AP Vergabe

  • Das finde ich etwas bedenklich, weil Rollenspieler leider nicht wirklich rational handelnde Individuen sind. Ich habe selten ein Völkchen erlebt, was sich so sehr über "Leistungen/Unleistungen" anderer aufregen kann. Zudem fehlt oft die Einsicht in bestehende Fehler und "Bestrafungen" werden demnach als Ungerechtigkeiten empfunden. Des weiteren ist der SL überhaupt nicht wertneutral. Er bringt eigene Vorstellungen von dem ein, was gutes Rollenspiel ist, die nicht 100% mit dem Empfinden der Gruppe oder der Allgemeinheit übereinstimmen müssen.

    Man kann dem Durchschnittsspieler ungleiche Verteilungen von AP's viel leichter über Regeln schmackhaft und plausibel machen, die rein auf IT-Bewertungen basieren.

    Das ideale System sähe für mich so aus, dass man AP (oder LP oder wie immer man das nennen will) immer Bereichsgebunden erhält. Eine Woche querfeldein im Wald, abends nix in nem Buch gelesen => keinen einzigen Zauber verbessert. Leider ist das kaum nachzuhalten als SL.

    Mit dem oben hier schon mal erwähnten Lernpunktesystem, dass im wesentlichen nur die Begabungen eines Charakters heranzieht, um einen Lernfortschritt pro Zeiteinheit in einem der neun Gebiete Kampf, Körper, Gesellschaft, Natur, Wissen, Sprachen, Handwerk, Zauber, Sonderfertigkeiten auszurechnen bin ich zudem auch nicht wirklich zufrieden, da ich mich da habe breitschlagen lassen, viel zu viele Punkte zu verteilen, weil man sonst ja den Char nicht so entwicklen könne wie man will. Was mich am alten "Lernsystem" genervt hatte, war, dass Spielercharaktere schon in extrem jungen Jahren mehr gelernt hatten, als andere in ihrem ganzen Leben, nur weil sie auf Wanderschaft gegangen sind. Oder der Handwerker, der deshalb ein besserer Goldschmied werden kann, weil er in finstren Grüften Schätze birgt und dunkle Magier besiegt.

    Der alte thread zum Thema ist übrigens hier zu finden.

  • Ich denke man wird in einem Abenteuer eben nicht nur besondere Erfahrungen machen (die regeltechnisch auch implementiert sind), woraufhin man Dinge steigert, sondern auch feststellen, wo das, was man für gut genug gehalten hat, möglicherweise eben doch nicht ausreicht. So ergibt sich ein Lernen, dass weder nur zwischen den ABs stattfindet, noch eines, dass nur während (oder direkt am Ende) der ABs stattfindet. Prinzipiell kann man in der Zeit zwischen den ABs ja mehr oder minder machen, was man will (obwohl ich finde, dass man auch noch für seinen Lebensunterhalt zu sorgen hat, was einiges an Zeit kostet, und einem nicht erlaubt weit rumzureisen, um Lehrmeister zu finden), aber die Motivation, die aus der Historie des Abenteurers kommt, wird vom Regelsystem nicht berücksichtigt. Jemand, der im Kampf besiegt wurde sollte viel eher besser kämpfen lernen, als der, der jeden Kampf gewonnen hat.
    Vielleicht sollte man sich ein Motivationssystem überlegen, das neben einem AP oder LP System existiert. So würde man Anfangsmotivationen bei der Charakterentwicklung festlegen, die dann durch die ABs hindurch moduliert werden. Bereiche, in denen man motiviert ist, kann man dann etwas verbilligt steigern.


