Der Alchimist

  • Damals, es war tief im Winter, draußen hört' ich lachend Kinder,
    die da spielten mit dem Schnee, ihn formten und warfen hin und her.
    'S war ein schöner Neujahrsabend, ich saß am Abendbrot mich labend,
    da hört' ich plötzlich Schritte trabend bis zu meiner Zimmertür.
    Es klopfte, pochend, zweimal, dreimal, dort an meiner Zimmertür.
    "Welch spät Besuch", dacht' ich bei mir.

    Als ich öffnete da sah ich den Blick meines Vaters glasig,
    seine Augen zeigten Trauer, sahen durch mich durch gar stur.
    Und mit zitternd Stimme sprach er: "Komm zu mir in meine Arm her,
    hör' mir zu, unglaublich schwer ist die Kund zu bringen dir."
    Ich umarmt' und tröstet' ihn, zu hören welch Kund bracht' er mir,
    stehend vor der Zimmertür.

    "Ach", so sprach er, "wie gemein kann das Leben zu uns sein!
    Der Tod kam, so musst du wissen, heute nachmittag um vier,
    nahm mit deiner Mutter Atem in des Jenseits' schönen Garten,
    wo die Englein sie erwarten, riss sie wie ein wildes Tier
    gewaltsam raus aus meinen Armen, unantastbar fort von mir."
    Welch grausam Kunde bracht' er mir!

    Die Kinder spielten fröhlich weiter, auch die Vögel sangen heiter,
    verhöhnten mit ihr' Lebenslust jene Trauer tief in mir.
    Jedes Huschen, jedes Krachen, jedes Rauschen Winde machen,
    jedes noch so leise Lachen schürte schmerzhaft die Begier,
    nach meiner Mutter wohlig Stimme schürt' es schmerzhaft die Begier.
    O, welch Wut stieg auf in mir.

    Da stieß ich meinen Vater fort, schloß die Tür ohne ein Wort,
    wo eben noch die Trauer blühte, brodelte nun Rachegier.
    "Kinder," schrie ich, "Plagegeister! Werdet ihr wohl endlich leiser!"
    Und das Lachen klang noch feister, stach noch tiefer ein in mir.
    Wie ein Dolch mit Wut vergiftet stach es tiefer ein in mir,
    tobte wie ein kämpfend Stier.

    Ich sank zu Boden, weinend, ächzend und nach höh'rer Hilfe lechzend,
    hilflos begann ich zu sinnen, lehnend an der Zimmertür,
    hoffend, ein' Idee zu kriegen, wie den Tod ich könnt' besiegen,
    um Willens meiner Mutter's Lieben, die so schmerzlich fehlten mir.
    Zu retten meiner Mutter Leben, die so schmerzlich fehlte mir.
    Dunkelheit kam bald umhier.

    Des Rätsels Lösung schien mir nah, als im Traum ein Weg ich sah,
    der so einfach wie verwinkelt lockend sich offenbarte mir.
    Des Leben's Gift, das ist der Tod, drum machte ich in meiner Not
    ihn zu vergiften zum Gebot, damit das Leben triumphier'.
    Den Tod vergiften wollte ich mit einem Lebenselixier.
    Zu Ehrgeiz wurd' die Wut in mir.

    So sitze ich noch heut' und mische an meinem schweren, hölznern' Tische
    ohne Unterlass und einsam sitze ich verbittert hier.
    Mein Gesicht zerfurcht von Falten, lasse ich die Hände walten
    und mein Herz, alt und gespalten, lässt mich vor dem Tode frier'n.
    Sein Gesicht mich grinsend anstarrt, zeigt die Niederlage mir;
    holt meinen Atem, nachts um vier.


    Fin.


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    &WCF_AMPERSAND"Es kommt nicht darauf an, wie eine Geschichte anfängt. Auch nicht, wie sie ausgeht.
    Es kommt nur darauf an, was dazwischen passiert.&WCF_AMPERSAND"

  • Dein Gedicht gefällt mir echt gut! Der ein oder andere Reim ist vielleicht noch ein bisschen holprig, aber andere Stellen sind geradezu genial und inhaltlich ist es auch sehr gelungen :)