Ich weiß, über das Spiel an sich wird gerne im viel beschriebenen Thread gesprochen, und darum will ich hier, damit dieser lange Thread nicht noch abschreckender wird meine persönliche Meinung zum Spiel abgeben.
Als Anmerkung: Ich bin langjährige DSA-Spielerin und noch länger PC Rollenspielerin. Die ersten 3 DSA PC-Spiele kenne ich nicht, also kann ich dahingehend keinen Vergleich ziehen. Technisch wird es mit anderen Spielen und der Welt an sich verglichen.
Beginnen wir am Anfang:
Charakterauswahl:
- Keinerlei Auswahlmöglichkeiten und Anpassungsmöglichkeiten bei den Archetypen. [ngl. mit Oblivion und NWN2]
Ich beginne voll Vorfreude das neue Spiel. Grundgedanke: du spielst einen Schurken. Dann sehe ich die Auswahlmöglichkeiten. Horasischer Einberscher, horasischer Dieb, horasischer Streuner. Hm ... gut, gibt es ja noch in Weiblich. ... wieder Hm, ich hätte gerne einen tulamidischen Streuner, geht aber nicht. Angesichts der "Auswahl" entscheide ich mich gegen den Streuner, weil mir die Gesichter nicht zusagen. Ich bin diejenige, die diesem Helden Leben einhaucht, da möchte ich doch zumindest selbst bestimmen, wie mein neues, virtuelles Ich aussieht. Ich schreibe effektiv die Geschichte, da ich eine Auswahl an Charakteren habe (nicht wie bei z.B. Gothic, der Held vorgegeben ist, dass man sich mit diesem identifizieren kann) möchte ich selbst entscheiden, was es wird und wie es aussieht. Folglich bleibe ich bei den Tulamiden hängen und überlege mir: ich hätte gerne diese Klasse mit jenem Bild. Leider nicht möglich, Bilder sind fest mit den Archetypen verbunden.
In meinem Regal stehen zwei Teile der "Elder Scrolls" Morrowind und Oblivion. Im Vergleich mit Drankensang sind beide Spiele sehr alt. Alle drei Spiele basieren auf der gleichen Grundidee: Man hat einen Helden (der evtl noch Freunde dabei hat) er löst Quests und rettet die Welt, sehr simpel. Warum aber schafft es ein so altes Spiel wie Morrowind eine größere Freiheit in der Charaktergenerierung zu schaffen, als Drankensang? Ich kann darauf verzichten, dass ich meinen tulamidischen Streuner nicht bekomme, aber dann will ich doch wenigstens meinen Elementaristen so aussehen haben, wie er mir am meisten zusagt. Eine geringe Auswahl, vielleicht 3-6 mögliche Köpfe pro Rasse (die ja fest an eine "Klasse" gekoppelt ist) wie man es schon bei Morrowind oder NWN 1 hatte, hätte dem Abhilfe geschaffen. Noch idealer währe natürlich eine freiere Charaktergenerierung, wo man zumindest auch Rasse und Klasse frei kombinieren könnte.
Charaktererstellung:
- Keine Anpassung in Talenten, Vorteilen, Attributen [vgl. Elder Scrolls und NWN 1-2]
Gut, wenn ich schon nicht meinen tulamidischen Streuner bekomme, dann kann ich zumindest meinen Chara anpassen wie ich es für richtig halte. Ich bin Kennerin der DSA4 Regeln, also kein Problem ... Dachte ich. ... Es ist ein Problem, denn die Attribute stehen fest, keine Senkung, oder Punkteverschiebung möglich, ein Vorteil, ein Nachteil, die ich eigentlich beide nicht will, keine Chance sie zu ändern. Talente, kann ich ein paar senken um Talent-GP zu bekommen, mit dem Nutzen: richtig, gar keinem, denn ich müsste schon alle Punkte komplett abziehen und könnte sie dann nur auf die bisher aktivierten verteilen, keine Chance neue oder andere Talente anzuwählen (sehr lästig bei Zaubern).
Mein Blick schwenkt zu der NWN2 Box und ich erinnere mich daran, dass es im ersten Teil auch möglich war, seine Werte (zumindest die Attribute) komplett selbst festzulegen, mit den üblichen Einschränkungen, der Mindestgrenzen. Wie alt sind die beiden Spiele nun? Ich frage nicht und selbst in Morrowind konnte ich alles frei anpassen. So schwer kann es also nicht sein, wenn man bedenkt, dass selbst die Might&Magic Spiele (welche ja nun wirklich sehr alt sind) in der Hinsicht sehr anpassungsfähig waren.
