Die Bibel und Gottesbeweis

  • Ich muss dir im Bezug auf das Christentum recht geben. Es handelte sich hierbei tatsächlich um neuartige Ideen, mit denen die Menschen konfrontiert waren. Ich glaube dennoch, dass zumindest der Erfolg des Christentums dadurch bedingt war, dass diese neuen Ideen die Bedürfnisse bestimmter Bevölkerungschichten im gegebenen antiken bis spätantiken Kontext ansprach, vor allem in Hinblick auf die generell große Beliebtheit von Erlöserkulten, Auferstehungsgeschichten etc..

    Was mit dem zitierten Satz ich sagen wollte (aber nicht genau kommuniziert habe) ist das Religionen auch nur Produkte ihrer Zeit und ihres Kontextes sind, keineswegs immer Replika derselben.

    Deine zweite Quelle werde ich nicht lesen, weil die Seite mir vorschreiben will, welche Add-ons auf meinen Browser laufen... :cursing:

    Das ist natürlich schade, die Aussage die ich mache wollte steht aber auch nur mit dem Zitat.

    Ich wünschte, ich wäre zu Hause in meiner hübschen Höhle beim Kaminfeuer, wenn gerade der Kessel anfängt zu summen! -- Bilbo Beutlin

  • Aber die christliche Ethik bzw. die Konsequenzen des christlichen Glaubens bezüglich des menschlichen Miteinanders sind theologisch durchaus zentral.

    Und waren damals etwas fundamental Neues. So neu und so anders, dass die christliche Gemeinde sehr schnell wuchs, etwas was vorher und nachher keine Religion geschafft hat.

    Ist das wirklich so? Wie schnell hat sich der Islam ausgebreitet, mMn war das deutlich schneller als die Ausbreitung des Christentums, da dauerte es immerhin ca 300 Jahre bis der erste Staat (Armenien) komplett christlich wurde - der Islam hatte da schon Europa, Asien und Afrika erreicht. Auch der Buddhismus hat sich mMn schneller als das Christentum ausgebreitet. Der Mithraskult war, obwohl genauso fremdländisch für die Römer, zu Beginn verbreiteter als das Christentum usw.

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Ist das wirklich so? Wie schnell hat sich der Islam ausgebreitet, mMn war das deutlich schneller als die Ausbreitung des Christentums, da dauerte es immerhin ca 300 Jahre bis der erste Staat (Armenien) komplett christlich wurde - der Islam hatte da schon Europa, Asien und Afrika erreicht. Auch der Buddhismus hat sich mMn schneller als das Christentum ausgebreitet. Der Mithraskult war, obwohl genauso fremdländisch für die Römer, zu Beginn verbreiteter als das Christentum usw.

    Man sollte nicht den Fehler machen, die arabischen Eroberungen mit der Ausbreitung des Islam gleichzusetzen, denn wie einige Forscher festgestellt haben, ist die Geschichte des frühen Islams viel lückenhafter als die des frühen Christentums. Derzeit lautet die Theorie, dass der Islam eine Folge der Expansion war, nicht der Auslöser und sich erst dann entwickelt hat. Es ist außerdem bekannt, dass in vielen Gegenden die Moslems eine Minderheit waren, denn die islamischen Machthaber waren aus zwei Gründen nicht an Massenkonversionen interessiert, nämlich Steuern und Sklaven. Der Islam verbietet nämlich die Versklavung von Moslems und auch das Moslems Steuern zahlen.

    Der Mithraskult war besondern unter Soldaten beliebt, während das Christentum alle Bevölkerungschichten ansprach. Da ist es kein Wunder, dass der Mithraskult anscheinend weiterverbreitet war, denn Soldaten wurden schließlich überall hingeschickt. Trotzdem konnte sich das christentum schneller ausbreiten, denn es gab überall jene, die sich vom Christentum angesprochen fühlten, weil es die bestehenden Ungerechtigkeiten (Sklaverei, Benachteiligung von Frauen, etc.) abschaffen wollte.

  • (Sklaverei, Benachteiligung von Frauen, etc.)

    Ist das so? Später wurde die christliche Religion genauso wieder ausgenutzt, um die Unterdrückung der Frau oder das Töten von Heiden zu rechtfertigen - und auch Sklaverei gab es danach immer wieder - wenn wohl auch nicht in dem Maße wie davor.

