Handlungsfreiheit vs. Realismus

  • Den sechs Elementen zum Gruße (*hust* Elementarist *hust*)

    Eine Frage an alle Meister oder eher generell an alle Spielerguppen.
    Wie handhabt ihr die Talente Betören/Überreden(Einschüchtern etc.)/Überzeugen bei Meisterpersonen die die Helden beeinflussen wollt.
    Sagt ihr:
    a)Hier wird ganz klar strikt gewürfelt, um den "realen" Überredungskünsten der Figuren gerecht zu werden und die Helden haben sich dem Würfelergebnis zu fügen.
    Oder aber b) gewährt ihr zumindest eine vergleichende Talentprobe Menschenkenntnis ("Meint Person XY das ernst oder will er/sie mich beeinflussen").
    Oder c) folgt ihr der Maxime der Handlungsfreiheit der Spieler und sagt, diese können frei entscheiden und ihre Charaktere sind höchstens über Magiue beeinflussbar.

    Mir stellt sich nämlich so oder so ein Problem:
    In Fall a (und b) riechen die Spieler eventuelle Hintergedanken der Meisterpersonen 10 Schritt gegen den Wind, müssen aber gegen ihren Willen auf die Meisterperson hören, was mich als Spieler stark stören würde und auf mich persönlich wie ein DAS-IST-JETZT-SO-UND-KANN-NICHT-MEHR-GEÄNDERT-WERDEN-HAMMER wirkt, der mit aller Gewalt Story oder gescriptete Events (im schlimmsten Falle Hinethalte) bewirken soll. Ich meine Hinterhalte, die die Helden nicht erahnen, die Spieler aber schon, erscheinen mir irgendwie langweilig.
    In Fall c jedoch ergibt sich das Problem, dass Realismus flöten geht, weil selbst der naivste und gesellschftlich-unfähigste Held, aufgrund der Intelligenz, der Aufassungsgabe etc. seines Spielers, solche Beeinflussungsversuche einfach ignorieren kann.

    Wie seht ihr das? Wie handhabt ihr das?
    Und dabei frage ich weniger nach offiziellen Rageln, als nach den Erfahrungen langjähriger Spieler.

  • Es wäre schön wenn dieses Talente in solchen Fällen eher ausgespielt werden - was natürlich vom SL viel abverlangen kann. Aber in früheren DSA-Zeit gab es diese Talente nicht - und mußten deswegen ausgespielt werden.
    Finde ich auch dem Spielern gegenüber fair.
    "Ein Stier steht schnaubend und mit wütend rotleuchtende Augen dir gegenüber - bist du jetzt "eingeschüchtert"? :)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Wir spielen so etwas auch immer aus; die Spieler entscheiden dann selbst, was ihre Helden glauben oder nicht glauben.
    Wenn Spieler- und Heldenwissen ordentlich getrennt werden und eventuelle Nachteile oder Schrullen der Helden bedacht werden, kommt es so schon einmal vor, dass die Helden einer falschen Fährte nachgehen, obwohl der jeweilige Spieler zumindest vermutet, dass dort etwas im Argen liegt.
    In Abhängigkeit der Gesellschaftstalente der NSC (ggf. im Vergleich zu denen der Helden) können diese aber durchaus mit möglicherweise nicht zutreffenden Adjektiven beschrieben werden: so könnte der NSC-Streuner mit Überreden 15 auf den naiven Thorwaler durchaus "ehrlich" oder "offen" beschrieben werden, was natürlich die Einschätzung der Spieler beeinflusst.

    Das dies "den Spielern gegenüber fair" sei, kann man allerdings so oder so sehen.
    Schließlich gibt es sicherlich in jeder Runde hin und wieder die Gelegenheit, wo dem Spieler des wortgewandten Phexgeweihten einfach kein überragendes Argument einfällt - die anschließende Überreden-Probe aber dennoch gilt. Wieso sollte der Regelmechanismus nur in die eine Richtung funktionieren? Eigentlich wäre es nur fair, wenn hin und wieder ein Zwischenhändler den SC-Jäger durch eine einfache Talentprobe derart bequatscht, dass dieser gezwungen wird, seine Felle weit unter Wert zu verkaufen. Die Helden handeln schließlich auch andauernd haarsträubende Rabatte aus, obwohl der NSC-Händler auf seine zahlreichen Kinder verweist, die hungrig zu Bett gehen werden.

