Teil 1
Dorio Bonaventura lehnte sich lächelnd zurück. Der Grande
lehnte seine Arme auf seinen schweren Schreibtisch aus Mohagoni über die
Papiere und runzelte die Stirn: "Ich weiß nicht, Bonaventura. Ich denke
nicht, dass diese... nun... neuen Waren aus Uthuria hier in Aventurien
Erfolg haben werden. Aber Eure Argumente haben mich dazu erwogen, doch
eine kleine Menge zu erwerben. Und wenn sich diese investierte Summe
tatsächlich verdreifacht, wie Ihr sagt, dann..." Er hob theatralisch den
Finger. "... dürft Ihr mein Finanzberater bleiben."
Dorio strich sich über seine Zahorispitze: "Habe ich Eure Erhabenheit jemals enttäuscht?"
"Es gibt immer ein erstes Mal und nun entfernt Euch!"
Dorio erhob sich gewand, verbeugte sich und verließ hoch zufrieden das Arbeitszimmer.
Ein kleiner dicker Mann stand hinter der Säule und gesellste sich zu dem Finanzberater: "Wie lief es, mein Herr?"
"Zufriedenstellend,
es könnte immer besser laufen, aber trotzdem war es ein Erfolg. Ihr
habt Euch im Hafen umgehört? Was gibt es Neues?"
"Eine Frau geht von
Schenke zu Schenke und lässt sich bezahlen um Geschichten über das
Güldenland zu erzählen, woher sie angeblich stammt. Ein Prediger sammelt
Leute um sich und predigt von der Verderbheit von dem 12er Glauben..."
"Alles unwichtig...", Dorio wischte mit der Hand durch die Luft
"Erste
Meldungen von den Handelsschiffen aus Uthuria.", nun hatte er die
Aufmerksamkeit seines Herren. "Natürlich redet niemand öffentlich
darüber. Doch ich habe eine Hure gefunden, die sehr durstig und sehr
redselig ist. Bei einem Sturm sind zwei der Eskortschiffe und eines der
Frachter gesunken. Aber der Rest ist unterwegs und es wird noch genug
sein um den handelnden Granden die Bäuche zu füllen."
Dorio zuckte
mit den Schultern: "Ich sehe keine Gefahr für unsere Bäuche." Der Dicke
nickte: Wie mein Herr sagt...." Verbeugte sich und verschwand hinter
einer Wandverkeidung.
Yppolita schob den Sack mit Gold unter ihre Pritsche.
"Und? Hast du nun endlich genug?", fragte eine Stimme von der Tür her.
Die
Gladiatorin seufzte: "Leider steht in meinem Vertrag, dass mein Preis
an meinem aktuellen Wert zu meinem Einkaufspreis steigt. Also je mehr
ich siege, desto teurer werde ich..."
Hagen trat ein, er hielt einen
kleinen Weinkrug aus Keramik und zwei Tonbecher in den Händen. "Was
willst du machen, wenn du dich freigekauft hast?"
Sie nahm einen
Becher, ließ sich einschenken und leerte ihn in einem Zug. Es schmeckte
sauer und schahl. "Weiter. Nur eben als freier Gladiator." Das brachte
den Sklaven zum lachen, ohne einen Schluck getrunken zu haben, stellte
er den Becher ab und nahm die Gladiatorin.
Als Yppolita erwachte war
sie allein. Ihre Rüstung lag neben ihrem Bett. Nach dem letzten Kampf
hatten ihre Lederteile einige Kratzer abbekommen. Sie besah sich den
Lederpanzer und den Schurz aus Lederstreifen, auch die Arm- und
Beinschienen waren geflickt worden. Ihre alte Peitsche war zerrissen
worden, eine neue lag daneben. Im Gladiatorenlager durfte sie sich
relativ frei bewegen, abgesehen von hier und da einigen Wachen. Sie war
verschwitzt und ihre braunen Haare verwirrt, daher lenkte sie ihre
Schritte zum Badehaus. Dort entkleidete sie sich, auch einige ihrer
Kollegen lagen schlummernd in den Becken. Die Narben hoben sich hell von
ihrer wettergegerbten Haut ab.