Charakterdarstellung:
- Keinerlei Individualität in dem eigenen Chara [vgl. NWN1 und Morrowind]
Gut, ich habe mich nun also für eine tulamidische Elementaristin entschieden, weil ich zumindest das Spiel mal beginnen würde, nachdem es bisher schon -4 von bisher 4 möglichen Punkten bekommen hat. Hm, ja ... die Umgebung ist nett gemacht. Habe aber schon besseres gesehen, aber zur Technik kommen wir später. Schauen wir uns zuerst einmal den Chara an, dem ich jetzt fortan auf den äh ... Rücken sehen muss. Wenig ansprechend, hübsche Robe, der Turban ist auch nett gemacht, versuchen wir sie also auszublenden. Beginnen wir mit dem Spiel und schon die erste "Hürde" lässt mich stutzig werden: Der Gesprächsverlauf ist sehr gradlinig, ich habe keine große Auswahlmöglichkeit, ob ich nicht vielleicht doch lieber etwas anderes machen würde. Einige Gespräche lese ich mir noch durch, aber für die eigentlichen Quests habe ich das Questlog, wo ich nachschlagen kann und auch noch netterweise Tipps bekomme. Hm ... machen wir erst einmal weiter. Nein, es wird nicht besser, ich habe wenig Möglichkeiten (so gesehen vielleicht ein, oder zwei) um dem Charakter einen Individuellen Hauch zu geben. Meine Antworten beschränken sich auf wenige Dinge und am Ende bleibt es ja doch an mit hängen, die Quest zu machen (so wie es in jedem dieser Spiele ist). Charakterdarstellung? Selbst in Tomb Raider "Dark Angel" hatte ich mehr Möglichkeiten den Verlauf zu steuern.
Ich schaue also wieder in mein Regal. Davon ab Drankensang mit Neverwinter Nights 2 zu vergleichen bin ich schon lange, sonst bekäme ich noch schlechtere Laune. Ich wende mich also dem Vorgänger zu. In jedem Gespräch habe ich die Möglichkeit mich anders auszudrücken, meinem Charakter entsprechend, selbst auf eine möglicherweise zu niedrige KL wird Rücksicht genommen. Selbst mit fiesen Antwortmöglichkeiten und einem echt miesen Chara konnte man das Spiel spielen.
Gefährten::
- Lieblose Gefährten ohne Hintergrund und Geschichte [vgl. NWN1]
Meine erste neue Gefährtin, eine Amazone. Gleich interessiert mich ihre Geschichte, aber so unfreundlich wie sie ist, überlege ich mir, diese Fragen, nach ihr später zu stellen. Später, werde ich noch schmerzlich erfahren, gibt es nicht. Ich nehme die gute Frau durch das ganze Spiel hindurch mit mir mit. Das Ergebnis ist frustrierend: eine Quest, bei der es um sie geht und die hätte ich auch bekommen, wenn sie nicht die ganze Zeit mit mir gereist währe. Im Verlauf des Spiels versuche ich mehrfach mehr über die Gefährten heraus zu bekommen, mit dem Ergebnis, dass egal was sich ändert, wie ich handle, was sonst so passiert, sich in ihren Antworten nichts ändert. Dann und wann bei bestimmten Ereignissen geben sie einen mehr oder minder interessanten Kommentar ab, den ich mittlerweile so gut überhören kann, wie den Todesschrei meines beschworenen Begleiters.
Nun beginne ich mich schon nach NWN zu sehnen, wo man je nach Kapitel mehr über den einzelnen Mitstreiter erfahren hat, wo einem die Begleiter als treue Freunde mit Hintergrund und eigener Geschichte sehr ans Herz gewachsen sind. Im zweiten Teil nicht besser, wie sehr entwickelt man Sympathie für die NSCs. Fehlanzeige in Drankensang. Hier werden die Begleiter behandelt wie beschworene Wesen, sie gekommen ihre Befehle und sollen mir ihm Kampf beistehen. Dann und wann ist es mal nützlich, dass jemand anderes das Reden oder Einschüchtern übernimmt, aber dafür, mal ehrlich, könnte ich auch die Punkte anders investieren.
NSCs: (hier würde ich mehr als nur -2 von 2 möglichen Punkten vergeben)
- Lieblos, tot, unpassend, falsch, ungenügend …
Nicht aufregen, nicht aufregen. Zu den NSCs habe ich gar nichts gutes zu sagen, nicht mal etwas. Nein, sie sind leblos, die Städte tot, die Geweihten … NEIN!
Die Städte sind bevölkert mit ähnlich aussehenden Männern und Frauen (bei den Zwergen sogar wesentlich mehr Frauen, als Männer -Und ich dachte immer es sei anders herum-), die mit wenigen Gesten sich irgendwie verständlich machen. Wenn man sie Anspricht haben sie das übliche Repertoire von Antworten. Jeder dieser NSCs hat den Namen: Städter oder Städterin, vielleicht noch Zwerg, Zwergin. Alles was davon abweicht ist entweder Händler, oder potentieller Questgeber. Die Darstellung grade der Geweihten ist … mehr als ungenügend, bei den Praioten wird gleich ein Feindbild geschaffen, die Boronie redet mehr als der Wirt (von dem man auch eine Quest bekommt), die Perainegeweihten stehen eigentlich nur im Weg herum. Und von dem höchst wahrscheinlich Phex-Geweihten gehe ich charmanterweise mal davon aus, dass er nur ein Streuner ist.
