Wie jetzt? Kein Thread zum Ausrüstungsband? Na, wenn ich schon dabei bin, mein Review zum Weltenband hier zu posten, dann kann ich ja gleich weitermachen.
Optisch dominiert natürlich wieder himmelblau. Warum himmelblau? Warum kein jadegrün oder...
Ach was solls? Es ist nunmal so. Das Coverartwork ist recht gefällig, erinnert an eine SpliMo-Interpretation von "Mit Lanze,Helm und Federkiel". Natürlich nicht im Yüce-Look. Leider kann dieses Niveau durchweg nicht gehalten werden. Die abgebildeten Gegenstände erinnern irgendwie an erste Gehversuche mit einem Renderprogramm einschließlich Nachbearbeitung in MS Paint. Oft wirken auch die Proportionen unstimmig (z.B. das Langschwert auf S.22 mit rekordverdächtiger Parierstange) oder Gegenstände sind kantiger als sie eigentlich sein sollten (z.B. Klingenstab auf S.27). Wer auch immer das ganze colorierte hat auch noch nie etwas von Schattierungen oder Farbverläufen gehört. Da sind mir die schwarzweiß-Zeichnungen des Aventurischen Arsenals jedenfalls deutlich lieber. Aber Optik ist ja nciht alles, vielmehr kommt es auf den Inhalt an und das hat die Redaktion dann deutlich besser hinbekommen.
Der Band besteht im wesentlichen aus drei Teilen.
Teil 1: "Werkzeuge des Krieges" befasst sich mit lorakischen Waffen, Rüstungen und Schilden. Dabei werden die Waffen nach benutzter Kampffertigkeit unterteilt und nicht nach innerweltlichem Verwendungszweck. Wer also eine neue Stangenwaffe für seinen Glaubenskrieger sucht, findet alle Kandidaten in einem Kapitel. Dabei wird jede Waffe mit einem kurzen Absatz vorgestellt und die Werte werden natürlich auch präsentiert - gibt's aber auch im Anhang als übersichtlicheres Nebeneinander.
Dabei fällt mal wieder auf, wie gut das Balancing im Allgemeinen in SpliMo funktioniert. Dank relevanterer Geschwindigkeitsdifferenzen und zahlreicher Waffenmerkmale sind Waffen in Splittermond unterscheidbar und trotzdem "gebalancet". Zwei Dinge bei denen DSA5 grandios versagt. Wie schrieb ich schon anderswo? Egal, was DSA5 gut macht, Splittermond macht es besser. Doch zurück zum Thema: Splittermond ist nichts für Simulationisten. Trefferzonen werden etwa gar nicht angeboten. Eine Rüstung repräsentiert daher immer ein gesamtes Ensemble an Rüstungsteilen. Helme werden aus Fluffgründen aufgeführt, einen konkreten spieltechnischen Nutzen hat die Helmwahl aber nicht. Das funktioniert zwar in der Praxis ausgesprochen einfach, aber hier geht mir die Abstraktion etwas zu weit. Rüstungskombinationen für den Krieger basteln hat nicht nur dem Optimierer Spaß gemacht, es gehört für mich auch einfach in eine Fantasywelt.
Teil 2: "Kleines Kompendium lorakischer Ausrüstung" ist gar nicht so klein, wie es der Titel vermuten lässt. Tatsächlich ist dieser Teil weitaus größer als der Waffen- und Rüstungsteil. Das schöne: Das Handwerkssystem von Splittermond kennt auch Verbesserungen für Gegenstände außerhalb der Bereiche Magie und Kampf. So kann hochwertige Künstlerkleidung Boni auf Darbietungs-Proben verschaffen, eine Bergsteigerausrüstung hingegen auf Athletik-Proben. Leider sind die Illustrationen nicht besser als im Waffenteil. Das "Prachtgewand" auf S.58 erinnert mich eher an einen Kampfroboter aus irgendeinem Anime-Streifen. Ich finde es aber sehr schön, dass man sich im Gegensatz zu DSA4 auch mit Handwerksbereichen ausserhalb des Waffen- und Rüstungsschmiedens auseinandersetzt...
Teil 3: "Eigener Hände Arbeit" setzt das dann auch konsequent fort und erweitert die Regeln aus dem GRW zum Thema Gegenstandserschaffung. Dabei wirken einige Dinge erratierend im Gegensatz zum GRW. Sprich: Preismodifikatoren sind jetzte keine Multiplikatoren mehr, sondern Summanden, Werkstätten können als Ressource: Zuflucht gewählt werden, es gibt Regeln zur Herstellung größerer Projekte (Kutschen, Schiffe usw.). Die meisten Änderungen erscheinen sinnvoll. Dazu kommen eine Handvoll neuer Zaubersprüche, die das Hanwerk erleichtern oder verbessern, sowie neue Verbesserung, die zum Teil ausschließlich Waffen (z.B. Verbesserter kritischer Schaden) oder Rüstungen (z.B. Erhöhte Schadensreduktion) betreffen, aber auch einige allgemeine Verbesserungen, wie etwa "Kälteschutz", "unauffällig" oder "wasserfest". Es folgen noch Sonderregeln für besondere Materialien, drei neue Meisterschaften und eine optionale Sonderregel für das nachträgliche Verbessern von Relikten gegen EP-Aufwand. Die Bebilderung wirkt in diesem Teil deutlich besser als in den ersten beiden Kapiteln.
Im Anhang gibt es noch Optionalregeln für den Handel, einige legendäre Gegenstände und praktische Übersichtstabellen.
Das Lektorat ist mal wieder sehr gut. Der Aufbau fast durchgehend übersichtlich und logisch. Einziger kleiner Kritikpunkt hier: Die Meisterschaften hätten direkt vor oder hinter die Zaubersprüche besser gepasst. So stehen sowohl Verbesserungen als auch Materialien dazwischen und das erscheint mir nicht wirklich logisch.
Fazit: Bin ich zufrieden? Nunja teils/teils. Als Lorakisches Arsenal gefällt mir Mondstahlklingen leider nicht so gut. Das liegt einerseits an den wenig fluffigen Texten, die oftmals eher nach Gebrauchsanweisung klingen als nach stimmungsvoller Weltbeschreibung, teils an den wirklich grottigen Illustrationen. Zum Teil aber auch daran, dass Rüstungen und Schilde mangels TZM auf ein für meine Bedürfnisse zu hohes Abstraktionslevel gezogen werden. Weder der Simulationist, noch der Optimierer in mir werden damit wirklich warm.
Die beiden anderen Teile übertreffen jedoch meine Erwartungen bei weitem. Umfassende Regeln zu Handwerk und profane Gegenstände außerhalb des Rüstungsbereich. Mit diesen Wünschen liege ich der DSA-Redax seit gefühlten Jahrzehnten in den Ohren. Splittermond liefert sie gleich in der dritten Veröffentlichung - umfangreicher als DSA es je getan hat. Das finde ich top. Äußerst top sogar.
Unter dem Strich vergebe ich objektive 4,5/5 (und subjektive 3,5/5) Sterne. Wenn man Flufftexte und Grafiken nicht dem Praktikanten überlassen hätte (sorry, es wirkt wirklich so), wäre sogar die Höchstwertung drin gewesen, denn die Kritik am fehlenden TZM ist rein subjektiv.