Der Android

  • Kreischend blieb das eiserne Ross stehen. Eine kleine Eskorte aus
    Bewaffneten, feierlich gekleidet mit dem Emblem der Quoran, dem
    geflügelten Rad, rannte zu einer der Türen und nahmen Aufstellung. Mit
    einem Quietschen öffnete sich die Tür und zwei Männer traten in die
    Sonne. Sie trugen beide die selben weißen Tuniken mit blauem Calar und
    das gleiche Amulett mit dem geflügelten Rad um den Hals. Doch nur einer
    trug eine Triopta. Es war eine einfache über den Augen und Stirn, das
    Ea´Myr war ein schwarzer, pulsierender Stein, eingefasst in ein Zahnrad.
    Das was man von seinem Gesicht sah, Mund, Nase und Augen glichen dem
    zweiten Mann. Sie hatten gepflegtes glattes, braunes Haar, welches nach
    hinten gekämmt worden war. Eine markante Nase und dünne Lippen, das
    Gesicht sehr schmal. Der unmaskierte wirkte nur jünger, seine
    Gesichtszüge waren glätter, ebenmäßiger, während sich bei dem Optimaten
    schon erste Fältchen um den Mund bildeten.
    Die Eskorte salutierte und begleitete die Beiden zu einer Art Sänfte, die von niemanden gezogen wurde.


    Der
    Trodinar der Stadt Sidor Echiba, Asimákis ta Quoran, sah es nicht
    gerne, wenn sein Vater, Anaximénis ta Quoran, missmutig war.
    Natürlich
    waren die Sklaven in heller Aufregung und Beschäftigung wegen des hohen
    Besuches, aber die Optimaten sollten davon nichts mitbekommen.
    Er
    schätzte seinen Vater und dessen Meinung war ihm wichtig, also fragte
    der Trodinar vorsichtig: „Ich weiß, Vater, dass er ein hoher Besuch ist,
    aber wie war ich noch mal mit ihm verwandt? Wie habe ich ihn
    anzusprechen?“
    „Gar nicht…“, seufzte der Alte. „Du bist gar nicht mit
    ihm verwandt. Er ist mein Halbbruder. Als Paisís´ und mein Vater starb
    heiratet unsere Mutter einen Eupherban. Er brachte einen Sohn und eine
    Tochter mit in die Ehe. Sein Sohn, mein Halbbruder, besucht uns heute.
    Er hat die Geschäfte seines Vater übernommen und seine Schwester zu den
    Rhidaman verheiratet. Er ist wohl einer der mächtigsten Männer im
    Imperium. Er hat seine Finger in so ziemlich allen Angelegenheiten der
    Eupherban, der Rhidaman und der Quoran. Diese Mischung ist gefährlich.
    Er ist sagenhaft reich und im gesamten Imperium laufen seine Maschinen
    und seine Geschäfte…“
    Asimákis lächelte bitter: „Dann müssen wir uns gut mit ihm verstehen…“
    Bollernd kam Pinelópi da Quoran, ein bezauberndes kleines Mädchen, mit ihrem boshaft blinkenden Golem um die Ecke.
    Ihr
    Großvater lächelte entzückt: „Da ist ja meine liebste Enkelin! Wer
    könnte sich nicht gut mit ihr verstehen! Aber ich muss deinen Golem ein
    bisschen waten.“
    Das Mädchen mit den Augenringen schaute entsetzt:
    „Nein, Großvater, bitte! Er gefällt mir so und dann ist er immer so
    lange in deiner Werkstatt und ich langweile mich ohne ihn! Nicht wahr,
    Assur?“
    „Tut mir leid!“, Anaximénis schaute zu seinem Sohn, der sich
    über seine Tochter beugte: „Pinelópi, nun stell dich nicht an! Es muss
    sein! “
    Das Mädchen nickte ihrem Vater zu und bekam einen Hustenanfall, der sie heftig schüttelte.
    Der Golem Assur nahm sie auf die Schulter und trabte schwerfällig Richtung zum Speisesaal.
    Der Trodinar schaute streng zu seinem Vater: „Du sollst sie nicht immer so verwöhnen!“
    „Ich tue es aber gerne und ich kann ihn ja über Nacht reparieren, wenn sie schläft…“
    „Nein,
    Vater, das will ich nicht! Sie soll zu einer starken Frau heranwachsen!