    Beispiele für Motivationen könnten sein:

    Soziale Motivation: Jemand in diesem Stand sollte das können
    Persönliche Motivation I: Das wollte ich schon immer mal können
    Persönliche Motivation II: Ich übe es so lange, bis ich XY (jenen Gegner besiegen, beim Bogenschiessen 590 Punkte erzielen) kann
    Persönliche Motivation III: Ich will der beste sein

  • Es kollidieren beim Lernen auf jeden Fall Realismus, Freiheiten des Spielers und Interessen des Spielleiters. Man müsste etwas mehr an die jeweils anderen Gebiete denken. Ich merke das ja, wenn ich selbst spiele. Ich will meinen Char genau so steigern können, wie ich das will. Als SL hätte ich gerne, wenn mit gewissen Fertigkeiten vorsichtig umgegangen wird, weil sie viele Situationen langweilig machen oder ein "Wettrüsten" hervorrufen. Betrachtet man das ganze unter rein realistischen Gesichtspunkten, dann sind über kurz oder lang alle Abenteurer nahezu gleich, weil alle Chars ja nunmal dieselben Abenteuer erleben.

  • Zitat

    Betrachtet man das ganze unter rein realistischen Gesichtspunkten, dann sind über kurz oder lang alle Abenteurer nahezu gleich, weil alle Chars ja nunmal dieselben Abenteuer erleben.


    Eben nicht! Die Kombination aus Motivationen und Erlebnissen werden ja individuell rekombiniert. Das ergibt keineswegs eine zu starke Angleichung. Allerdings ist anderseits auch überhaupt nichts daran, wenn die Charaktere sich aufgrund einer gemeinsamen Geschichte auch ein wenig angleichen. Schliesslich ereignet sich um sie herum sie ja nun wirklich das gleiche (und sie lernen voneinander). Aber sie werden es jeweils anders erleben, aufgrund ihrer Vorerfahrung und ihrer Motivationen.

  • OK ... das ist übertrieben. Aber im Grunde genommen müsste man selbst den Stubenhocker unter realistischen Gesichtspunkten zwingen, auch mal Wildnisleben von 0 auf 3 zu heben bei entsprechenden Abenteuern usw. usf.

    Das passt aber nicht unbedingt zu jedermanns Charkonzept.

  • Die Welt passt nun mal auch nicht zu jedermanns Charkonzept. Manchmal lernt man sogar wider Willen.

  • Ich sehe den Konflikt nicht so richtig. Sobald ein Charakter tatsächlich mit einer Welt interagieren will, ist er nicht mehr frei. Basta. Frei könnte er wohl nur mit eurem LP System sein, wenn er alles ohne Lehrmeister steigert. Aber dann könnte man ja auch gleich mit einem Stufe 18 Helden anfangen, der perfekt zurechtgestylt ist, aber nichts mehr lernen darf und kann, weil er entweder ausgeskillt ist, oder aber es würde nicht ins Charakterkonzept passen. Totlangweilig.

    Ich halte es bei meinen Charakterkonzepten sowieso mit Sun-Tsu: Kein Plan überlebt die Begegnung mit dem Feind. Ebensowenig kann ein Charakterkonzept von der Welt um den Char herum unbeeinflusst bleiben.

  • Wir einigen uns aber zumindest darauf, dass Realismus die Freiheiten der Spieler beschränkt (denn die Welt und die Abentuer macht ja in der Regel der SL) :lol:

  • Die Motivationen könnte man sich als den kleinen Bruder zur Begabung vorstellen. Steigerungen in bestimmten Dingen werden dann ein wenig kostengünstiger.

    Ich stelle mir ein System der Art vor, dass man als Spieler für seinen Charakter ein Motivationsblatt hat. Dort werden Motivationen und Demotivationen in bestimmten Bereichen festgehalten, die der Char zu Spielbeginn hat (z.b. er hat die Schnauze voll, sich rumschupsen zu lassen, also will er besser kämpfen lernen) Das würde ihm die Persönliche Motivation I geben, die meinetwegen z.B. 3 % der APs spart. Jetzt durchlebt dieser Char aber ein AB, bei dem er sich einen Feind macht, den er nicht besiegen kann, und der immer wieder auftaucht, und seine Familie droht. Dann würde aus der Persönlichen Motivation I eine Pers. Mot. II, bei der der Char so lange 6 % der APs spart, bis er diesen Feind besiegt hat... So etwas in dieser Art dachte ich...

