Der Ritter

  • Ich glaube diesmal ist es eine gute Episode geworden :laechel: .

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    *Man kann die Schreie auch draußen hören. Reynald und Mordon gehen nichtin den Stall hinein. reynald möchte dies nicht erneut tun. So versucht er nun auszuharren und wartet auf die nächste Szene.
    Die Schreie verstummen abrupt aber das ist kein gutes Zeichen, wie er weiß.
    Er seufzt.*

    Reynald: Ich hatte nie was dagegen, dass Naysel anders war. Das wurde mir spätestens von einem der beiden anderen, keine Ahnung welcher, während unserer Knappenzeit von ihm und seiner ersten Liebschaft aus dem Leib geprügelt. Man öffnet sich auf jeden Fall für neue Ideen, wenn der eigene Kopf richtig bearbeitet wird*schnaubt amüsiert und wird kurz darauf wieder ernst.

    Schweigen.

    Wieder ein Seufzer.*.

    Wie gesagt, ich hatte nie was dagegen. Störte mich auch nicht daran, dass er diese Frauenkleider aus dem Osten so gerne trug oder gerne Bücher las. Ganze Bücher, kann man sich das vorstellen? Ich jedenfalls nicht, hab nie länger irgendwas gelesen als nötig und Bücher sind höchstens zum verbrennen gut gewesen. Aber er hatte Spaß damit*fährt sich über's Gesicht und blickt wieder zum Stall. Ob es jetzt schon vorbei ist?

    Er wartet ab, bang, hofft.

    Nichts geschieht mehr.

    Das erleichtert ihn nicht.

    Es ist an der Zeit weiterzugehen, wie ihn kurz darauf klar wird. Er geht Richtung Bergfried, den Totengott im Rücken. Sie treten durch die Tür zum Turm und steigen die Stufen hinauf. Reynald fährt über die kühlen Wände, während fahler Fackelschein seine fleckige Handfläche erleuchtet. Sein Blick wirkt abwesend, während sie weiterhin die Treppe hinaufsteigen.*

    Reynald: Schon merkwürdig...mir kommt es so vor, als wäre die ganze Burg mein Kopf, hinter jeder Tür eine Erinnerung und alle Steine halten das Ganze zusammen, damit nicht alles im Chaos versinkt oder der Vergessenheit anheim fällt. Fragt sich nur, ob das wirklich so schlimm wäre...

    *Jetzt stehen sie vor der Tür. Reynald zögert wieder, überlegt ob es diesmal auch nicht besser wäre es auszusitzen, doch ein Blick in die Augen seines Begleiters reicht aus, um ihn von diesem Gedanken abzubringen. Er seufzt noch einmal, atmet tief ein und aus, tut dies noch einmal und dann ein drittes Mal. Seine Hand berührt kurz das Holz über der Tür, dann zögert er wieder und wartet ab.
    Hinter der Tür ist nichts zu hören und daran wird sich auch nichts ändern, wie ihn bewusst wird als dasselbe Gefühl, welches ihn beim Stall zum weitergehen verleitete, nun dazu bringt doch die Tür zu öffnen und einzutreten.

    Der Raum gehört zu jenen Orten die sich nie ändern. Das Fenster befindet sich an derselben Stelle, wie der Schreibtisch und die derzeit nicht aktive Kohlenpfanne. Auch der gutaussehende junge Mann, in den weiten Roben und dem Veilchen im Gesicht und der blasse Dreckskerl hinter dem Schreibtisch, sitzen dort wo sie zu sein haben, während sie sich beide anstarren. Reynald blickt zu dem Jüngeren und fühlt wie sein Herz erneut bricht. Sein vergangenes Ich versucht das zu überspielen, aber er weiß wie es wirklich in ihm vorgeht.*

    Junger Reynald(die Hände gefaltet): Wie geht es deinem Auge?

    Naysel(aufspringend, die Hände auf das Holz klatschend und mit Hass verzerrter Miene): DU HAST IHN BEINAHE UMGEBRACHT!

    Junger Reynald(äußerlich ruhig und gefasst): Hätte ich es richtig gemacht, wären wir um ein Problem ärmer.

    Naysel: *Funkelt ihn zornig an.*

    Junger Reynald(ruhig): Setz dich.

    Naysel: *Blickt weiterhin zornig drein und ändert nichts an seiner derzeitigen Haltung.*

    Junger Reynald(springt selber auf und schlägt zornig mit der Faust auf den Tisch): SETZ DICH HIN, VERDAMMT NOCHMAL!

    Naysel: *Plumpst erschrocken von dem Ausbruch auf den Stuhl zurück und schaut Reynald mit großen Augen an.*

    Junger Reynald: *Schaut ihn noch eine Weile wütend an, ehe er sich wieder auf seinen Stuhl setzt, dabei böse brummend und den Blick auf die Kohlepfanne gerichtet.*

    *Es herrscht Schweigen. Der alte Reynald kommt langsam näher, den Blick dabei auf Naysel gehalten. Als er vor ihm steht, streckt er seine rechte Hand nach der Wange aus, doch dann umfangen ihm die Finger des Totengottes und halten ihn damit auf. Er blickt den Totengott an, dieser schüttelt nur den Kopf und er versteht. An diesen Moment ist nichts zu ändern.

    Der junge Reynald beginnt wieder zu sprechen.*

    Junger Reynald(den Blick weiterhin auf die Kohlepfanne geheftet): Du kannst froh sein dass der Priester nicht da ist, ansonsten hätten wir jetzt ein noch größeres Problem. So, wird es zwar eine Weile dauern bis ich das Gesinde mundtot bekomme, aber die Zeit sollte reichen.

    Naysel(böse zischend): Statuiere doch ein paar Exempel, die gehen dir doch immer so leicht von der Hand.