    Ich werde sie zu meiner Nachfolgerin erziehen und dafür muss sie
    genauso stark werden, wie meine Mutter mich erzogen hat!“
    Es kam ein Sklave herangelaufen: „Sie sind da, Exzellenzen!“
    „Haralambos ya Quoran!“, Anaximénis ta Quoran setzte ein gespieltes Lächeln auf. „Mein Bruder!“
    „Anaximénis,
    mein Bruder, und dein Sohn Asimákis, der Trodinar!“, die Optimaten
    schüttelten sich kühl die Hände und nickten sich etwas steif zu.
    Da
    trat der zweite Mann hinzu und Anaximénis entglitt die Fassade. Er
    rümpfte die Nase und sagte leicht aufgebracht: „Was ist DAS?“
    Haralambos ya Quoran grinste: „Tja, lieber Bruder! Dies ist meine Marke!“
    „Eure was?“
    „Ich
    will meine Marke auf der Welt hinterlassen und mit ihm werde ich es
    schaffen. Er ist quasi ich, sein Name ist Haralambos, aber verkürzt und
    um Verwechslungen auszuschließen nennen wir ihn Babis. Er ist mein
    Meisterwerk und unglaublich schwer zu erschaffen. Ich musste einige
    Gefallen einlösen, bei Eurer Mutter, einer ebenso vortrefflichen
    Golembauerin, wie ihr, mein Bruder, bei den Icemna, ja, er ist mein
    Sohn, sie haben ein exaktes Ebenbild von mir geboren und aufgewachsen
    lassen und bei den Onachos, nur nicht in dieser Reihenfolge... Erst
    wurde er geboren und schließlich in seinem besten Alter… Verbessert! Er
    ist von Innen Magisch-Technisch! Ist es nicht wundervoll!“
    Babis räusperte sich: „Ich bin vielleicht ein Golem, aber ich bin nicht dumm!“
    Anaximénis
    ta Quoran starrte entsetzt auf die beiden: „Du hast ihn gezüchtet und
    dann umbringen lassen um seine Hülle für deine Experimente zu nutzen?“
    Das Wesen wirkte amüsiert, wenn es überhaupt Gefühle hatte: „Außerdem bin ich ein begnadeter Musiker…“
    Aber
    sein Erschaffer unterbrach ihn: „Na, das wird doch heute nicht das
    einzige Gesprächsthema sein! Ha! Leider liegt eure Stadt auf einem Berg!
    Ich habe eine neue Schraubgaleere erbauen lassen, die mir hier
    natürlich nichts nützt! Dabei wollte ich viel pompöser ankommen, aber
    Babis bat mich einmal mit diesem eisernen Ross zu fahren! Aber die
    Geschäfte laufen sehr gut. Wie du ja weißt, Anaximénis, hat meine
    Schwester ihre Prüfung bei den Rhidaman abgelegt. Sie unterhält
    Bankgeschäfte! Die sehr gut laufen.“ Der Optimat ließ sich fröhlich
    schwatzend auf einem Diwan nieder, nahm Wein und Trauben entgegen und
    plauderte weiter, während seine Erfindung ebenfalls auf einem Diwan
    platz nahm, sich jedoch nicht legte, sondern sitzen blieb. „Ist ja
    grässlich, euer Bahnhof! Aus den Stadtmauern hättet ihr auch etwas
    Schöneres machen können! Verzeihen Sie mir alle, liebe Anwesenden, ich
    will nicht unbedingt sagen, dass Hass mich mit dieser Stadt verbindet,
    aber…“
    Anaximénis ta Quoran versuchte seinen Bruder, der sich in Rage
    geredet hatte, aufzuhalten: „Mein lieber Haralambos! Ich bitte dich,
    also Aufbrausen brauchst du jetzt wirklich nicht! Nur weil du meine
    Stadt nicht magst musst du nicht in Blutrausch verfallen!“
    Haralambos
    sah empört aus: „Also von nicht mögen kann ja nicht die Rede sein! Nur
    weil ich ein oder zwei Änderungen im Stadtbild gerne sehen würde,
    natürlich unter meiner Finanzierungen und damit in meiner Abhängigkeit.“
    Ein böses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er wandte
    endlich einmal sich an seinen Neffen, Asimákis ta Quoran: „Sagt, wie
    sieht es mit Eurer Nachfolge aus? Ist alles gesichert nach Euren Tod?
    Werdet ihr genug Geld, Erfindungen und Wissen hinterlassen?“
    Vater
    und Sohn lagen böse Worte auf den Zungen, doch ein Optimat hat sich im
    Zaun, er beherrscht sich und wirft keinen hohen Gast hinaus, auch wenn
    es der Bruder ist…