Die Bibel und Gottesbeweis

  • Du hast tatsächlich jemanden getroffen der ernsthaft diese flache Erde Geschichte propagiert? Das scheint mir irgendwie so eine Art Randerscheinung der modernen Internetgesellschaft zu sein...irgendwie lustig aber eigentlich zu abstrus um glauben zu können das nimmt jemand ernst.

    Die Überlegungen sind aber ganz nützlich wenn man eine Flache Fantasywelt kreeiern will.

    Einmal editiert, zuletzt von Goltron (14. Juni 2018 um 08:29)

  • Das es Flacherdler gibt, dient mir immer gern als Argument, dass auch in Aventurien (die ja nicht so stark gebildet sind) einzelne wüste Theorien vertreten können...

    Wobei ich langsam glaube, vor 20-30 Jahren war die Menschen Europas gebildeter und hatten weniger "Schrullen"... das Internet macht uns dümmer, technik nimmt uns das denken ab (ne Uhr die mir sagt wann ich zappeln soll und wieviel ich noch dies und das machen soll entmündigt den Menschen... ein Navi macht orientierungslos und wenn das Handy fragt ob ich den üblichen Alarm wirklich ausmachen möchte frag ich mich, ob ich oder das Handy doof sind - noch schlimmer: Mein PC (Eigentum meinreiner) wagt es doch glatt mir bestimmte Dinge nicht zu erlauben: "Dafür haben sie keine Rechte" (ich frag mich: wer, wenn nicht der Besitzer??).... Achw as war der Norton Commander doch toll....

    MfGrumbrak

    PS: @Topic: Selbst eine reale Erscheinung von Gott wird von allen, die nicht anwesend waren als "Unter Drogen", "Fake news" oder "Zum Zeitpunkt der Erscheinung wurden erhöhte Werte an Methan im 2km entfernten BLubbort gemessen.... ob das eine Erklärung für die Halluzinationen sein kann?"

    Nietzsche und Amazeroth - Also sprach Zarathustra (zweiter Teil):

    Was erschrak ich doch so in meinem Traume, dass ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug?

    "Oh Zarathustra - sprach das Kind zu mir - schaue Dich an im Spiegel!"

    Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war erschüttert: denn nicht mich sah ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen.

  • Rattazustra hat es ja genauso schön wie polemisch auf den Punkt gebracht: Eigene Erzählberichte eignen sich denkbar schlecht dazu, religiöse Behauptungen wissenschaftlich zu beweisen.

    Wer die Bibel - oder den Koran - für ein historisch akkurates Werk hält und die Sammlung an Geschichten darin als historisch weitestgehend richtig annimmt, liegt einfach falsch. Eine Arche kann es nie gegeben haben, und die Evolution ist trotz der Lücken, die wir noch nicht verstehen, eine Killer-Theorie - man kommt nicht drum herum, sie kann nicht geleugnet werden. Wer etwas anders behauptet steht auf einer Ebene mit den Flat-Earthern: entweder will es die Person nicht verstehen oder es fehlt die Rechenleistung. In wie weit dann noch eine Diskussion hilfreich ist kann jeder für sich selbst entscheiden.

    Die nächste Stufe sind dann die Creationists, die eben sagen, dass Evolution stimmt, aber das da doch bestimmt ein intelligenter Designer dahinter stecken muss. Ist in meinen Augen eine harmlosere Denkweise, neigt halt in meinen Augen zum pseudowissenschaftlichen Arbeiten. Ich meine, dass auch die inzwischen mehr oder weniger das Handtuch geworfen haben oder zumindest auf einen so irrelevanten kleinen Haufen zusammengeschrumpft sind, dass es sich nicht mal mehr lohnt ihnen aufzuzeigen, wo sie überall falsch liegen.

    Mein Problem ist nicht Religion an sich, sondern die Kirchen und Sekten, welche ihnen Anhängen. Die sich auf irgendwelche Teilaspekte der religiösen Schriften beziehen, es für das Wort Gottes halten, was zu diesen unsäglichen Zirkular-Beweisen führt, wie Lorion es vorher mal angesprochen hat.

    Ich kann den mythologischen und kulturellen Wert dieser Texte doch schätzen, ohne alles wörtlich nehmen zu müssen (oder nur den Teil, der gerade für das, was ich will relevant ist) und Unstimmigkeiten dann mit "Gottes Wege sind unergründlich" abzutun.

    Ich habe vor einiger Zeit mal eine sehr schöne Debatte zum Thema "Ist die katholische Kirche eine Kraft für das Gute in der Welt" gesehen, die ich jedem nur sehr ans Herz legen kann. Auf der Gegenseite sind ein genialer Stephen Fry, der seine Punkte mit einem nüchternen Humor vorbringt, aber eben auch sehr persönlich aus seinem Leben erzählt, und Christopher Hitchens, den ich zwar schätze, der aber eigentlich nur Religions- bzw. Kirchen-Bashing betreibt, was im Sinne einer Debatte nicht sehr sinnvoll ist.

    "Überzeugt" - also vom Gegenteil, was sie eigentlich erreichen wollten - haben mich allerdings die Redner auf der Pro-Seite: Erzbischof John Onaiyekan und Ann Widdecombe.

    Die Debatte ist fast zwei Stunden lang, aber in meinen Augen sehr sehenswert.

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

    3 Mal editiert, zuletzt von Sternenfaenger (14. Juni 2018 um 11:20)

  • Wer mehr wissen möchte über die Flache Erde, den Ländern der Bibel,, über Atlantis, Ultima Thule, dem Gral, Schlaraffenland, dem Polmythos und Rennes-le-Chateu, der möge sich das amüsante, gut geschrieben Werk von Umberto Eco "Die Geschichte der legendären Länder und Städte" lesen, wo er auch mit Dan Brown (Sakrileg) abrechnet. Enthält zudem viele Zitate ...

    Was die Wissenschaft angeht, die will ja gar nicht Gott beweisen/widerlegen, sondern versucht die Hintergründe von Ereignissen in der Bibel zu erforschen, u.a. die Sintflut (wo inzwischen oft das Mittelmeer - und neu das Schwarze Meer - genannt wurde). So wie andere den Seeweg von Olysseus nachzufahren gedenken. Ereignisse lassen sich aufgrund von Funden (wie die Dinos) "beweisen", aber noch wissen wir nicht was den Untergang der Dinos wirklich ausgelöst hat. Also haben wir da ein Buch und viele Rollen - und wir haben Gott (oder je nach Religion Götter).

