Liebe Orkinnen und Orks, liebe Gastlesende,
ich habe kürzlich eine Geschichte angefangen, über ein Universum, dass mir schon länger im Kopf herumgeistert. Sie hat nichts mit DSA zu tun (obwohl... sie könnte sich tatsächlich auf einer abgelegenen Lichtung oder am Waldrand des Reichsforstes zutragen... ). Im Grunde steht dem eine Frage foran: Wie sähe das Leben aus, wenn ein Hüne nur 6 cm groß wäre? Die Gnomen meiner Geschichte nun sind derart klein.
Sie leben in einer Welt voller riesiger Nahrungsvorkommen, müssen aber auch viel essen. Und ihre Welt ist gefährlich, voller grausiger Ungetüme, die sie verschlingen wollen. Und die Winter sind absolut tötlich im Freien, Gnome erfrieren rasch bei ihrer geringen Körpermasse und der Schnee liegt viele Mannslängen hoch. So leben die Gnome wann immer möglich tief unter der Erde in Stollen, die Arbeitsratten in den Boden gegraben haben, sie züchten Mäuse als Quelle für Milch, Fleisch und Fell und reiten auf Ratten auf die Jagd.
Metalle können sie nicht verarbeiten, alles ist aus Grashalmen, vereinzelt Holz und Tierprodukten hergestellt.
Aber genug der Einleitung. Hier kommt Teil 1. Oh, Kommentare sind natürlich herzlich Willkommen!
Kapitel I
Luft und Licht. Stets das erste, das man bemerkte, wenn man aus den Stollen trat, die fleißige Ratten tief in die Erde gegraben hatten. Wind, der über die sicher 30 Schritt hohen Grashalme zog, so dass diese sich leicht beugten. Da oben wäre es jetzt gefährlich, wie leicht könnte man heruntergeweht und in die Tiefe gestürzt werden? Glücklicherweise war es kein großer Aufwand, die Halme einfach zu fällen. Die Samen einiger dutzend konnte einen Gnom einen Winter lang ernähren, wenn es so kalt wurde, dass er an der Oberfläche nur wenige Stunden überleben könnte und sich das Volk tief unter die Erde zurückzog. Mond Mausmelker war emsig an der Arbeit. Der alternde Mäusezüchter musste Futter für seine Tiere gewinnen – die größten und fettesten weit und breit! Butter, Milch, Käse, Fleisch und Felle seiner Tiere waren noch über die Grenzen der Stadt hinaus begehrt. Seine drei erwachsenen Kinder schlugen mit Sicheln aus Holz mit Klingen aus geschliffenen Mäusezähnen oder Insektenkauwerkzeugen auf die Stämme ein, wann immer ein Halm fiel, machte er sich daran, die Samen abzuhacken und in Körbe aus jungen Gräsergeflecht zu werfen. Ein gutes Jahr! Der Spätsommer brachte eine fette Ernte und die Mäuse, die er im Herbst schlachten würde, brächte sie gut über den Winter. Man hörte, dass auch die Beerensammler und die Wächter der Dornenmauer, eine riesige Brombeerhecke, die, über Generationen kultiviert große Teile des Landes umgab und es vor den größten Ungetümen schützte, gute Ernten einfuhren. Das war gut, es gäbe Wein und Kuchen in Hülle und Fülle und das getrocknete Obst wäre eine Bereicherung zu Käse und Brot.