    Junger Reynald(schaut ihn so ausdruckslos an, dass selbst der jetzige Reynald einen Schritt zurückweicht): Vielleicht mache ich das sogar. Zwei geeignete Exemplare haben wir.

    Naysel: *Weitet die Augen und will wieder aufspringen.*

    Junger Reynald(mit eisiger Kälte in der Stimme): Bleib sitzen.

    Naysel: *Tut, wie ihm befohlen wird.*

    Junger Reynald(seinen Bruder streng ins Auge fassend): Denk bloß nicht, dass ich nicht weiß wer euch bei euren kleinen Treffen geholfen hat. Unsere liebe Amme konnte dir noch nie einen Wunsch ausschlagen, vor allem nicht nach ihrer letzten Fehlgeburt...

    Naysel(ringt mit dem Händen und verliert im Gesicht immer mehr an Farbe): Reynald, bitte tu ihnen nicht weh. Du weißt doch, wie lieb ich Anne habe und...Ich liebe ihn Reynald.

    Junger Reynald: Na herzlichen Glückwunsch.

    Alter Reynald: *Zuckt zusammen.*

    Naysel: *Greift nach der Hand seines Gegenübers.*

    Junger Reynald(schlägt diese zur Seite und spricht dann weiter, mit zornig gerunzelter Stimme und dazugehörigen, gereizten Tonfall): Hast Du auch nur die leiseste Ahnung wieviel Planung die ganze Sache benötigt hat damit ich und Mutters alte Freundin das ganze arrangieren konnten? Wieviel Überzeugungsarbeit geleistet werden musste, damit niemand daran Anstoß nimmt dass sie vierzig Jahre älter als Du ist und Du ziemlich früh Witwer werden könntest, hmm? Hast Du auch nur einmal daran gedacht während Du und dein Stallbursche euch gegenseitig den Verstand aus den Kopf rammelten?

    Naysel(leise, zögerlich, aber nicht stockend): Ich liebe sie ni...

    Junger Reynald(explodiert innerlich, springt auf, geht um den Schreibtisch herum und packt den jungen Mann am Kragen, an dem er ihn hochzieht. Sein Gesicht ist dem Naysels ganz nahe und er spuckt ein wenig beim brüllen): HIER GEHT ES NICHT UM LIEBE DU IDIOT, SONDERN UM DEINE VERDAMMTE ZUKUNFT! WENN DU SIE HEIRATEST, HAST DU EINFLUSS UM UNGESTRAFT ALLES BESPRINGEN ZU KÖNNEN WAS DIR GEFÄLLT UND GENUG GELD UM TAUSEND BIBLIOTHEKEN ZU KAUFEN! GEHT DAS NICHT IN DEINEN DÄMLICHEN SCHÄDEL ODER WILLST DU EINFACH NICHT VERSTEHEN?

    Naysel(von der schieren Lautstäre und der wie die Worte ausgesprochen werden, ziemlich erschrocken, aber dann doch ruhig und gefasst):
    Ich habe dich nie darum gebeten über mein Leben zu entscheiden*zuckt zusammen, als Reynald seine Hand zum Schlag hebt*.

    Junger Reynald: *Ist kurz davor zuzuschlagen, hält jedoch inne und stößt den Jüngeren abfällig schnaubend zurück.*

    Naysel: *Taumelt, hält jedoch das Gleichgewicht und bleibt aufrecht stehen.*

    Junger Reynald(vor Zorn triefend): Das würde dir gefallen, Du selbstgerechter kleiner Scheißer, hmm? Aber nicht mit mir*blickt zur Tür, die sich nach Mordons und des alten Reynalds Eintritt geschlossen hatte* WACHE!

    *Ein Wächter tritt ein, Reynald zeigt auf Naysel.*

    Junger Reynald: Sperrt den jungen Herrn in seinem Zimmer ein und lasst Anne sagen, dass ihrer Dienste nicht mehr bedurft werden und sie den ihr zustehenden Lohn übermorgen ausgezahlt bekommt. Lasst derweil den Stallburschen als Dieb brandmarken und dann aus der Burg werfen. Ach ja und schneidet ihn vorher die Zunge raus und blendet ihn.

    Naysel: *Schreit auf und stürmt auf Reynald los und wird von diesem mit einem Faustschlag zu Boden gebracht.*

    Alter Reynald(der derweil von der gegenüberliegenden Mauer aus zugesehen hat): *Möchte ebenfalls losstürmen, wird aber von Mordon zurückgehalten und hat denselben Ausdruck wie Naysel im Gesicht.*

    Junger Reynald: *Schaut zuerst entsetzt auf den aus der Nase blutenden Naysel, dann auf die Faust, legt jedoch kurz darauf wieder seine zornige Maske an und brüllt seine nächsten an den Wächter gewandten Worte, der ebenso entsetzt dreinschaut, geradezu hinaus* WAS STEHST DU DA SO BLÖD RUM? FÜHR IHN ENDLICH AB UND SCHICK JEMANDEN, DER DIE SCHWEINEREI SAUBER MACHT!

    Wächter: *Nickt und hilft den benommen dreinschauenden Naysel auf die Füße.*

    Alter Reynald(der sich von Mordon losgerissen hat und auf Naysel zustürzt, vor diesen sogar auf die Knie fällt): Bitte Naysel, verzeih mir. Ich wusste nicht was ich tat und ich wollte doch nur dein Bestes für dich. Das alles hatten wir doch nur arrangiert, damit Du sicher bist. Bitte Naysel*schaut den nun weinenden Jungen, der ihn nicht hören kann und seinem Wächter hinterher*, ich habe dich so lieb*schlägt die Hände vor's Gesicht als sie den Raum verlassen.*

    Junger Reynald: *Tritt vor Wut die Kohlenpfanne um und danach nach einigen Kohlen, lässt sich auf den Stuhl fallen und folgt dem Beispiel seines älteren Ichs.*

    *So verharren beide in dieser Haltung, doch während dem älteren Reynald die Tränen kommen, brodelt es im Innern des jungen Reynald lediglich. Dann öffnet sich die Tür erneut und nur der jetzige Reynald blickt auf, um dem blonden Engel, in dem roten Kleid und dem runden Bauch ins Antlitz zu schauen und nach ihr seine Hände auszustrecken. Doch sie übersieht ihn, denn die Erinnerung um das was geschah ist zu klar und zu ungetrübt um etwas ändern zu können, und eilt zu dem anderen, der ihm so fremd vorkommt und immer noch in der gleichen Haltung verharrt. Sie legt ihn eine Hand auf die Schulter.*

    Elise: Ist alles in Ordnung mit dir Reynald?