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Was die Wissenschaft angeht, die will ja gar nicht Gott beweisen/widerlegen, sondern versucht die Hintergründe von Ereignissen in der Bibel zu erforschen, u.a. die Sintflut (wo inzwischen oft das Mittelmeer - und neu das Schwarze Meer - genannt wurde). So wie andere den Seeweg von Olysseus nachzufahren gedenken. Ereignisse lassen sich aufgrund von Funden (wie die Dinos) "beweisen", aber noch wissen wir nicht was den Untergang der Dinos wirklich ausgelöst hat. Also haben wir da ein Buch und viele Rollen - und wir haben Gott (oder je nach Religion Götter).

    Ich finde es auch interessant, die Bibel (oder andere Texte) in ihrer Gesamtheit zu betrachten und zu überlegen, was ist den die Message, die da drin steckt. Es ist sicher kein Zufall, dass direkt im Anschluss an die Geschichte von Kain und Abel die Sintflut beschrieben wird. Auch habe ich mal gehört, das die Offenbarung des Johannes als letzter Teil des neuen Testaments notwendig war, weil Jesus sonst als zu nett wegekommen wäre.

    Die Frage beschäftigt mich schon, wie weit die christliche Religion unser Leben und die Kultur heute beeinflusst hat - also auf welchen metaphysischen "Wahrheiten" wir uns eigentlich beziehen, und wo die genau herkommen.

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    In Carcosa.

  • Um die Bibel zu "verstehen" muß man sie komplett - gerade die widersprüchlichen Quellen im AT & NT - und samt den Apokryphen - die ich sehr interessant finde - lesen.

    Ebenso fanden bereits die Grimms heraus das die Motive unsere "Volksmärchen" uralt sind, teilweise bis auf die Mythen der Griechen zurückreichen.

    Hat die christl. Religion Einfluß auf unsere Kultur? Da damals hauptsächlich die Geistlichen lesen und scheiben konnten, oder Schulen gründeten, floß sicherlich viel Frömmigkeit in den Kulturkreis ein. So ist ja KULT = KULTur. Zwar gab es lange (immer?) ein Wechselspiel zwischen Kirche und Politik - der eine brauchte den anderen, aber ich sehe nirgends in der "Deutschen Geschichte" das die Menschen die 10 Gebote wirklich ernst nahmen, bzw. umsetzten. Dazu gab es in Europa zu viele Kriege gegeneinander - auch christl. Glaubenskriege.

    Die christl. Kirche mag einen Beitrag zur heutigen Kultur beigetragen zu haben, aber nicht alleine. So bildeten die Juden lange Zeit eine Art Vermittlerrolle zwischen Christentum und Islam, brachten u.a. verschollene griechische Werke zurück nach Europa (Quelle: Das Christentum).

    Europa ist - wie Aventurien - ein Kessel voller verschiedener Kulturen die sich gegenseitig beeinflußten (u.a. sprachlich) ... positiv, wie leider auch negativ.

    Selbst der christliche Glaube zersplitterte in viele Untergruppen in Europa. Von einem einheitlichen christlichen Glauben kann daher nicht die Rede sein. Trotzdem erscheint nach jedem Regen ein Regenbogen am Himmel.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Du hast tatsächlich jemanden getroffen der ernsthaft diese flache Erde Geschichte propagiert?

    Ja, mit einem wissenschaftlichem Interesse pflege ich seit Jahren Kontakt mit Fundamentalisten und untersuche in verdeckten Operationen deren Denkweise. Interessant ist aus meiner Erfahrung der spürbare Wechsel in der Gesprächsführung, wenn man sich als einer der ihren ausgibt.

    Ähnliches nehme ich seit einigen Wochen (aber diesmal eher nebenher und nicht so zeitintensiv) bezüglich der Flachen-Erde-Theorie in Angriff und befinde mich in einigen Gruppen im Netz... Da ich dort aber auch "Lorion" heißt, könnte es sein, dass ich da jetzt gleich entfernt werde. Kritiker werden dort nicht gerne gesehen.

    Wer die Bibel - oder den Koran - für ein historisch akkurates Werk hält und die Sammlung an Geschichten darin als historisch weitestgehend richtig annimmt, liegt einfach falsch. Eine Arche kann es nie gegeben haben, und die Evolution ist trotz der Lücken, die wir noch nicht verstehen, eine Killer-Theorie - man kommt nicht drum herum, sie kann nicht geleugnet werden. Wer etwas anders behauptet steht auf einer Ebene mit den Flat-Earthern: entweder will es die Person nicht verstehen oder es fehlt die Rechenleistung. In wie weit dann noch eine Diskussion hilfreich ist kann jeder für sich selbst entscheiden.

    Absolut. Die Bibel ist keine Sammlung historischer Berichte. Aber so wird sie (zumindest in der christlichen Theologie) auch nicht gesehen. Ich bezweifle sogar, dass die Autoren sie so gesehen haben. Dagegen spricht nämlich, dass sie an zahlreichen Stellen bestehende zeitgenössische Texte/Mythen/Berichte aufgreifen, sie umwandeln und auf den Gott ihres Volkes münzen. So ergibt das AT beispielsweise einen Einblick, wie der Glaube an den israelischen Gott JHWH aus einem Polytheismus entstanden ist. Zunächst einmal musste der Schritt zur Monolatrie gewagt werden, indem Berichte über andere Götter so umgeschrieben werden, dass nun JHWH der krasseste, mächtigste und brutalste (=mächtigste) Gott ist. Erst danach konnte damit begonnen werden, aus einem monolatrischen Weltbild einen Monotheismus zu kreieren. Das AT liefert diesbezüglich aus theologischer Sicht keine historischen Daten, wann ein angeblicher Gottvater was gemacht und wen bestraft hat, sondern, wie der Glaube an diesen Gott sich entwickelt hat, aus welchen Ängsten heraus, unter welchen Bedingungen und durch welche Stadien.

