Sind Charaktere aus Al'Anfa im Mittelreich (früher und aktuell) problematisch?

  • Hallo!

    Wie an anderer Stelle schon erwähnt, spielen wir nach jahrelanger (eigentlich jahrzehntelanger :) ) DSA-Abstinenz jetzt wieder regelmäßig mit einer Gruppe alter Freunde. Wir hatten mit DSA3 Mitte der 90er Jahre aufgehört, direkt nach dem Khom-Krieg und unserem Empfinden nach waren die Al'Anfaner entsprechend allesamt Bösewichte, mit denen man besser nichts zu tun haben wollte.
    Unser damaliger Meister war aber auch der einzige, der noch Einblick in die erste Al'Anfa-Box genommen hat.
    Jetzt sind wir mit DSA 4 wieder eingestiegen und einer der Spieler möchte sehr gern einen Al'Anfaner spielen, einen loyalen, patriotischen noch dazu, borongläubig mit Al'Anfaer Ritus und so weiter. Der Rest der Gruppe sind Mittelreicher und Andergaster. Unsere aventurische Zeit ist noch während des Orkensturmes und vor dem Borbarad-Krieg, da die Runde gern die historischen Ereignisse zwischen unserem "guten alten Aventurien" von damals und der Jetztzeit zumindest teilweise durchspielen möchte (was sich bestimmt als Mammutprojekt erweisen wird, aber da sind wir nicht bange...).
    Jetzt Frage ich mich, wo genau nach dem aktuellen Verständnis von Aventurien die rollenspielerischen Chancen und Schwierigkeiten bei Al'Anfanern im Norden liegen. Ich habe mich leider noch nicht vollständig genug in den aktuelleren Hintergrund einlesen können und wäre für Tipps dankbar, was den "Feindstatus" al'anfanischer Charaktere angeht. Ich sehe viel Potenzial für lustiges Rollenspiel, möchte aber absurde und vollkommen unrealistische Situationen vermeiden.

    Vielen Dank!

    Yogsothoth

    "Work is the curse of the drinking class!" (Oscar Wilde)

  • Der typische garethische Bauer dürfte in seinem Leben noch niemals von Al'Anfa gehört haben - wenn aber doch, dann wohl zumeist aus den Geschichten eines fahrenden Barden, der auch noch niemals dort war.

    Und in diesen Geschichten kommt die "Pestbeule des Süden" häufig schlecht weg: es geht um Sklaverei, Wilde aus dem Dschungel, verdorbene Orgien, schwarze Magie, den Überfall auf das Kalifat... als reisender Al'Anfaner hat man wohl mit Vorurteilen zu kämpfen. Die müssen zwar nicht immer negativ sein (eine der Herrin travia nicht gefällige halbnackte Prinzessin würde Klein-Alrik gerne mal sehen), die Geschichtenerzähler dürften sich jedoch in der Regel eher gegen die schwarze Allianz stellen: Thorwaler sind gegen Sklaverei, Horasier wettern über al'anfanische Freibeuter, Boronis nennen die Südländer frevlerische Häretiker, das Bornland stand im Khomkrieg auf der Seite des Kalifats...

    Die gehobeneren Bildungsschichten dagegen dürften kein generelles Problem mit einem Al'Anfaner haben: das Mittelreich hat niemals einen Krieg gegen die Al'Anfaner geführt und man importiert Luxuswaren aus dem Süden. Kritische Themen könnten die Sklaverei (in Südaventurien aber allgemein üblich, außerdem behandeln auch nicht alle Mittelländer ihre Leibeigenen gut), Schwarzmagie (die gibt es auch anderswo) oder der Boron-Glaube (betrifft wohl nur tief borngläubige Mittelländer) sein.

    In aktueller Zeit heiratet die garethische Kaiserin übrigens einen Paligan aus dem gleichnamigen al'Anfaner Grandenhaus.

  • Ambivalent dürfte es am besten treffen. Während des Orkensturms war das Haus Gareth ja bereits mit den Paligans (Hal und Alara Paligan) verheiratet und daher herrscht da offiziell Frieden. Aber so wirklich was zu tun haben wollte man mit ihnen dann auch wieder nichts. Wie immer gilt: Solange er nicht herum rennt und heraus posaunt, dass Boron der Götterfürst ist, dürfte man ihn in Ruhe lassen (wobei es natürlich immer Ausnahmen geben kann). Am Ende ist er, wie jeder Fremde eben ein Fremder. Er wird mit Vorurteilen zu rechnen haben, dass er schief angeguckt wird, wenn irgendwas passiert, dann war er natürlich derjenige welche etc.pp. Das dürfte für ihn aber nicht heftiger ausfallen, als für einen Maraskaner im Mittelreich o.ä.

    Al'Anfaner haben allerdings auch Soziale Anpassungsfähigkeit als Vorteil, sprich: Doof sind sie also nicht, wenn es darum geht, sich in fremden Massen zu bewegen. Dazu kommt ein gewisser Sinn zum Überleben, was auch dafür sorgen könnte, dass der Al'Anfaner seinen Glauben "diskret" zu leben versteht. Er wird eben nur vom "Götterfürst" sprechen, den Namen Boron dabei weglassen und genau wissen, dass im Mittelreich jeder automatisch annimmt, dass er über Praios spricht und innerlich zu Boron beten, dass er ihm da jetzt nicht böse ist. Er geht am Praiostag friedlich in den Praiostempel, immerhin ist Praios Borons liebster Bruder, weiß man ja und daher kann das nun nicht schaden. Hinter allerdings geht er in den Borontempel (wo, laut VG nicht oft genug betont werden konnte, dass in jedem größeren Borontempel ein Vertreter des Al'Anfaner Glaubens/der Hand Borons anzutrefen ist... X/ ), nimmt seine Pflänzchen und gibt sich dem "borongefälligen Schlaf" hin.

    In kurz: Natürlich kann er einen Al'Anfaner spielen. Im Endeffekt müsst ihr zwei euch absprechen, wie ihr das an- und ausspielen wollt und ob er damit klar kommt, dass sein Charakter nicht überall freundlich aufgenommen wird. Wenn ihr das nur als etwas gruppeninternes behandeln wollt, ist das aber natürlich genauso möglich. Dann kriegt es "draußen" eben keiner mit und damit ist die Sache erledigt.

    Der Himmel hat dem Menschen als Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens drei Dinge gegeben: die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen.

    - Immanuel Kant