Die Dornenmauer. Mond schüttelte es bei dem Gedanken. Über 30 Schritt erhob sie sich über das Land, Ranken dicker als ein Mann mit Dornen die einen solchen durchbohren konnten. Auf ihr gab es Stege und Brücken aus Grashalmen, auf denen die Wächter das Land dahinter im Auge behielten, um sie vor Ungeheuern zu schützen, deren Namen man nur im kleinen Raum mit Vertrauten sicher tief unter der Erde zu flüstern wagte: Katzen, Füchse, Dachse. Jeder davon könnte selbst einer ausgebildeten Kampfratte mit einem einzigen Biss das Genick brechen und ein Dutzend Gnome am Tag verschlingen – und noch mehr aus Spaß töten. Durch die Hecke kamen sie nicht hindurch, sie verfingen sich in den Dornen, aber darunter hindurch graben – das konnten sie. Dann mussten die Wächter und die Jäger reagieren, die Schlachtratten bemannen und sie vertreiben. Eine gefährliche Aufgabe, die nur mit den Speeren mit den Spitzen aus den hohlen Stacheln von Igeln gelingen konnte, die mit feien Löchern, bisweilen auch Widerhaken bestückt waren, aus denen Wespen- oder Bienengift aus dem Inneren tropfte. Für Gnome waren das absolut tödliche Waffen, selbst die riesigen Ratten mit ihren acht Schritt langen Körpern würden nach wenigen Treffern eingehen. Für die Ungeheuer aber bedeuteten die Angriffe nur Schmerzen, die sie rasend machten, ehe sie die Flucht ergriffen, sie zerbrachen die dicken Halme aus denen die Speerschäfte bestanden, dann mit Leichtigkeit, als wären es nur Zahnstocher. Es war schwer, so einen Speer durch ihren dicken Pelz zu treiben. Mond war ein Wächter gewesen und die glücklicherweise nur wenigen Begegnungen mit den Ungeheuern hatten sich tief in sein Gedächtnis gebrannt, viele Freunde hatte er durch sie verloren. Doch nun hatte er die Waffen niedergelegt, für seine Frau Meise und seine drei Kinder. Jetzt züchtete er Mäuse und baute Futtergras für sie an. Ein beschauliches Leben.
Es riss sich aus seinen Gedanken und machte sich wieder an die Arbeit. Was war er doch für ein alter Träumer geworden! Ständig diese Erinnerungen an längst vergangene Tage… Das Gras raschelte irgendwo hinter ihm. Es kam etwas durch die Plantage auf sie zu. Mond richtete sich auf. Es war groß, was sich hier einen Weg bahnte. „Honigtau, Sonne, Sommerwind!“, rief er seine Söhne und seine Tochter, die sofort reagierten. Sie ließen ihr Werkzeug fallen und rannten zu dem kleinen Stolleneingang einige Schritt weiter, hinter dem ein kurzer Schutztunnel lag, gerade tief genug, um Schutz vor Habichten und Ungeheuern zu bieten. Sie verschwanden darin, ihr Vater folgte ihnen auf den Fuß, drehte sich um, um hinausblicken zu können und hob seinen Speer, ein einfaches Modell ohne Gift, vom Boden auf. War es klein genug, um in diese Höhle zu kommen, könnte er es auch erlegen. Was da so durch die Plantage gebrochen war, war zu groß für eine Spitzmaus – immer hungrige, sehr gefährliche Raubtiere. Es hatte die Größe einer Ratte, schätzte Mond. Wilde Ratten waren aber auch sehr gefährlich! Es näherte sich. Sonne und Sommerwind nahmen nun rechts und links hinter ihm Aufstellung, ebenfalls bewaffnet. Jeder erwachsene Gnom besaß einen Speer, das Leben außerhalb der Stollen war gefährlich! Wespen, Hornissen, Spitzmäuse, Gottesanbeterinnen von denen manche größer als ein Hüne unter den Gnomen werden konnten - sie und mehr stellten auch hinter der Dornenmauer eine ständige Bedrohung dar und jeder musste sich wehren können.
Da erklang eine Stimme: „Familie Mausmelker? Ich bin es Winterkalt Schwarzspeer. Ihr könnt herauskommen!“
Ein Glück! Winterkalt war ein alter Bekannter von der Dornmauer. Mond kam erleichtert aus der Höhle. Er war zu alt zum kämpfen. Fünf Schlachtratten warteten dort, je mit drei Gnomen auf dem Rücken. Alle waren mit Köchern mit Wurfspeeren ausgerüstet, der fordere Reiter auf jeder Ratte hatte zudem noch eine lange Lanze – vier Schritt Grashalm mit dicker Igelspitze und Steinen im hinteren Ende, die sie leichter zu Führen machte. Die Reiter selbst waren grimmige Gestalten in Mauspelzmänteln und kurzem Haar. Klassische Jäger für große Beute.
„Schön dich zu sehen, alter Junge!“, rief Mond zu Winterkalt, „Was treibt dich hierher? Wollt ihr meinen neuen Frischkäse probieren? Mit feinen Schnittlauchstücken und warmen Brot ein Gedicht, sage ich dir! Oder willst du Vorräte für die Mauer kaufen? Trockenfleisch, Käse, Quark?“ Das war mehr so dahin gesagt, sie hatten keine Lastratten dabei und sich nicht angekündigt. Vorräte wollten die sicher nicht.
