Sanfte Tage, kalte Nächte: Perricum im Efferd
Das Kloster des Vergessens in Perricum, gelegen vor den efferdseitigen Mauern der Stadt, hat einen wunderschönen, stillen Garten. Dort, in einem der bescheidenen Gebäude, hatte ich vor fast zwei Siebenspannen mein Quartier bezogen. Auf Geheiß der Äbtissin Kalina Niodas erhielt ich auch eine Führung durch das Sanatorium für Geisteskrankheiten, einem Anbau der Schule der Austreibung. Der Orden kann zu Recht stolz auf diese beispielhafte Zusammenarbeit von Ordensleuten und Magiern sein. Es sind vor allem geisteskranke Magier, die dort Heilung erfahren sollen.
Das Kloster des Vergessens beherbergt hauptsächlich unheilbar kranke Patienten. Ich half dort, die Patienten zu versorgen und ihnen, wenn schon die Genesung nicht möglich war, einen geordneten Tagesablauf einzurichten und sie zu Beschäftigungen, zu denen sie fähig waren, anzuleiten.
Bis die Äbtissin ein Schreiben an mich heran trug. Ein Brief mit einer Anfrage des Hauses Mersingen hatte das Kloster erreicht. Jemand sei erkrankt und nun sollte geklärt werden, ob derjenige ein Fall für das Kloster sei oder noch geheilt werden könne. Selbstverständlich willigte ich ein, der Bitte der Äbtissin Folge zu leisten und mir den potenziellen Patienten anzusehen.
Ich war ein wenig aufgeregt, als ich mich für meinem Besuch im Perricumer Stadthaus der Familie Mersingen vorbereitete. Ich wusste, dass die Familie enge Bindungen zur Noronkirche unterhält. Selbst hatte ich jedoch noch nie mit diesem mächtigen Haus zu tun gehabt.
Der Hausdiener brachte mich zu einem Herren von ungefähr 40, aber noch keinen 50 Götterläufen. Sein Bart war kurz geschnitten, sein Haupthaar nicht ganz so kurz und beide waren von dunkelgrauer Farbe. Er trug ein weißes Spitzenjabot, ein langes, pflaumenblaues Wams und wohl teure Ringe an den Fingern.
Er stellte sich als Eirik von Mersingen vor.
Eine Dame war zugegen, die sich vorerst im Hintergrund hielt. Ihre Kleidung und ihr von Natur aus dunklerer Teint ließen auf ihre Herkunft aus südlicheren, wärmeren Gefilden schließen. Außerdem handelte es sich augenscheinlich um eine Maga, denn ihren Magierstab hielt sie in ihrer Nähe.
Sie stellte sich mir als Rahjadis Ulfhart-Bonareth vor, aber "die Nachnamen", so sagte sie mir und ich wollte es angesichts zweier großer Granden-Familien Al'Anfas kaum glauben, seien "unwichtig".
Die Donna, die so wenig Wert auf ihre einflussreiche Herkunft liegt, und Eirik von Mersingen sein langjährige Handelspartner. Aufgrund der umfangreichen Vorbildung der Donna beabsichtigte er, sie ebenfalls ins Vertrauen zu ziehen.
Sein Vetter Rudger, eröffnete er uns, schlafe kaum mehr. Er beraube sich sogar selbst des Schlafes. Zudem sei er von zunehmender Verfolgungsangst, ja, schon einem schlimmen Wahn geplagt, der neben sich kaum mehr eine andere Gefühlsregungen zulässt. Erlebe in Devensberg, ein paar Tage im nordosten. Devensberg... der Ort in nächster Nähe zum Schauplatz der Dritten Dämonenschlacht.
Eirik, so berichtete er weiter, unterstütze den Markgrafen Gernot von Mersingen in logistischen Belangen der Armee der Markgrafschaft. Zumindest sollte er das tun, würde ihn nicht sein merkwürdiges Leiden an seinen Pflichten hindern. Ihm selbst hatte vor ungefähr einem Siebenspann ein Bote von Gernot von Mersingen die Kunde überbracht, die ihn vom Zustand seines Vetters unterrichtete. Der genaue Zeitpunkt für den Beginn der Krankheit war ihm jedoch unbekannt. Das war alles, was er uns sagen konnte.
Es war mir nicht nur eine Pflicht, mich dieses leidenden Mannes anzunehmen. Nein, dieser Mensch hatte mein Mitleid und ich wollte tun, was in meiner Macht stand, um ihm zu helfen. Und ein wenig freute ich mich auch über die Gelegenheit, ein weiteres Mitglied der Familie Mersingen kennenzulernen. Daneben konnte Devensberg zu meiner nächsten Station auf meinem Weg nach Warunk werden. Schließlich hatte mich mein Vorhaben in diesem landstrich geführt, in Warunk ein Ordenshaus der Noioniten zu eröffnen.
Auch Donna Rahjadis Ulfhart-Bonareth... Donna Rahjadis... willigte ein, die Reise nach dem Devensberg zu unternehmen. Ich denke, bei ihr war vor allem die Neugier, die bei so vielen Magiern zu finden ist, eine wichtige Triebfeder.