    Ich hoffe, dass meine Beiträge hier nicht derart aufgenommen werden, dass ich die Bibel als ein von einem göttlichen Wesen verfasstes Werk ansehe, das der Christenheit (und der Menschheit) zeigen soll, was historisch in irgendeiner Art und Weise geschehen ist. Ich würde dazu raten, die Bibel - wie ja bereits angedeutet - anders zu sehen. Die Bibel funktioniert anders. Und berücksichtigt man das, dann lassen sich m.E. Zuschreibungen wie fehlerhaft, unsinnig und frei erfunden kaum halten.

    fehlerhaft - wie ist das zu verstehen? Natürlich widersprechen sich die biblischen Texte, wenn man sie als historische Berichte ansieht. Natürlich sind die Texte nicht frei von menschlichen Sichtweisen, die Irrtümer bzw. Vorurteile und andere den Menschen in seiner Objektivität einschränkenden Dinge mit sich bringen. Aber wenn das berücksichtigt wird und die Bibel nicht als historisches Dokument gesehen wird, sagt das nicht über die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des Textes aus. Wie kann eine Geschichte, die kein historisches Ereignis wahrheitsgetreu wiedergeben möchte, per se falsch sein? Über die Bedeutung dessen, was gesagt wird, lässt sich streiten. Doch richtig und falsch ist m.E. eine Unterscheidung, die hier weniger Sinn macht. Gut, es gibt zahlreiche Schreibfehler, Abschreibfehler, Deutungsfehler usw., die im Laufe der vielen Jahrhunderte Edition und Redaktion entstanden sind, aber deswegen eine solche Textsammlung fehlerhaft zu nennen, halte ich für fraglich. Auch hier steht und fällt alles mit der Definition, was genau mit fehlerhaft gemeint ist bzw. wie man den Begriff versteht.

    unsinnig - auch hier die Frage, wie das zu verstehen ist? Unsinnig ist die Bibel natürlich, wenn man sie liest und hofft, anschließend einen Charakterbogen Gottes auszufüllen. Sofort wird man merken, dass man schon bei der Bezeichnung, den Namen Probleme bekommt (Gott, JHWH, Vater, El, Elohim, usw.). Dann wird man sich beim Eintragen der Rasse fragen müssen, was hier hinzuschreiben sei (einzigartiges göttliches Wesen, absolut transzendent, immanent). Und so geht es weiter. Viele biblische Aussagen machen keinen Sinn, wenn man sie im Paradigma einer anderen biblischen Aussage liest. Aber genau so funktioniert die Bibel nicht. Sie wäre nur dann unsinnig, wenn sie eingeschlossenes Werk wäre, das etwas Definiertes vermitteln will. Aber sie ist Zeugnis der Entstehung und Entwicklung einer Religionsgemeinschaft und deren Bezug zu dem, was sie Gott nennen. Und darin erscheint die Bibel mir nicht unsinnig zu sein. Das beste Beispiel sind die unterschiedlichen Schöpfungsberichte, die sich - als historische Tatsachenberichte - widersprechen zu scheinen, aber beim näheren Betrachten - als zwei Arten mit dem Grund des Daseins umzugehen aus jeweils unterschiedlicher Perspektive - ziemlich sinnvoll sind. Natürlich versprachlicht die Priesterschrift (gebildetes Umfeld) den Grund des Daseins eher in eine abstrakte Wort-Schöpfung, während der Schöpfungsbericht aus einem deutlich weniger gebildeten Umfeld den handwerklichen Aspekt nutzt, um sich den Grund des Daseins verständlich zu machen. Hätte ein Schmied den Text geschrieben, wäre die Welt geschmiedet worden und der Mensch wäre aus der heißesten Esse entsprungen, die das härteste und hochwertigste Material zum Produkt, dem Menschhen, verarbeitet.

    frei erfunden - ist die Bibel schon einmal überhaupt nicht. Es gibt Vorlagen (schriftlich, mündlich), von denen abgeschrieben wurde, die aufgegriffen werden und die sich wiederfinden lassen. Frei erfunden sind wohl kaum Passagen, sondern stets inspiriert durch irgendwelche Vorlagen (seien es Texte, mündliche Überlieferungen oder Ereignisse). Das gilt auch für die Texte über Jesus. Sicherlich hat es die Bergpredigt so nicht gegeben und sicherlich sind die Texte über Jesus erfunden, da sie nicht historisch festgehalten werden können. Doch dass die Texte sich auf den historischen Menschen berufen, den es zumindest auch laut außerbiblischen Quellen vermutlich gegeben hat, erscheint dann schon wieder plausibler. Das sagt noch nichts über Wunder und dergleichen aus, nur dadurch, dass es auch hier eine inspirierende Vorlage gegeben hat. Aber natürlich sind die Jesus-Erzählungen erfunden, um das sprachlich und rhetorisch so wiederzugeben, dass es in den Augen der Autoren Wirkung zeigt. Dazu gehörten dann Wundererzählungen und dergleichen, die oft eindeutige Zitate aus dem AT sind und vermutlich weniger aufzeigen sollen, was historisch geschehen ist, sondern dass Jesus in seiner Bedeutung die älteren Propheten übertrifft. Das funktioniert genau nach dem Prinzip, nachdem auch die Darstellung Gottes im AT oft funktioniert:

    Ein anderer Gott wird als krass beschrieben? Dann schreibe ich jetzt einen Text, in dem unser Gott das gleiche macht --> aber noch krasser.

    Ein anderer Prophet hat durch ein Gebet jemanden geheilt? Dann schreibe ich jetzt einen Text, in dem Jesus jemanden heilt, ohne dass er dafür irgendetwas tun muss.


    Die nächste Stufe sind dann die Creationists, die eben sagen, dass Evolution stimmt, aber das da doch bestimmt ein intelligenter Designer dahinter stecken muss.

    Kreationismus im engeren Sinne ist von dem Gedanken eines intelligent designs zunächst zu unterscheiden. Der klassische Kreationismus glaubt an die Schöpfung so, wie es die Schriften überliefern, und ist damit ein Aspekt einer fundamentalistischen Bibel-"Deutung". Auch einige Nicht-Kreationisten halten an der Vorstellung eines intelligent designs fest, das versucht die funktionierende Welt nur auf einen Planer bzw. Designer zurückführen zu können. Da ist nicht zwangsläufig ein akribischer Kreationismus mitinbegriffen.

  • Mein Text war damals sehr offensiv und gezielt polemisch geschrieben ;-P

    fehlerhaft - wie ist das zu verstehen? Natürlich widersprechen sich die biblischen Texte, wenn man sie als historische Berichte ansieht. Natürlich sind die Texte nicht frei von menschlichen Sichtweisen, die Irrtümer bzw. Vorurteile und andere den Menschen in seiner Objektivität einschränkenden Dinge mit sich bringen. Aber wenn das berücksichtigt wird und die Bibel nicht als historisches Dokument gesehen wird, sagt das nicht über die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des Textes aus. Wie kann eine Geschichte, die kein historisches Ereignis wahrheitsgetreu wiedergeben möchte, per se falsch sein? Über die Bedeutung dessen, was gesagt wird, lässt sich streiten. Doch richtig und falsch ist m.E. eine Unterscheidung, die hier weniger Sinn macht. Gut, es gibt zahlreiche Schreibfehler, Abschreibfehler, Deutungsfehler usw., die im Laufe der vielen Jahrhunderte Edition und Redaktion entstanden sind, aber deswegen eine solche Textsammlung fehlerhaft zu nennen, halte ich für fraglich. Auch hier steht und fällt alles mit der Definition, was genau mit fehlerhaft gemeint ist bzw. wie man den Begriff versteht.

