Mit der Macht der Verzweiflung - oder: Wie treibe ich Helden in den Wahnsinn?

  • Hallo liebe Orkis!

    In kürze beginnt bei mir das Abenteuer "Seelenernte" - zu dem ich hier versuche, Spoiler zu vermeiden.

    Worum geht es mir: Ich würde gerne meine Helden in den Wahnsinn treiben. Was mir vorschwebt ist ein Stress- oder Verzweiflungssystem, wie es Beispielsweise in dem PC-Spiel "Darkest Dungeon", von dem ich hier auch sehr stark inspiriert bin. Kurz zum warum: zum einen passt es extrem gut zum Abenteuer, am Ende wird sogar etwas in der Art eingeführt wird, allerdings nur sehr auf die Situation angepasst und leider nur ziemlich binär. Zum anderen finde ich, das die geistige Gesundheit der Helden kaum eine Rolle spielt in den Abenteuern, und ich das ändern möchte. Ich würde einen Teil des Managements gerne an die Spieler abgeben, und daher würde ich jetzt gerne ein paar expliziete Regeln aufsetzen.

    Ich hoffe, das ihr mir ein paar zusätzliche Anregungen geben könnt oder mich auf Quellen aufmerksam mahcen könnt, wo etwas in der Art scon mal in Regeln gegossen wurde.

    Grob sieht mein Plan wie folgt aus: Spieler können sog. Verzweiflungspunkte ansammeln - diese funktionieren im Prinzip wie ein Nachteil oder eine Resource. Je mehr Punkte angesammelt werden, desto schlechter steht es um die geistige Gesundheit eines Helden. Das Minimum ist 0, das Maximum ist der Mut-Wert des Helden.

    Für folgendes bekommt man Verzweiflungspunkte:

    • Patzer, vor allem in Bereichen, in denen der Held eigentlich hervorsticht (Sinnesschärfepatzer eher nicht) - Verzweiflung +1W3
    • Kritische Treffer von Gegnern Verzweiflung +1W3
    • Furchtauren von Dämonen und Untoten - Verzweiflung +1W6 (Wie der Malus aus der Furcht)
    • Nicht geschaffte Mutproben, z.B. beim Betreten einer gruseligen Höhle oder in Verzweifelten Situationen - Verzweiflung +1W3
    • Bei erfolgreichen Würfen auf bestimmte schlechte Eigenschaften (wie Ängste) - gerade weil bei uns die schlechten Eigenschaften recht Stiefmütterlich behandelt werden, möchte ich hier etwas dran drehen - Verzweiflung +1W3

    Man kann Punkte auch wieder loswerden, folgendes habe ich mir dazu gedacht:

    • Ruhepause mit mindestens 4 Stunden Schlaf - Verzweiflung -1 bei erfolgreicher Mutprobe
    • Reguläre Ruhepause ohne Störung - Verzweiflung -1, bei erfolgericher Mutprobe nochmals -1
    • Ausgedehnte Ruhephase in sicherer Umgebung - Verzweiflung -1W6 pro Tag
    • Behandlung durch Ängste lindern/Harmoniesegen/Psychostabilis - Verzweiflung -TaP*/4, Auswirkungen temorär aufgehoben
    • Heilkunde Seele: Probe um die Verzweiflung BEIDER Helden erschwert: VErzweiflung -TaP*/4 (kann bei misslungener Probe auch steigen)
    • Besondere Aktionen der Spieler/Helden: Geschichten Am Lagerfeuer, Musizieren, Feiern, Witze erzählen... - Verzweiflung -1 bis -3

    Mein größtes Problem ist bisher noch, was die Verzweiflung denn genau anrichten soll... Ich habe an Stufen gedacht, die jeweils bei Verzweiflungswerten von Mut/4, Mut/2, Mut3/4 und Mut eintreten.

    Verzweiflung Stufe 1 bei Verzweifung => Mut/4:

    Mutproben sind um 1 Punkt erschwert.

    Verzweiflung Stufe 2 bei Verzweiflung => Mut/2:

    Mutproben sind um 2 Punkte erschwert. Patzer auch schon bei 19 bzw. bei einer 20 und einer 19 bei Talenten.