  • Wohl gesprochen. Nur waren meine Spieler früher reinen Abenteurer - daher hatte ich solche "Probleme" nicht.
    Im WdS wird auf die Vergleichende Probe (S.15) hingewiesen. IM WdM (S.160) wird als dritte Möglichkeit vorgeschlagen, daß der Sl den Spieler fragt, was sein Held mit der Probe erreichen will, der SL dann evtl. Probenzuschläge festlegt und der Spieler dann würfelt. Ebenso kann die "Betörung" erst ausgespielt werden - reicht es nicht an dne Talentwert heran, folgt ergänzend die Probe.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Da unsere Runde gerne viel ausspielt und quatscht, versuchen wir dies nicht durch Würfeln zu unterbrechen. Da ich aber der Meinung bin, dass es unfair wäre, gesellschaftliche Talente nicht steigern zu müssen nur weil der Spieler wortgewandt ist, schaue ich mir als SL gerne den Wert an. Welchen Wert hat der SCs, was wird dieser NSCs so ungefähr haben. Je nachdem geht das Gespräch eben zu diesen oder jenen Gunsten aus. Das ist natürlich ein bisschen willkürlich und etwas π mal Daumen, aber für die Alltagssituationen völlig ausreichend.

    Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass es den Spieler leichter fällt ihre SCs 'dumme Sachen' machen zu lassen, wenn sie selbst den Würfelwurf versaut haben. Ich tendiere deshalb dazu, möglichst alles die Spieler würfeln zu lassen. Nicht ich würfle die Betören-Probe, sondern der Spieler die Selbstbeherrschung/Menschenkenntnis/etc-Probe. So sind sie 'selbst schuld' und ich bin nicht die 'gemeine Meisterin'.
    Auch unbekannte Spieler sind dann geneigter und weniger verärgert. Allerdings sollte man als SL sie dann nicht noch damit aufziehen. Nicht dass erfolgreiche Trennung zwischen Charakter/Spielerwissen und ein entsprechendes Ausspielen mit Spott belohnt wird.

    Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass die Spieler ihrem Gamemaster vertrauen, auch wenn er grinst und die SL keine Probleme hat Lobeshymnen auf die SCs zu singen, wenn etwas wirklich gut geklappt hat.

    I ♡ Yakuban.

  • In Fall a (und b) riechen die Spieler eventuelle Hintergedanken der Meisterpersonen 10 Schritt gegen den Wind, müssen aber gegen ihren Willen auf die Meisterperson hören, was mich als Spieler stark stören würde und auf mich persönlich wie ein DAS-IST-JETZT-SO-UND-KANN-NICHT-MEHR-GEÄNDERT-WERDEN-HAMMER wirkt, der mit aller Gewalt Story oder gescriptete Events (im schlimmsten Falle Hinethalte) bewirken soll. Ich meine Hinterhalte, die die Helden nicht erahnen, die Spieler aber schon, erscheinen mir irgendwie langweilig.
    In Fall c jedoch ergibt sich das Problem, dass Realismus flöten geht, weil selbst der naivste und gesellschftlich-unfähigste Held, aufgrund der Intelligenz, der Aufassungsgabe etc. seines Spielers, solche Beeinflussungsversuche einfach ignorieren kann.

    Wie seht ihr das? Wie handhabt ihr das?

    Das ganze ist eine Frage des SPielstils und der Fähigkeit der Spieler, zwischen Spieler- und Charakterwissen zu trennen. Wenn z.B. der Fall eintritt, dass "selbst der naivste und gesellschftlich-unfähigste Held, aufgrund der Intelligenz, der Aufassungsgabe etc. seines Spielers, solche Beeinflussungsversuche einfach ignoriert", dann würde ich als SL auf jeden Fall eine Probe verlangen und, abhängig vom Ergebnis, eine entsprechende Reaktion diktieren. Als SL erwarte ich, dass die Spieler ihre Charaktere spielen, und nicht sich selbst. Wenn dann Alrik Weltfremd belabert wird, dann sollte dessen Spieler das auch angemessen ausspielen, selbst wenn er sich als Spieler sicher ist, dass das eine Falle ist. Und Jäger Belrik Kannichtfeilschen verkauft seine Felle regelmäßig unter Wert: der Spieler weiß zwar, dass die Wertvoller sind, und mag gut argumentieren können, aber der CHarakter eben nicht - und darauf kommt es doch (zumindest meiner Meinung nach) beim Rollenspiel an. Für mich (und die meisten Leute, mit denen ich spiele) gehört es halt dazu, seine Charaktere auch mal bewusst "verlieren" zu lassen, weil es eben aufgrund des Charakterkonzeptes, der Eigenschaften, Talentwerte und/oder Nachteile passend/plausibel/stilvoll/sinnvoll wäre.