    Die Geschichtsstunde ist zwar sehr interessant - und ich danke euch wirklich für all die Infos, die ihr hier zusammentragt, aber ist das denn für die zentrale Fragestellung erheblich? Egal - weiter so :)

    Ich habe zum Thema Religion mal eine sehr interessante Diskussion verfolgt, in der es drum ging, ob es auch ohne Religion funktionieren würde oder eben nicht. Die menschliche Neigung zu religiösen Erlebnissen ist ja neurowissenschaftlich untersucht worden - religiöse Gefühle unterscheiden sich wohl nicht sonderlich zur Gefühlslage bei einem Rock-Konzert.

    In der Diskussion wurden einige Sachen zusammengebracht: Man kann auch ohne Religion drauf kommen, das Töten schlecht ist als soziales Lebewesen. Es wird halt echt kompliziert - Mord ist ja definitionsgemäß schlecht (Mord = hinterhältiges Töten aus niederen Beweggründen).
    Ratten und Affen kennen Fair-Play und sind auch ohne Religion oder Kultur sehr soziale Wesen. Auf der anderen Seite führen Schimpansen auch Krieg - trifft eine Affengruppe auf eine andere Gruppe mit weniger Affen, versuchen sie diese auszulöschen. Bei Schimpansen, die im Schnitt doppelt so stark wie ein ausgewachsener Mensch ist, wird das echt übel...

    In dieser Diskussion stellt sich auch irgendwann die Frage, ob und wie man Gut und Böse definiert, und ob eine solche Definition relativ oder absolut sein kann - also ob es ein objektives Gut bzw. Böse gibt, oder ob diese Definitionen immer nur relativ sind.

    Und die pro-Religionsseite sagt an der Stelle, das es ohne Religion keinen ausreichenden Imperativ gäbe, "Gut" zu sein, weil eine rein deterministische Moral nicht ausreicht.

    Meiner Meinung nach sind solche metaphysischen Überlegungen der richtige Bereich, wo die Religion hingehört. Für mich erfüllt hier die Bibel (oder der Koran usw.) genau diesen Bereich: Religion ist der Versucht, die metaphysischen Konzepte für Gut und Böse und was ein "moralisch richtiges" Leben bedeutet zu veranschaulichen. Diese Aufgabe erfüllen in der Regel ALLE Arten von Geschichten auf die eine oder andere Weise - also z.B. auch Märchen - oder Space-Operas*. Gute Geschichten enthalten einen Kern "metaphysischer Wahrheit", was sie für uns so zugänglich und spannend macht - und religiöse Texte waren und sind eben der Versuch, da ein möglichst kohärentes (mehr oder weniger) Sammelsurium solcher Erkenntnisse zusammenzufassen. Religionen waren (und wahrscheinlich sind noch) so zugänglich gewesen, weil die Geschichten darin eben in den Menschen etwas bewegt haben, was sie bisher nicht verstanden haben.

    Und dann ist es halt wichtig, dass man die Regeln, die man aus solchen Schriften ableitet in einen historischen Kontext zu setzen - weil konkrete Regeln zu irgendwas eben zu einem gewissen Zeitpunkt Sinnvoll sein können, in der Zukunft aber irgendwann nicht mehr zeitgemäß sein können. Und gerade die Kirchen leisten einen sehr schlechten Job darin, sich zu wandeln und an den aktuellen Zeitraum anzupassen - das ist ja schon fast synonym im Sprachgebrauch...

    * Edit: Nur als Beispiel: Darth Vader ist ein perfektes Beispiel für einen bösen Charakter. Als Bösewicht wurde er so perfekt getroffen, dass er oft als Beispiel für einen Meta-Bösewicht herhält, an dem man andere Bösewichte misst, einfach weil der den Archetyp so gut ausfüllt.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

    3 Mal editiert, zuletzt von Sternenfaenger (21. Juni 2018 um 10:26)

  • Ist das so? Später wurde die christliche Religion genauso wieder ausgenutzt, um die Unterdrückung der Frau oder das Töten von Heiden zu rechtfertigen - und auch Sklaverei gab es danach immer wieder - wenn wohl auch nicht in dem Maße wie davor.