    Verzweiflung Stufe 3 bei Verzweiflung => Mut 3/4:

    Mutproben sind um 3 Punkte erschwert. Es stellen sich zusätzliche, temporäre Nachteile wie Schlafstörungen, Einbildungen, Ängste, Vorurteile usw. ein. Bei Einbildungen fängt ein einzelner Held z.B. an, seine Mithelden argwöhnisch zu beobachten (was macht der an meiner Satteltasche - der nimmt bestimmt gerade meine Rationen!). Schlafstörungen sind zumeist Albträume oder zu viel Stress/Angst, um richtig einschlafen zu können.

    Verzweiflung Stufe 4 bei Verzweiflung = Mut

    Mutproben sind um 4 Punkte erschwert. Im Helden manifestieren sich sein größten Ängste/Nachteile. Ein Held mit Blutrausch verfällt in diesen, der Held hat praktisch permanent die einschränkungen durch einen seiner Nachteile (wie Ängste). Generell sollte die Ganze Zeit zumindest die Auswirkungen einer Furchtaura auf den Helden wirken. Wahnvorstellungen stellen sich ein.

    Gerade hier bei den Auswirkungen brauche ich noch Hilfe ... mir fällt nicht so viel ein, und ich finde es schwierig, da eine gute Balance zu finden...

    Along the shore the cloud waves break,
    The twin suns sink behind the lake,
    The shadows lengthen
    In Carcosa.

  • Ich mag es nicht, wenn im Nachhinein und ohne Vorwarnung irgendwelche neue Sachen eingeführt werden und wenn diese auch noch massiv in die Freiheiten des Helden (z.B. Handlungsfreiheit, Darstellung) eingreifen umso weniger.

    Bei DSA 4 kommt hinzu, dass es keinen vernünftigen Wert für die geistige Widerstandskraft und geistige Gesundheit gibt. Mut ist wichtig, aber eben nur ein Bauteil und auch die "geistige Selbstbeherrschung" (siehe Talent Selbstbeherrschung) ist eher eine behelfsmäßige Regelkrücke, während möglicherweise geeignete SF (z.B. Eiserner Wille) überhaupt keine entsprechenden Wirkungen haben. Sowohl die Helden (wüsste man, dass man mit Wahn gequält wird, würde man vielleicht anders steigern, bislang vernachlässigte Zauber/Liturgien/Talente/SF erwerben, Eigenschaften erhöhen, auf manchen Nachteil verzichten...), als auch die Fähigkeiten sind also nicht gerade optimal für derartiges Spiel ausgestattet.

    Für etliche von Dir genannten Wirkungen gibt es bereits ähnliche Regelkonstrukte (diverse schlechte Eigenschaften, aber auch Nachteile wie Einbildungen).

    Ich persönlich bin der Ansicht, dass man nicht unnötig das Pferd zweimal aufzäumen sollte - wenn es also schon entsprechende Regeln gibt, sollte man diese verwenden. Es bietet sich hier geradezu an, einfach solche Nachteile temporär oder bei Bedarf auch permanent zu verteilen. Schon kann man erprobte und vor allem bekannte Mechanismen nutzen, welche auch fest ins System integriert sind (werden auch bei Zaubern, Proben, Heilmethoden etc. bereits berücksichtigt).

    Ein möglicher Ansatz um die Nachteile relativ fair zu den Helden zu bringen ist der Weg über den GP Wert "Aktion X bringt Nachteile im Wert von Y GP bzw. AP oder ähnliches). Dies hat den Vorteil, dass man sowohl fixe Nachteile als auch SE ohne Zusatzaufwand abdeckt und sich letztere auch in ihrer Höhe variieren lassen. Bereits vorhandene Nachteile und SE eines Helden fügen sich lückenlos ins das erweiterte Wahn System ein.

    Vor allem aber wissen auch die Spieler mit dem Zustand ihres Helden etwas an zu fangen, da die konkreten Auswirkungen bereits geregelt sind und auch wie man solche Dinge im Rollenspiel einbringt (Darstellung, aber auch Auslöser und Einsatzmöglichkeiten).

    Ich glaube für die schwarzen Lande gab es ebenfalls ein "Wahnsystem" (Box?), mit dem ich aber nie gespielt habe. Vielleicht löst dieses schon alles Deine Probleme?

    Der wichtigste Punkt zum Schluss:

    Du solltest meiner Meinung nach zu Erst mit Deinen Spielern reden und in Erfahrung bringen, ob sie überhaupt Lust haben "Irre" zu spielen. Ich habe beispielsweise wenig Freude daran und meine Helden besitzen nur wenige entsprechende Nachteile und Rollenspielen wie Paranoia kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Manche Freunde lecken sich danach aber geradezu die Finger...