    Die Frage, ob man also entsprechende Proben würfelt (und ein Ergebnis diktiert) oder nicht hängt also (zumindest mei mit) davon ab, ob die Spieler in der Lage sind, eigene Fähigkeiten/eigenes Wissen von dem ihrer Charaktere zu trennen oder nicht.

    Ich hatte früher "Soziale"-Proben immer ausgespielt... bis ich irgendwann, durch einen Blick auf den Charakterbogen eines Spielers, bemerkt hatte, dass der Redegewandte Wortführer der Gruppe, der alle Deals aushandelt, tolle Preise erhandelt etc. gesellschaftliche Talente hat, die, freundlich formuliert, unterirdisch schlecht waren (noch zu DSA2/3 Zeiten). Ab da bin ich dann auf "auswürfeln" umgestiegen, und der Charakter hat lange Zeit diesbezüglich nichts mehr gerissen (bis er die Werte entsprechend gesteigert hat). Mit späteren Runden lief es dann anders: da mussten diese Proben nie (oder nur selten) ausgespielt werden, weil die Spieler ihre Charaktere entsprechend gespielt haben, unabhängig davon wie rethorisch gewandt sie nun als Spieler sind.

    Man muss sich halt als Spieler auf seine Rolle/seinen Charakter einlassen.


    Es wäre schön wenn dieses Talente in solchen Fällen eher ausgespielt werden - was natürlich vom SL viel abverlangen kann. Aber in früheren DSA-Zeit gab es diese Talente nicht - und mußten deswegen ausgespielt werden.

    Immer diese "früher gabe es das nicht"-Falschaussagen.... Bekehren, Betören, Feilschen, Lügen, Menschenkenntnis... alles Talente, die es bereits seit DSA2 gibt (siehe "Die Helden des Schwarzen Auges", AUflage von 1988, S.31 ff 'Die Talente der Helden'). Ich bitte, mal wieder, mit solchen Aussagen vorsichtiger zu sein und erst zu prüfen, ob das damals wirklich so viel anders war oder ob man sich einfach nur falsch erinnert... ;):)

  • @Turjan:

    Ja, "es war einmal" ... die Talente wurden gar in einem Boten zuerst "erprobt" ... ist DSA2 schon so lange her? :)
    (Zakkarus: Lügen 10. Probe eindeutig vermasselt ...)

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Ich gehe meist einen Mittelweg D, welcher Elemente der verschiedenen Möglichkeiten verbindet.

    Konflikte die man ausspielen kann, spiele ich möglichst auch aus. Egal ob als Spieler oder Spielleiter, unterstreiche ich durchaus besonders hohe Werte mit entsprechenden Worteinflechtungen wie "klingt für Dich sehr einleuchtend" "spricht sehr überzeugend" "mit geradezu magischer Überredungskunst..." , wenn mir als Mensch die entsprechenden Fähigkeiten fehlen (spätestens bei übernatürlichen Effekten wie Zaubern, Meisterhandwerken, Mirakeln etc. kann es dann auch gar nicht mehr gehen...). Den umgekehrten Fall (Held ist schlecht, in dem was er tut) umsetzen, ist hingegen kein Problem. :evil:

    Passende Reaktionen des Gesprächspartners gehören dann meiner Meinung nach einfach zum "guten Rollenspiel" (dazu muss er natürlich die [hohe] Qualität, welche die Einflechtung verdeutlichen soll auch passend einordnen können - was nicht immer leicht ist).

    Erst wenn "Soll und Ist" nach meinem Empfinden zu weit auseinander liegen, lasse ich die Würfel sprechen. Diese sprechen dann im Zweifelsfall ein Machtwort und mit dem Schiedsrichter "Würfel" können meiner Erfahrung nach auch alle Spieler leben (sofern Würfelergebnis und "Effekt" einigermaßen glaubhaft zusammenpassen).

    Wirklich oft nötig war das aber bisher noch nicht. In der Regel ist freiwilliges "Geben und Nehmen" ein Spiel, dass sehr gut funktioniert. Es gibt aber immer wieder auch Spieler, bei denen ohne harte Zahlen gar nichts geht... wenn sie lieber würfeln, dann lässt man sie eben würfeln!