    Wie du schon richtig festgestellt hast, kann man in der Bibel die Entwicklung Gottes von einem Stammesgott (aka einer unter vielen) zu dem Gott mit verfolgen, der alles erschaffen hat und neben dem es keine Götter gibt.

    Wird dies - wie es von einigen wenigen getan wird - als historische Wahrheit angesehen, dann haben wir hier in der Tat einen inhaltlichen Fehler - weil beides eben nicht sein kann - und damit wäre der Text fehlerhaft bzw. widerspricht sich selbst.

    Wenn man das Ganze jedoch als mythologischen Text betrachtet, der die Sicht der Menschen auf die Welt und Gott und deren Entwicklung darstellt - etwas also, das sich entwickelt hat und als ewige Wahrheit verstanden wird, dann ist es natürlich nicht richtig, von Fehlern oder Unsinn zu sprechen.

    Gebe ich einem Werk den absoluten Stellenwert der immerwährenden Richtigkeit, historischen Korrektheit und absoluten Wahrheit reicht ein Gegenbeweis aus, um all diese absoluten Ansprüche abzuschmettern - bediene ich mich des selben Extrems wie die vorausgehenden Behauptungen, dann führt die logische Schlussfolgerung das Werk an sich ad absurdum.

    Ein anderer Gott wird als krass beschrieben? Dann schreibe ich jetzt einen Text, in dem unser Gott das gleiche macht --> aber noch krasser.


    Ein anderer Prophet hat durch ein Gebet jemanden geheilt? Dann schreibe ich jetzt einen Text, in dem Jesus jemanden heilt, ohne dass er dafür irgendetwas tun muss.

    Ich glaube (oha) eher, dass die Bibel mehr eine Sammlung ist, was die Menschen über die Jahrtausende über die Welt verstanden haben. Immerhin kann man davon ausgehen, dass eine noch deutlich längere mündliche Überlieferung der Schriftlichen vorausging. Die Entwicklung des Gottesbildes in der Bibel geht einher mit einem Verständnis der Menschen, das sich ebenfalls gewandelt hat und in Geschichten und Gleichnisse destilliert wurde, in denen sie über die Jahre erhalten und geschliffen wurden. Sozusagen als Erklärung der Welt in einer metaphysischen Ebene, umschrieben in einem mythologischen Text und einen religiös-kulturellenKontext, da die Erkenntnisse sonst zu abstrakt wären.

    Was meine ich damit? zum Beispiel:

    Ein Zentrales Motiv der Bibel ist das Leid des Seins. Der Mensch hat mit der Frucht der Erkenntnis das Leid über sich gebracht, weil er nun Gut von Böse unterscheiden kann und dafür von Gott mit immerwährender Arbeit und einem Leben bestraft wird.

    Wenn man Gott aus dem Kontext herausnimmt bedeutet dies, dass wenn ich verstehe, was mir weh tut, dann verstehe ich auch, wie ich andere verletzen kann - damit ist das Verständnis von Gut und Böse geboren und die Erkenntnis der eigenen Fähigkeit, Leid zuzufügen. Kain und Abel sind die nächste Geschichte - Wink mit dem Zaunpfahl?

    Und das mit der Arbeit ist auch klar. Wir wissen, das wir irgendwann sterben werden, und unser ganzes Leben ist darauf ausgelegt, vorzusorgen, weil wir ein Bewusstsein haben im Gegensatz zu allen anderen Wesen. Wir sind "nackt", weil wir wissen, das wir verletzbar und sterblich sind.

    Das sind die Preise, die man für die Fähigkeit zu erkennen und verstehen zahlen muss - ich kann mir das schon als "Naturgesetz" vorstellen - und dann liegt es auch nicht fern, diesen Zusammenhang als göttliche Strafe oder Willen zu interpretieren.

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    In Carcosa.

  • Lorion Deine Antwort hier ist einfach göttlich! (Danke, Terry!)

    Du hättest dich @AdvocatusDiaboli nennen sollen :saint:

    "Alles nur Auslegungssache" - das kann man so festhalten. Selber schuld, wer das mit der Wange als Pazifismus interpretiert ;) "Da passt was nicht? Muss ein Übersetzungsfehler sein!" (Das viel zitierte Kamel und das Nadelöhr, ihr wisst schon).

    Beim Nachlesen bin ich auf diesen, zugegebenermaßen recht polemischen, aber überaus erfrischenden Blog gestoßen: MGEN.

    Und auf Abstruses: Gottesbeweis nach Werner Gitt.

    Man könnte die Bibel als Sammlung von Überlieferungen aus mehreren Jahrhunderten bezeichnen, wobei durch die Vermischung unterschiedlicher Glaubenstraditionen (jüdisch, römisch uvm) im Gebiet der Levante ein wildes Konglomerat verschiedener Ideen entstand. Manches wurde nach dem Prinzip "Stille Post" weitergegeben, was unvermeidlich zu Übertragungsfehlern führt, man kennt das ja. Manches im Nachhinein umgedeutet und an 'modernere' Zeiten angepasst (die Rolle der Konzile). Die dahinter stehenden Motive waren sicher oft weltlicher Natur. Man sollte auch nicht vergessen, dass die institutionalisierte Kirche eine weltliche Macht darstellt(e), mit entsprechenden Interessen, die sich durchaus nicht immer nur um Glaubensinhalte drehen. In diesem Sinne stelle ich jetzt mal die steile These auf, dass es *Die* Bibel gar nicht gibt :evil:

    Anmerkung: ich bin nicht theologisch vorgebildet, man möge mir etwaige Irrtümer in meiner Argumentation also verzeihen und mich eines Besseren belehren :S

    wir halten noch immer / die wolkenfäden fest in den händen / das versprechen: ich webe dir ein kleid aus traum und dunst und zuversicht / damit du es schön warm hast / im augenblick der zählt

    seebruecke.org

    mission-lifeline.de

    sea-watch.org

  • Für "uns" Christen sind die Erzählungen aus dem NT bedeutender als was im ollen AT steht, denn "wir" beziehen uns ja auf (den blonden europäischen) Christus. Es gibt dabei eine historische "Wahrheit" und eine religiöse.