    Junger Reynald(immer noch mit dem Gesicht in den Händen): Nein. Elise, es wird mir zuviel. Wenn die Gerüchte stimmen, kommt es bald zum Bürgerkrieg und dann müssen Du, Naysel und...das Kind hier weg sein. Diese verdammte Hochzeit hätte euch in Sicherheit gebracht und die ganze Sache erheblich erleichtert und ausgerechnet jetzt beginnt dieser Vollidiot...

    Elise(sanft): Er ist dein Bruder.

    Junger Reynald: *Sackt zusammen.*

    Elise: *Streichelt seine Schulter.*

    Junger Reynald: *Greift nach ihrer Hand, führt sie an seine Wange, streichelt den Handrücken mit den Fingerspitzen.*

    Elise(fährt ihn mit der anderen Hand sanft durch den Kopf): Was willst Du jetzt tun?

    Junger Reynald: Anne wird verbannt und der Stallbursche...ich glaube ich lasse ihn töten, das Verstümmeln wäre dann doch zu grausam.

    Elise(zuckt zusammen): Reynald...

    Reynald(umfässt ihre Hand fester): Elise, nein. Dieser Junge ist eine Gefahr für Naysel. Solange er lebt, kann ihn der Priester immer ausfindig machen und dann wird er ihn seinerseits foltern lassen, um an das schmutzige Geheimnis des kleinen Bruders des Burgherrn heranzukommen. Nein, es ist besser so, kurz und schmerzlos.

    Elise: Kannst Du ihn nicht einfach laufen lassen und...?

    Reynald(verkrampft sich in ihrer Hand und wird wieder ein wenig heftiger): Hörst Du mir nicht zu? Er wird ihn ausfindig machen und dann wird Naysel umso mehr darunter zu leiden haben. Eher stirbt die gesamte Familie dieses Kerls, ehe mein Bruder wegen ihn den Grünroben ausgeliefert ist.

    Elise(ruhig): Du tust mir weh.

    Junger Reynald(lässt sie los): Entschuldige. Es ist nur*fährt sich über die Stirn*, es ist alles zu viel. Viel zu viel. Vor allem muss ich mir auch etwas wegen des Priesters einfallen lassen.

    Elise: Der Priester ist ein guter Mensch.

    Junger Reynald: Solange niemand anzweifelt dass er allwissend ist, ja.

    *Schweigen.

    Mordon hilft derweil den alten Reynald hoch, der in dessen Richtung spuckt.*

    Alter Reynald: Selbstmitleidiger Mistkerl, verdammt ich würde ihn so gerne seine Visage zerschlagen.

    Mordon(nicht lächelnd): Die Schäden wären dann aber wohl auch in Zukunft zu sehen, denke ich*führt ihn zur Tür*.

    Reynald: Pah*sackt innerlich zusammen*, wie lange müssen wir das noch tun?

    Mordon: Das hängt ganz von dir ab, aber was diesen Abschnitt anbetrifft gilt es nur noch einen letzten Raum zu betreten.

    *Sie gehen auf eine weitere Tür zu, die sich jedoch von den restlichen in ihrer gewaltigen Größe und ihrer dunklen Farbe unterscheidet. Reynald schreckt zurück, versucht anzuhalten, doch Mordon schiebt ihn unerbittlich weiter.*

    Reynald: Bitte, muss ich das tun?

    Mordon(ruhig und sanft, schiebend): Deine Entscheidung stand schon früher fest.

    *Reynald möchte noch etwas sagen, aber dann sieht er ein dass der Gott Recht hat. Er hat sich entschieden und muss nun die Konsequenzen dafür tragen. Die Tür öffnet sich wie von Geisterhand und er tritt ein, allein. Als er die ersten Schritte in den Raum gesetzt hat, schweifen seine Gedanken kurz zu dem Priester und ihn geht durch den Kopf, dass einer der besten Faktoren von Unfällen ihre Glaubhaftigkeit ist, wenn man sich Mühe gibt sie anständig auszuarbeiten.

    Hinter ihm fällt die Tür zu.*

    Das Leben ist hart, unnachgiebig, brutal, langweilig, kurz, tränenreich, gefühllos,
    arm an Freude und Wundern, aus kosmischer Sicht nutzlos und schlichtweg schön.
    Gibt es einen besseren Grund um zu lächeln?

  • Hallihallo,

    ja, ich war ziemlich lange nicht mehr hier, aber mich hat das Leben eingeholt und da habe ich diese Episode lange Zeir vor mir hergeschoben. Doch hier ist sie und die nächste Episode wird auch bald folgen. Spätestens zu Weihnachten wird sie dann fertig sein, versprochen :zwinker: .

    Ansonsten bedanke ich mich bei allen, die bis jetzt gewartet haben oder die Hoffnung nicht ganz aufgegeben haben.

    Liebe Grüße

    Rogolan :lach:

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    *Im Gegensatz zu unserem Protagonisten führt uns unser Weg ein paar Schritte in der Chronologie dieser Geschichte zurück, allerdings nicht allzu weit.