    Ja, unter den frühen Christen finden sich sehr viele Sklaven und Frauen. Auch hat sich die Kirche schon immer für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt und sie ware eigentlich immer erfolgreich, außer bei den afrikanischen Sklaven in der Neuzeit. (Sie in übrigen viel besser behandelt wurden als die afrikanischen Sklaven in der islamischen Welt. Ein senegalesischer Historiker hat einmal gesagt, dass das schlimmste, was den Schwarzafrikanern passieren konnte, der Islam gewesen sei.) Und auch diese Sklaverei wurde auf Drängen von Christen abgeschafft.

  • Und auch diese Sklaverei wurde auf Drängen von Christen abgeschafft.

    Mein Wissensstand war immer, das die Ideen der Aufklärung dem "besitzen" von Menschen ein Ende bereiteten. (nicht dem Rassismus, natürlich) Die Versklavung von dunkelhäutigen Menschen wurde neben der Rassenideologie auch durch die biblische Geschichte von Noahs Sohn gerechtfertigt, dessen Nachkommen als Strafe für seine Sünden (was für welche, ist debattiert) ist dunkle Haut hatten.hier

    Und da das alte Testament durchaus als Rechtfertigung für Christen herhielt, kann man hier auch erwähnen, dass Sklaverei im AT vollkommen in Ordnung ist.

    Ich wünschte, ich wäre zu Hause in meiner hübschen Höhle beim Kaminfeuer, wenn gerade der Kessel anfängt zu summen! -- Bilbo Beutlin

  • Mein Wissensstand war immer, das die Ideen der Aufklärung dem "besitzen" von Menschen ein Ende bereiteten.

    Wenn man Manfred Lütz glauben schenken darf, war die Aufklärer die Wegbereiter des modernen Rassismus und außerdem noch beführworter der Sklaverei.

    Und da das alte Testament durchaus als Rechtfertigung für Christen herhielt, kann man hier auch erwähnen, dass Sklaverei im AT vollkommen in Ordnung ist.

    Das war das Alte Testament, aber gerade das Neue Testament lehnte Sklaverei ab. Deshalb wurde die Sklaverei auch nach der Konstantinischen Wende im Römischen reich verboten.

  • die Aufklärer die Wegbereiter des modernen Rassismus und außerdem noch beführworter der Sklaverei.

    Deswegen habe ich ja absichtlich das Gedankengut der Aufklärung angewendet und nicht die (fehlbaren) Individuen, die sie begründet haben.

    Außerdem würde ich These gern etwas elaborierter haben, auf Basis von Autorität glaube ich sie nicht. Ich habe dafür einen neuen Thread eröffnet.

    Das war das Alte Testament, aber gerade das Neue Testament lehnte Sklaverei ab.

    Das war ja gerade mein Punkt. Dass die Bibel gerne und oft als bunte Tüte behandelt wurden, aus denen man sich die entsprechende Rechtfertigung raussuchen kann, gerade weil sie sich am laufenden Band widerspricht, über die Jahrtausende geretcont wurde etc., was eine Vielzahl an unterschiedlichen (moralischen) Vorstellungen auf ihrer Basis ermöglicht. (Die verschiedenen Konfessionen des Christentums belegen dies)

    Ich wünschte, ich wäre zu Hause in meiner hübschen Höhle beim Kaminfeuer, wenn gerade der Kessel anfängt zu summen! -- Bilbo Beutlin

  • aus denen man sich die entsprechende Rechtfertigung raussuchen kann

    Und dies sollte man natürlich nicht tun. Wo das Alte Testament dem Neuen Testament widerspricht, sollte man sich eigentlich immer nach dem Neuen Testament richten, und dort eigentlich an das, was Jesus gesagt bzw. getan hat.

  • Puh, viel zu lange nicht hier reingeschaut… weshalb ich sicher nur auf die Hälfte aller Argumente eingehe.

    Zitat von Traumweber

    "Ein Gott, der nur noch ein abstraktes Prinzip ist - warum sollte der sich um die Anliegen der Menschen kümmern?"

    Zitat von Lorion

    Hier schwingt ein personales und aktiv handelndes Gottesbild mit. Das bringt einige Probleme mit sich. Ich rate dazu, sich davon zu entfernen. An einen personalen Gott zu glauben ist mit vernünftigen Mitteln kaum noch zu begründen. Das ist auch die Erkenntnis vieler heutiger Theologen. (Hervorhebung von Traumweber)

    Gott wird nicht benötigt, um irgendetwas in der Welt zu erklären.