    Im AT ist Gott anscheinend eng mit dem Feuer verbunden; er spricht daraus, läßt es vom Himmel regnen etc. Bis zur Sintflut ist er noch recht launisch - wie der gute Efferd.

    Im NT mußte das Christentum erst einmal alle anderen (nützliche) Bräuche etc. assimilieren, der heidnische Rest wurde verteufelt, bekämpft (u.a. Tempel einreißen und dort eine Kirche errichten) und schlicht einfach dem Vergessen überlassen. Damit konnte sich das Christentum tatsächlich beinahe unblutig in ganz Europa breit machen.

    Ja und dann kamen die Konzile, die regelten welche Teile der Bibel noch gültig seien, das Jesus am 25.Dezember (wo bereits Mithra eifersüchtig wachte) geboren wurde, und nicht - wie bisher - am 06.Januar. Und wenn wir schon mal dabei sind, legen wir Ostern so fest das es nicht mit dem jüdischen Feiertag zusammenfällt.

    Unsere Wochentage und Monatsnamen sollen - schenkt man einigen Historikern Glauben - vom Karl des Großen neu umbenannt worden sein; bei den Monaten schlug der Versuch fehl, aber bei den Wochentagen (Sonnendag, Monddag, Tyrsdag, Wodansdag, Donarsdag, Freydag) hat man im Deutschen es gut umgesetzt. Auch viele unserer Feiertage sind uralt. Alleine die Geschichte unseres Kalenders geht über Julius, Augustus bis Papst Gregor. Schade das so etwas nicht im Geschichtsunterricht durchgenommen wird; denn dies betrifft uns heute noch.

    Worum 7 Zwerge, 7 Berge, 7 auf einem Streich etc. ? Bestimmt war nicht immer die Zahl 7 so präsent, beim Schneider sind noch andere Zahlen überliefert, aber wir verdanken ja Gott die 7 Wochentage. Und wenn er selbst im Märchen bei den "Armen und Reichen" vorbeisieht (wie einst Wodan), dann erkennt man wie der christliche Glaube auch in den Märchen steckt (wo ja oft die Guten trotz ihrer Armut belohnt werden).

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Im NT mußte das Christentum erst einmal alle anderen (nützliche) Bräuche etc. assimilieren

    Diese Entwicklung endete aber keinesfalls mit dem Verfassen des NT! Die beiden prominentesten Feierlichkeiten des Christentums heutzutage sind in ihren populären Bräuchen wie Weihnachstbäumen, Adventskalendern, Plätzchen oder Eiern und Hasenmotiven beinahe vollständig von "heidnischer" Tradition und Symbolik geprägt. (Vom Weihnachtsmann ganz zu schweigen - Allvater Odin lässt grüßen)

    beinahe unblutig

    hüstel...beinahe...hüstel

    Die Sachsen und Friesen haben da aber andere Erfahrungen gemacht. Feldzüge gegen diese "Heiden" aufgrund Bitten mächtiger Äbte und Bischöfe (auch dem aus Rom) waren im frühen Mittellalter keine Seltenheit.

    Ich wünschte, ich wäre zu Hause in meiner hübschen Höhle beim Kaminfeuer, wenn gerade der Kessel anfängt zu summen! -- Bilbo Beutlin

  • Dachte ich mir schon, vor allem weil es ja mit dem DSA-Regelwerk verglichen wurde. Aber da daraus ein Thread entstanden ist, dachte ich, dass sich eine Klarstellung lohnt.

    Lorion Deine Antwort hier ist einfach göttlich! (Danke, Terry!)

    Wenn ich kurz für diese Passage das Adjektiv göttlich ganz in anselmscher Tradition definiere als "worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann", sage ich meinen Dank. :saint:


    Du hättest dich @AdvocatusDiaboli nennen sollen :saint:

    "Alles nur Auslegungssache" - das kann man so festhalten. Selber schuld, wer das mit der Wange als Pazifismus interpretiert ;) "Da passt was nicht? Muss ein Übersetzungsfehler sein!" (Das viel zitierte Kamel und das Nadelöhr, ihr wisst schon).

    Sicherlich ist es eine Gefahr, dass Gläubige "ihre" Schriften so auslegen, wie es ihnen in den Kram passt. Doch ist es die Aufgabe der biblischen Theologie als Wissenschaft, eben das nicht geschehen zu lassen. Es lohnt sich, literaturwissenschaftlich an einen Text heranzugehen. Es ist unerlässlich, den zeitgenössischen Kontext zu berücksichtigen. Es ist unerlässlich bei Übersetzungen das Original zu berücksichtigen. Aber die Textarbeit funktioniert nach gewissen Regeln und von einem "Pick dir raus, was wir gefällt und deute es so, dass es dir passt" ist man da weit entfernt (jedenfalls im wissenschaftlichen Bereich, von unwissenschaftlichen Strömungen, die genau das machen, möchte ich hier nicht sprechen).

  • Wenn ich kurz für diese Passage das Adjektiv göttlich ganz in anselmscher Tradition definiere als "worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann", sage ich meinen Dank. :saint:

    Wo der Thread doch schon so heißt:/.

    Kriegst du den oben angedeuteten Gottesbeweis des werten Herrn von Canterbury adäquat formuliert?

  • Wo der Thread doch schon so heißt:/.

    Hä? Stehe auf dem Schlauch!

    Kriegst du den oben angedeuteten Gottesbeweis des werten Herrn von Canterbury adäquat formuliert?

    Der "Gottesbeweis" funktioniert recht simpel, ich versuche mich mal. Achtung, dies ist nicht mein Versuch, irgendetwas zu beweisen!


    Prämisse 1: Gott ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann (lat.: id quo maius cogitari non potest - IQM)

    Prämisse 2: ein existierender Gott/IQM ist größer, als es ein bloß gedachter Gott/IQM wäre.

    Prämisse 3: Wenn Gott/IQM also nicht existiert, dann ließe sich etwas Größeres denken (nämlich dass er existiert).

    Prämisse 4: ein nicht existierender Gott/IQM ist also nicht möglich.

    Konklusion: Gott/IQM muss zwingend existieren.


    Es kann sein, dass die Reihenfolge anders ist, aber der Argumentationsgang ist genau so.