    Als SL tausche ich bisweilen auch mit dem betroffenen Spieler die Rollen: ich sage ihm, was der NSC erreichen möchte und er sagt mir dann wie schwer der Held zu erreichen ist (z.B. wie viele TAP* der NSC bei einer Betörenprobe erreichen muss, um den Held zu knacken...).

    Letztendlich muss man sich immer überlegen, ob der Spieleffekt möglichen Ärger am Spieltisch wert ist. Muss der NSC den Held unbedingt verführen, wenn dessen Spieler es eigentlich nicht möchte? Auch eine "Würfelvergewaltigung" ist da nicht unbedingt die Ideallösung. Im Zweifelsfall sollte man über eine generelle Gruppenlösung für solche Fälle nachdenken. Diese gilt dann aber auch für alle!

    2 Mal editiert, zuletzt von x76 (7. Juni 2015 um 01:24)

  • Ich persönlich bevorzuge auch den Weg, dass Ausspielen und Proben bzw. TaWs kombiniert werden. Gut (ausgespielte) Ideen oder Argumente stellen eine Erleichterung da, argumentative Ratlosigkeit eine Erschwernis.

    In Fall a (und b) riechen die Spieler eventuelle Hintergedanken der Meisterpersonen 10 Schritt gegen den Wind, müssen aber gegen ihren Willen auf die Meisterperson hören, was mich als Spieler stark stören würde und auf mich persönlich wie ein DAS-IST-JETZT-SO-UND-KANN-NICHT-MEHR-GEÄNDERT-WERDEN-HAMMER wirkt, der mit aller Gewalt Story oder gescriptete Events (im schlimmsten Falle Hinethalte) bewirken soll.

    Solche Proben sollten dann verdeckt gewürfelt werden und nicht als Überreden-Probe gekennzeichnet werden, dann hat man mit dem Misstrauen kein Problem mehr.
    Und wenn man nicht möchte, dass schon der verdeckte Würfelwurf selbst das Misstrauen der Spieler erweckt, kann man sich angewöhnen, ab und zu einfach die Würfel so rollen zu lassen, also "Proben" zu würfeln, die faktisch nichts bedeuten.

    Das Argument, dass die Spieler hier bei diesen sozialen Talenten zu etwas gezwungen werden, zu dem sie nicht gezwungen werden sollten, ist IMHO etwas schwach.
    Denn viele Dinge, die der SL oder das AB vorgeben sind Zwang. Wenn der SL erklärt, dass bestimmte Türen verschlossen sind und die Schlösser-Knacken Probe sehr schwer bis unmöglich ist, schränkt das die Freiheit der Spieler damit auch ein. Das gesamte Design der Spielwelt schränkt einerseits bestimmte Dinge ein und ermöglicht andererseits andere Dinge.

    Zwang ist also nicht unbedingt schlecht, er sollte aber im Falle von Lügen und Täuschungen so ausgespielt werden, so dass die Spieler sie im Idealfall nicht bemerken.

    Damit ist das geschickte Lügen einfach eine weitere Herausforderung für den SL. Ein SL der weiß, dass ein bestimmter NSC die SCs anlügen wird, sollte sich darauf vorbereiten, diese Lügen gut zu verkaufen und den NSC möglichst so zu präsentieren, dass was er sagt auch plausibel erscheint, besonders wenn der Erfolg der Lüge für das AB wichtig ist.
    Dazu kann gehören, wie Shintaro gesagt hat, auch bestimmte Adjektive zu verwenden, um die NSCs zu beschreiben. Manchmal sind die ABs selbst dabei nicht besonders hilfreich und benötigen Anpassung, besonders wenn die Lügner-NSCs Stereotypen entsprechen, die die Spieler eh misstrauisch machen.

  • Ich persönlich bevorzuge auch den Weg, dass Ausspielen und Proben bzw. TaWs kombiniert werden. Gut (ausgespielte) Ideen oder Argumente stellen eine Erleichterung da, argumentative Ratlosigkeit eine Erschwernis.

    Den Ansatz hatte ich auch mal einige Zeit verfolgt, mittlerweile aber verworfen, weil ich ihn als unfair erachte: der Spieler, der rethorisch bewandert ist, bekommt eine Erleichterung. Er verbraucht also weniger TaP*, bekommt damit also mit niedrigeren Werten regelmäßig das gleiche Ergebnis wie der Spieler des eigentlichen "Sozialcharakters", der einen höheren TaW hat, dessen Spieler aber nicht so Redegewandt ist. Der Charakter wird also zweitrangig, der Spieler rückt in den Vordergrund. Mehr noch, es fördert, streng genommen, "schlechtes" Rollenspiel bzw. Charakterspiel. Den der Spieler, der aml locker eine Eddie Murphy/Chris Rock Fast-Talk Improvisation aus dem Ärmel schüttelt, obwohl sein Charakter nur einen Überreden TaW von 3 hat, agier eigentlich nicht Charaktergerecht. Bei deinem System wird der Spieler also dafür belohnt, dass er contrair zu seinem Charakter handelt/agiert.

