Amazon boykottieren?

  • Vorbemerkung
    Da ich den Browser so eingestellt habe, dass ich keine Werbung mehr angezeigt bekomme, weiß ich nicht, ob der Ork immer noch direkt auf Amazon verlinkt ist, sollte einer das plötzliche Bedürfnis verspüren, ein Buch zu bestellen. Sollte es noch so sein, so möchte ich Thomas an dieser Stelle um Vergebung bitten, dass ich hier trotzdem eine Diskussion zum Thema initiiere, die ich für notwendig halte.

    Nicht erst seit gestern gibt es immer wieder Vorwürfe an Amazon, sei es, was den Umgang mit den Beschäftigten angeht, sei es die um die wachsende Marktmacht. Nun haben sich verschiedene Autoren zusammen getan, um gegen den Umgang des Internethändlers mit den Verlagen zu protestieren.
    Es geht um Manipulation von Empfehlungslisten, um verzögerte Lieferungen von Titeln unliebsamer (sprich: sich den Verhandlungsmethoden Amazons nicht beugender) Verlage.

    Wie hier ja sicher alle wissen, gibt es in Deutschland die Buchpreisbindung, um die Verlage vor ruinösen Dumpingpreisen zu schützen. Der Gewinn wird also innerhalb eines eng gesteckten Rahmens durch Rabatte ausgehandelt, ein kleiner Kuchen, von dem alle etwas abhaben wollen, Autor, ggf. Übersetzer, Verlag, Großhändler, Buchhändler. Wenn nun ein Riese wie Amazon seine Marktmacht nutzt, um besonders hohe Rabatte raus zu schlagen, geht das nicht zu Lasten des Kunden, indem der Preis einfach angehoben wird, sondern zu Lasten aller anderen an der Herstellung und Verbreitung von Büchern Beteiligten und führt mittel- bis langfristig zum Verschwinden kleiner Verlage, die sich diese Rabatte nicht leisten können, da ihre Auflagen geringer und somit das einzelne Buch teurer ist.

    Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat aus diesem Grund eine Klage beim Bundeskartellamt eingereicht.

    Warum schreibe ich das nun alles?
    Weil ich der Ansicht bin, dass jeder, der ein Buch bestellt, dies auch woanders tun kann. Oft ist es reine Gewohnheit, die uns *amazon.de* eintippen lässt. Es gibt auch andere Onlinegroßhändler, z.B. buecher.de, oder noch besser: es gibt (noch) in fast jedem Ort eine Buchhandlung, die fast jedes Buch innerhalb 24 Stunden besorgen kann, und zwar zum gleichen Preis, aber ohne Porto.
    Meine Bitte: Nutzt eure Macht als Verbraucher! Und orkenspalter: vielleicht kannst du einen Vertrag ja auch mit einem anderen, weniger skrupellosen Händler schließen?

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  • Hallo Traumweber,

    vielen Dank erst mal, dass du deine Stimme erhebst. Es ist natürlich nie verkehrt, einem Monopolisten den Finger zu zeigen. =)

    Das Thema Amazon ging in den letzten Wochen durch die ganze Bücherbranche, und um ein mehr oder weniger vollständiges Bild zu erhalten, ist es auch wichtig, die Gegenstimmen sprechen zu lassen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle zu ein paar Texten verlinken, die von anderen Autoren, Verlagen und Büchermenschen im Allgemeinen verfasst wurden und mich in den letzten Tagen begleitet haben.

    (Da ich noch sehr neu auf Orkenspalter bin, bin ich mir nicht sicher, ob ich hier alles richtig gemacht habe. ^^;;; )

    Natürlich sind die Beiträge teilweise etwas schroff formuliert (hier spricht auch auf dieser Seite großer Frust), aber ich stelle sie nicht als Vorwürfe rein, sondern wirklich nur für das Gesamtbild. Keine Seite hat vollkommen recht oder unrecht.