„Weißt du es denn nicht?“, fragte der alte Jäger verwundert, „dein Sohn will Jäger werden, wir wollen sehen, ob er was taugt. Er begleitet uns zur Igeljagd hinter die Dornmauer, damit wir sehen, ob er was taugt.“
Eiskalt überlief es Mond. „Sommerwind?“, fragte er leise, mehr seinen Sohn als den Jäger. „Ja, Vater, ich will Jäger werden oder Wächter, wie du einer warst. Ich möchte nicht immer nur diese eine Plantage sehen, Grassamen ernten und Butter stampfen. Ich will die weite Welt sehen, Ruhm und Ehre erlangen, indem ich die kostbarsten Güter nach Lichtenbach bringe und es vor den Ungeheuern schütze. Gerade du solltest mich verstehen.“
„Ich hatte gute Gründe, die Dornmauer zu verlassen und den Hof meines Vaters zu übernehmen. Die Bilder werden mich nie mehr loslassen. Sohn, mach nicht den gleichen Fehler wie ich damals! Daran ist nichts abenteuerlich, du riskierst nur ständig dein Leben, abseits aller Stollen und oft ohne den Schutz der Dornmauer!“
„Die Dornmauer ist nur so stark, wie die Leute, die sie bemannen. Jeder Speer zählt, Vater.“, meinte Sommerwind leichthin. Diese verdammten Werber! Jedes Jahr aufs Neue fielen dumme junge Frauen und Männer auf sie herein. Und jedes Jahr starben diese aufs Neue.
„Weißt du, wie leicht ein Habicht dich von dieser Hecke pflücken kann? Hast du eine Ahnung, was es bedeutet direkt auf einen Fu… ein Ungeheuer zuzureiten?“ Vor Wut hätte er fast eines der Ungeheuer beim Namen genannt. Das brachte Unglück, rief sie herbei!
„Ich bin kein Feigling, Vater, das weißt du. Du hast es geschafft, ich werde es schaffen.“
Winterkalt hörte sich den Disput eine Zeit lang an, dann warf er ein: „Wir müssen los, Sommerwind Mausmelker! Und du, Mond mein alter Freund, es ist nicht gesagt, dass dein Sohn geeignet ist oder nach seiner ersten Begegnung mit einem Igel noch weit schlimmeren Ungeheuern entgegentreten will.“
Mond resignierte. Er kannte seinen Sohn zu gut, er war wie er selbst in seinem Alter. Ein Igel war ein schreckliches Ungetüm. Ein Fleischfresser mit bisweilen zehn Schritt Länge, eingehüllt in zwei bis drei Fuß lange Stacheln. Seine Stacheln, Zähne und Knochen waren wertvolles Material für Werkzeuge, sein Fleisch galt als Delikatesse. Aber er war langsam. Eine erfahrene Gruppe Jäger konnten ihn mit Giftspeeren rasch zur Strecke bringen. Es mutete dann wie ein großer Sieg an, der die Herzen Junger Leute mit Stolz und Mut erfüllte. Bei der Rückkehr mit der Beute wurden sie gefeiert und schon standen sie auf der Dornmauer oder gingen gar dahinter auf die Jagt. Mond war es damals nicht anders ergangen.
„Du bist erwachsen, Sommerwind, kannst gehen, wohin du willst. Aber ich als dein Vater bitte dich: Tue es nicht!“
Der junge Gnom aber zog aus dem Stollen aus einer versteckten Nische ein Bündel hervor und lud es sich auf den Rücken, seinen Speer in einer Hand machte er sich auf den Weg zu den Ratten.
„Es tut mir leid, Vater!“, sagte er und kletterte hinter Winterkalt an einem Seil auf dessen Tier und setzte sich in den Ledernen Sattel, den Winterkalt hinter seinem Körper verborgen hatte. Er musste das seit Wochen vorbereitet haben, hatte sich heimlich gemeldet und gepackt, sodass weder Mond noch seine Frau ihm von diesem Wahnsinn abbringen konnten.
„Ich passe auf ihn auf, Mond Mausmelker, sorge dich nicht!“, rief der Jäger, dann setzten sich die fünf Ratten in Richtung Dornmauer in Bewegung.
„Bis bald!“, rief Sommerwind und Mond blickte ihnen nach. Jetzt konnte er nur hoffen, dass sein Sohn lebend wiederkehrte. Eine Träne rollte seine Wange hinab, nichts mehr würde ab dem heutigen Tage mehr so sein, wie zuvor.