Die Nibelungen

  • Obwohl ich gerade im Was lest ihr gerade-Thread meine Lücken bekannt habe, eröffne ich diesen Thread, weil ich das Thema trotzdem spannend finde.

    Also, welche Originale, Nacherzählungen und Variationen habt ihr gelesen? Welche mochtet ihr besonders oder fandet ihr unmöglich? Welche Figuren haben euch beeindruckt?

    So, dann fange ich mal an:
    Ich habe mir schon lang keine Gedanken mehr dazu gemacht, aber gerade eben fiel mir mein heimlicher Held der Sagen um die Nibelungen ein - Dietrich von Bern, der für mich im Gegensatz zu Siegfried wirklich ritterliche Tugenden verkörpert und eine für mich sympathische und interessante Figur ist. Ich hatte immer das Gefühl, dass er eine Gewissensentscheidung trifft, die ihm nicht leicht fällt, und nicht wie die anderen von puren Machtgelüsten bestimmt wird.

    wir halten noch immer / die wolkenfäden fest in den händen / das versprechen: ich webe dir ein kleid aus traum und dunst und zuversicht / damit du es schön warm hast / im augenblick der zählt

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  • Mein persönlicher Liebling ist ja immer noch "Total krasse Helden". Auch wenn es wegen dem ganzen Slang recht anstrengend zu lesen ist, ist mir die Geschichte von "Siggi" und seinem Haarnetz wesentlich sympathischer als Siegfried und der Tarnkappe. Wenn ich jetzt nur wüsste, wo ich das Buch hingepackt hab.... :unsure2:

    "Kaiser? Ich wusste gar nicht, dass wir nen Kaiser hatten. Ich dachte immer wir wären ein autonomes Kollektiv."

  • Das Nibelungenlied (in der Versform, altdeutsch mit neudeutscher Übersetzung daneben). Da braucht man schon Sitzfleisch für, um sich da durchzulesen.
    Stephan Grundy - Rheingold. Vom Rheingold und welches Unglück es auslöste, von den Wölsungen, Sigfrid ... ein dicker Schinken, fand ich sehr gut und werde ich irgendwann auch ein drittes Mal noch lesen.
    Diana L. Paxson - Die Töchter der Nibelungen: Brunhilds Lied, Sigfrids Tod, Gudruns Rache. Warum der Dreiteiler den Obertitel "Die Töchter der Nibelungen" im Deutschen hat, sei mal dahin gestellt. Der bekannte Stoff in den Hintergrund der Völkerwanderung und die sich ausbreitende Christianisierung eingebunden, mit Quellen, Worterklärungen und ein paar Erklärungen über historische Hintergründe und Intentionen der Autorin am Ende eines jeden Bandes versehen. Sigfrid als Gestaltwandler, der nie den Menschen und nie den Tieren zugehörig ist und eine durchaus tragische Figur. Brunhild ist keine Walküre Odins und es gibt auch keine Tarnkappe. Eigentlich eine interessante, gut gemacht Umsetzung mit ein paar neuen Aspekten, aber irgendwie fand ich es streckenweise doch etwas langweilig zu lesen.
    Wolfgang Hohlbein und Thorsten Devi - Ring der Nibelungen. Jahre her, aber ich fand es enttäuschend schlecht.
    Wolfgang Hohlbein - Hagen von Tronje. Der Schwerpunkt liegt auf dem düsteren Hagen, was genau nun Siegfried ist (außer ein Unsympath), ist irgendwie noch offen (ich befürchte, dass es so bleibt, es fehlen noch derzeitig 150 Seiten und das letzte lesen ist zu lange her), aber wenn eine Figur mehr weiß als der Leser, stört mich das, ebenso, wenn irgendwelche Dinge angedeutet werden, bzw. ganz offensichtlich merkwürdig sind, aber keiner dem nachgeht.

    Ich mag nun mal Siegfried. Als Kind war ich mehrmals auf dem (falschen) Drachenfelsen, das prägt irgendwie, befürchte ich. Und Drachentöter sind furchtbar beeindruckend. *g* Dazu bietet das Nibelungenlied nun wirklich gewaltigen Stoff, der teilweise ein wenig widersprüchlich ist und Raum gibt, historische Bezüge dazu zu suchen (zu dem Thema habe ich mal zwei Sachbücher gelesen, so vor 15, 16 Jahren, deren Titel oder Autor weiß ich nicht mehr).
    Wenn aber Siegfried nicht der Strahlemann ist und Hagen nicht einfach nur der Böse, kann man da schon ganz interessante Ansätze eines bekannten Stoffes finden, denn mittlerweile bin ich nicht mehr in dem Alter in dem die besten Helden die sind, die einfacher besser, strahlender und unanfechtbarer sind als alle anderen.