Als Yppolita fertig war, trat sie
wieder hinaus auf die Wiese. Die Praiosscheibe hing tief über dem
Horizont. Sie wurde schläfrig und schlurfte zurück zu ihrem Quartier.
In der Dämmerung erspähte die Gladiatorin ein Schemen, der durch den Garten schlich.
Diesen
Gang kannte sie. Als Kämpferin hatte sie gelernt auf jede Bewegung zu
achten und zu erkennen die Feinheiten von Menschen und Tieren. Was
wollte der Leibdiener ihres Herrn zu dieser Stunde hier draußen?
Yppolitas Instinkt war geweckt und sie folgte Hagen.
Tief im Garten
in einem Pavillon saß die ältere Schwester ihres Herrn. Diese hielt
wenig von Arenakämpfen und der Sammlung ihres Bruders. Aber sie hatte
nichts mit dem mittelländischen Sklaven zu tun, dennoch trat dieser zu
der Grandessa.
"Ich höre?", fragte sie, während sie sich Datteln in den Mund schob.
"Keine
Sorgen, der Herr hat keine Veranlassung sie sich freikaufen zu lassen.
Er hat noch immer keinen Schimmer, wer sie ist. Sie hat doch noch jung
und ahnt auch nichts. Sie will nach ihrem Freikauf weiter machen, als
freie Gladiatorin." Die dicke Grandessa lachte auf: "" Das Kind wird
sich noch selbst umbringen! Und mein Bruder ist dumm, wie
mittelländisches Brot. Er ahnt nicht einmal, dass ich ihm sie und dich
ihm untergeschoben habe. Ich muss sie aber weiter im Auge behalten. du
darfst dich entfernen!"
Dorio streckte sich aus, während Philippa
sich auf die Bettkante setzte. "Ich finde es nicht gut, dass wir uns
hier treffen!", maulte sie. Dorio lachte und strich die feinen Striemen
auf ihrem Rücken nach: "Warum? Mir gehört dieses Etablissement und du
bist dafür verantwortlich, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht."
Die Gardistin zog sich ihre Tunika über den Kopf und zog eine Grimasse:
"Die Leute wissen es doch..." Nun setzte sich Dorio auf: "Seit wann
interessiert es dich, wann die Leute reden?" Philippa schaute über die
Schulter zu ihm: "Mein Hauptmann überlegt, mich in einen anderen
Ortsteil zu versetzen..." Dorio lachte und kniff ihr in die Wange: "Wir
finden immer einen Weg, meine Schönste!" Er strich ihr sanft über die
rotblonden Haare, die über ihren Brüsten lagen, lehnte sich vor und biss
in eine Brustwarze durch den Stoff. Sie grinste, schob ihn zurück in
die horizontale und stieg auf seinen Schoß.
Irgendetwas stimmte
hier gar nicht. Wieder schaltete sich Yppolitas Instinkt ein. Sie hetzte
zu ihrem Lager, schnappte sich Rüstung und ihren Goldsack. Aber wohin?
Wie kam sie hier heraus? Sie biss sich auf die Unterlippe. Eigentlich
war es egal. Wenn sie weg war würde dies schon schnell bemerkt werden
und da war es auch egal ob sie einen der Wachen umbrachte oder nicht.
Sie kannten sie und würden nichts hinterfragen, wenn sie mit den Wachen
etwas würfeln wollte. Sie machte sich zum Hintereingang auf. Dort befand
sich ein kleiner Eingang, wo zwei Wachen gelangweilt Karten über einen
niedrigen Tisch schoben. Yppolita versteckte ihre Ausrüstung hinter
einem Gebüsch und stellte sich neben die Beiden.
"Guten Abend, Yppolita.", grüßte der Ältere von beiden die Kämpferin. "Kannst du nicht schlafen?"