    Tanja Kinkel/Jan Ulrich Hasecke:

    Sattelt nicht die Pferde gegen Amazon! - literaturcafe.de

    Thomas Brasch:

    Na, heute schon amazon gebasht? | brasch & buch

    Markus Hatzer:

    Amazon treibt uns alle derzeit vor sich her

    Damien Walter:

    FUCK YOU AMAZON! Fuck you for being right! Again! | Damien G. Walter

    Oliver Hoffmann (Feder&Schwert):

    Im Amazon-Dschungel: Eine Expeditionsnotiz | The Truth: so far

    Enpunkt:

    ENPUNKT-Tagebuch: Gegen die Amazonen

  • Ich habe nicht alle verlinkten Artikel komplett durchgelesen, aber teilweise gelesen und teilweise überflogen.
    Es geht es bei der derzeitigen Amazon-Diskussion tatsächlich nur um die Buch-Sparte? Denn faktisch bekommt man dort ähnlich wie in einigen Supermarkt-Ketten so ziemlich alles. Die Romane, die ich bei Amazonen je geordert habe, kann ich an einer Hand abzählen (und brauche vermutlich nicht mal alle Finger dazu). Ich habe meine Buchhandlung meines Vertrauens, in dem ich mit Vornamen angeredet werde, mir schon mal Ladenhüter geschenkt wurden und mir einmal kürzlich eine Mitarbeiterin die Bücher mit zu sich nach Hause brachte, was wiederum in meiner Nachbarschaft lag und ich daher passend das Geburtstagsgeschenk hatte.
    Mit dem Auto sind es 10 Minuten hin, Bestellung mache ich meist per Telefon und dafür treffe ich Leute, bei denen ich teilweise einkaufe, seit ich 11 war (auch wenn es nicht die gleiche Buchhandlung ist, aber die gleichen Leute, nachdem meine erste Lieblingsbuchhandlung sich der Konkurrenz eine Straßenecke weiter ergeben hatte).
    Mit und ohne Amazonen ist meine Lieblingsbuchhandlung meines Vertrauens schon immer mein erster Anlaufpunkt für Bücher gewesen.
    DVDs kaufe ich aber tatsächlich sehr oft bei Amazon, weil die tatsächlich meist den günstigsten Kurs fahren und der nächste DVD-Händler ein anderer Großhändler einige Kilometer weiter ist mit weit aus größerem Zeitaufwand, da hin und zurück zu kommen (und ich kaufe mir auch nur selten welche). In der Hinsicht ergebe ich mich dann doch der Bequemlichkeit.
    Meiner Buchhandlung bleibe ich treu und warte da auch gerne 10 Minuten, bis ich dran komme, Hauptsache, sie bleibt. :)

    In der Tat bieten aber alle Artikel interessante Sichtweisen, die durchaus auf beiden Seiten Pro und Contra beinhalten.

  • Danke @Siham erstmal für deine ausführliche Antwort! hat eine Weile gedauert, bis ich alle deine links durchgelesen hatte :)

    Hasecke hat mMn in manchem Recht, z.B. mit seiner Beschreibung einer „modernen“ Buchhandlung. Klar werden den Kunden da Waren präsentiert nach derselben Logik, der die Algorithmen bei Amazon gehorchen.
    Aaaaber… H. spricht von stöbern, kommt dann aber damit, das gesuchte Buch nicht gefunden zu haben. Ja was denn nun? Stöbern oder gezielt suchen? Stöbern bedeutet nämlich auch, etwas zu finden, was man nicht gesucht hat. Und so vermischt der Autor fröhlich Dinge, die nichts miteinander zu tun haben und gefällt sich in seiner „Ich-bin-ja-sowas-von-heute“-Rhetorik, mit der er jeden, der das anders sieht, lächerlich macht. Mieser Stil, auch wenn er, ich sagte es bereits, nicht mit allem Unrecht hat.

    Thomas Braschs Lob des Marktes übersieht, dass nicht unbedingt das Beste ist, was sich durchsetzt. Manchmal ist es auch nur das Ellenbogen-Prinzip ^^
    Klar, Hachette oder die Bonnier-Gruppe sind keine Kleinverlage. Aber wer würde den Protest von Verlagen wie Wagenbach (existiert noch), Haffmans († 2001) oder Ammann († 2010) überhaupt wahrnehmen?
    Also kann es nicht schaden, wenn Unternehmen mit einem größeren Gewicht den Protest anführen.
    Zudem ist die Diffamierung von Menschen, die das gedruckte dem E-Book vorziehen, als heuchlerische und elitäre Premium-Kundschaft wohlfeil. Die mag es geben, sind aber sicher nicht die Mehrheit der Leser. Wobei ich die Diskussion gedrucktes versus e-Book sowieso aus der Diskussion auslagern würde, weil sie zu weit weg vom Thema führt.