    Wir rekapitulieren folgende Geschehnisse im Verlauf des frühen morgens: Der Ritter betrat mit einem Mordonpriester ein Zelt und fand dort eine blühende Blumenwiese vor und bezahlte einen hohen Preis für einen Beutel jenes Krautes, das allgemein unter dem Namen „Prophetenmohn“ bekannt ist. Der Priester erzählte ihm noch die Geschichte über die Entstehung des Krautes, was Reynald anscheinend wenig beeindruckte als er das Zelt verließ. Der Priester tat es ihm, nachdem er ihn einige Zeit hinterhergeblickt und sich dann vor der mit Ranken übersäten Statue seines Gottes in der Mitte des Raumes verbeugt hatte, gleich (immer noch verbeugt und im Rückwärtsgang ).

    Die Szene war also an ihrem Ende angelangt, doch soll dies für uns kein Grund sein, für einen kurzen Zeitraum in dieser Kulisse zu verweilen.

    Unsere Geduld wird nur wenige Herzschläge später belohnt, als hinter der Statue des Totengottes zwei Gestalten auftauchen. Trotz der Kahlköpfigkeit beider, ist zumindest die größere der beiden Gestalten als Frau in mittleren Jahren zu erkennen und auch ihr kleines, ebenso wie sie in schwarz gekleidetes, Ebenbild weist sehr feminine Züge auf.

    Sie, die kleinere Gestalt, ist es auch die jetzt nachdenklich die Stirn runzelt.

    An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir von nun an im Verlauf des Gespräches die geläufigen Anreden für sie verwenden, in diesem Fall „Adeptin Cella“ ( das Mädchen) und „Ehrwürdige Mutter“ (die Frau).

    Und nun lasst uns beginnen.*

    Adeptin Cella ( runzelt weiterhin konzentriert die Stirn): Ehrwürdige Mutter, darf ich Euch etwas Fragen?

    Ehrwürdige Mutter (tritt nun zu Gänze hinter der Säule hervor und blickt sich um, während sie ihre Sichel vom Gürtel nimmt): Aber natürlich mein Kind.

    Adeptin Cella (steht direkt hinter ihr, als sie einige Blumen abzuschneiden beginnt): Die Geschichte die Bruder Einswald dem Fremden erzählt hat ist doch nur Eingeweihten vorbehalten... und es ist auch noch die Falsche!

    *Sie hält kurz inne.*

    Oder, oder nicht?

    Ehrwürdige Mutter ( beginnt nun auch Unkraut zu rupfen und weist Cella an ihr zu helfen): Du irrst dich mein Engel. Sie ist nicht „falsch“, sie ist „anders“. Es ist die Version der Geschichte, die sein Verstand am ehesten zu akzeptieren bereit ist *klopft sich den Dreck von der Robe ab und bedeutet ihr, ihr wieder zu folgen *. Die Jahre unter der Herrschaft der Priester der großen Schlange haben ihn diese Sicht der Dinge verinnerlichen lassen, weswegen unsere Herrin für ihn nie die Mutter allen Lebens und des Todes sein wird, sondern nur der lachende Herr des Wahnsinns, dessen chaotische Natur die Anhänger des Jadetraums mehr als alles hassen.

    Und daher trug Bruder Einswald ihn diese Version vor, da auch wir für den Augenblick ihrer Realität unterworfen sind.

    *Sie gehen zur anderen Seite des Zeltes, wo die Ehrwürdige Mutter erneut einige Blumen zu schneiden beginnt. Adeptin Cella beißt sich auf die Lippen und schaut sie unsicher an.*

    Adeptin Cella: Ehr, Ehrwürdige Mutter?

    Ehrwürdige Mutter ( hält inne und schließt die Augen :( Ja, mein Kind?

    Adeptin Cella: Wegen ihn wird etwas Schreckliches geschehen, nicht wahr?

    Ehrwürdige Mutter: Er wird seine Rolle in dem, was beide Kirchen geplant haben, spielen, ja.

    Adeptin Cella: Ich... ich glaube ich habe es gesehen.

    Ehrwürdige Mutter: Dreht sich mit sichtlicher Überraschung im Gesicht um.*

    Adeptin Cella (ihre Augenwinkel werden feucht): Wenn ich schlafe, dann sehe ich sein Gesicht in meinen Träumen. Ich weiß nicht wie, aber er hat damit zu tun... Ich sehe einen Mann in einer grünen Rüstung, mal ist er es, mal ein anderer und beide tun sie schreckliche Dinge mit den Menschen. Der Himmel über ihnen ist nicht mehr blau und ich sehe bunte Blitze, die aus der Erde schießen, Menschen die keine mehr sind, höre ihre Seelen schreien und egal wer der grüne Ritter ist, ganz zum Schluss....

    *Sie bricht ab, da sich die Tränen nicht mehr zurückhalten lassen und die Erinnerung an die schrecklichen Bilder sie endgültig in ihren Bann zieht. Die Ehrwürdige Mutter nimmt das arme Geschöpf in den Arm, redet beruhigend auf sie ein, verspricht ihr das alles gut werden wird.

    Sie erzählt nichts davon, dass alles nur ein Traum war, weiß sie doch um den Wahrheitsgehalt dieser Visionen. Und im Gegensatz zu Cella versteht sie den Sinn hinter diesen Bildern, hat diese und andere Varianten bereits gesehen und versucht die Pfade des Schicksals soweit zu beeinflussen, dass sie zu diesem einem wahrscheinlichen Ende führen.

    Denn der Blick der Ehrwürdigen Mutter geht weiter über die nahe Zukunft hinaus. Sie weiß, dass ein Ausweg aus dieser stagnierenden Realität gefunden werden und dass sich dafür leider auch der Methoden dieser Welt bedient werden muss.
    Menschen werden sterben und über Generationen darüber hinaus leiden, aber ihr und den Anhängern ihres Ordens wird es die Möglichkeit geben die Welt zu ändern.