"Leider.", bejahte sie. "Und mein Mund ist trocken."
Der
Jüngere lachte. "Eigentlich dürfen wir im Dienst nichts trinken, aber
seltsamerweise bringen wir immer einen Krug Bier mit raus..." Er lehnte
sich unter den Tisch. In diesem Moment ging alles sehr schnell. Die
Gladiatorin zückte ihren Dolch und stieß ihn zunächst in die Brust der
älteren Wache, der gurgelnd zu Boden ging. Völlig verblüfft kam der
Jüngere unter dem Tisch hervor, hatte da aber bereits den Dolch im Hals
stecken.
Schnell holte sie ihre Sachen und machte sich durch das Tor
hinaus in eine dunkle Nebengasse. Der Abend war noch nicht so weit
fortgeschritten, also würde die Ablösung der Wache erst später die
Leichen entdecken. Sie hatte einen kleinen Vorsprung.
Yppolita lief
durch die Gasse, ihre Stiefel hallten von den Umgebungsmauern der
Grandengärten wider. Es dauerte etwas bis sie einen Weg vom Silberberg
herunter fand. Die Straßen waren leer und verlassen. Sie war in einer
Gegend gelangt, in der die Dunkelheit scheinbar auch Geräusche
verschluckte. Ihr Instinkt gribbelte. Irgendetwas stimmte nicht. Sie
ging nun langsamer. Doch plötzlich stieß ihr Fuß gegen ein Hindernis und
sie fiel hin. Der Sack platzte auf und es ergoss sich ein Regen aus
Münzen auf dem Pflasterstein. Yppolita riss die Augen auf, als
urplötzlich aus der Dunkelheit Gestalten huschten und die Gasse voll war
mit mageren, zerlumpten Kinder, die die Münzen aufsammelten. "Nein!!!",
schrie sie und versuchte ebenfalls nach dem Geld zu schnappen. Die
Kinder verschwanden schnell und sie hatte eine Handvoll Münzen in ihrem
Schoß liegen.
"Oh nein, du armes Kind!", sagte eine sanfte Stimme.
"Lass dir aufhelfen." Ein alter gebügter Mann stand neben ihr und bot
seine hand an. Völlig verwirrt griff sie diesen, doch da hatte der Mann
schon blitzschnell in ihren Schoß gegriffen, stieß sie wieder zu Boden
und rannte in die Dunkelheit.
Yppolita saß auf ihren Hintern, keine
einzige Münze war ihr geblieben. Die Gasse breitete wieder ihre
Dunkelheit über sie hinaus. Sie wurde wieder still.
Sie zog ihre Knie an ihre Brust und überlegte, stumm grummelnd vor sich hin.
Um
die Ecke zog ein lachendes Paar. Zwei Männer, die kichernd in den Armen
lagen. Als sie der Gladiatorin gewahr wurden, löste sich einer aus der
Umarmung und ließ sich neben ihr nieder: "Du armes Ding!" Er war stark
geschminkt und das Parfüm war blumig. Sein Begleiter blieb torkelnd
daneben stehen: "Was soll das denn? Du wolltest mir doch einen schönen
Aussichtspunkt zeigen!" "Später! Oder komm morgen wieder zu den
Rahjastuben. Ich halte dis einen Termin frei!" Der Mann schnaufte
wütend: "Wenn du es dir leisten kannst auf mein Geld zu verzichten!"
"Ja, allerdings! Mir geht es gut, danke! Und jetzt bringe ich das arme
Ding zu Nachtblume, sie wird sich um sie kümmern!" Yppolita verstand nur
die Hälfte des Streites, aber sie ließ sich von dem Lustknaben auf die
Beine helfen und stützend aus der Gasse führen. Sie kamen durch Straßen,
die belebter waren. Einige Gestalten huschten an ihnen vorbei. "In der
Nacht sind alle grau.", erklärte der Lustknabe. "Granden, genauso wie
Huren..." Sie kamen zu einem Bordell mit umlaufendem Balkon und einem
Schild über dem Eingang, worauf eine schwarze Rose gemalt war.