    Genau das ist es. Aber wofür ist er dann da? Als Denkübung? (Falsche Frage, ich weiß. Sie personalisiert schon wieder etwas, das nicht zu personalisieren ist) ;)

    Zwischenspiel - Metaebene

    Zitat von Lorion

    (…) wissenschaftlich mit der Gottesfrage beschäftigen

    Ein Gottesbegriff, der den Anspruch hat, in der heutigen Welt vernünftig und begründbar gedacht zu werden, muss Gott so zu denken versuchen, dass er weder ein Lückenbüßer ist, noch eine reine Trost-Funktion für menschliche Ängste, noch ein personal handelndes Wesen/Prinzip. Und möchte man eine aktuelle Diskussion führen, sollte man sich eben solche Gottesbegriffe anschauen und nicht seit Jahren überholte Gottesbegriffe (die aber zugegeben noch beim Großteil der christlichen, aber eben unaufgeklärten, Menschen verankert sind).

    Mir scheint, du denkst und argumentierst aus der Sicht eines Theologen, aber darum ging es mir in meiner Argumentation nicht, da das eine sehr exklusive Betrachtungsweise ist, ich bin geneigt zu sagen, eines aus der (einsamen) Höhe eines Elfenbeinturms ;)

    Natürlich kannst du sagen, wenn man in einem Thread mit einem so hochgestochenen Titel postet, kann jeder erwarten, dass das Thema auf entsprechend hohem Niveau diskutiert wird. Das würde aber, fürchte ich, das Ende dieser Diskussion bedeuten, da wohl die Wenigsten hier auf dem Ork (ich schließe mich da ein) in der Lage sind, das Thema auf dem aktuellen Stand der theologischen Forschung zu diskutieren.

    Metaebene Ende ;)

    Zitat von Lorion

    (…) Meines Erachtens muss auch hier zwischen der Kirche unterschieden werden, wie sie theologisch verankert ist und wie sie theologisch funktionieren sollte (...)

    Allerdings ändert das nichts an der prinzipiellen Bedeutung der Idee Kirche, die leider größtenteils in der Umsetzung dramatisch gescheitert ist.

    Das Problem ist ein Zuviel an Konjunktiven ;)

    Was verstehst du unter der Idee Kirche?

    Zitat von Lorion

    Religionen bzw. religiöse Aussagen haben in der Vergangenheit oft versucht, Erklärung zur Entstehung der Welt zu bringen. Aber genau das ist - zumindest in der heutigen Zeit im Christentum und auch im deutschsprachigen Islam an Universitäten - nicht mehr der Fall.

    Was machen sie stattdessen?

    Zitat von Lorion

    Und dass es dieses Etwas gibt, das Menschen dazu veranlasst, sich göttliche Wesen zu konstruieren, die dieses Etwas beschreibbar zu machen, scheint zumindest gut begründbar zu sein.

    Kann ich das so übersetzen: es muss einen Gott geben, denn sonst würden wir uns keine göttlichen Wesen konstruieren, damit Gott für den begrenzten menschlichen Verstand fassbar wird?

    Zitat von Lorion

    cogito ergo sum ("Ich denke, also bin ich")

    ...ist eine Frage, die man vielleicht noch besser als mit einem Theologen mit einem Neurobiologen diskutieren kann: Was ist Bewusstsein?

    Zitat von Barbarossa Rotbart

    Ja, unter den frühen Christen finden sich sehr viele Sklaven und Frauen.

    Das ist wohl richtig, aber…

    Zitat von Barbarossa Rotbart

    Auch hat sich die Kirche schon immer für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt

    ...ist leider falsch, wie man im NT nachlesen kann:

    Zitat

    (Kol 3,22) "Ihr Sklaven, seid gehorsam in allen Dingen euren irdischen Herren!"

    (1 Tim 6,1): "Alle, die als Sklaven unter dem Joch sind, sollen ihre Herren aller Ehre wert halten."

    (1. Petr 2,18): "Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter, nicht allein den gütigen und freundlichen, sondern auch den wunderlichen (zornigen, launischen)."

    (Eph 6,1-9) *Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren mit Furcht und Zittern und mit aufrichtigem Herzen, als wäre es Christus. Arbeitet nicht nur, um euch bei den Menschen einzuschmeicheln und ihnen zu gefallen, sondern erfüllt als Sklaven Christi von Herzen den Willen Gottes! Dient freudig, als dientet ihr dem Herrn und nicht den Menschen. Denn ihr wisst, dass jeder, der etwas Gutes tut, es vom Herrn zurückerhalten wird, ob er ein Sklave ist oder ein freier Mann."