    Das Interview mit M.Hatzer ist dagegen im Ton angenehm sachlich, dabei durchaus selbstkritisch und weniger pessimistisch, als man erwarten könnte (auch Haymon ist ein unabhängiger Kleinverlag), und zeichnet sich durch ein beachtliches Selbstbewusstsein aus.

    Damien Walter: yeah, Amazon ist so innovativ! Die haben immer die Nase vorn!
    Das Problem ist, was passiert, wenn ein Unternehmen sich gegen alle anderen durchsetzt? Und wir haben es hier nicht mit Socken zu tun, sondern mit Büchern, sprich: mit Ansichten von und über die Welt. Was, wenn ein einziges Unternehmen auswählt, wie wir die Welt sehen sollen? Welche Bücher wir lesen sollen?

    Oliver Hoffmann sagt: ist halt Kapitalismus – so what? Da kann nur der Staat was tun, wenn er denn Eier hätte (hat er nicht).
    Womit er sicher Recht hat: die Verlage würden nicht klagen, wenn sie selber am Ball wären. Und Kulturpessimisten, die über den Untergang des Abendlandes jammern wie Frau Lewitscharoff muss ich nicht mögen. Aber das ändert für mich nichts an der Tatsache, dass mir nicht gefällt, was Amazon macht.

    Endpunkt wiederholt nur noch mal Argumente, die in den anderen Artikeln bereits auftauchen.

    Insgesamt fällt mir bei den meisten der oben aufgeführten Artikel der spöttisch-distanzierte Tonfall auf, den ich als arrogant und selbstgefällig empfinde.
    Deshalb (als wolle ich mir selbst ans Bein pinkeln ;) ), hier noch ein weiterer Artikel, der sich eher abwartend-kritisch mit dem Thema auseinander setzt:
    Ruppig, aber nicht rechtswidrig

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  • Danke, dass ihr euch die Mühe gemacht habt, die Artikel durchzulesen. =)

    Im Grunde sieht man ja jetzt, dass wohl schon lange Diskussionsbedarf in der Buchbranche herrscht und endlich auch (offener) diskutiert wird (auch wenn man sich gerne mal im Ton vergreift). Es besteht auf beiden Seiten Handlungsbedarf und ich hoffe, dass es zu einem Umdenken führt und wir uns auf gute, solide Alternativen zu Amazon freuen dürfen, die v.a. auch kleine Verlage und neue Autoren unterstützen.

    @Schattenkatze: Die aktuelle Diskussion dreht sich um Bücher; wie es aussieht, hauptsächlich deshalb, weil die Buchbranche den Wandel verschlafen hat. Die Film- und Musikindustrie ist da schon etwas weiter (soweit ich das gelesen habe). Ich finde es klasse, dass du so eine schöne Buchhandlung bei dir in der Nähe hast. =) Mein Händler des Vertrauens bleibt Amazon, wenn ich aber mal an einem Buchladen vorbeikomme, dann gehe ich da auch rein und stöbere nach Herzenslust!

  • @Katze: schön, dass du so eine Buchhandlung gefunden hast. Es ist viel wert, wenn der Buchhändler die Vorlieben seines Kunden kennt (ich rede nicht von einem Algorithmus, sndern von persönlichem Kennen). Man kann ein paar Takte miteinander reden, kann sich etwas empfehlen lassen oder selber etwas empfehlen, das einem besonders gefallen hat.

    Siham: darf ich fragen, weshalb Amazon der Buchhändler deines Vertrauens ist? Nicht, weil ich dich davon überzeugen möchte, dem Bösen abzuschwören ^^ , sondern weil es mich wirklich interessiert, wo für dich die Vorteile liegen gegenüber anderen (auch Online-) Buchhändlern.