    Man sieht schnell, dass das nichts wird. Aber seine Definition des Begriffs Gott als etwas, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, finde ich ziemlich interessant. Die Beweis der Existenz dessen (was eigentlich? darüber wird ja keine Aussage getroffen) kann halt als sinnlos betrachtet werden, da der Beweis nur funktioniert, wenn Gott bedeutungsleer bleibt, ein Platzhalter für das (existierend) Größte.

  • Hä? Stehe auf dem Schlauch!

    Ach so, das bezog sich nicht auf etwas, das du geschrieben hast, sondern mehr auf das, was ich danach zu schreiben gedachte.

    Quasi "Wo der Thread doch schon 'Bibel und Gottesbeweis' heißt, da kann man ja auch mal über Gottesbeweise reden."

    Man sieht schnell, dass das nichts wird. Aber seine Definition des Begriffs Gott als etwas, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, finde ich ziemlich interessant. Die Beweis der Existenz dessen (was eigentlich? darüber wird ja keine Aussage getroffen) kann halt als sinnlos betrachtet werden, da der Beweis nur funktioniert, wenn Gott bedeutungsleer bleibt, ein Platzhalter für das (existierend) Größte.

    Ist das IQM wirklich bedeutungsleer? Ich hätte jetzt vermutet, dass darin ganz selbstverständlich das Triumvirat göttlicher Eigenschaften (allwissend, allmächtig, allgütig) enthalten sein müsste. Ebenso, dass noch der Schritt gemacht wird, dass das, was notwendigerweise existiert, größer ist, als das, was zufälligerweise existiert. Folglich existiert Gott nicht nur, er existiert notwendigerweise.

    Ich find das Argumentationsmuster ja so spannend. Diese Umkehrung von Sein und Denken Müssen. Normalerweise ist etwas so, deswegen müssen wir es so denken. Hier müssen wir etwas so denken, folglich muss es so sein.


    Mir ist einfach wieder eingefallen, dass ich mich bestimmt fünf Jahre nicht mehr mit Religionsphilosophie auseinandergesetzt habe, aber in meinen Teenager-Jahren ziemlich viel Spaß daran hatte.

  • Ist das IQM wirklich bedeutungsleer? Ich hätte jetzt vermutet, dass darin ganz selbstverständlich das Triumvirat göttlicher Eigenschaften (allwissend, allmächtig, allgütig) enthalten sein müsste.

    Für den zunächst theoretischen Beweis spielt der genaue Inhalt noch keine Rolle. Und bis dahin bleibt IQM bedeutungsleer (da es ein Platzhalter für das, was auch immer so groß ist, dass Größeres nicht gedacht werden kann). Wird IQM mit konkreten Inhalten gefüllt, muss man sich wieder darum streiten, dass diese Inhalte auch das Größte sind - daher ja der erst einmal ganz theoretische Beweis mit dem Anspruch, dass jeder ihm zustimmen müsse.

    Ebenso, dass noch der Schritt gemacht wird, dass das, was notwendigerweise existiert, größer ist, als das, was zufälligerweise existiert. Folglich existiert Gott nicht nur, er existiert notwendigerweise.

    Genau, das kommt dann auch noch dazu.

    Ich find das Argumentationsmuster ja so spannend. Diese Umkehrung von Sein und Denken Müssen. Normalerweise ist etwas so, deswegen müssen wir es so denken. Hier müssen wir etwas so denken, folglich muss es so sein.

    Spannend finde ich die Gedankengänge durchaus. Besonders halte ich es für den richtigen Weg - oder zumindest für einen naheliegenden und vernünftigen - Gott so zu definieren. Anstatt zu versuchen, Wesenseigenschaften eines ungeklärten Gottesbegriffes zu finden und ein göttliches Wesen so zu beschreiben, wie man es sich vorstellen möchte, wird die Konstruktion eines Gottesbegriffes von der anderen Seite aufgezogen:

    Was ist es denn, das Menschen in ihren Religionen für verehrungswürdig halten und es als Gott anbeten? Was verdient es alleine und in Wirklichkeit, Gott genannt zu werden? Was ist das, was Menschen in ihren unzähligen Gottesbildern versuchen so darzustellen, dass sie damit auch etwas anfangen können - was steckt jedoch dahinter? Da erscheint dann die allgemeine Definition IQM m.E. sehr treffend. Und ich persönlich bin auch überzeugt, dass besonders um den Grund des Daseins geht (obwohl ich hier betonen muss, dass Grund von Ursache unterschieden werden muss und keinesfalls als zeitlich verstandene Erstursache für einen möglichen Anfang der Welt im Sinne eines initiums verstanden wird, sondern eher als Anfang im Sinne eines principiums). Und das wird auch in der heutigen Theologie aufgegriffen und spielt in den meisten ausformulierten Gottesbegriffen eine Rolle.

  • Hm, erinnert mich an mein Büchlein über "Was ist Licht?" ... das "endet" irgendwo bei Quanten. Dabei wollte ich doch nur wissen wie ein Regenbogen funktioniert.

    Es geht also wissenschaftlich immer weiter.

    Einst blickten die Menschen zum Himmel und dachten, dort oben lebt Gott.

    Nachdem Fernrohre weit über die Wolken blickten, mußte Gott weiter oben sein ... und auf dem Mond war er auch nicht.

    Inzwischen wissen wir (jedenfalls die an die Kugelgestalt glauben) das wir in einer gewaltigen Galaxie der Milchstraße sind ... und irgendwo gibt es sicherlich einen Wegweiser mit dem Hinweis Richtung Hölle, Paradis und Thron Gottes. Hosiana!

    Wer so denkt stellt sich Gott als etwas materielles vor - und dies widerspräche ja eines der Gebote - wenn man es so auslegt.

    Wissenschaftlich geht es ja nicht nur Größer sondern auch Kleiner - Mikrokosmos. Aber davon wußte der Herr Canterbury wohl noch nichts - wann lebte er?

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Da ich hier beim lesen der letzten paar Seiten nichts derartiges gefunden habe, hier meine bescheidene Meinung, oder eher mein educated guess (nicht die absolute Wahrheit) bezüglich der Existenz Gottes. Vornweg, ich bezeichne mich als einen agnostischen Atheisten, denn ich weiß nicht, ob es einen (in diesem Falle (noch) nicht wahrnehmbaren) Gott gibt und ich vermag es nicht, an einen Gott zu glauben oder die Vorstellung, dass es einen geben könnte als rational zu betrachten.
    Was ich jedoch vertrete, ist eine naturalistische Betrachtung von Religion, wie sie zuerst vom großen David Hume in seinem Werk "Four Dissertations", genauer gesagt im Aufsatz "The Natural History of Religion" vertreten wurde.