    Aber das nur nebenbei; ist ja nicht Thema hier ^^

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  • Traumweber

    Da stellt sich mir ein Frage: Wieso gibt es dann keine Sklaverei mehr? Wieso war Sklaverei schon im christlichen Rom verboten?

    Außerdem, Deine Bibelzitate richten sich nur an die Sklaven, aber nicht an ihre Herren. Was kann man daraus schließen?

  • Jetzt kommt die Fummelarbeit! :D


    Genau das ist es. Aber wofür ist er dann da? Als Denkübung? (Falsche Frage, ich weiß. Sie personalisiert schon wieder etwas, das nicht zu personalisieren ist) ;)

    Das muss jeder Versuch, einen Gottesbegriff definitorisch zu liefern, für sich erklären (oder auch nicht). Viele Theologen würden vermutlich davor warnen, aus der Erkenntnis, dass die Welt auch ohne den Gottesbegriff auskommt, zu schließen, dass es sinnlos bzw. überflüssig wäre, sich darüber Gedanken zu machen. Als eine Denkübung kann es aber m.E. durchaus gesehen werden. Eine Denkübung, die versucht, das zu definieren und in einen Gottesbegriff zu packen, was dem Prinzip des Göttlichen zugrunde liegt (siehe unten bei der Reaktion auf dein nächstes Zitat).

    Kann ich das so übersetzen: es muss einen Gott geben, denn sonst würden wir uns keine göttlichen Wesen konstruieren, damit Gott für den begrenzten menschlichen Verstand fassbar wird?

    Nein, bitte nicht! Auszusagen, es müsse einen Gott geben, würde meiner eigenen Argumentation ja das Genick brechen, weil ich dann selbst komplett offen lasse, was mit Gott gemeint ist.

    Was ich meine: Zweifelsohne kann man versuchen dem auf den Grund gehen, was einem Glauben an etwas Göttliches zugrunde liegt. Wir haben ja schon zusammengefasst, dass das sehr viel mit Ängsten zu tun hat und mit der Frage, wovon her (und worauf hin?) aller kommt. Ich würde für die Klarstellung meiner Meinung gerne festhalten, dass unterschiedlichste Vorstellungen eines Gottes (oder mehrerer Götter oder andere transzendenter Wirklichkeiten) irgendwie darauf zurückzuführen sind, dass das Sein vom Nichtsein unterschieden ist und was es damit auf sich hat. Und das, worauf sich der Glaube an etwas Göttliches zurückführen lässt, habe ich versucht mit "das Etwas" zu beschreiben. Es gibt dieses Etwas, etwa den Unterschied zwischen Sein und nichts - zumindest würden viele Wissenschaftler mir da zustimmen. Und wenn ein Gottesbegriff dort ansetzt, ist es schon eine ganz andere Geschichte, als würde man einen personalen Gott versuchen zu denken.

    Zitat von Lorion

    cogito ergo sum ("Ich denke, also bin ich")

    Ja, auch hier kann ausführlich gestritten werden. Und nicht wenige Gottesbegriffe setzen genau da an, beim Grund des Selbs-Bewusstseins (nicht im Sinne einer Vorform der Arroganz, sondern des Bewusstseins über sich selbst).


    Mir scheint, du denkst und argumentierst aus der Sicht eines Theologen, aber darum ging es mir in meiner Argumentation nicht, da das eine sehr exklusive Betrachtungsweise ist, ich bin geneigt zu sagen, eines aus der (einsamen) Höhe eines Elfenbeinturms ;)

    Natürlich kannst du sagen, wenn man in einem Thread mit einem so hochgestochenen Titel postet, kann jeder erwarten, dass das Thema auf entsprechend hohem Niveau diskutiert wird. Das würde aber, fürchte ich, das Ende dieser Diskussion bedeuten, da wohl die Wenigsten hier auf dem Ork (ich schließe mich da ein) in der Lage sind, das Thema auf dem aktuellen Stand der theologischen Forschung zu diskutieren.

    Ja, das ist ein Problem, das ich mit meinem ersten Post hier auch zeigen wollte. Allerdings war es mir wichtig, auf einige Trugschlüsse bzw. Vorurteile hinzuweisen, die hier so aufkamen. Und die Debatte wurde von einigen Teilnehmern ja durchaus mit wissenschaftlichen Ansprüchen (und Ansprüchen des Aberkennens solcher Ansprüche usw.) geführt. Daher lohnt es sich m.E. darauf hinzuweisen, dass es sich der eine oder andere eventuell etwas zu leicht gemacht haben könnte.