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  • @Traumweber: Zunächst einmal brauche ich nicht für alles, was ich dort bestelle, ein eigenes Konto. xD Ich liebe die überdimensional große Auswahl an Büchern, finde es toll, dass gerade neue Autoren bei Amazon eine Chance haben, ihre Geschichten (ob gut oder schlecht) zu veröffentlichen, sehe gerade auch an Feder&Schwert, dass kleinere Verlage von Amazon profitieren können, und kenne noch keine Alternative, die mir persönlich zusagt - ich habe aber auch schon bei anderen Anbietern bestellt, wenn dort z.B. die Lieferzeit kürzer war. Bequemlichkeit spielt natürlich eine große Rolle, aber wenn sich in der Buchbranche was tut, wodurch Amazon die Stirn auf produktive Weise geboten wird, dann werde ich mir das auf jeden Fall genauer ansehen. =)

  • Ähm, natürlich gefällt das Traumweber nicht so recht, blöder like-Button! Ich falle immer wieder drauf rein. Das war ein Danke für deine Antwort! :)

    Hihi, wenn man hier durchscrollt sieht es aus wie bei den Vogelfreunden ;)

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  • F&S Romane kaufe ich auch über die Buchhandlung meines Vertrauens. Ich schaue mich auf der F&S Homepage um und dann wird zum Telefon gegriffen.

  • Aus dem eingangs verlinkten Artikel:

    Zitat

    Obendrein hatten Amazon-Kunden bisher den Eindruck, dass diese Listen nicht manipuliert würden und sie sich auf Amazon verlassen konnten.Doch das stimmt offenbar nicht.


    Er meint vermutlich die Kunden, die auch glauben, bei Google unmanipulierte Suchergebnisse vorzufinden. Das Internet ist nicht euer Freund, und ein kapitalistisches Unternehmen wird es nutzen, um seine Interessen durchzusetzen. Für gutgläubige Menschen mag das jetzt ein Skandal sein, aber wer halbwegs realistisch denkt, geht sowieso davon aus, dass die Listen manipuliert sind - schon, weil es gar nicht a priori den „unmanipulierten“ Algorithmus gibt.

    Des weiteren verweise ich auf diesen Artikel, der in Sihams erstem verlinken Artikel verlinkt ist. Es ist unsinnig, Amazon zu verteufeln; andere Buchhändler haben wie man sieht ebenfalls keine Skrupel, zu solchen Methoden zu greifen. Wir sollten nicht vergessen, worum es bei dem Konflikt eigentlich geht: E-Book-Preise. Ich möchte mal festhalten, dass diese Entwicklung keinen Platz im Konzept der Buchpreisbindung hat: Diese wurden geschaffen, weil dem Buch ja als Kulturgut eine Sonderstellung zukommt und eine flächendeckende Versorgung sichergestellt werden soll. Nun, im Zeitalter des Internets ist das Argument der flächendeckenden Versorgung doch eine Farce: Egal ob gedruckt oder als E-Book, online kann man sich jedes Buch bestellen. Dass das nicht jedermanns Sache ist, mag ja sein, aber ich sehe keinen Grund, eine flächendeckende Versorgung mit Buchläden sicherzustellen in einer Zeit, wo ein Großteil der Käufer kein Problem damit haben, Online zu bestellen.

    Auch die Sache mit dem Kulturgut finde ich an den Haaren herbeigezogen: Sind denn andere Erzeugnisse keine Kulturgüter? Musik? Computerspiele (ja, Computerspiele)? Was genau zeichnet bitte das Buch aus, um eine solche Extrawurst zu bekommen?

    Kommen wir nun zum angeblichen „Monopolisten“ Amazon. Der ist nämlich gar keiner. Amazon hat am weltweiten Buchmarkt einen Anteil von etwa einem Drittel und bei E-Books zwei Drittel. Das ist kein Monopol.

    Unterm Strich halten wir fest: Die Verlage machen genau denselben Fehler, den bereits die Musik- und Filmindustrie gemacht hat. Sie fürchten sich vor der neuen Technologie und schaltet in den Defensivmodus. Dem Vorwurf, dass Amazons Rabatte allen in der Produktionskette schaden, möchte ich mal entgegenhalten: Die Verlage versuchen, sich zu bereichern, indem sie E-Books zu kaum günstigeren Preisen als die gedruckten Exemplare anbieten wollen - obwohl sie günstiger zu produzieren sind. Kennt ihr die Zahlen? Was habt ihr für einen Grund, den Verlagen zu glauben, dass Amazon sie ruiniert, anstatt Amazon zu glauben, dass E-Books günstiger angeboten werden könnten? Schließlich ist Amazon auch selbst ein Verlag und kennt daher die Zahlen, um so eine Aussage treffen zu können. Ob es nun gelogen ist oder nicht, sei mal dahingestellt - aber ich halte die anderen Verlage für keinen Deut glaubwürdiger als Amazon. Amazons Methoden mögen nicht sehr sportlich sein, aber das sind die der anderen auch nicht. Das ist Marktwirtschaft, und wem das nicht passt, der sollte das System kritisieren und nicht die Unternehmen.