    Sie weiß auch um die Rolle, die der Ritter spielen wird und ihre Mundwinkel würden sich sogar zu einem Lächeln verziehen, wäre da nicht die aufgebrachte Cella in ihrem Armen. Sie drückt das arme Kind an sich und gibt ihr einen sanften Kuss auf den kahlen Kopf.

    Später, als sie in der Nacht die Drachenknochenrüstung anlegt und sich mit ihrer Prozession aufmacht, um sich mit den Dienern der großen Schlange zu treffen, schweifen ihre Gedanken zurück zu dieser Szene.

    Und nicht zum letzten Mal wird ihr bewusst, wie hoch der Preis ist, den sie alle zahlen werden, um der Welt etwas von dem wundervollen Chaos zurückzugeben, aus dem dereinst alles Leben entsprang.

    Wir, die wir das aufeinandertreffen der beiden Orden bereits mitverfolgen durften, schreiten wieder in die Gegenwart voran und blicken dem Ritter ein weiteres Mal bei seinem Blick in das Vergangene über die Schulter.*

    Das Leben ist hart, unnachgiebig, brutal, langweilig, kurz, tränenreich, gefühllos,
    arm an Freude und Wundern, aus kosmischer Sicht nutzlos und schlichtweg schön.
    Gibt es einen besseren Grund um zu lächeln?

  • Hallo allerseits

    ja, die letzte Episode ist schon länger her, aber ich war immer fleißig und habe immer wieder an dieser gearbeitet, soweit ich die Zeit hatte. Leider habe ich davon nicht viel und wenn doch, ging es manchmal nicht wirklich voran.

    Ich hoffe jedenfalls, dass diese Episode die lange Wartezeit wert war und ich in nächster Zeit wieder in kürzeren Abständen weitere Episoden posten kann, um diese Geschichte eines Tages endlich beenden zu können.

    Bs dahin, viel Freude mit der neusten Episode.

    Liebe Grüße

    Rafael:)

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    *Die Fenster des Schlafzimmers sind verschlossen. Nur zwei Kerzen auf dem kleinen Tischchen neben dem Himmelbett, dessen Vorhänge vorgezogen wurden und die Gestalt dahinter nur schattenhaft andeuten, erleuchten das Schlafgemach.

    Reynald steht unsicher im Türrahmen.*

    Reynald: Hallo.

    *Keine Antwort. Der Ritter schaut sich um und entdeckt einen Stuhl, direkt vor dem Bett.*

    Reynald: Darf ich mich setzen?

    * Erneutes Schweigen.

    Der Ritter wartet noch eine Weile ab, verzieht keine Miene und begibt sich anschließend zum Suhl, setzt sich, faltet die Hände.

    Sein Blick ruht auf den Vorhängen und dem, was sich dahinter verbergen mag, seine Hände verkrampfen und entspannen sich unkontrolliert und sein Innerstes fühlt sich schwer an.

    So unsagbar schwer.

    Er seufzt.*

    Reynald: Ich vermisse dich Elise.

    *Erneut bleibt eine Antwort aus. Reynald wartet kurz ab, kneift die Augen zusammen um den Kopf des Schatten hinter dem Vorhang auszumachen, aber es gelingt ihm nicht.

    Er atmet einmal tief ein und aus.

    Sein Innerstes wird nicht leichter.*

    Reynald: Du warst immer die Stärkere von uns beiden, das verstehe ich heute. Ohne dich hätte ich niemals die Zeit nach der...Begegnung mit der Göttin überstanden. Ohne dich wäre alles wohl vor die Hunde gegangen.

    Die Menschen haben dich geliebt und da Du mich liebtest, konnten Sie mich wohl ertragen. Deine Adleraugen haben ja auch immer schön darauf geachtet, dass ich nicht mehr Dummheiten als sonst machte oder zumindest nüchtern zu der Zeit war.

    *Er lächelt leicht.*

    Ja, ohne dich wäre es nur halb so schön gewesen.

    *Seine Mundwinkel sinken wieder, seine Augenlider schließen sich ihnen an.

    Er fährt sich mit der Zunge nervös über die spröde wirkenden Lippen, sein Körper beginnt nun auch unangenehm zu jucken und nur der Person hinter dem Schleier wegen, wagt er es nicht sich zu kratzen, so groß ist sein Wunsch, nicht wie ein Narr vor ihr dastehen zu müssen.

    Zumindest kein größerer Narr als all die langen Jahre davor.*

    Reynald: Ich... Ich habe dich geliebt. Einen Mann, den ich vor ein, zwei Jahren... *hält inne, überlegt kurz, seufzt anschließend wieder*.

    Ich habe ihn umgebracht Elise. So wie viele andere. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, nachdem ich nach zehn sowieso an meine Grenzen gestoßen bin.

    Wo war ich jetzt? Ach ja, richtig...

    Ich hatte ihn etwas erzählt.

    Ich erzählte Ihn, dass Naysel der einzige Mensch gewesen sei, der mir je etwas bedeutet hatte. Das war natürlich gelogen.

    Mutter hatte mir natürlich etwas bedeutet und sogar Vater, auch wenn wir uns nie wirklich nahe standen, aber alles in allem war er doch immer noch mein Vater oder?
    Und ohne ihn wäre dein alter Herr bestimmt nicht auf die Idee gekommen, dich an den Ältesten Sohn eines kleinen Landadeligen zu verheiraten, damit dessen Familie seine Handelskarawanen vor Leuten wie ihn beschützt oder?

    *Er hebt den Blick und lächelt leicht, aber als er sieht dass sich nichts an der Szenerie geändert hat, legt er den Fokus auf seine ineinander verschlungenen Hände.*

    Elise, mir fällt das hier wirklich nicht leicht.

