laut Verhaltensregeln themenbezogen sein, und die Verhaltensregeln sind gültig.

    Auch dieser Thread wird geschlossen, da nicht zu erkennen ist, sich an die Regeln halten und beim Thema zu bleiben zu wollen, oder frühzeitig einen eigenen Thread aufzumachen bei Interesse an einem abweichenden Thema.

  • Schattenkatze 10. Juni 2018 um 15:54

    Hat das Thema geschlossen.