    Meines Erachtens ist dieses "weil ich so gut labern kann kann mein Charakter das auch, unabhängig von den Werten" bzw. "weil ich die Lügen des SL durchschaue kann mein Held das auch, ungeachtet irgendwelcher Werte" auf einer Stufe wie jegliche andere Form von "Metawissen". Wenn ich als Ssieler im Vorfeld das Abenteuer lese und dann z.B. im Dungeon sage "wir müssen links, laut Abenteuer geht es nämlich da zum Schatz" oder "Achtung, in dem Raum ist eine Falle, das hab ich im Abenteuer gelesen", dann nutze ich Wissen, das ich als Spieler, aber nicht als Charakter habe. Wenn ich als Spieler sage "der Feind ist eine Hexe, die kann diese und jene Zauber, dazu noch das und das und das", weil ich die Regeln kenne, und das entsprechend in Character äußere, obwohl mein Held Magiekunde TaW0 hat, dann nutze ich Wissen, das ich als Spieler habe, nicht aber als Charakter. Und wenn ich Soziale Fähigkeiten nutze, die ich habe aber mein Charakter nicht, spielt das in der gleichen Liga wie die beiden vorgenannten Fälle.

    Umgekehrt ist es ja auch so, dass wenn ein Spieler einen hohen TaW z.B. in Magiekunde hat, der Spieler gerade aber über ein gewisses Phänomen nicht bescheid weiß, dieser den SL fragen kann "was weiß ich darüber" und dann, entweder aufgrund des TaW an sich oder aufgrund einer gelungenen Probe, entsprechende Antworten erhält. Und wenn der Spieler des Schmiedes sagt "ich schmiede mir ein neues Schwert" erwartet der SL da ja auch keine ausführliche Beschreibung oder gar eine praktische Demonstration, und sagt dann beim Ausbleiben selbiger "wie, du selbst kanns nicht schmieden? Keine Vorführung) Na, dass gibt dann aber einen zusätzlichen Malus von 3". Oder beim Kampf - da erwartet ja auch nicht jeder, dass der Kämpfer seine Manöver OT Vorführt, und wenn er es nicht macht gibts Mali... warum also sollte ein Spieler, der sozial weniger bewandert ist als sein Charakter, alles ausspielen müssen, und wenn er es nicht gut macht, mit Mali bestraft werden, wenn alle anderen Charakterkonzepte unabhängig von dem Wissen und/oder den Fähigkeiten des Spielers mit einem simplen Würfelwurf davon kommen? Ich würde sagen: gleiches Recht für alle. Sicherlich ist es schön, wenn eine Szene ausgespielt wird, aber wenn das darin resultiert, dass andere Glänzen, nur weil sie OT besser die Klappe aufreißen können, dann nehme ich lieber die "ich will ihn überreden das und das zu machen" - "OK, würfel mal" Variante. Denn da kommt es dann auf die Fähigkeiten der Helden an, nicht auf die des Spielers.

  • Wir würfeln es oft aus, bei den meisten SCs sind deren soziale Talente rollenkonzeptgerecht gesteigert. Wir spielen auch die Schwächen unserer SCs gerne aus - mein 38kABP Bronnjar (mutig und stark, aber nicht sehr intelligent) wird deshalb regelmäßig über' s Ohr gehauen, oder ignoriert/unterschätzt Gefahren und bekommt dann Ärger. MU 20 und KL 10 sind in dieser Hinsicht eine interessante Kombination....
    Wenn der (N)SC aber überzeugendes Rollenspiel bietet, dann ignorieren wir auch mal die eigentlichen TAW und der SC zahlt dem Händler mehr oder bekommt das Zimmer günstiger, dabei wird dann meist aufs Würfeln verzichtet oder die Probe wird modifiziert.
    Wir sind bisher mit diesem pragmatischen Weg ganz gut gefahren, @Turajins Bedenken bezüglicher der Bevorzugung redegewandter Spieler teile ich zwar - aber zumindest für unsere Gruppe eher theoretisch. Bei uns hat das zum Glück bisher keine Rolle gespielt. Vielleicht haben sich aber auch nur die weniger redegewandten Spieler nicht beschwert, weil sie eben nicht so redegewandt sind? ;)