    Beginnen möchte ich mit einem Zitat des amerikanischen Militärkaplans William Thomas Cummings, nämlich "There are no atheists in foxholes" ("Es gibt keine Atheisten im Schützengraben"), welches letztlich bedeuten soll, dass sich Menschen in Situationen großer Angst zum Glauben wenden, weil dieser ihnen Linderung von der Angst schenken kann. Obzwar ich diesem Zitat nicht zustimme (siehe die Biographie Jean-Paul Sartres) zeigt das Zitat einen natürlichen Drang des Menschen in meinen Augen ziemlich trefflich auf, den Drang, etwas gegen seine Angst tun zu können. Dieser Drang ist nicht nur psychologisch und neurologisch belegt (ich weiß, wikipedia taugt nicht als Beleg, die Referenzen darin aber schon :P), sondern lässt sich auch am eigenen Leib nachempfinden.

    Jetzt ist es nun einmal so, dass der Mensch nicht alles kann, im Dunkeln sieht er schlecht, schwimmen kann er auch nicht ewig (und auch nicht länger als ein Hai) und feuerresistent ist er ebensowenig. Da die Kombination "Dunkelheit + Säbelzahntiger" in etwa ebenso gefährlich ist wie die Kombination "offenes Meer + Hai + kaputtes Boot" oder "unkontrolliertes Feuer + brennbare Kleidung" (nämlich brandgefährlich) hat der Mensch den natürlichen Drang, etwas gegen diese Probleme zu machen. Da der Mensch in den Anfängen seiner Werdensgeschichte als rationales Wesen jedoch technologisch zu beschränkt war, um ein effektives Mittel gegen Dunkelheit, offenes Meer oder Feuer zu entwickeln, musste der Mensch auf anderem Wege versuchen, seine Angst zu lindern. Eine naheliegende Annahme ist demnach

    "Die Dunkelheit sorgt für Gefahr. Gefahr schadet mir. Was mir schadet ist böse. Die Dunkelheit ist böse."

    Diese ziemlich primitive Argumentationskette personifiziert eine Naturgewalt, in der ihr eine moralische Entscheidungsgewalt zugeschrieben wird. Dementsprechend kann der Mensch darauf reagieren, indem er nun einen "Deal mit der Dunkelheit" abschließen kann, dass er der Dunkelheit etwas sehr wertvolles gibt und die Dunkelheit dafür nicht ganz so böse zu ihm ist. Ein solches Verhalten unterstellt Hume dem Menschen in Hinblick auf praktisch alle Naturgewalten, also auch Blitze, Feuer, dem Meer, Erdbeben, Dürre und so weiter. Also allem, wovor der Mensch Angst hat und wovon er hoffen kann, dass es ihn nicht erwischt.

    Der primitive Mensch opfert also den Naturgewalten wertvolle Dinge aus Angst, indem er zum Beispiel eine Ziege in die Wüste treibt, sodass diese an der Menschen statt verdurstet oder indem er ein Kind ins Meer wirft, sodass das Meer ihm gnädig ist, da es seinen Tribut an leben bekommen hat. Damit die böse Naturgewalt ihm dann auch nicht böse wird, bedankt sich der Mensch, wenn ein Vorhaben gelungen ist. Faktisch ist somit schon ein Gott entstanden, es fehlt nur noch der Name. Solche Vorstellungen zeigen sich besonders gut in frühen polytheistischen Pantheons, wie beispielsweise dem Nordischen, in dem viele Götter Naturgewalten als Aspekt hatten (Oden/Wodanaz-Wind, Thor-Blitz, Surtur-Feuer, Loki-Dunkelheit) oder dem Mayanischen (Chac-Regen/Flut, Huracan-Feuer/Sturm, K'iche'-Tod, Krankheit). Nach und nach wurden diese noch sehr primitiven Gottesvorstellungen (laut Hume) immer konkreter, je weiter sich die Zivilisation entwickelte und je kreativer man mit den Opfern wurde. So konnte eine sesshafte Zivilisation den Göttern sogar Häuser bauen, Drogen verbrennen und Naturalien bringen, was das gnädig stimmen natürlich deutlich einfacher machte. Langsam wurden die Götter also zu Persönlichkeiten mit Charaktereigenschaften (welche über die Kulturen hinweg erstaunlich homogen sind), zum Beispiel wurden Meeresgötter mit Launenhaftigkeit und Donnergötter mit Jähzorn assoziiert.
    Liegt nun ein solches polytheistischen Pantheon vor, stehen die Götter natürlich nicht nur miteinander, sondern auch mit den Göttern der bösen Nachbarn im Konflikt, einem ziemlich harten Koflikt. Denn - angenommen man kann die Götter des Nachbar nun wirklich nicht leiden - wenn man Gott x um Hilfe anfleht, die Gebete aber vergeblich sind (und das auf lange Sicht), so kann man es sich wirklich sparen, diesen Gott anzubeten und betet lieber zu dem Gott, der wirklich "klappt". Zu sehen ist das bei vielen Pantheons, in denen Göter einander in einer Funktion ablösen, beide aber Präsent geblieben sind, zum Beispiel bei Tyr und Odin als Gott der Gerechtigkeit und Kronos und Zeus als Göttervater. So sammeln sich immer mehr mehr Aspekte in einer einzigen Gottheit, dessen Persönlichkeit zusammen mit seinen Aufgaben und seinen Ritualen immer komplexer werden. Irgendwann hat man dann einen Gott erschaffen, der all das vollbringt, was die anderen Götter vorher gemeinsam verbringen mussten (siehe die Unität der Götter im Hinduismus) und steht vor dem Problem, den Gott um etwas noch viel schwereres zu bitten, als alles, worum man ihn zuvor gebeten hat. Was daraufhin (bei Erfolg) folgt ist, dass man den Gott noch mehr erhöht, und zwar durch Abstraktion. Dann reicht es nicht mehr, dass der Gott "viel mächtiger als der Mensch" ist, er muss allmächtig sein. Dann reicht es nicht mehr, dass der Gott viel mehr weiß als der Mensch, er muss allwissend sein. Dann reicht es nicht mehr, dass der Gott auf dem höchsten Berg wohnt, er muss in den Wolken wohnen.

    So fallen durch Abstraktion sämtliche Begrenzungen des Eingottes weg (siehe Hegels "absoluter Geist") und man ist bei den großen monotheistischen Religionen gelandet.