"Willkommen in den Rahjastuben. Hier kümmert sich Nachtblume um dich.
Unser Herr ist heute leider nicht da, aber er wird nichts dagegen haben.
Er ist wirklich sehr freundlich."
Nachtblume war schwarz wie die
Nacht selbst und hatte Haar bis in ihre Kniekehlen. Sie stand hinter dem
Eingang an einem Tisch und zeichnete die Besucher und den Lohn auf. Sie
hatte schwere Brüte, die aus ihrem Mieder quillten. Als die Beiden
eintraten sah sich von ihren Büchern auf und rauschte um den Tisch
herum: "Oh nein! Das arme Mädchen. Es sieht ganz verstört aus! Bestimmt
ist sie von ihren Sklaventreibern geflohen! Schnell, Hübscher, bringe
etwas Wein!"
Philippa ließ ihren Notizblock sinken: "War das alles?"
Dorio
tupfte sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe: "Ja, ich denke
schon..." Er saß auf einem verkohlten Stuhl in der abgebrannten
Rahjastube. "Als ich heute morgen hier nach dem rechten schauen wollte,
hat das Haus bereits lichterloh gebrannt. Meine Kurtisanen und
Lustknaben haben es eigenständig gelöscht. Ich glaube außer einigen
Rauchvergiftungen und kleineren Verbrennungen ist niemand gestorben.
Nachtblume hat alles richtig und gut gemacht. Ich sollte ihr einen Bonus
zukommen lassen. Vielleicht ein hübsches Kleid." Philippa verzog das
Gesicht: "Kauf mir lieber die Kette mit dem Edelstein! Und du wurdest
noch auf dem Weg hierher verprügelt?" "Genau so sieht es aus, mein
Schatz!" "Tja, Süßer, wenn das ein Grande war, sind mir leider die Hände
gebunden, aber ansonsten kriegen wir das schon raus!" Er kniff ihr in
den Hintern: "Alles wird gut! Keiner ist gestorben!"
Teil 2
Curthan schritt nervös durch sein Laboratorium und biss
sich auf die Unterlippe bis er Blut schmeckte. Ein Zucken durchlief
seinen Körper als er die Schritte im steinernen Gang hörte. Aber als die
Tür ohne Vorwarnung aufgestoßen wurde, legte Curthan eine Hand locker
auf seinen Arbeitstisch und straffte seinen Körper. Mit ruhigem Blick
sah er zur dürren Grandessa, die ihm Türrahmen stand.
"Ich war gerade
bei einem Kollegen von Euch...", begann sie ohne Umschweife.
"Vielleicht habt Ihr schon von Jergan Korber gehört. Er stammt aus
Warunk, wie Ihr. Verwandt?"
Curthan fuhr auf: "Ich treibe
Forschungen! Er ist mit dunklen Künsten im Bunde! Nein, wir sind nicht
verwandt. Ich traf ihn nie!"
Sie donnerte zurück: "Wenn Eure
Forschungen bereits Erfolge hätten, stände mein Name bereits in der
Danksagung Eures Manuskriptes!"
"Ich", seine Hand fuhr instinktiv nach hinten zu seinen Dokumenten. "Stehe kurz vor dem Ziel..."
"Dass
hoffe ich!", knurrte die Frau. "Euch bleiben 12 Tage! Ansonsten könnt
Ihr Euch einen neuen Finanzier für Eure Forschungen suchen und diese
Suche werde ich Euch mit all meinen Mitteln erschweren!"