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Sowohl a), als auch b ), möchte ich meinen.
    Manchmal wird gewürfelt und vergleichende Proben gibt es eben auch.
    Dazu wird manchmal auch nicht gewürfelt, aber das gilt bei uns nicht nur bei gesellschaftlichen, sondern allen Proben: wenn der TaW besagt, jemand kann etwas sehr gut und die Anforderung der Probe ist ist sehr gering, dann wird schon mal davon ausgegangen, dass es auch ohne Probe gelingt.

    Es kommen zuweilen aber auch Proben deshalb zustande, weil ein Spieler von sich aus sich erkundigt, ob das, was der NSC da sagt, glaubhaft ist und nicht darauf gewartet wird, dass der SL dadurch, dass er eine Probe verlangt (oder anfängt, heimlich kullern, darauf aufmerksam macht, das was sein könnte.

    Beim Betören muss man halt schauen, sinnigerweise fährt ein SL da einen NSC auf, den der SC tatsächlich mögen würde, und schon gar nur zu würfeln kommt gar nicht vor: 'Tja, 10 TaP* beim betören, Du bist ganz hin und weg'. Umgekehrt läuft es ebenso, aber es hat auch noch nie jemand versucht, über Betören quasi geltend zu machen, dass da ein NSC nun seinerseits ganz hin und weg ist und nicht anders kann. Selbst eine gelungene und sehr gute betören-Probe bewirkt ja nicht, dass das Gegenüber quasi hörig ist und sich zu allem hinreißen ließe.
    Da es so recht kein Regelkonstrukt gibt, kann man auch schlecht argumentieren, dass es absolut wirkt.

  • Den Ansatz hatte ich auch mal einige Zeit verfolgt, mittlerweile aber verworfen, weil ich ihn als unfair erachte: der Spieler, der rethorisch bewandert ist, bekommt eine Erleichterung. Er verbraucht also weniger TaP*, bekommt damit also mit niedrigeren Werten regelmäßig das gleiche Ergebnis wie der Spieler des eigentlichen "Sozialcharakters", der einen höheren TaW hat, dessen Spieler aber nicht so Redegewandt ist. Der Charakter wird also zweitrangig, der Spieler rückt in den Vordergrund. Mehr noch, es fördert, streng genommen, "schlechtes" Rollenspiel bzw. Charakterspiel. Den der Spieler, der aml locker eine Eddie Murphy/Chris Rock Fast-Talk Improvisation aus dem Ärmel schüttelt, obwohl sein Charakter nur einen Überreden TaW von 3 hat, agier eigentlich nicht Charaktergerecht. Bei deinem System wird der Spieler also dafür belohnt, dass er contrair zu seinem Charakter handelt/agiert.

    Diese Probleme kann man relativ leicht vermeiden. Als SL belohnt man nicht Redegewandheit als solche, sondern die Argumente bzw, Ideen, wie ich ja oben schrieb. Die müssen ja auch nicht unbedingt in direkter Rede vorgebracht werden. Man kann ja auch sagen: "mein SC hat die Spielzeuge in der Ecke gesehen, er erinnert den NSC also an die Pflicht die man als Elternteil hat, Kinder zu beschützen."

    Außerdem kann man ja sehr leicht die Fähigkeiten der Spieler gewichten und in die Erleichterung einbeziehen. Wenn ich eine wortgewandte Spielerin habe, dann bekommt die trotz guter Präsentation nur eine geringe Erleichterung, während ein Spieler, der sich mit sowas eher schwer tut, auch für eine durchschnittliche Präsentation schon eine höhere Erleichterung bekommt.

    Weiterhin hatte ich auch vorausgesetzt, dass ein Spieler seinen SC trotzdem charaktergerecht spielt. Der ungebildete Hinterwäldler aus Andergast muss also andere Argumente formulieren als der gebildete Magier aus dem Horasreich, bzw. es kann auch gutes Rollenspiel sein, wenn dem Andergaster keine Argumente einfallen.

    Spieler sind natürlich unterschiedlich gut darin (und unterschiedlich gewillt) die Schwächen ihrer SCs auszuspielen, aber damit muss man als SL zu einem gewissen Grad leben, finde ich, solange sich die anderen Spieler davon nicht übervorteilt fühlen. Wenn der Andergaster etwa gerne charakteruntypische Argumente einbringt und die anderen Spieler das eher begrüßen, sollte man den Spieler auffordern, die entsprechenden Wissenstalente zu steigern, anstatt zu blockieren (das Argument darfst du nicht bringen! Demnach seid ihr hier jetzt in einer Sackgasse!).