    Was verstehst du unter der Idee Kirche?

    Puh... Ohne jetzt XX Seiten zu schreiben:

    Die Idee der Kirche ist m.E. theologisch, die vom biblischen Jesus zur unbedingten interpersonalen Zuwendung übersetzte unbedingte Zuwendung Gottes (als daseinskonstituierender Unterschied zwischen Sein und Nichts) zu verkünden und zu verbreiten.

    Zitat von Lorion

    Religionen bzw. religiöse Aussagen haben in der Vergangenheit oft versucht, Erklärung zur Entstehung der Welt zu bringen. Aber genau das ist - zumindest in der heutigen Zeit im Christentum und auch im deutschsprachigen Islam an Universitäten - nicht mehr der Fall.

    Was machen sie stattdessen?

    Jedenfalls nicht versuchen, einen chronologischen Beginn der Welt zu erklären im sinne einer Ursache des Seins. Dem Grund des Seins auf den Grund (:/) zu gehen, ist da schon viel eher im Fokus.

  • Ist das wirklich so? Wie schnell hat sich der Islam ausgebreitet, mMn war das deutlich schneller als die Ausbreitung des Christentums, da dauerte es immerhin ca 300 Jahre bis der erste Staat (Armenien) komplett christlich wurde - der Islam hatte da schon Europa, Asien und Afrika erreicht. Auch der Buddhismus hat sich mMn schneller als das Christentum ausgebreitet. Der Mithraskult war, obwohl genauso fremdländisch für die Römer, zu Beginn verbreiteter als das Christentum usw.

    Man sollte nicht den Fehler machen, die arabischen Eroberungen mit der Ausbreitung des Islam gleichzusetzen, denn wie einige Forscher festgestellt haben, ist die Geschichte des frühen Islams viel lückenhafter als die des frühen Christentums. Derzeit lautet die Theorie, dass der Islam eine Folge der Expansion war, nicht der Auslöser und sich erst dann entwickelt hat. Es ist außerdem bekannt, dass in vielen Gegenden die Moslems eine Minderheit waren, denn die islamischen Machthaber waren aus zwei Gründen nicht an Massenkonversionen interessiert, nämlich Steuern und Sklaven. Der Islam verbietet nämlich die Versklavung von Moslems und auch das Moslems Steuern zahlen.

    Der Mithraskult war besondern unter Soldaten beliebt, während das Christentum alle Bevölkerungschichten ansprach. Da ist es kein Wunder, dass der Mithraskult anscheinend weiterverbreitet war, denn Soldaten wurden schließlich überall hingeschickt. Trotzdem konnte sich das christentum schneller ausbreiten, denn es gab überall jene, die sich vom Christentum angesprochen fühlten, weil es die bestehenden Ungerechtigkeiten (Sklaverei, Benachteiligung von Frauen, etc.) abschaffen wollte.

    Der Islam wurde mit den arabischen Heeren verbreitet. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden von der arabischen Halbinsel aus Nordafrika und die iberische Halbinsel, sowie der Nahe und Mittlere Osten erreicht. Dort lebten u.a. viele Christen, deren Religion als eine der "Religionen des Buches" (weitgehend) toleriert wurde, es gab (zunächst) wenig Zwangskonversionen. In Ägypten z.B. geht man davon aus, dass es eine koptische Mehrheit noch bis ins 13. Jahrhundert hinein gab. Auch die von dir genannten Gründe, v.a. Steuern, mögen dabei eine Rolle gespielt haben. In manchen Gegenden, z.B. Palästina und Syrien, gab es aber nach den innerchristlichen Konflikten (z.B. Ikonoklasmus), die sich nach der Ausbreitung des Islams abgespielt hatten, eine Bereitschaft, zum neuen Glauben überzutreten.

    Wenige Jahrzehnte, nachdem das Christentum im Römischen Reich zunächst erlaubt wurde, setzte es durch, dass alle anderen Religionen verboten wurden. Der letzte römische Kaiser, der sich dem entgegenstemmen und die traditionelle Religion erhalten wollte, Julian Apostata, fiel im Krieg gegen die Sassaniden, danach wurden alle Tempel wieder geschlossen usw. Auch die Ausbreitung des Christentums in den germanischen Ländern nach dem Untergang des Römischen Reiches war oft von Zwang begleitet. Im Volk haben sich allerdings Verehrung der traditionellen Götter noch lange nach der Zwangschristianisierung erhalten.