Das
Laboratorium war ihn Stein gehauen. Sie sah nur die Decke in ihren
Erinnerungen. Es war immer dasselbe. Sie sah nichts, sondern spürte nur
schreckliche Schmerzen. Doch dieses eine Mal war etwas anders... Das
Kerzenlicht flackerte und der Kopf eines Mannes schob sich in ihr
Blickfeld. Er war schlank, wirkte sehr jung, mit blondem Haar und leicht
gebeugten Nacken. Sein Gesicht verschwamm. Doch er war schon einmal in
ihrer Erinnerung aufgetaucht. Bis jetzt waren es immer Träume gewesen,
aber sie fühlten sich wie Erinnerungen an. Er bewegte die Lippen. Ich
muss hören! Vielleicht ist es wichtig! Das Denken schmerzte. Der Versuch
etwas zu hören machte sie fast wahnsinnig. Höre zu!!! Schrie sie im
Kopf, der pochende Schmerz ignorierend. "Bald ist es vorbei...
geschafft... hübsche... Kriegerin... Wertimol... Nicht hören... Angst...
du bist...."
Yppolita schnappte nach Luft und riss die Augen
auf. Sie war verschwitzt, aber nicht überrascht. Diesen Traum, oder
Erinnerung aus einem früherem Leben hatte sie jede Nacht wenn sie
schlief, wenn sie nicht einen Trank zum traumlosen Schlaf nahm.
Sie befand sich auf weichen Kissen in einem Himmelbett.
Als
sie ihren Kopf leicht neigte bemerkte die Gladiatorin Nachtblume, die
Utulu, aus der Rahjastube, diese stand am Fenster und goss aus einem
Glaskrug Wasser in einen Becher. Yppolitas Zunge klebte am Gaumen und
sie bekam nur ein Krächzen zustande.
Die dunkle Kurtisane drehte sich
zu ihr um und lächelte erleichtert. "Bin ich froh, dich wach zu
sehen!", mit zwei großen Schritten durchquerte sie den gesamten Raum.
"Bitte, trink doch. Sicher willst du direkt wissen, was passiert ist."
Gierig trank Yppolita den Becher leer und nickte schließlich. "Nun,
Dorio Bonaventura, unser gütiger Chef, war letzte Nacht bei seiner
Liebsten, dieser unglaublich süßen Gardistin... ach, würde sie doch
nur... Auf jeden Fall wollte er heute Morgen in die Rahjastube um nach
dem Rechten zu sehen. Gräßlich. Unterwegs wurde er verprügelt, sein
hübsches Gesicht. Zur gleichen Zeit kamen brennende Flaschen durch
unsere Fenster geflogen! Kaum zu glauben! Zum Phex, habe ich meine
Mädchen und Jungs da rausbekommen, sodass niemand verletzt wurde! Und
mein süßer Nestario hat einen Narren an dir gefressen. Er hat dir nun
das zweite Mal das Leben gerettet. Er war es der dich ohnmächtig und
schwach herauszerrte. Nestario meinte du seist eine Art große Schwester
für ihn, obwohl er noch kein Wort mit dir gewechselt hat! " Nachtblume
kicherte. "Also wenn das mit der Arena nichts wird, ich finde immer
Arbeit für dich und mein Hübscher wird sich freuen. Gerade befinden wir
uns in Levthans Freuden, einen etwas weniger legalem Bordell von Dorio.
Also mach dir keine Sorgen. Hier bist du sicher und gut versorgt!
Nestario wird sich freuen über deinen Zustand."
Yppolita war noch
etwas verwirrt und ihr Kopf schmerzte: "Wer... wer war das?" Sie
schluckte und hoffte ihre alte Herrin könnte nicht dahinter stecken
diesen lieben Menschen soetwas angetan zu haben.
"Die süße Phillipa
wird es herausfinden!", Nachtblume lächelte sanft. "Gerade fragt sie
diesen Krämersohn, den Nestario für dich abblitzen gelassen hat!"
Yppolita stöhnte: "Hoffentlich ist das alles nicht meine Schuld!"
Nachtblume
schüttelte sanft den Kopf: "Ruhe dich ruhig noch aus. Die Rahjastube
ist erst vor wenigen Stundengläsern abgebrannt und es dämmert. Bis
morgen sieht die Welt schon anders aus."