    It's hard to light a candle, easy to curse the dark instead.
    •••
    The trouble with having an open mind, of course, is that people will insist on coming along and trying to put things in it. -- Terry Pratchett

  • Zitat

    Hihi, wenn man hier durchscrollt sieht es aus wie bei den Vogelfreunden

    schuhu...

    @topic
    Mal sehen was passiert, wenn Alibaba in Europa im großen Stil aufkreuzt. Könnte einige interessante Konsequenzen auf den Buchmarkt haben.

    Non serviam!

    Beherrscher des Kophtanischen Imperavi nach Zant...
    und lobet Thargunithread, die Herrin der Threadnekromantie!


  • Zitat von flyx

    Er meint vermutlich die Kunden, die auch glauben, bei Google unmanipulierte Suchergebnisse vorzufinden. Das Internet ist nicht euer Freund, und ein kapitalistisches Unternehmen wird es nutzen, um seine Interessen durchzusetzen. Für gutgläubige Menschen mag das jetzt ein Skandal sein, aber wer halbwegs realistisch denkt, geht sowieso davon aus, dass die Listen manipuliert sind - schon, weil es gar nicht a priori den „unmanipulierten“ Algorithmus gibt.

    Ehrlich gesagt mag ich Zynismus nicht. Diese Haltung: "Wissen doch alle, dass die Welt scheiße ist, und wer was anderes glaubt ist selber schuld. Das ist Kapitalismus, Alter."

    Nicht dass ich jemals auch nur einen Deut auf das "Kunden die diesen Artikel kauften, sahen sich auch xy an..."-Kram geachtet hätte. Darum geht es mir aber auch nicht. Sondern darum, dass ein großer Händler (der nur lächerliche 30% des Welt-Buchmarktes hält, sagst du?*) seine Marktmacht nutzt, um seine Regeln durchzusetzen. Sicher hast du Recht, dass die Verlage, wären sie denn dazu in der Lage, dasselbe tun würden. Eben darum geht es mir ja. Niemandem genau diese Macht zu verleihen.

    Auch ein E-Book wurde von irgendwem geschrieben, wurde lektoriert (hoffe ich zumindest), evtl. übersetzt, und das kostet. Klar hast du nicht die Kosten für Druck, Bindung und Lagerung, aber umsonst gibt es ein Buch nicht, genauso wenig wie jedes andere von dir erwähnte Kulturgut. (Dass ich Musikerzeugnisse oder Spiele nicht erwähne heißt nicht, dass ich sie nicht ebenfalls als Kulturgut betrachte).

    deiner Argumentation folgend wären die nächsten Schritte:
    - Aufhebung der Buchpreisbindung
    - voller Mehrwertsteuersatz auf Bücher
    den Rast regelt dann der Markt.
    Ich würde stattdessen vorschlagen, auch auf E-Books eine geringere Mehrwertsteuer zu erheben. Aber eigentlich ist das ein anderes Thema.

    Zitat von flyx

    Was genau zeichnet bitte das Buch aus, um eine solche Extrawurst zu bekommen?

    Klar, was unterscheidet Bücher von Socken? Letztere halten wenigstens warm ^^

    Dass Verlage auf die Entwicklungen nicht oder zu spät reagierten, darum geht es mir nicht. Sondern darum, was geschieht, wenn Monopole entstehen. Und daran arbeitet Amazon, sicher nicht als einziges Unternehmen, aber auf dem Buchmarkt z. Zt. eben als das dominanteste.

    Zitat von the_BlackEyeOwl

    Mal sehen was passiert, wenn Alibaba in Europa im großen Stil aufkreuzt. Könnte einige interessante Konsequenzen auf den Buchmarkt haben.