  • Wenn ich eine wortgewandte Spielerin habe, dann bekommt die trotz guter Präsentation nur eine geringe Erleichterung, während ein Spieler, der sich mit sowas eher schwer tut, auch für eine durchschnittliche Präsentation schon eine höhere Erleichterung bekommt.

    Und wenn es dann OT bemerkt wird oder mal erwähnt, wie wird dann erklärt, dass für unterschiedliche gute Ideen unterschiedliche Bewertungen gemacht worden und zwar nicht für das Bessere die höhere Erleichterung?


    EDIT Schattenkatze: C.Hamaeleons Frage nach dem AP starken Bronnjaren habe ich mal in den passenden Faden verschoben.

  • Ja, keine Lösung ist perfekt, wobei ich mir nicht vorstellen kann, wie das OT bemerkt weden soll, dazu sind die Situationen, in denen man diese Talente einsetzt, zu unterschiedlich.

    Dieses Szenario ist aber meinerseits auch nur theoretisch (als Reaktion zu Turajins Einwand). Ich kenne keine Gruppe, in der man so eine Spielerzusammensetzung hat. Nach meiner Erfahrung haben alle Spieler mal gute und mal weniger gute Ideen, so dass man Niemanden standardmäßig bevorzugen muss, damit er/sie überhaupt produktiv mitspielen kann.

  • Dieses Szenario ist aber meinerseits auch nur theoretisch (als Reaktion zu Turajins Einwand). Ich kenne keine Gruppe, in der man so eine Spielerzusammensetzung hat. Nach meiner Erfahrung haben alle Spieler mal gute und mal weniger gute Ideen, so dass man Niemanden standardmäßig bevorzugen muss, damit er/sie überhaupt produktiv mitspielen kann.

    Es ghet mir aber explizit nicht um die Ideen, sondern um die Fähigkeit, diese darzustellen. Und doch, diese Art Gruppenkontellationen gibt es, sonst hätte ich das "Problem" ja nicht angesprochen. Es geht mir explizit nicht um unterschiedliche Ideen, sondern um die rethorische Fähigkeit:

    Spieler A präsentiert eine Idee, ist ein hervorragender Redner, weshalb er haufenweise plausible Argumente hervorbringt, sein Charakter hat aber nur einen Überreden TaW von 2.

    Spieler B präsentiert die exakt gleiche Idee, sein Charakter hat einen Überreden TaW von 8, aber alles was der Spieler (aufgrund mangelnder Redegewandheit) vorbringt ist "ich versuche ihn zu überreden", weil der Spieler nunmal keine Idee hat, welche Argumente man vorbringen könnte.

    Wer macht dann das rennen bei dir? Welche Erleichterung bekommt Spieler A, welche Erschwernis Spieler B, und jeweils warum?

    Bei mir würde keiner eine Erleichterung/Erschwernis kriegen, sondern beide würden würfeln. Und wenn A scheitert (was wahrscheinlich ist), dann heißt es schlicht "ja, du wolltest zwar das sagen was du vorgebracht hast, tatsächlich kam aber nur raus 'Ja...ähm... öh...ihr könntet... öhm... tja... also.. da erstmal... vielleicht...öhm...' "

    Wie gesagt, ich erwarte von meinen Spielern das sie Spieler- und Charakterwissen von einander trennen - und Rhetorik zählt mit dazu. Wenn der Spieler einen guten Redner haben möchte, weil er es OT auch ist, dann soll er die entsprechenden Werte steigern. Wenn er es nicht macht - dann kann er OT reden soviel er will, IT ist er diesbezüglich eine "Flachpfeiffe". Ihn dafür belohnen, dass er seinen Charakter nicht rollengerecht spielt bzw. dafür, dass er AP sparen will (nach dem Motto: "ich kann doch reden, also muss es mein Charakter nicht teuer lernen") sehe ich echt nicht ein.

  • Das wäre mir zu dogmatisch - warum dann überhaupt noch reden? Dann kann das Spiel auf eine Abfolge kurzer Handlungsbeschreibungen und begleitender Würfelei reduziert werden. Die Gefahr der ABP- Sparerei kann man mMn in der Gruppe abwenden, wenn man das offen bespricht. Zum Glück ist das bei uns kein Problem, die sozialen Talente werden angemessen gesteigert.

    ich wäre ja perfekt, wenn ich nicht so bescheiden wäre....