Der Gladiatorin war mulmig
zumute zu schlafen, besonders da sie am Brand eine Mitschuld trug,
trotzdem lehnte sie sich wieder in die Kissen.
Wer war dieser Mann in
ihren Träumen? Ihr Vater, ihr Bruder oder gar ein Geliebter? Aber diese
Erinnerungen waren mit Schmerzen verbunden, vielleicht ihr Peiniger,
der Schuldige, dass sie keine Erinnerung an ihr vergangenes Leben hatte?
Dorio
saß am Hafen auf einer Kiste und beobachtete das Entladen eines
bauchigen Schiffes. Er schnippte gerade eine Traube in den Mund als ein
Schatten auf ihn fiel. "Was hast du denn gemacht?", murmelte er beim
zerkauen der Frucht. "Gefällt es dir nicht?", die Gardistin zupfte an
ihrem rotbraun gefärbtem Haar. "Du bist wunderschön!", versicherte er
ihr. Zufrieden lächelnd und verbeugte sie sich: "Mein gütiger Herr
Bonaventura! Ich die Stadtgardistin Phillipa Nirrano darf hiermit
offiziell verlauten, dass Euer Fall geschlossen wurde! Der Sohn des
KramersUlan Tiamartin, Ghorio Tiamartin gab die Tat zu! Er hat Euch von
einigen Saufkumpanen, deren Namen er reumütig alle nannte, verprügeln
lassen und warf die Feuerflaschen durch die Fenster Eures Bordells
Rahjastube! Er war betrunken und war von Eurem Lustknaben Nestario
sitzen gelassen wurde. Sein Vater bestätigte, dass der junge Mann öfters
zum Jähzorn schwankte. Seine Mutter war väterlicherseits thorwalschem
Blutes! Ghorio Tiamartin wird vor das zwölfgöttliche Gericht gestellt!"
"Das klingt gut und beruhigt mich..." Phillipa wippte vor und zurück.
"Dafür gibt es eine andere Neuigkeit, die dich interessieren könnte..."
Dorio hob interessiert eine Augenbraue. Die Gardistin verschränkte die
Arme: "Die Streifenschurz-Kriegerin, die dein Lustknabe eingesammelt
hat, ist eine entflohene Gladiatoren-Sklavin und hat auf ihrer Flucht
zwei Wachleute getötet!" Dorio strich sich über das Gesicht:
"Interessant, wirklich interessant... Und wie nützt uns das? Ich will
keine Granden in meinem Rücken wissen, obwohl ich mich bis jetzt aus
jeder Not wider herausbekommen habe. Wie können wie das irgendwie zu
unserem Vorteil nutzen..." "Tja, viele Optionen haben wir ja nicht zu
Beginn. Entweder helfen wir ihr oder liefern sie aus. Wir brauchen mehr
Informationen, Hübscher. Ich könnte einmal in die Archive schauen was
ich über die Kämpferin herausbekommen kann... und mich umhören. Du
ebenfalls, ich weiß von deinen Quellen."
Yppolita und Nachtblume nahmen ihr Frühstück auf dem kleinem Balkon ein und sahen zu wie die Praoisscheib im Osten aufging.
"Du
armes Ding.", murmelte Nachtblume als sie den Tasse wieder auf den
Tisch abstellte. "Du weißt wirklich nicht mehr was vor zwei Götterläufen
war?"
Die Gladiatorin nickte: "Meine frühsten Erinnerungen sind die
Kämpfe in der Arena. Ich weiß gar nichts, woher ich komme oder wer meine
Familie ist. Ich bin aufgewacht und war das was ich bin... Nein, ich
weiß nicht wer ich bin, woher, ist das eigentlich mein richtiger
Name..."
"Nun, du scheinst aber Wichtig zu sein!", die Stimme riss
die zwei Frauen aus ihrer Unterhaltung, als Dorio in der Balkontür stand
mit verschränkten Armen. "Du wirst gesucht. Nicht offiziell, das wäre
für die Granden zu peinlich, aber im Untergrund gehen nun mal schnell
Gerüchte um in dieser Stadt..."