    Nach der obigen Logik wird das Haifischbecken vorübergehend von zweien bewohnt, es brodelt und am Ende bleibt ein Hai übrig.
    ___________________________
    *nur sicherheitshalber: das ist ironisch gemeint

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  • Nun ja, Alibaba wird in keinem Fall ein Büchermonopol haben. Da steckt ein anderes Prinzip dahinter, das Amazon nur langsam und stellenweise aufgreift. Alibaba hätte wenn überhaupt ein Meta-Monopol, ein Monopol auf die Vermittlung von Dienstleistungen und Dingen.

    Mein Like hat nicht das, was du flyx Zynismusm nennst. Ich bin definitiv kein Freund von Amazon, aus vielen Gründen. Ob jetzt - wie in einigen der verlinkten Artikel beschrieben - der Boykott durch Verbraucher sowieso nichts bringt sei mal dahingestellt. Ich weiß es nicht. Aber es steht wohl fest, dass Amazon (oder Google was das betrifft) gut in dem sind, was sie tun. Und es bestreitet wohl auch niemand, dass der Buchhandel schläfrig auf ebooks reagiert hat. Wenn dort nicht bald jemand ein Konzept auf die Beine stellt, mit dem man Amazon die Stirn bieten kann (wie Alibaba), dann muss ich einigen der obigen Texte recht geben: Dem Buchhandel wird es ergehen wie Pferd, Platte und Video. By the way: ich wäre einer der Freaks, die diese Randerscheinung weiterhin nutzen würden.

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  • Auch ein E-Book wurde von irgendwem geschrieben, wurde lektoriert (hoffe ich zumindest), evtl. übersetzt, und das kostet. Klar hast du nicht die Kosten für Druck, Bindung und Lagerung, aber umsonst gibt es ein Buch nicht, genauso wenig wie jedes andere von dir erwähnte Kulturgut.


    Hab ich auch nirgends verlangt. Amazon möchte E-Books für Preise im Bereich von 10€ verkaufen.

    Es gibt doch im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Entweder, Amazon hat recht. Dann setzen die Verlage den E-Book-Preis derzeit so hoch an, dass sie zusätzlichen Profit erwirtschaften. Der Autor, Lektor, Übersetzer etc kriegen (meines Wissens) von diesem zusätzlichen Geld nichts ab, das ist Reingewinn für den Verlag. Die andere Möglichkeit ist, dass billigere E-Books wirklich zu dumping-Preisen führen würden. Ich weiß nicht, welche Alternative zutrifft, und so lange ich das nicht weiß, werde ich mich auf keine der Seiten stellen.

    Die Sache erinnert ein wenig an das Leistungsschutzrecht: Da haben Verlage mit Gewalt ein Gesetz durchgedrückt, das Google zwingt, die Verlage für Artikelschnipsel zu vergüten. Folge: Google zeigt keine Artikelschnipsel mehr an. Dann kommen die Verlage und heulen rum, dass Google keine Artikelschnipsel mehr annimmt und wollen es dazu verklagen.

    Und hier haben wir Amazon, das der Meinung ist, dass die Verlage ihre E-Books zu zu teuren Preisen verkaufen. Entsprechend tut Amazon, was in seiner Macht steht, um dagegen vorzugehen. Es sei angemerkt, dass Amazon derzeit nicht gezwungen werden kann, bestimmte E-Books zu verkaufen (das könnte man nur bei einem echten Monopol tun). Sie bieten sie aber an und tun, was man so gerne „Säbelrasseln“ nennt. Nicht schön, aber von ihrem Standpunkt her irgendwie nachvollziehbar. Die Verlage haben durch die Buchpreisbindung eine sehr vorteilhafte Stellung, und Amazon gleicht das mit seiner Marktmacht aus.

    Wie gesagt, ich kann nicht beurteilen, wer nun den valideren Standpunkt hat. Ich sage nur: Zu diesem Streit gehören zwei Parteien, und ich sehe keinen Grund, warum ich eine und nicht die andere unterstützen sollte. Ich sage ja nicht, dass alles Friede, Freunde, Eierkuchen ist, aber es wurde doch schon das Bundeskartellamt angerufen. Warum warten wir nicht darauf, was das entscheidet, bevor wir Flagge zeigen?