  • Die Versform des Nibelungenliedes - Respekt! Das ist Heavy Stuff :lol2:
    Ich habe da mit der Prosa-Version von Gustav Schwab vorliebgenommen, die zwar wegen ihrer antiquierten Sprache auch gewöhnungsbedürftig ist, aber es geht. Ansonsten habe ich was von Bernhard Hennen gelesen, "Der Ketzerfürst",was unter "Nibelungen" läuft, aber so weit ich mich erinnere, nicht allzviel damit zu tun hatte, eines der schwächeren Bücher von ihm.
    Bei Schwab ist natürlich auch Siegfried der strahlende Held und Hagen der Finsterling, und Krimhild ist das rachsüchtige Weib - so weit, so Klischee. Trotzdem ist die Geschichte an sich gut und hat alles, was man sich als Leser von Ritter- oder auch Fantasyromanen so wünscht: Drachen, Zwerge, Intrigen, Kämpfe, Liebe, Rache usw...
    Und wann sieht man schonmal ein ganzes Geschlecht so triumphal durch seine eigene Beschränktheit untergehen? :zwerghautelf:

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  • Auch so ein ewiges Thema von mir. Gelesen habe ich die ganzen schon von Euch genannten Klassiker. Hinzufügen würde ich noch die Interpretation von Lodemann (Titel habe ich gerade nicht griffig) und Tolkiens 'Legende von Sigurd und Gudrun', die mir ausgesprochen gut gefallen hat.

    Da ich aber auch Comics als Literaturform sehr schätze, habe ich mir gerade zwei Kurzserien zum Thema zugelegt:

    Alex Alice 'Siegfried' (3 Bände, Splitter Verlag)), bildgewaltig, sehr poetisch, gefällt mir auserordentlich gut
    Jarry & Djief 'Götterdämmerung' (7 Bände, Splitter Verlag), kommt als heroische Fantasygeschichte daher; was natürlich zum Stoff passt.

    Beide Werke sind nach Aussage ihrer Schöpfer vom Nibelungenlied, der Edda und Richard Wagner( was mich persönlich freut) stark beeinflußt.
    Mich fasziniert wie unterschiedlich beide Reihen sind, und doch den selben Stoff thematisieren.

  • Ich stelle fest, dass ich bei meiner Auflistung oben "Wir haben Sie irgendwie größer erwartet" von Tom Holt vergessen habe. Auch wenn es mehr an ganz grob an Das Nibelungenlied anknüpft, oder vielmehr auf Wagners Ring der Nibelungen, ist es äußerst witzig zu lesen, wie der bestenfalls Durchschnittstyp Malcolm Fisher einen Dachs überfährt, de sich als Frostriese entpuppt, der damals Tarnkappe und Ring geklaut hatte und dies nun an Malcolm weitergibt. Da der Ring aber über eine große Macht verfügt und auch andere daran interessiert sind (Wotan und Co, die Rheintöchter und weitere Gestalten mischen auch noch mit), entwickelt sich da entsprechend auch mehr raus.

    Mit Der fliegende Holländer hat Holt auch noch eine lustige Art von Fortsetzung von Wagners Fliegendem Holländer geschrieben.

  • Ich habe die Nibelungen am liebsten in Versform gelesen und dabei Salszstangen gegessen...:) Einpaar Interpretationen aus den 1920 ern sind auch sehr interessant zu lesen. Bei Bedarf suche ich euch die/den Verfasser heraus.

    Meine Heldin ist Brundhild... es ist schade, dass es "Kriemhilds Rache" gibt und nicht "Brunhilds Rache"...
    Sie wurde von allen betrogen und hat in meinen Augen wahrlich jeden Grund zur Rache gehabt...insbesondere gegen Kriemhied...
    Sie war die einzige neben Siegfried, die etwas mystisches/tragisches an sich hatte, da das Ende der alten Götter eingeläutet wurde und eine neue Zeit(Christianisierung) anbrach. - Die Letzte ihrer Art...

    Ich hätte mir eine ähnlich epische Verfilmung von der Nibelungen-Sage gewünscht, wie bei "Excalibur-1981" von John Boorman mit Carmina burana als Soundtrack. :) Es ist meiner Meinung nach die beste "Ritter"-Verfilmung die es gibt.


  • Ich hätte mir eine ähnlich epische Verfilmung von der Nibelungen-Sage gewünscht, wie bei "Excalibur-1981" von John Boorman mit Carmina burana als Soundtrack. :) Es ist meiner Meinung nach die beste "Ritter"-Verfilmung die es gibt.