Man muss nicht jedem NSC einen Hintergrund geben, aber zumindest einen Namen um die Stadt lebendiger zu machen währe nicht schlecht. Dass man dann nicht jeden ansprechen kann ist natürlich logisch, aber das erfordert kein Umschreiben des bisherigen Scriptes. Sehr zu bemängeln auch der Umgang mit dem Hautchara: Egal wer man ist, war sein wird, man wird gleich behandelt, nicht eingegangen wird von NSC Seite auf die eigene Rasse oder Klasse (anders, als man es in NWN2 schon hatte).
Gameplay -
-Aventurische Umsetzung [kein Vergleich möglich]
Hier muss ich dem Spiel zu Gute halten, dass sie sich sehr an die Regeln gehalten haben, Steigerungskosten, Sonderfertigkeiten sind fast original übernommen worden, dass man sich als Regelkenner nicht die einzelnen Sonderfertigkeiten, oder Kampftalente ansehen musste um sie zu verstehen und sinnvoll einzusetzen.
Hier ist das Manko bei den Zaubern und Talenten zu suchen, was aber einfach Aufgrund der PC Umsetzung nicht anders zu erwarten war. Man kann das komplexe Talentsysthem nicht 1:1 übernehmen. Abgesehen von den Beschwörungszauber und einem Balsam, der nur noch 5 Aktion statt Spielrunden dauert ist grade der Feuerball mehr zur Massenvernichtungswaffe von Gegnern verkommen, als er es in Aventurien jemals sein könnte. Aber es ist nun mal ein PC Spiel.
-Raktion auf Handlungen [vgl. Morrowind und Gothic]
Hier ist der Grund, warum das Gameplay auf 0 von 2 Möglichen Punkten gekommen ist und nicht auf zumindest 1, vielleicht sogar 2: Waffen in der Stadt offen gezogen; in Kampfstellung drohend vor einem Geweihten stehend, Waffen in der Taverne … nein, das ist einfach nicht gut gemacht. Das Waffensystem ist einfach mies. Noch schlimmer allerdings ist die Reaktion, oder viel mehr Nicht-Reaktion auf Taschendiebstähle. Mitten im Palast des Grafen versaut man seine Taschendiebstahlprobe und alles was kommt ist ein: “Hey, jetzt tretet mir aber nicht zu nahe”. (Wenn ich meine Probe im P&P in einer solchen Situation verhauen hätte, könnte ich meinen Chara im Kerker suchen, bestenfalls.)
Schon so alte Spiele wie Gothic 1 und Morrowind haben das Prinzip, der gezogenen Waffe verstanden, es ist eine aggressive Geste, die innerhalb einer Stadt nicht geduldet werden sollte. Währe es so schwer gewesen, den Helden die Waffe auch mal wegstecken zu lassen? Ich denke nicht, denn das haben kleinere und ältere Spiele schon besser hinbekommen. Ebenso haben sie es besser hinbekommen, dass es Konsequenzen auf Handlungen, wie einen Taschendiebstahl gab. Es muss ja nicht gleich Kerker sein, aber wie währe es mit einer Geldstrafe?
Grafik:
- Sehr liebevoll und detailreich gemacht. [vgl. Gothic 3 und NWN2]
Ja, es gibt auch ein paar positive Punkte. Die Grafik ist wirklich sehr schön gemacht, die rauschenden Bäume, dichte Wälder, dunkle Verließe, Auen, Zwergenhöhlen, mittelalterliche Städte und das alles mit sehr viel Mühe gestaltet. Von den Videosequenzen war ich überwältigt, selbst an die jeweils angepasste Ausrüstung wurde sehr genau geachtet. Ich habe mit mehr als einmal die Mühe gemacht die Geschäfte zu durchsuchen, nur um die farblich passende Hose zu finden.
Verglichen mit NWN ist die Grafik anders, weil man unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt hat, aber es kann dieses doch übertreffen, nicht nur Aufgrund der fortgeschrittenen Technik, es liegt mehr Liebe im Detail und in den Möglichkeiten der Rüstungen.
Fazit:
- Nicht sehr überzeugend.
Ihr vermisst die Story? Die habe ich auch vermisst.
Es gab zwar nette Quests, grade die Nebenquests waren lustiger und meist Anspruchsvoller, als die Hauptquests: gehe zu A töte B, helfe C und komme nach A zurück. Die Nebenquests (Gräber neu weihen) waren zudem Aventurischer als die Hauptquest.
Unter dem Aspekt, dass man ein Gothic 3 mit zufällig 12 Göttern und zufällig in einer Stadt Namens Ferdok hat, ist es ein sehr nettes Spiel. Aber DSA? Nein, das nun wirklich nicht. Aber die Regeln sind auch nicht unbedingt für ein PC-Spiel gemacht.
Also wenn ihr die DSA erleben wollt, dann bleibt beim P&P, für ein kurzweiliges Vergnügen reicht Drakensang alle Male aus, wenn man nichts weltbewegendes und vor allem nichts Aventurisches erwartet, sondern einfach nur ein PC-Spiel, das zufällig in einer Gebirgsregion spielt, die Kosch heißt.