    Erstens kann man dadurch die Erlebnisse viel besser auf den Charakter Einfluss nehmen lassen, und zweitens entsteht dabei praktisch nebenbei eine Art psychologisches Profil über die Zeit, bei der die Entwicklung des Chars deutlich wird, und auch mit der Welt direkt verknüpft ist.

  • Wäre eine Möglichkeit zusätzliche Anreize zu schaffen, seine AP in konkretere Bahnen zu lenken als einfach nur Schwerter auf 25 haben zu wollen. Die kann aber genau so gut missbraucht werden.

    De facto sollte es doch ohnehin schon seit je her so sein, dass die Spieler darauf achten, ihre Charaktere nicht Dinge lernen zu lassen, die IT einfach nicht zu begründen sind (wie etwa die Steigerung des [nicht benutzten] Zaubers XY auf einer Reise durchs ewige Eis)

  • Man spielt aber ja viel Zeit einfach nicht aus, und gerade in dieser Zeit werden sehr seltsame Dinge gelernt. Das Beispiel mit dem ewigen Eis ist ja vom Meister leicht zu handhaben...

  • Ein System für gewisse Rabatte auf RP-Kosten zu verwenden, funktioniert nur dann, wenn diese Motivation auch entsprechend von Spielern dargestellt wird. Ansonsten haben wir wieder eine theoretische EP/LP-Schematik die - selbst in einer fiktiven Welt - eine unrealistische RP-Grundlage bietet.
    Ähnlich wie im alten System, in dem man mit Würfel und Papier einen Drachen besiegt - auch bar jeglichen Rollenspielens - und danach seine Grobschmiedfertigkeiten erhöhen kann.
    Das Motivationssystem funktioniert also nur, wenn die Spieler sich ins Abenteuer des SL gut hineinversetzten, mitmachen und die vorgegebene Realität akzeptieren und somit ist es weniger ein Problem des Systems, als der Einstellung der Gruppe, wie gut oder schlecht ein SL die Erfahrungen seiner Baguage koordinieren und durchführen kann.

    Möglicherweise taugt dazu ein flexibler Einsatz von "Belohnungen" für gutes Spielen (und kein Powergaming) auf den einzelnen Spieler. Wobei nicht jede Kleinigkeit die getan wird gewertet werden muss. Ein Tischler der zum Xten male die Halterung der Armbrust seines Mitstreiters erneuert, wird deshalb keinen Orden verliehen bekommen.
    Aber wenn in gewissen Situationen, oder für eine gewisse Dauer, Handlungen geschehen, die nicht nur auf dem Papier überzeugend oder zumindest mit Engagement gespielt werden und obendrein noch einen realistischen Einsatz der dem Helden zur Verfügung stehenden Fähigkeiten beinhalten, dann sollte der SL
    sich das ganz einfach vermerken und am Ende eines AB's oder Abschnittes nach Gutdünken gewisse Boni bzw. Vergünstigungen zu den AP's geben, die entweder bei allen gleich (Questorientiert) oder individuell ausfallen.

    Der Realismus oder Nutzen bei AP's beginnt auch schon mit der Erstellung der Charaktäre. Wenn man Chars. nicht Abenteuertauglich gestaltet, wirds bald die große Gier um alle AP's in der Gruppe geben.
    AP's sollten auch nur als Systemgrundlageindikator dienen. Letztlich könnte man sogar auf sie verzichten.

    Auch macht sich der SL die Mühe ein AB vorzubereiten und zu führen, weshalb es durchaus OK ist, wenn er bei der AP-Verteilung seine subjektive Erachtung einfließen lässt und die Regeln der Vergabe nach seinen Bedürfnissen modifiziert. Mit dem SL wählt man immer die Art des Spieles. Ein anderer SL kann alles wieder anders handhaben.