Ich habe diesen Geschichtsanfang vor einiger Zeit mal geschrieben und gerade auf dem Computer gefunden, erneut gelesen und er gefiel mir ganz gut. Also dachte ich, weil ich dringend eine kreative Abwechslung zum Unileben suche, poste ich es mal hier und hoffe, dass sich möglicherweise dadurch der Anreiz und die Motivation, eine Fortsetzung zu schreiben, erhöhen und mich bei Laune halten. Dabei bilde ich mir nicht ein, eine besondere schriftstellerische Begabung zu haben, aber möglicherweise gefällt es ja dem einen oder anderen. Kritik nehme ich gerne an und bin auch durchaus fähig, diese zu verarbeiten.
Angemerkt sei, dass die Handlung zwar um einen meiner Helden und um einen Helden eines Freundes kreist, dennoch aber nicht ausgespielt wurde, sondern Teil des nach Auflösung der Heldengruppe von mir fortgesponnenen Heldenlebens (bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich Gerwulf wieder spielen konnte) ist. Insofern ist auch die Figur des Jalif in der konkreten Ausgestaltung seines Handelns hier mir anzulasten...nicht, dass lupus adamus (Jalifs ursprünglicher Spieler) sich Kritik für etwas gefallen lassen muss, das er nicht verbrochen hat.
Ich werde das ganze in kleinen Einheiten posten, da das wohl angenehmer zu lesen und mitzuverfolgen ist. Also ein erster Teil:
Gähnend blinzelte der blonde junge Mann von seinem nächtlichen Lager zum strahlend blauen Himmel hinauf. Die Hitze war bereits so unerträglich gewesen, dass sie ihm die Träume schwer und träge gemacht hatte, obwohl die Sonne sich grade erst über die Gipfel im Osten erhob. Der steinige Untergrund des Gebirges hatte sein übriges getan, um ihn seines wohlverdienten und nach der langen Reise über den Thasch auch dringend notwendigen Schlafes zu berauben. Langsam richtete er sich auf. Die Decke hatte er offenkundig -trotz der nicht unbeachtlichen Höhe, in der man das Lager aufgeschlagen hatte- schon in der Nacht von sich geworfen. Sie lag einige Schritt weit von ihm.
Earic, sein treuer Hund, der mittlerweile die Größe eines Zwergenponies erreicht hatte, hatte die günstige Gelegenheit genutzt, eine gemütlichere Schlafstätte zu finden, und döste noch immer im Schatten eines nahen Baumes, beinahe getarnt auf der braunen Decke. Ein leises Schnarchen war zu hören.
Es legte sich geradezu rhythmisch über das Plätschern und Rauschen des nahen Gebirgsbaches.
Gerwulf richtete sich auf und schaute sich um. Der nackte, wohl getrimmte Oberkörper des jungen Knappen zeugte mit seinen Narben und Schrammen vom Kriegerhandwerk und von vergangenen Taten.
Dies hätte wohl einen möglichen Betrachter nicht weiter zu verwundern gemocht, befand man sich hier doch in jenem wilden Gebirge, welches das Reich Andergast von den Svelltschen Landen und dem gefürchteten Lande der Orken trennte; und dies nun ausgerechnet in diesem Jahre 1011 nach dem Falle des Bosparanischen Kaiserreiches. Wer außer wirklich tapferen und waghalsigen Kriegern würde jetzt noch den gefährlichen Weg über den Thasch wagen, wo doch auf seiner anderen Seite das Heer der Orken den Svelltschen Städtebund binnen weniger Monate beinahe völlig überrannt und der Krieg gegen diese barbarischen Bestien das Land ins Elend gestürzt hatte? Wer würde freiwillig in jenes Land ziehen, in dem die Orken den letzten Widerstand zu brechen bereit waren und ihr Heer bereits sammelten für den Zug über den Finsterkamm hin zu dem mächtigen Kaiserreich im Süden, dem größten Reiche der Menschen?
Und trotz alledem fiel der junge, kriegerische Körper ins Auge an diesem Morgen. Und wenn es nicht an der Gegend liegen konnte, so ist man wohl gewillt, es auf den Vergleich zu Gerwulfs Reisegefährten zurückzuführen.
Jalif ben Said, ein Tulamide aus dem fernen Süden, einige Jahre älter als sein junger Freund, stand entblößt im kleinen Gebirgsbach und stutzte sich nach einem ausgiebigen Bad, wie die Tulamiden es ohnehin recht häufig zu nehmen pflegen, seinen Bart zurecht. Und sein von vielen gefahrvollen Reisen geschundener Körper konnte trotz aller Kraft, die er ausstrahlte, den Hang zu gutem Essen nicht verbergen.
„Guten Morgen, Said!“ Ein zynisches, aber freundliches breites Lächeln erfüllte Jalifs gut gelauntes Gesicht von einer Wange zur anderen. Er hob seine Hände auf Höhe seines sich leicht neigenden Kopfes -eine tulamidische Grußessitte. „Mir scheint, nach all den tollkühnen Reisen deines jungen Lebens erschöpfen dich derlei wenige Tagesmärsche noch immer wie einen faulen Hund.“
Der junge Bornländer Earic erhob sich schwerfällig und unter einigem Stöhnen von seiner Decke, einen missfälligen Blick auf die lauten Menschen werfend. Dann drehte er sich um, so dass er nicht mehr zu ihnen und in die Sonne gucken musste, und ließ sich mit einem dumpfen Geräusch wieder auf die Decke fallen.
„Verzeih, Earic! Du warst mitnichten gemeint.“, versetzte Jalif spöttisch.
Gerwulf grinste ihn an. Dann brachen beide in ein -für diese frühe Morgenstunde- sehr heiteres Gelächter aus.
Ein Gelächter, das an den Hängen dieses unwirtlichen Gebirges wie das Sprudeln einer Quelle in der Wüste klang -erfrischend, aber fremd.