    Ich würde dir gerne soviel mehr sagen, viel mehr, aber wir beide, ICH weiß, dass dies alles... dies alles keinen Sinn hätte, nicht echt wäre.

    Denn dieses Gespräch hat es nie gegeben.

    *Er steht auf und ohne zu zögern, ohne groß zu überlegen, greift seine Hand nach dem Vorhang und zieht diesen mit einem heftigen Ruck zur Seite.

    Das Bett ist gemacht, aber unbenutzt und der Staub hat sich wie ein Leichentuch über die Decke gelegt und zahllose Spinnweben zeugen davon, dass die Arachnoiden schon bald eine kleine Ewigkeit hier ihr Zuhause gefunden haben.

    Reynald weint nicht.

    Er legt den Kopf zurück in den Nacken, schließt die Augen und erinnert sich.

    Es ist der Tag seiner Abreise. Er lässt sein Pferd satteln und versucht nicht groß Gedanken an die Verräter in seinem eigenen Heim zu verschwenden. Das Problem mit dem Stalljungen hatte er gestern Abend selbst einschneidend gelöst und Naysel würde den Rest seines Lebens in seinem Turmzimmer verbringen, wenn es nach ihm geht.

    Und die Viper, mit der er sein Bett teilt, erlaubt er in ihren gemeinsamen Schlafgemach zu verweilen, damit sie seinen Erben zur Welt bringt. Er selbst wird nicht hier bleiben, da sein König nach ihm ruft, um seinen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron zu festigen. Als treuer Vasall des Monarchen, gibt es für Reynald nichts Wichtigeres als diesem Ruf zu folgen.

    Als alles bereit ist, steigt er in den Sattel, reitet über die Zugbrücke seiner Burg und mit seinen angeheuerten Waffenknechten dem vereinbarten Treffpunkt entgegen. Er verschwendet nicht einen einzigen Gedanken daran zurückzukehren.

    Und als er es Jahre später tut, ist die Burg verschwunden und nur Ruinen zeugen davon, dass es sie jemals gegeben hat.

    Der Reynald der Gegenwart kehrt zurück, öffnet seine Augen und blickt erneut auf die verstaubte Schlafstatt hinab. Dort wo sein Innerstes war, herrscht jetzt nur noch Leere.*

    Reynald: Leb wohl, Geliebte.

    * Langsam zieht er den Vorhang zu, dreht sich um und verlässt den Raum.

    Draußen wartet Mordon auf ihn.*

    Reynald (müde): Bring mich zurück, es ist vorbei *dreht sich um und versichert sich noch einmal, dass die Tür zum Schlafgemach verschlossen ist*.

    Mordon (leise): Was lässt dich glauben, dass Du dies entscheiden kannst?

    Reynald (hält inne): Du sagst es liege ganz an mir oder? Und wenn dem so ist, kann ich auch sagen, wann das hier endet *dreht sich langsam um und weicht einen Schritt vor dem ernst dreinblickenden Totengott zurück, dessen Züge nun etwas femininer wirken.

    Sie schweigen sich eine Weile, dann lächelt der Gegenüber des Ritters wieder.*

    Mordon: Theoretisch hättest Du Recht mein Junge, aber leider muss ich dich an unser kleines Gespräch, zu Beginn unserer Wanderung erinnern.

    *Reynald runzelt nachdenklich die Stirn, dann weiten sich seine Augen und als der Herr des Wahnsinns seine rechte Hand ihm entgegenstreckt, weicht er noch einen Schritt zurück.

    Mordons Lächeln bleibt bestehen, wird jedoch noch um einige Nuancen sanfter, genau wie sein Blick.*

    Mordon: Wir hatten eine Abmachung Reynald.

    Du begleitest mich und ich versuche deine Frage zu beantworten.

    Ich halte stets mein Wort und erwarte dies auch von allen mit denen ich Geschäfte schließe. Davon abgesehen finden wir die Antwort erst am Ende dieses Weges, was bedeutet dass wir weitergehen müssen.

    Also komm, es ist noch ein langer Weg.

    *Seine Hand bleibt entgegengestreckt und Reynald blickt abwechselnd zwischen ihr und seinem Gesicht hin und her.

    Seinem Gesicht ist zu entnehmen, wie wenig ihm die ganze Sache gefällt. Dann fällt er seine Entscheidung. Seine Hand umschließt die des Gottes, die auf einmal zarter und nicht minder weiblich wirkt, wie dessen Gesicht und Hand in Hand nehmen sie die Treppen wieder nach unten, verlassen die Festung und folgen dem vor ihren Augen entstehenden Pfad im zur Realität werdenden Nichts.

    Hinter ihnen bricht die Burgen unter lauten Tosen zusammen und verwandelt sich in die Ruine, die der Ritter Jahre später kennen wird.

    Keiner von beiden blickt zurück.*

    Das Leben ist hart, unnachgiebig, brutal, langweilig, kurz, tränenreich, gefühllos,
    arm an Freude und Wundern, aus kosmischer Sicht nutzlos und schlichtweg schön.
    Gibt es einen besseren Grund um zu lächeln?

  • In diesem Jahr dürften wir sowas wie ein Jubiläum haben, denn es ist schon fünf Jahre her, seit ich die ersten Episoden hier (und in anderen Foren) reinstellte.

    Fünf Jahre, in denen die Reihe immer komplexer wurde und bis heute das längste ist, was ich bisher geschrieben habe.

    Insgesamt bin ich derzeit bei über 40.000 Wörtern (ohne Absätze) und 105 Seiten (mit Absätzen).

    Es werden wohl noch mehr werden, aber ich versuche weiterhin die Geschichte zu Ende zu erzählen, auch wenn vielleicht keiner mehr liest;).

    Denn fünf Jahre sind wirklich eine lange Zeit und es wäre schade, wenn ich jetzt aufhören würde.