Yppolita wurde blass: "Gesucht? Das dachte ich mir zwar, aber ich hoffe doch sie wissen nicht mehr, oder? Ich meine den Brand?"
Phillipa
trat neben Dorio und winkte mit der Hand: "Ach Unsinn, dieser Fall ist
längst geklärt. Das war nicht deine Schuld. Übrigens nette Frisur." Die
Kämpferin strich sich über die Glatze: "Nachtblume war der Meinung wir
sollten mein Äußeres etwas ändern, wegen den Häschern und so..."
"Nun
in den Archiven der Arena fand ich lediglich deine erste Registrierung
vor zwei Götterläufen, ansonsten nichts.", die Gardistin nickte
Bedeutungsschwer. "Und ab da wirst du immer wieder erwähnt, bei
Lohnauszahlungen, Schulden bei Wirten, Besuchen in Glückshallen. Aber
davor, meine Liebe, hast du scheinbar nicht existiert..."
Nachtblume keuchte auf und schlug sich die Hände vor den Mund: "Welchem Geheimnis sind wir auf der Spur?"
Dorio
grunzte missbilligend: "Ich wüsste gerne ob sich dieser ganze Aufwand
am Ende überhaupt irgendwie auszahlen wird. Was habe ich davon zu wissen
was du so in den letzten zwei Dekaden deines Lebens getrieben hast?"
Yppolita
schluckte schwer und erhob sich: "Das weiß ich auch nicht... Also
sollte ich jetzt besser gehen. Ich habe mich nie um meine Vergangenheit
geschehrt, warum sollte ich es jetzt tun. Ich werde einfach die Stadt
verlassen. Vielleicht ziehe ich nach Mengbilla oder noch weiter weg. Als
Seesöldner könnte ich anheuern und nach Thorwal oder ins Horasreich
kommen. Dann würdet ihr mich nie mehr sehen und könnt die ganze
Geschichte vergessen..." Sie wand sich um, aber Nachtblume war so
schnell bei ihr und schlang ihre Arme um di Hüfte der Gladiatorin:
"Bitte, bitte nicht, mein Schatz. Gehe nicht. Dann werde ich dir helfen
und der hohe Dorio auch! Wir werden herausfinden, wer du bist!" Dorio
schnaufte und schüttelte den Kopf, während Phillipa ärgerlich auf und ab
wippte. "Am Ende werden wir einen Vorteil finden, vielleicht lassen
sich deine alten Herren mit dem herausgefundenem Wissen erpressen oder
so..." Dorio schüttelte den Kopf: "Nachtblume, Liebste, Granden lassen
sich nicht erpressen. Unsere Stimme zählt gegen deren vor Gericht
nichts. Uns wird man keinen Glauben schenken." "Bitte, bitte, Hoher
Herr!", Nachtblume sah zu ihrem Meister auf, ihre großen dunklen Augen
waren feucht. Dorio biss sich auf die Unterlippe und wandte sich an die
Gardistin: "Bitte, nun gut. Phillipa!" Dieser schob widerwillig ihre
Hand in ihren Mantel und holte einen Stapel Papiere hervor: "Nur für
dich, Dorio! Nicht für die Gladiatorenschlampe! Ich habe die
Auflistungen von den Mitarbeitern des Haushaltes deines Herrn von vor
genau zwei Götterläufen! Vielleicht kann man ehemalige Mitarbeiter
fragen. Die derzeitigen, werden wenig Aufschluss geben, dafür sind sie
zu loyal."
Nachtblume frohlockte: "Danke, danke, ihr Beiden!" Die
Bordellleiterin wandte sich an die verdutzte Yppolita: "Nun werden wir
gemeinsam dein Geheimnis lüften!" Und küsste sie lange auf
leidenschaftlich auf den Mund.