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • In manchen Gegenden, z.B. Palästina und Syrien, gab es aber nach den innerchristlichen Konflikten (z.B. Ikonoklasmus), die sich nach der Ausbreitung des Islams abgespielt hatten, eine Bereitschaft, zum neuen Glauben überzutreten.

    Dort gab es aber auch die ersten Christenverfolgungen durch Moslems und zwar noch vor den Kreuzzügen.

    Wenige Jahrzehnte, nachdem das Christentum im Römischen Reich zunächst erlaubt wurde, setzte es durch, dass alle anderen Religionen verboten wurden.

    Wobei dieses Verbot nicht von der christlichen Gemeinde ausging, sondern von den christlichen Kaiser, die das Christentum zum Ersatz für den das Reich zusammenhaltenden Kaiserkult machten. Zwangstaufen geschahen selten im Auftrag der Kirche, sondern fast immer im auftrag weltlicher Herrscher, die den Grundsatz "ein Reich, ein Glaube, ein Herrscher" vertraten.

  • Lorion Wo? habe das vielleicht auf dem Handy übersehen?

    Barbarossa Rotbart MWn geschah das Verbot des Paganismus primär auf Betreiben der christlichen Kirche, weniger von kaiserlicher Seite - diese haben das dann umgesetzt. Die Kaiser ließen z.B. noch lange pagane Senatoren zu. Der römische Glaube hatte ja als Staatsreligion ganz gut funktioniert, weitgehende Toleranz gegenüber anderen Religionen inklusive (Druidentum und phasenweise Christentum ausgenommen).

    Die Kirche betrieb einen ausgeprägten Antipaganismus, sobald sie die dafür notwendige Macht und Stellung hatte, Hypatia z.B. wurde nicht von einem Kaiser gerichtet, sondern von einem christlichen Mob zerstückelt. MMn passt die Intoleranz auch zum "Alleinvertretungsanspruch" der monotheistischen Religionen, die Auswirkungen derselben können natürlich auch weltlichen Herrschern zupass kommen, s. z.B. die Christianisierung Norwegens, die als Maßnahme zur Einführung eines Zentralkönigtums genutzt wurde.

    Dein Hinweis, dass in "Streitfragen" zwischen NT und AT das NT zu gelten habe, ist mMn nur aus christlicher Sicht nachvollziehbar, warum sollte ein Jude das "Wort Gottes" (=AT) durch "das Geschreibsel" im NT überstimmen lassen? Das würde ja implizieren, dass das NT auch das "Wort Gottes" sei, was Christen glauben, Juden eben nicht.

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Hypatia z.B. wurde nicht von einem Kaiser gerichtet, sondern von einem christlichen Mob zerstückelt.

    Die Betonung liegt auf Mob! Das ist nicht im Auftrag der Kirche geschehen, sondern wurde, wie soviele Verbrechen in Namen des Christentums, durch Laien verübt, die wirklich glaubten, dadurch eine gute Tat zu tun, dabei aber vollkommen vergessen, dass ihr Glaube genau dies verbietet.

    Der römische Glaube hatte ja als Staatsreligion ganz gut funktioniert

    Aber nur solange der Kaiser kein Christ war. Der Kaiserkult war für die christlichen Kaiser nicht mit ihrem Glauben vereinbar. Deshalb ersetzten sie ihn durch das Christentum. Außerdem war das Verbot heidnischer Kulte kein Aufruf zu Zwangstaufen und Heidenverfolgungen, denn die Kirche wollte die Leute durch Worte und Taten und nicht durch Zwang bekehren.

    die Auswirkungen derselben können natürlich auch weltlichen Herrschern zupass kommen

    Die Massentaufen und Zwangschristianisierungen gingen meines Wissens nach immer von den jeweiligen weltlichen Herrschern aus, denn für sie waren die Heiden mit ihren unabhängigen Priestern eine Gefahr für ihre eigene Macht. Der Grundsatz, der, mit einigen Ausnahmen*, schon immer galt, war: Ein Reich, ein Glaube, ein Herrscher.