    Sollte die Entscheidung "Pro Wahn" fallen, so empfehle ich eine möglichst System nahe Lösung, die auch entsprechende Werte (geistige Selbstbeherrung etc. s.o.) berücksichtigt und übliche Mechanismen verwendet (z.B. Erfolgsprobe, vergleichende Probe). "Wahn wirkt nicht wie ein Fremdkörper im System, sondern wie ein fester Bestandteil"

  • In der Borbarad-Box wurde für die Schrecken der Heptarchien eine Regelerweiterung angeboten (UdD, S.10ff): ENTSETZEN.

    Eigentlich eine MU-Probe (erschwert durch einige negative Ängste und Aufschlägen), mißlingt die Probe sinkt der MU-Wert um einen Punkt.

    Wird gar eine 20 gewürfelt, erleidet der Held eine Schock (W6 ermittelt die Wirkung), und kann bei hohen MU-Verlust zu festen negativen Auswirkungen (hier wird eine W20-Tabelle angeboten) führen.

    Ansonsten könnte man sich dies auch bei Cthuluh abgucken.

    Pflicht des Historikers:
    das Wahre vom Falschen, das Gewisse vom Ungewissen, das Zweifelhafte vom Verwerflichen zu unterscheiden.

    (nach Johann W. von Goethe)

    Kinder deuten ohne Furcht in die Sterne, während andere, nach dem Volksglauben, die Engel damit beleidigen.

    (Vorrede der Grimms Märchen 1819)

  • Stufe 1 und 2 finde ich gut.

    Stufe 3 würde ich Einbildungen oder permanente Schlafstörungen (bis das Entsetzen abgebaut wurde) vergeben.

    Stufe 4 dann Wahnvorstellungen oder eine passende Angst (Dunkelangst/Totenangst etc.) bis das Entsetzen abgebaut wurde und eine passende Behandlung (HK Seele oder sowas) stattgefunden hat.


    Ich würde halt darauf achten das es erstens einen klaren Weg gibt die Nachteile wieder loszuwerden und darauf das die Charaktere spielbar bleiben. Es sei denn du willst die Helden halt wirklich doppelt hart bestrafen für Patzer und sowas. Im Regelfall wirken sich Patzer ja so schon negativ auf die Helden aus.

    Bei deinem Mechanismus zur Senkung mittels HK: Seele würde ich noch die Effektivität begrenzen sonst wird der arme Tropf der das geskillt hat nurnoch zum Debuff-Bot.


    Speziell bei dem Abenteuer gibt es ja auch einige Szenen die durchaus moralisch belastend für die Charaktere sein sollen. Da würde ich mir dann auch vorher überlegen ob du da Entsetzen verteilen willst.

  • Ich würde halt darauf achten das es erstens einen klaren Weg gibt die Nachteile wieder loszuwerden und darauf das die Charaktere spielbar bleiben. Es sei denn du willst die Helden halt wirklich doppelt hart bestrafen für Patzer und sowas. Im Regelfall wirken sich Patzer ja so schon negativ auf die Helden aus.

    Stimmt schon, mehr Patzer machen keinen Spass am Spieltisch!

    Bei deinem Mechanismus zur Senkung mittels HK: Seele würde ich noch die Effektivität begrenzen sonst wird der arme Tropf der das geskillt hat nurnoch zum Debuff-Bot.

    Naja das Abenteuer hat ja einen ziemlichen Zeitdruck, und wenn man für HK Seele mal eine Stunde Arbeitszeit einrechnet, dann überlegen es sich die Helden schon, ob sie sich für sowas Zeit nehmen.

    Vielleicht hab ich das ein bisschen übertrieben formuliert: ich will Verzweiflung speziell in diesem Abenteuer ein bisschen mehr ausgestalten, einfach weil es vom Tempo her super dazu passt. Es geht mir nicht so darum, die Leute unnötig zu pisaken.

    Leichte Spoiler zum Endpart und den Belohnungen

    Am Ende ist man immerhin in einer Albtraumwelt gefangen, und wenn hier die Verzweiflung = Mut erreicht, dann versucht der Held Selbstmord zu begehen, der auch hier permanent ist. Ich will sie eher auf diese Schickane, wie sie im Abenteuer steht vorbereiten!
    Außerdem gibts am Ende auch vom AB vorgesehen eine spezielle Erfahrung auf Mut, das können sie sich ruhig ein bisschen härter verdienen!

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