    Auf das zehnjährige Jubiläum^^!

    Gruß

    Rogolan:)


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    *Sie schlagen die Trommeln, blasen die Hörner und singen die alten Lieder, mit denen der Welt ihre Gestalt gegeben wurde.

    Es ist eine Nacht des Triumphs und eine Nacht des Verlusts, eine Nacht in der die Schönheit der Schöpfung gefeiert und die verachtenswerte Unbeständigkeit des Urchaos
    verflucht wird.

    Es ist die Nacht bevor das erwählte Volk am nächsten Tag unter dem wohlmeinenden
    Blick der Muttersonne triumphieren wird.

    Chanchack werden von seiner Drittfrau das Siegel des Schutzes und die Zeichen der Trauer aufgetragen. Er selbst versucht sich zu beruhigen, lässt in Gedanken immer wieder die heiligen Gesänge der Schöpfung erklingen, doch vermögen auch sie nicht ihn zu beruhigen.

    Er hofft, dass ihm verziehen wird.

    Mitsamt seiner Familie, seinen Frauen, seinen Kindern und seinen Sklaven, tritt er nach draußen und schließt sich der großen Prozession zum Ritualplatz an.

    Alle sind sie da. Die hohen wie auch die niederen Clans, haben sich versammelt, um großes in Gang zu setzen, zu schaffen, wie auch sich zu verabschieden. Ein gewaltiger Kreis, mit einer freien Fläche in der Mitte und immer größer werdenden Ringen nach außen hin, hat sich gebildet.

    Chanchacks Zugehörigkeit zum hohen Clan der Sonnenbären erlaubt es ihm sich in die engeren Ringe zu begeben, allerdings nur in jenem, der den niederen Kriegern zugeordnet ist.

    Flammen schießen in der Mitte des großen Platzes empor und selbst über den Lärm der vielen tausend Menschen hinweg, ist der Gesang der weisen Männer zu vernehmen.

    Chanchack selbst vermeint sogar, das vom Wind getragene Weinen der jüngeren, der viel zu jungen, Inkarnationen der Stimmen der Götter zu hören.

    Man beginnt sich an den Händen zu fassen und stimmt den großen Gesang der Schöpfung an. Alle wiegen sich im gleichmäßigen Takt hin und her und bald hallt die Musik nicht nur in ihren Ohren wieder, sondern erfüllt zu Gänze das Wesen, eines jeden Anwesenden.

    Sie werden eine Einheit, ein einziger feuriger Gedanke und sind damit der flammenden Perfektion der ewigen Muttersonne so nah, wie sie es derzeit in ihren Zustand als vom Urchaos infizierte Kreaturen sein können.

    Sie sind ein Körper, ein Geist, ein einziger mächtiger Gedanke und mit dessen gewaltiger Macht, gelingt es innen die Siegel der falschen Realität zu zerschlagen, einen Riss zu schlagen, aus dem die geballte Macht jener großen Finsternis strömt, die die Muttersonne seit jeher bekämpft und die sie in der Lage ist mit den Worten der Macht zu ihren Zwecken zu formen.

    Jene Worte, die sie einst ihren auserwählten Kindern lehrte und mit deren Hilfe sie am morgigen Tag siegen werden.

    Chanchacks Nackenhaare stellen sich auf, seine Haut beginnt zu kribbeln und als Teil der großen Einheit, ist ihm das Wissen gegeben, dass die Kraft nun in ihrer Welt weilt, aber einen Fokus benötigt um in ihrer ganzen schrecklichen Stärke nutzbar zu sein und länger zu verweilen.

    Hier kommen die Propheten ins Spiel.

    Die Flammen in der Mitte des großen Platzes scheinen dichter zu werden und färben sich kurz blau, dann wieder gelbrot und erneut wieder blau.

    Die Alten tragen als erstes ihren Teil zum großen Ritual. Es beginnt mit den Greisen und wird mit den Neugeborenen enden. Dies ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man etwas was nicht wahr ist Realität werden lassen möchte.

    Vierzig mal verfärbt sich das Feuer blau und vierzig mal erklingt von allen Anwesenden ein Schrei, der den Gesang kurz unterbricht.

    Ein Schrei des Triumphs, des Jubels, der Hoffnung, aber auch der Wut, der Verzweiflung und der Trauer.

    Und nach dem vierzigsten Mal bleibt das Feuer blau, schießt als gewaltige Säule in den Himmel und beginnt sich in acht Teile zu Teilen.

    Acht Himmelsrichtungen, acht Propheten, acht in der Realität geschmiedete Schöpfungen aus den Tiefen der großen Schwärze.

    Die acht Teile stürzen große Kreise drehend hinab, ihre Farbe von blau zu strahlenden gelb ändernd und machen für kurze Zeit die Nacht zum Tag, während um sie herum die Lautstärke noch einmal ansteigt.

    Dann erheben sie sich.

    Sie sind zu acht. Acht Gestalten, die langsam zu titanischer Größe anwachsen und den Mond verdunkeln und dem großen Feuer in der Mitte langsam seine Kraft entziehen, während für alle Anwesenden spürbar, die Intensität der Kraft alleine schon durch ihre Anwesenheit sich vergrößert.

    Sie sind Neugeborene die niemals altern werden, die den Platz ihrer von Müttern geborenen Vorgänger einnahmen und das wahre Wort verbreiten werden, damit die Welt eines Tages ihre wahre Form annehmen könnte.

    Und obwohl er sich auch dem erneuten Triumphgeschrei seines Volkes anschließt, sind Chanchacks Augen mit Tränen gefüllt.

    Und tief in seinem Innern hofft er, dass ihm verziehen wird.*

    Das Leben ist hart, unnachgiebig, brutal, langweilig, kurz, tränenreich, gefühllos,
    arm an Freude und Wundern, aus kosmischer Sicht nutzlos und schlichtweg schön.
    Gibt es einen besseren Grund um zu lächeln?