    * eine Ausnahme war z.B. Litauen, deren Herrscher noch lange Heiden blieben, obwohl der größte Teil der Bevölkerung schon längts Christen und Juden waren. Das Problem war, sie konnten sich zwischen Katholozismus, Orthodoxie und Judentum entscheiden, bis dann in Polen der König ohne männlichen Erben starb...

    Dein Hinweis, dass in "Streitfragen" zwischen NT und AT das NT zu gelten habe, ist mMn nur aus christlicher Sicht nachvollziehbar, warum sollte ein Jude das "Wort Gottes" (=AT) durch "das Geschreibsel" im NT überstimmen lassen? Das würde ja implizieren, dass das NT auch das "Wort Gottes" sei, was Christen glauben, Juden eben nicht.

    Ging es nicht die ganze Zeit um das Christentum?

  • Ging es nicht die ganze Zeit um das Christentum?

    Titel des Threads lautet: Die Bibel und der Gottesbeweis nicht Das Christentum und der Gottesbeweis ;)

    Zitat von Barbarossa Rotbart

    Da stellt sich mir ein Frage: Wieso gibt es dann keine Sklaverei mehr? Wieso war Sklaverei schon im christlichen Rom verboten?

    Diese Frage wurde schon von anderen beantwortet. Trotzdem nochmal: Die Sklaverei wurde keineswegs verboten. So begründet Augustinus die Rechtmäßigkeit der Sklaverei als Strafe für die Sünde (De civitate Dei 19;15) und Thomas von Aquin rechtfertigt sie durch das Naturrecht.

    Zitat von Barbarossa Rotbart

    Außerdem, Deine Bibelzitate richten sich nur an die Sklaven, aber nicht an ihre Herren. Was kann man daraus schließen?

    Das verstehe ich als rhetorische Frage. Worauf du hinauswillst (nehme ich an) ist, dass Sklaven Teil der frühchristlichen Gemeinden waren. Allerdings wurde getrennt zwischen der Freiheit der Seele (flapsig ausgedrückt: Die Gedanken sind frei) und der des Fleisches, die für Sklaven nicht galt.

    Das war's vorerst von mir, da ich die Diskussion zwar sehr interessant finde, aber leider im Moment nicht die Zeit habe, mit der gebotenen Sorgfalt zu posten. Und einfach was rausblubbern will ich nicht :)

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    Einmal editiert, zuletzt von Traumweber (24. Juni 2018 um 11:30)

  • Diese Frage wurde schon von anderen beantwortet. Trotzdem nochmal: Die Sklaverei wurde keineswegs verboten. So begründet Augustinus die Rechtmäßigkeit der Sklaverei als Strafe für die Sünde (De civitate Dei 19;15) und Thomas von Aquin rechtfertigt sie durch das Naturrecht.

    Nein, wurde sie nicht. So weit ich weis, und ich bin mir da sehr sicher, war Sklaverei in Mittelalter in allen christlichen Ländern verboten. Christen war es verboten andere Christen zu versklaven oder zu kaufen. Erst in der Neuzeit änderte sich das, als man den afrikanischen Sklavenhandel von den Mauren übernahm.

    Das Naturrecht verbietet Sklaverei. Leider wurde es in der Antike nie umgesetzt, sondern war nur ein Gedankenspiel der Philosphen.

    Das verstehe ich als rhetorische Frage. Worauf du hinauswillst (nehme ich an) ist, dass Sklaven Teil der frühchristlichen Gemeinden waren. Allerdings wurde getrennt zwischen der Freiheit der Seele (flapsig ausgedrückt: Die Gedanken sind frei) und der des Fleisches, die für Sklaven nicht galt.

    Das war KEINE rethorische Frage! Das war ein Hinweis darauf, dass die frühen Christen Sklaverei ablehnten und sie für nicht vereinbar mit ihrem Glauben hielten.

    EDIT: Das große Problem ist doch, dass Bibelzitate gerne benutzt werden, um alles mögliche zu begründen, aber aus dem Zusammenhang gerissen sind sie wertlos. Das gilt besonders für jene Zitate aus dem Neuen Testament, welche anscheinend die Sklaverei (oder andere "Verbrechen") unterstützen. Wenn man dann an andere Stelle bei Paulus liest, dass es für ihn keinen Unterschied zwischen Mann und Frau, Jude und Grieche, Sklave und Freien gibt, dann muss man dass doch gleich ganz anders auffassen...