  • Das ist natürlich am einfachsten, wenn die rhetorisch begabten Spieler die sozialen Talente ihrer SCs schlicht steigern, weil sie sich beim Ausspielen eh nicht zurückhalten können. Mit einem netten Hinweis machen dies meisten Spieler auch - so teuer sind sie ja nicht (die Talente nicht die Spieler*).

    *Spieler bekommt man noch günstiger...

    I ♡ Yakuban.

  • In meiner Gruppe hat sich da so etwas wie ein Schwarmansatz gebildet: Wir entscheiden, welcher Charakter etwas macht: Überreden, Fährtensuchen, Wildnisleben, Sinnesschärfe. Der Streuner feilscht, der Jäger schleicht, der Geweihte seelsorgt, der Ritter etiketiert usw. (entsprechend der Professionen hat man ja auch IT ein gewisses Expertentum). Wenn wir dann also an einen Punkt kommen, wo es um Argumente geht, dann werden die Gruppenintern gesammelt und dann entsprechend vorgetragen. Das hat mehrere Vorteile: Es sitzt keiner daneben und langweilt sich (wichtig wichtig ;) ), wenn der Spieler des "Experten" einfach mal einen schlechten Tag hat (Schnupfen kommt, stressiger Arbeitstag gewesen, la familia forderte viel Aufmerksamkeit...Leben eben) dann kann er sich auch mal kurz zurück lehnen und andere machen lassen ohne dass es IT plötzlich jemand völlig artfremdes seine Rolle übernimmt, jemand der etwas rhetorisch etwas schwächer auf der Brust ist, kann sich gut einbringen und ohne große Probleme selbst einen Gesellschaftscharakter spielen und vor allem: Die Ideen, die dabei entstehen, sind...oftmals speziell :D .

    In einer Situation, wie dem angesprochenen Betören, wo es wirklich nur auf 1:1 ankommt, gibt es ja zwei Richtungen: Es wird mit dem Spieler geflirtet und der Spieler flirtet. Im ersten Fall lasse ich es den Spieler entscheiden, ob er/sie jetzt mag oder nicht. Wenn Nein, dann Nein, wenn Ja, dann viel Spaß (auch mit den eventuellen Konsequenzen *sing* Strawberries, cherries and and angel's kiss in spring). Eine Probe "gegen" den Helden mache ich in so einem Fall nicht. In die andere Richtung entscheidet sich das dann zunächst einmal über den Schicksalswurf: Ist angeflirteter prinzipiell interessiert: Ja/Nein/Gummibaum. Wenn Ja, dann darf der Spieler entscheiden, wie er/sie weiter verfährt: Würfelwurf und gut ist, ausspielen, beides in Kombination: Da passe ich mich dann dem Wollen und Können meiner Leute gerne an.

    Gleiches gilt auch für Überreden im Sinne von: Hör auf mich...glaube mir..., das dürfen meine Helden/Spieler selbst entscheiden (was natürlich nicht bedeutet, dass sie einen automatischen Lügendetektor haben, das ist und bleibt ein Fall für Menschenkenntnis), aber ob ein NSC ihnen sympathisch ist oder nicht, werde ich nicht erzwingen. Ein Überreden im Sinne eines Feilschens dagegen wird immer über eine vergleichende Überreden-Probe geklärt, denn hier geht es ganz crunshig um Werte, die auf dem Papier stehen, namentlich Münzen und Loot. Ergo Teil der Spielmechanik, ergo Probe erfordernd. In kurz: Es kommt ganz auf die Situation an, wie ich ein Gesellschaftstalent mit einem Spieler behandle und ich gehe da immer auf den jeweils persönlichen Spielstil ein.

    Der Himmel hat dem Menschen als Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens drei Dinge gegeben: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen.

    - Immanuel Kant

  • Meist kann man es rollengerecht ausspielen - das bevorzuge ich immer. Ich passe ggf. das Verhalten der NSC an die Spielerproben an.
    Umgekehrt: Manche vergleichenden Proben sollte der Meister für den Spieler verdeckt würfeln. Dazu zählen Menschenkenntnis und Gefahreninstinkt: die Spieler sollen den Nutzen aus ihren Werten haben, aber nicht jedesmal mehr wissen als ihr Char.

    Egal, was die Frage ist - Schokolade ist die Antwort!