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  • Ich finde es auch schwierig in diesem Streit zwischen Amazon und den Verlagen eine Entscheidung zu treffen, da beide einfach Parteien sind und daher einfach nicht vertrauenswürdig.

    Für mich gibt es aber dennoch zwei Gründe, die dazu geführt haben, dass ich seid mehreren Jahren nichts mehr bei Amazon bestellt habe.
    - Das es eine lokale Händlerstruktur gibt ist mir wichtig. Ich will einen lokalen Rollenspielshop haben, in den ich gehen kann, ich will einen Buchhändler haben, bei dem ich mir Bücher anschauen kann und von leuten denen ich vertraue, weil ich sie schon lange "kenne", Bücher empfohlen bekomme. Also kaufe ich mein Zeug dort.
    - Der für mich aber viel entscheidendere Grund ist der Umgang von Amazon mit seinen Beschäftigten. Wenn es mich nur einen klick kostet (mein Lieblingsbuchhandel hier am Ort hat auch eine Internetseite) das nicht auch noch zu unterstützen, dann bekomme ich das gerade noch hin.
    Beim einkaufen kurz in den Rollenspielshop zu treten und den bestellten Splittermond Weltenband herauszutragen ist einfach supi (da vergisst man fast noch das Gemüse zu holen) und bei der Gelegenheit schon mal das TSA-Verdaemecum vorgeführt zu bekommen ist da dann quasi ein Bonus obendrein als Belohnung. Und die Vorführung des physisch vorhandenen Buches durch meinen Rollenspielzeugs-Händler kann auch der gute "Zwart" nicht ersetzen. ;)

    Aus diesen Gründen kaufe ich nichts mehr bei Amazon.

    "Unser Wissen ist ein kritisches Raten, ein Netz von Hypothesen, ein Gewebe von Vermutungen." (Karl Popper)

    "Im Fall Wissenschaft gegen Religion erlasse ich eine einstweilige Verfügung: Die Religion muss sich immer 500 Meter von der Wissenschaft entfernt halten." (Die Simpsons)

    About sex

  • Ich für meinen Teil kaufe auch lieber direkt im Buchhandel oder wenn gebrauchte Bücher dann auch mal gerne bei ebay oder im Zweitbuchladen um die Ecke.

    Die Tatsache das Amazon Verlage/Autoren benachteiligt bzw andere hervorhebt aufgrund des Preises finde ich auch schwierig und manipulativ...
    Ich für meinen Teil habe in der Vergangenheit noch nichts bei Amazon bestellt und werde auch in Zukunft nicht dort bestellen.Das liegt aber auch an den zuvor von teddypolly erwähnten Gründen.

  • Das Fragezeichen in der Thread-Überschrift deutet es ja schon an: es geht mir nicht darum, unbedingt Recht zu behalten und es freut mich, dass hier so viele verschiedene Argumente für oder gegen Amazon genannt werden. Wenn ich für mich zu dem Schluss gekommen bin, keine Bücher bei Amazon zu bestellen, so ist das neben den oben von mir aufgeführten Gründen zugegebenermaßen auch die Bauchentscheidung der ehemaligen Buchhändlerin :)

    Auch der von teddypolly angeführte Umgang Amazons mit seinen Angestellten ist unbedingt ein Motiv, sich einen anderen Händler zu suchen.

    Was flyx' Argumente betrifft: sicher ist richtig, dass die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte vom niedergelassenen Buchhandel teils verschlafen, teils auch in ihrer Tragweite nicht richtig eingeschätzt wurden und werden. Ich behaupte, dass Keiner die weiteren Entwicklungen voraussehen kann. Und sicher ist ein allgemeiner Technik-Skeptizismus wenig hilfreich. Ich gebe zu, dass ich in vielen Bereichen, z.B. beim Urheberrechtsschutz, noch zu keinem Schluss gekommen bin, was der richtige Weg ist. Aber alles das war nicht mein Ansatz, den Thread zu eröffnen, sondern vielmehr das ungute Gefühl, benutzt und manipuliert zu werden, und dagegen kann ich mich nur wehren, indem ich die Dienste des entsprechenden Anbieters nicht mehr in Anspruch nehme.

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