    Ich muß gestehen daß ich die Excalibur-Verfilmung nicht kenne aber ich lege Dir wärmstens die Nibelungen-Verfilmung von Fritz Lang ans Herz. Ein 5-Stündiger Stummfilm von 1924 der einfach nur episch ist, nicht zuletzt wegen der großartigen Filmmusik von Gottfried Huppertz. Für mich neben "Metropolis" (Science Fiction von 1927) einer der besten Filme aller Zeiten.
    Ich habe ihn mir damals in der Oper mit Livemusik angeschaut, kann ich nur empfehlen, gibt ihn aber auch auf DVD oder Dutube falls Du nicht so viel Sitzfleisch hast :P

  • Meine Heldin ist Brundhild...

    Jep, starke Frau, die auch körperlich eine starke Frau und Kriegerin ist und sich Gunter nicht unterwirft.

    Aber Siegfried ist ein Drachentöter und die haben etwas unschlagbar Episches und Heroisches an sich, dem ich nicht widerstehen kann.

  • Ich muß gestehen daß ich die Excalibur-Verfilmung nicht kenne aber ich lege Dir wärmstens die Nibelungen-Verfilmung von Fritz Lang ans Herz. Ein 5-Stündiger Stummfilm von 1924 der einfach nur episch ist, nicht zuletzt wegen der großartigen Filmmusik von Gottfried Huppertz. Für mich neben "Metropolis" (Science Fiction von 1927) einer der besten Filme aller Zeiten.Ich habe ihn mir damals in der Oper mit Livemusik angeschaut, kann ich nur empfehlen, gibt ihn aber auch auf DVD oder Dutube falls Du nicht so viel Sitzfleisch hast :P

    Den habe ich mir mir angeguckt und es ist extrem lange her. Da war ich 9 Jahre alt oder so... Obwohl es ein Stummfilm war, sind viele Szenen noch lebhaft in meinem Kopf. Siegfrieds Kampf mit dem Drachen/sein Tod und vor Allem die Szene vor Ätzels Halle: Hagen noch aufrecht stehend mit dem Schild König Gunther schützend, der vor seinen Füßen liegt...hinter ihnen fackelt die halbe Halle ab. Dieser Stummfilm war auch der Anreiz für mich diese Sage(kindsgerecht) zu lesen... "Willi Fährmann-Siegfried von Xanten"...wunderschön geschrieben und für Kinder gut geeignet.
    Metropolis muss ich zu meiner Schande zugeben, sah ich bislang noch nicht, aber es steht jetzt auf der To-Do Liste.
    Ich empfehle dir Excalibur von John Boorman. Es ist nicht vergleichbar mit dem was danach so an "Sagen oder Ritter"-Verfilmungen kam. :)


    Jep, starke Frau, die auch körperlich eine starke Frau und Kriegerin ist und sich Gunter nicht unterwirft.
    Aber Siegfried ist ein Drachentöter und die haben etwas unschlagbar Episches und Heroisches an sich, dem ich nicht widerstehen kann.

    Ich stimme dir da zu 10000% zu... allein schon weil beide in der Edda und Volsunga Saga vorkommen. Brunhild ist in jeder Erzählung meine Heldin - ihr Freitod an Siegfrieds Leichnahm ist episch und konsequent. Es spricht für ihre Entschlossenheit.
    Ihr Tod ist in meinen Augen der letzte Akt von Aufbegehrung gegen die neue Welt: Sie trotz der neuen Welt und begleitet den "Krieger und Geliebten" Siegfried, wie es von einer Walküre verlangt wird in Odins Hallen. Dieser Akt macht sie übermenschlich, heroisch, episch und vor Allem so innig treu...

  • Ich habe die Nibelungen am liebsten in Versform gelesen und dabei Salszstangen gegessen...:) Einpaar Interpretationen aus den 1920 ern sind auch sehr interessant zu lesen. Bei Bedarf suche ich euch die/den Verfasser heraus.

    Das kann ich gut nachvollziehen. Für die Verfasser der Interpretationen aus den 1920ziger Jahren wäre ich Dir sehr dankbar.

    Ich hätte mir eine ähnlich epische Verfilmung von der Nibelungen-Sage gewünscht, wie bei "Excalibur-1981" von John Boorman mit Carmina burana als Soundtrack.

    Excalibur ist wirklich grandios. Für die Nibelungen- Saga kenne ich auch keine Vergleichbare. Sie haben alle ihre große Momente, aber keiner, der mich ganz und durchgängig überzeugt. Aber das kann ja noch kommen. Eine Miniserie könnte ich mir auch gut vorstellen.

    Meine Heldin ist Brundhild.

    Das Unterschreibe ich gerne. Ich konnte sie auch immer gut leiden. Es gibt einen wunderbaren Roman über sie von Diana L. Paxton, die den Frauen der Nibelungen eigene Romane gewidmet hat (ähnlich wie MZB mit den Nebeln von Avalon).