    So viel zur Entstehung der Religionen. Natürlich kann all das von einem göttichen Schöpfer so vorgeplant sein, aber das kann ich weder wissen noch glauben (noch kann mir irgendjemand beweisen, dass dieser Schöpfer genau derjenige ist, der in einem gewissen uralten Buch steht, der aus Spaghetti mit Hackfleisch besteht oder der gerade seine Bahnen am Himmel dreht) und lehne es deshalb ab.

    Um die von mir vorgestellte These nun zu verstärken rate ich zu einem Blick in die Mitteleuropäischen Glaubensgemeinschaften. Wer dazu zu faul ist, kann aber auch gern weiterlesen.
    Ich werde wohl schwerlich der einzige sein, dem das spärliche Auftreten von unter 50-jährigen, gesunden Besuchern in allwöchentlichen Messfeiern aufgefallen ist. Stattdessen kann ich beobachten, wie sich ebendiese Zielgruppe lediglich in Situationen der Ohnmacht (und somit der Angst) oder der kulturellen Tradition (was ich hier ausklammern möchte, da es nichts mit Gläubigkeit sondern mit Konvention zu tun hat) in die Kirche begibt, nämlich bei Beerdigungen, bei denen ebendieser Gruppe von Menschen bewusst wird, dass sie keine Macht über den Tod haben uns sich ob des erlittenen Verlustes in das nicht nachweisbare Versprechen eines Lebens nach dem Tod flüchten um nicht in eine Existenz- oder Sinnkrise gestürzt zu werden, wie sie im atheistischen Existenzialismus diagnostiziert wird. Unter den regelmäßigen Kirchgängern befinden sich jedoch vor allem (nicht auschließlich) diejenigen Menschen, welche vor einem Problem stehen, welches sie nicht lösen können, beispielsweise der Tod und die damit konfrontierte Gruppe der Alten und Kranken, welche einen nicht insignifikaten Kreis der Kirchgänger ausmachen und diejenigen, welche sich aufgrund seelsorgerischer Tätigkeiten (welche ich befürworte und unterstütze und den Kirchen dafür meinen Dank ausspreche) an einen Priester oder Seelsorger als Beichtvater oder Berater wenden.

    Bei einem Blick über den großen Teich fällt mir hingegen die große Anzahl an Menschen mit unzureichender Bildung auf, welche sich stark für den Glauben einsetzen und ihr Leben nach kirchlichen Maximen ausrichten und kirchliche Veranstaltungen besuchen.
    Um all das zusammenzufassen, möchte ich hier Werner Heisenberg zitieren:

    "Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."

    Was ich damit sagen will ist Folgendes: Religion endet immer dort, wo die Wissenschaft aufhört. Je weiter der Mensch die Welt erforscht und nutzt, desto abstrakter wird die Religion und desto weiter wird sie in den Hintergrund gedrängt. Sie ist eine Erklärung für das Ungewisse, das was wir nicht kontrollieren können, das Fremde. Und ebendas ist eine der grundlegenden Ängste des Menschen. Sie ist, wie Karl Marx es trefflich ausgedrückt hat, das "Opium des Volkes", da sie den Menschen die Angst und somit das Leid nimmt und Linderung verschafft.

    Schlussbemerkung:
    Obwohl es klar geworden sein sollte, ist all das, was ich hier geschrieben habe nur ein educated guess; es ist weder nachgemessen, noch auf sontige Art bewiesen, dafür aber hoffentlich verständlich und logisch erklärt. Wem meine Erklärung nicht ausreicht, der möge gern einen Blick in die Schrift Humes hineinwerfen, welche in englischer Sprache hier (auf der Website der Universität von New Jersey) zu finden ist. Fürderhin halte ich Religionen für eine durchaus hilfreiche Erfindung der Menschheit ("Wenn es Gott nicht gäbe, so müsste man ihn erfinden." - Voltaire), ebenso wie ich Schmerzmittel für eine durchaus hilfreiche Erfindung der Menschheit halte und finde die Resultate, die karitative kirchliche Verbände vor allem hinsichtlich Sterbehilfe, Trost und Seelsorge liefern bewundernswert und anstrebenswert und wünsche jedem Menschen, dass er ohne Angst haben zu müssen Leben kann. Wenn die Religion dabei helfen kann, sei sie mir als Mittel mehr als Recht, solange sie dafür kein weiteres Leid verursacht.

    Nach diesem Tribut an die postmoderne Internetkultur möchte ich mich noch für die Zitatflut rechtfertigen und so ich genötigt werde entschuldigen, bin ich doch der Meinung, dass ein jedes dieser Zitate die Inhalte deutlich pointierter und eloqueter zu vermitteln vermag als ich dazu in der Lage bin und mich für eventuelle Rückfagen offen halten. Sämtliche Rechtschreib- , Zeichensetzungs- und Grammatikfehler sind natürlich mit voller Intention enstanden und zählen deshalb als aktualisierender Sprachgebrauch (und somit zur Kunst).

  • Um all das zusammenzufassen, möchte ich hier Werner Heisenberg zitieren:

    "Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."

    Was ich damit sagen will ist Folgendes: Religion endet immer dort, wo die Wissenschaft aufhört. Je weiter der Mensch die Welt erforscht und nutzt, desto abstrakter wird die Religion und desto weiter wird sie in den Hintergrund gedrängt.

    Damit wäre Werner Heisenberg aber nicht einverstanden.

    Heisenbergs Zitat steht doch vielmehr für das Gegenteil von dem, was du damit vertreten möchtest.

    Du (oder Hume, wenn du so willst) sagst gerade, dass die Wissenschaft genau die Schatten erhellt, in denen die Religion am besten gedeihen kann. Diese alte Idee (und Metapher) von der Aufklärung, in der der Mensch in einem prometheischen Akt die eigene Unwissenheit überwindet und sich im Licht der Erkenntnis seiner Selbst bewusst wird (Sapere aude! statt Hallelujah!).

    Aber was Heisenbergs Ausspruch ausdrückt ist die Idee, von den Erkenntnissen der Wissenschaft zu einer Ehrfurcht vor der Welt zu gelangen, in der sich der Gedanke an ein göttliches Wesen spiegelt. Heisenbergs Ausspruch ist nur der bekannteste Aphorismus in einer langen Reihe von großen Forschern (beispielsweise Charles Darwin und Isaac Newton), die von ihren eigenen Entdeckungen derartig fasziniert waren, dass sie glaubten, den Schatten eines Gottes in der komplexen Schönheit der Welt erkennen zu können.

    Quasi eine Spielart des Arguments vom intelligent design ...