  • Hallo Forum

    Ja, nach fast neun Jahren (acht in diesem Forum) ist es endlich soweit: der Ritter endet. Nicht so, wie im ursprünglich gedacht, aber das Ende an sich war so schon geplant.

    Und ja, das war's.

    Ich bedanke mich bei allem für die lieben Kommentare und möchte auch den stummen Lesern danken, die vielleicht nichts sagten, aber trotzdem mit der Lektüre zufrieden waren. Vielen Dank und lasst es euch gut gehen.

    euer Rogolan

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    *Reynald und Mordon gehen weiter, immer weiter. Vorbei an allen Schlachtfeldern, Grausamkeiten und Demütigungen, die der Ritter selbst erlitten oder anderen zugefügt hat und die letztendlich nichtig sind. Seine besiegten Feinde schauen ihn nur aus leeren Gesichtern an, nicht vereint im Reich des kriegerischen Höllenfürsten Raziel, sondern an jenen kalten Ort an dem alle Toten eines Tages einkehren, die Guten, wie die Schlechten und vor allem alle dazwischen.Sie gehen weiter, lassen die Vergangenheit hinter sich, wandeln kurz im Reich der Gegenwart, nur um dann die schmale Grenze zur Zukunft zu durchbrechen. Reynald sieht alles. Er sieht die Ränke der Priesterschaften, wie sie hoffen mit dem Beginn der Schlacht genug Magie in die Welt zurückzuholen, um diese vielleicht doch noch nach ihren Ebenbild zu formen. Sie scheitern und letztendlich werden alle von der rohen Macht des Kosmos zerrissen. Das Volk der Nordländer erleidet dasselbe Schicksal und tilgt sich damit selbst vom Antlitz dieser Welt.

    Reynald wird bewusst, wie er noch an diesem Abend mit Schaum vor dem Mund an einem Schlaganfall verstirbt und dass nur Canis sein Ableben bedauet. Er hat genau vor Augen, wie der junge Ritter mit dem Sonnenwappen noch vor dem Scheitern der Rituale seine Rüstung an sich nimmt, um den Menschen doch noch ein kleines bisschen Hoffnung zu spenden. Reynald weiß, dass nur der Junge, Canis, der junge Söldner mit den Narben und hier und da ein paar andere die magischen Explosionen überleben werden und der von den Priestern gerufene Drache erst viel später eintreffen wird. Diese Wenigen werden die Keimzelle für ein neues Reich legen. An das Geschehen auf dem Feld wird man sich als „Schlacht bei den pelonischen Feldern“ erinnern, auch wenn die Region ihren Namen erst viele Jahrhunderte später erhalten wird.

    Der junge Ritter, Canis und die Söldner werden versuchen während ihrer Regierung gut und gerecht zu sein. Vielleicht sind sie das auch und vielleicht ist die Welt für eine kleine Weile ein guter Ort. Irgendwann werden alle Stämme des Nordens Sklaven des neuen Reiches sein, aber dieses Mal werden Menschen auf die Straße gehen und sagen, dass es genug des Hasses sei. Natürlich wird dies nie der Fall sein, aber Reynald weiß den Gedanken zu schätzen. Ihm fallen drei junge Menschen, zwei junge Männer und eine Frau auf, die an der Spitze einer langen Kolonne stehen und ihre idealistischen Parolen der Welt entgegenschreien. Sie kommen ihm bekannt vor. Zumindest die junge Frau hat etwas von Canis an sich. Lieber, gutherziger Canis. Er hatte ihm nie gesagt, wie sehr er ihn liebte. Er würde auch nie eine weitere Gelegenheit dafür haben, dass weiß er jetzt.

    Er schaut Mordon nicht an, als er weiter spricht.*

    Reynald: Das hier ist das Ende oder?

    Mordon (nickt): Ja.

    Reynald (lässt nachdenklich den Kopf hängen): Hmm.

    *Sie gehen ein paar Schritte. *

    Reynald: Ich werde weder Elise noch Naysel wiedersehen oder?

    Mordon: Ja, Reynald. Das stimmt.

    Reynald: Hmm. Wir haben nur diese eine Chance oder? Danach gibt es nichts.

    Mordon: Ja.

    Reynald: Und dass ihr uns kontrolliert, ist auch nur eine Lüge. Letztendlich kontrolliert ihr nichts. Es gibt nur uns. Und die Monster.

    Mordon: Ja.

    Reynald: Wird es wehtun?

    Mordon: Nur, wenn du dich wehrst und meinst noch nicht bereit zu sein.

    Reynald (schüttelt den Kopf): Nein, keine Sorge. Ich denke, es ist gut. Irgendwann haben wir unsere Ruhe verdient. *Er zieht die Nase hoch und ihm kommen ein wenig die Tränen.*Darf ich deine Hand halten?

    Mordon (schaut Reynald an und lächelt): * Hält ihm seine Hand hin. *Reynald: *Greift nach ihr und lässt sie ab da nicht mehr los.*

    *Nebel kommt auf. Er umhüllt erst ihre Füße, dann ihre Oberkörper und irgendwann auch ihre Köpfe. Für kurze Zeit meint man noch ihre Schemen zu erkennen, aber dann sind auch diese verschwunden. Der Vorhang fällt und auch diese Geschichte findet hiermit nun ihr


    ENDE *

    Das Leben ist hart, unnachgiebig, brutal, langweilig, kurz, tränenreich, gefühllos,
    arm an Freude und Wundern, aus kosmischer Sicht nutzlos und schlichtweg schön.
    Gibt es einen besseren Grund um zu lächeln?

    Einmal editiert, zuletzt von Rogolan (8. Januar 2015 um 18:30)